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1. Fortentwicklung der Influenzapandemieplanung

Mit der Drucksache 18/2648 informierte der Senat die Bürgerschaft, dass es sich bei der Influenzapandemie um eine weltweite Epidemie handelt, die durch ein neuartiges Influenzavirus verursacht wird und zu einer Erkrankungsund Mortalitätsrate führt, die übliche, auch schwere Influenzawellen um ein Vielfaches übertreffen kann. Vorrangige Ziele der Influenzapandemieplanung sind daher die Reduktion der Erkrankungsfälle und der Mortalitätsrate.

Die wirksamste Maßnahme zur Bewältigung einer Influenzapandemie ist die Impfung mit einem gegen das Pandemievirus gerichteten Impfstoff.

Die Produktion eines Influenzapandemie-Impfstoffes wird erst nach Identifizierung des Pandemievirus durch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) beginnen können.

Darüber hinaus bedarf es einer Vorlaufzeit bis ein geeignetes Saatvirus gefunden und die Zulassung des pandemischen Impfstoffes erfolgt ist. Sodann muss eine ausreichende Menge Impfstoff produziert und zur Verimpfung bereitgestellt werden. Erst danach liegen die Voraussetzungen für die Schaffung eines wirksamen Schutzes der Bevölkerung vor.

Für Impfstoffe, die in bebrüteten Hühnereiern hergestellt werden, beträgt die Vorlaufzeit bis zum Beginn der Impfstoffproduktion, selbst unter optimalen Voraussetzungen, derzeit mindestens drei Monate. Zur Herstellung von 80 Millionen Impfdosen für die Erstimpfung der deutschen Bevölkerung werden weitere 10 Wochen benötigt. Für Influenza-Impfstoffe, die in Gewebekultur hergestellt werden, verkürzt sich die Vorlaufzeit um etwa zwei Monate.

Ferner werden hinsichtlich des Wirksamkeitsspektrums Impfstoffe der ersten und zweiten Generation unterschieden. Impfstoffe der ersten Generation sind sehr spezifisch gegen den Virusstamm gerichtet, dessen Bestandteile sie enthalten. Sie sind daher nur wirksam, wenn sie Bestandteile des sich aktuell verbreitenden Virusstammes enthalten. Impfstoffe der zweiten Generation besitzen eine breitere Wirksamkeit. Sie richten sich gegen eine Reihe von Virusstämmen („Drift-Varianten") eines Virussubtyps.

Da im Falle einer Pandemie der Impfstoff aus den oben genannten Gründen nicht sofort zur Verfügung steht, muss davon ausgegangen werden, dass die erste pandemische Welle bereits ihren Höhepunkt erreicht bzw. überschritten haben wird, bevor in der Bevölkerung ein ausreichender Impfschutz aufgebaut werden kann. Hamburg hält daher eine Reserve antiviraler Arzneimittel zur Therapie Erkrankter vor. Diese umfasst im gemeinsamen Vorgehen mit den Norddeutschen Ländern einen Vorrat von antiviralen Medikamenten zur Therapie von 11,2 % der Bevölkerung (siehe Drucksache 18/2648).

2. Sicherung von Impfstoffproduktionskapazitäten

Die Immunisierung gegen das pandemische Virus erfordert die zweimalige Verabreichung eines Pandemie-Impfstoffes.

Zur Durchimpfung der deutschen Bundesbevölkerung bedarf es somit ca. 160 Mio. Dosen Impfstoff. Für die Produktion von Impfstoffen sind in Deutschland 2 der insgesamt 9 global tätigen Hersteller angesiedelt. Es handelt sich hierbei um Novartis Vaccines and Diagnostics GmbH Co. KG; Marburg und GlaxoSmithKline Biologicals S.A., Niederlassung Dresden.

Zur schnellstmöglichen Versorgung der gesamten deutschen Bevölkerung mit einem pandemischen InfluenzaImpfstoff bedarf es der Sicherung der erforderlichen Produktionskapazitäten bei den Herstellern. Hierzu traten der Bund und die Länder in Verhandlungen mit den beiden vorgenannten Impfstoffherstellern ein, um die jeweils hälftige Bereitstellung des zur Durchimpfung der deutschen Bevölkerung notwendigen Pandemieimpfstoffes zu erreichen. Mitteilung des Senats an die Bürgerschaft Schutz der Bevölkerung vor ungewöhnlichen Seuchenlagen

Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) hat unter Beteiligung der Länder mit GlaxoSmithKline GmbH & Co. KG (GSK) und Novartis Vaccines and Diagnostics GmbH & Co. KG (Novartis) die Verhandlungen über die Verträge zur Bereitstellung der Impfstoffe geführt. Während die Verhandlungen mit GSK abgeschlossen sind, werden bis zu einem Vertragsabschluss mit Novartis auf Grund von Problemen im Produktionsprozess voraussichtlich noch etwa 3 Monate vergehen.

3. Inhalt der Vereinbarungen mit den Impfstoffherstellern

Zur Entwicklung eines geeigneten Pandemie-Impfstoffs erhielt GSK eine Zuwendung aus Bundesmitteln in Höhe von 10 Mio. Euro, die sich auf die Entwicklung eines Impfstoffs der 1. Generation bezog. Wie oben dargelegt, besteht inzwischen die Möglichkeit der Entwicklung eines Impfstoffes der 2. Generation mit einem breiteren Wirkungsspektrum. Dieser fachlich gewünschte Umstieg auf den Impfstoff der 2. Generation ist für GSK Anlass, weitere Mittel in Form einer sog. „preparedness fee" nachzufordern.

Dies geschieht vor dem Hintergrund, dass auch ohne die sichere Erwartung eines Verkaufs von Impfstoffen Investitionen zur Vorbereitung einer Produktion von pandemischem Impfstoff getätigt werden müssen. GSK erhebt daher als Voraussetzung für die Sicherung der Produktionskapazitäten eine Nachforderung in Höhe von 30 Mio. Euro.

Nachdem die Länder die Zahlung einer „preparedness fee" abgelehnt haben, ist nunmehr in einem gesonderten Kaufvertrag vorgesehen, dass die Länder bereits jetzt Bestandteile eines Pandemieimpfstoffes (Adjuvantien), die bei der späteren Produktion benötigt werden, im Wert von insgesamt 29.512.000 Euro inkl. MwSt. erwerben. Die Adjuvantien werden im Gegensatz zu den Antigenen, die als weiterer Bestandteil zur Produktion des Impfstoffes benötigt werden, nicht im GSK-Werk in Dresden, sondern in einem mit GSK verbundenen Unternehmen in Belgien produziert.

Durch den Kauf von Adjuvantien und deren Lagerung in Deutschland sichern sich die Länder eine jederzeitige Verfügbarkeit dieser Stoffe und damit die Produktion des Impfstoffs im Bedarfsfall.

Der entsprechende Rahmenvertrag über den Kauf von Adjuvantien (Bulkware) mit der GSK verpflichtet die Länder zur Abnahme von 4 Mio. Adjuvantien zu einem Preis von 6,20 Euro zzgl. MwSt. pro Dosis. Die Kostenverteilung erfolgt in Anlehnung an das Vorgehen bei der Bevorratung mit antiviralen Arzneimitteln (vgl. Drucksache 18/2648) auf Grundlage der Bevölkerungszahlen der Länder.

Von der vorgenannten Gesamtmenge an Impfdosen erhält Hamburