Cross-Border-Leasing

Das Hamburger Abendblatt berichtete am 7. Juli 2003 über bestehende Cross-Border-Leasing-Verträge der Hamburger Stadtentwässerung (HSE) und der Hamburger Hochbahn und mögliche weitere Vertragsabschlüsse.

Das Prinzip des Cross-Border-Leasing (CBL) oder Lease-In-Lease-Out (LILO) basiert auf der Ausnutzung von Steuervorteilen in den USA. Hierbei wird eine kommunale Infrastruktur für einen Zeitraum von üblicherweise 99 Jahren an einen eigens zu diesem Zweck gegründeten US-Trust in einem Hauptmietvertrag vermietet. In einem parallelen Untermietvertrag vermietet der US-Trust diese Infrastruktur zurück an die Kommune bzw. die Anstalt öffentlichen Rechts für eine Laufzeit von typischerweise 20 ­ 30 Jahren mit anschließendem Rückkaufsrecht. Aufgrund der langen Laufzeit des Hauptmietvertrages wird das Geschäft nach US-Recht als Kapital Übertragung betrachtet und der US-Trust wird somit nach US-Recht wirtschaftlicher Eigentümer des Mietgegenstandes. Der US-Trust machte den Leasingvertrag daher bisher als Investition steuermindernd geltend. Ein Anteil an diesem Steuervorteil von gewöhnlich 3 ­ 10 % wird anschließend als Nettobarwertvorteil an die Kommune bzw. die Anstalt öffentlichen Rechts weitergegeben.

Der US-Kongress macht es mit einem Steueränderungsgesetz US-Investoren zukünftig unmöglich, aus einem CBL-Vertrag steuerliche Vorteile zu ziehen.

Bereits geschlossene Verträge bleiben zunächst von dieser Gesetzesänderung unberührt. Es ist jedoch noch unabsehbar, ob Altverträge von der Neuregelung tatsächlich nicht erfasst werden, da offenbar zwischen Repräsentantenhaus und Senatsausschuss für Finanzen noch nicht geklärt ist, ob der nun vorliegende Gesetzentwurf noch verschärft wird.

Nach Willen des Ausschusses würden die Steuervorteile, die US-Investoren aus bereits abgeschlossen CBL-Geschäften ziehen, in Zukunft wegfallen. Die CBL-Verträge wären somit für die US-Investoren betriebswirtschaftlich nicht mehr sinnvoll. Da die Verträge typischerweise sehr komplex sind, oft auch nur in englischer Sprache vollständig vorliegen und detaillierte Bedingungen wie z. B. Berichtspflichten enthalten, könnten Ungenauigkeiten den US-Investoren eine frühzeitige Kündigung aufgrund von Vertragsbruch ermöglichen. Dies könnte umfangreiche finanzielle Risiken für die Freie und Hansestadt Hamburg bedeuten, da im Falle von Vertragsbruch üblicherweise hohe vorab festgelegte Schadensersatzzahlungen („Termination Value") zu leisten sind, die sich auf ein Fünf- bis Zehnfaches des Nettobarwertvorteils belaufen können.

Laut US-Steuerbehörden (Inland Revenue Service) und Senatsausschuss handelt es sich bei CBL-Verträgen um „systematischen Steuerbetrug" seitens der US-Investoren. Daher wird zurzeit noch darüber diskutiert, den Bestandsschutz für bereits vor 2003 abgeschlossene CBL-Verträge aufzuheben.

Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat:

Soweit die erfragten Angaben nicht als Betriebs- und Geschäftsgeheimnis der Vertraulichkeit unterliegen, beantwortet der Senat die Fragen auf der Grundlage von Auskünften der Hamburger Hochbahn AG (HOCHBAHN) und der Hamburger Stadtentwässerung ­ Anstalt öffentlichen Rechts (HSE) wie folgt:

1. Das Hamburger Abendblatt berichtete am 07.07.2003, dass die Hamburger Stadtentwässerung (HSE) und die Hamburger Hochbahn CrossBorder-Leasing (CBL) Verträge mit US-Investoren abgeschlossen haben.

a) Welche städtischen Einrichtungen oder Unternehmen, die vollständig oder teilweise der Stadt Hamburg gehören, haben Cross-BorderLeasing-Verträge oder Verträge einer ähnlichen rechtlichen Konstruktion (z. B. Service Verträge (Service Contracts) oder SaleIn/Lease-Out-Verträge (SILO)) abgeschlossen?

b) Wann wurden diese Verträge jeweils abgeschlossen?

Die HOCHBAHN (zwischen 1995 und 2004) und die HSE (Dezember 2000) haben US-Cross-Border-Leasing-Verträge abgeschlossen.

c) Was war jeweils Gegenstand der Verträge und wie groß ist jeweils der finanzielle Umfang der Transaktionen?

Die Transaktionen der HOCHBAHN betreffen U-Bahn-Fahrzeuge vom Typ DT4 und DT3 sowie Steuerungs- und Leittechnik.

Bei der HSE sind das Klärwerk Köhlbrandhöft, das Klärwerk Dradenau, das Pumpwerk Hafenstraße sowie verschiedene Zu- und Ableitungen Gegenstand der Verträge.

Im Übrigen siehe Vorbemerkung.

d) Wie hoch war jeweils der Nettobarwertvorteil, welcher der Stadt, der städtischen Einrichtung oder dem vollständig oder teilweise von der Stadt kontrollierten Unternehmen zugeflossen ist?

e) Wofür wurden die Einnahmen aus diesen Finanzierungsgeschäften jeweils verwendet?

Die Gesamthöhe der der Hochbahn im Rahmen der US-Transaktionen zugeflossenen Netto-Barwertvorteile beläuft sich auf rund 37,5 Mio. Euro. Diese Mittel sind der HOCHBAHN verblieben und werden über die Laufzeit der Leasing-Transaktionen verwendet, um den jährlichen Zuschussbedarf seitens der Hamburger Gesellschaft für Vermögens- und Beteiligungsverwaltung mbH (HGV) zu vermindern.

Der Netto-Barwertvorteil der HSE aus dem US-Lease beträgt rund 26,7 Mio. Euro. Diese Einnahmen wurden den Rücklagen zugeführt.

f) Welche Laufzeit haben jeweils Haupt- und Untermietverträge?

Bei der HOCHBAHN haben die Hauptmiet- und Untermietverträge ­ bei Ausübung der Optionen ­ je nach Vertrag eine Laufzeit bis zu den Jahren 2012 bis 2029. Die HOCHBAHN hat am Ende der Laufzeit der Rückmietverträge jeweils das alleinige Entscheidungsrecht, die Transaktionen durch Ausübung einer Option zu beenden.

Der Untermietvertrag der HSE hat eine Laufzeit von 26 Jahren, der Hauptmietvertrag von 74 Jahren. Nach 26 Jahren besteht die Option, den Gesamtmietvertrag vorzeitig zu beendigen.

g) Wer war jeweils für die rechtliche Beratung der Stadt, der städtischen Einrichtung oder dem vollständig oder teilweise von der Stadt kontrollierten Unternehmen verantwortlich?

h) Welches Unternehmen hat jeweils die CBL-Verträge zwischen USTrust und der Stadt, der städtischen Einrichtung oder dem vollständig oder teilweise von der Stadt kontrollierten Unternehmen vermittelt?

i) Welche Bankhäuser waren jeweils an der Finanzierung und Umsetzung der Verträge auf Seiten der Stadt oder städtischer Unternehmen beteiligt?

j) Waren weitere Beratungsunternehmen auf Seiten der Stadt am Abschluss der Verträge beteiligt, wie z. B. Finanzberatungen? Wenn ja, welche waren dies jeweils?

Zur rechtlichen Beratung, Strukturierung und Arrangierung der US-Cross-BorderLeasing-Finanzierungen sowie Finanzierung und Umsetzung der Verträge wurden einschlägig qualifizierte Anwaltskanzleien, Finanzdienstleistungsunternehmen sowie nationale und internationale Banken mit hervorragender Bonität hinzugezogen. Im Übrigen siehe Vorbemerkung.

k) Wie hoch waren insgesamt die Ausgaben der Stadt, der städtischen Einrichtung oder dem vollständig oder teilweise von der Stadt kontrollierten Unternehmen für Beratung und Vertragsanbahnung?

HOCHBAHN bzw. HSE hatten aus den ihnen zufließenden Barwertvorteilen keine bzw. keine nennenswerten Ausgaben für Beratung und Vertragsanbahnung zu tragen.

Im Übrigen siehe Vorbemerkung.

l) Mit welchen amerikanischen Investoren bzw. Treuhandfonds (Trusts) wurden die Verträge jeweils abgeschlossen? Welche Investoren stehen hinter den jeweiligen Trusts?

Es handelt sich um internationale Finanzinstitute. Im Übrigen siehe Vorbemerkung.

m) Wurden die Verträge jeweils in voller Länge ins Deutsche übersetzt?

Falls die Verträge nicht vollständig ins Deutsche übersetzt wurden, warum nicht? Wer war mit der Übersetzung der Verträge oder Teile der Verträge beauftragt?

Nein, der Inhalt der Verträge war den Unternehmen in allen Details bekannt. Im Übrigen siehe Antwort zu 1. g) bis j).

- Ist nur die englische Fassung der Verträge rechtsgültig? Wenn ja, wer hat den jeweiligen Verträgen im Detail zugestimmt und welche Qualifikation im Gebrauch der englischen Sprache hatten die Entscheidungsträger?

Ja. Im Übrigen siehe Vorbemerkung und Antwort zu 1. m).

- Wo wurden die Verträge jeweils abgeschlossen? Unterliegen sie der deutschen oder der amerikanischen Gerichtsbarkeit? Falls sie der amerikanischen Gerichtsbarkeit unterliegen, warum wurde die amerikanische Gerichtsbarkeit der deutschen vorgezogen?

Die Verträge wurden in New York abgeschlossen und unterliegen weitgehend der USGerichtsbarkeit.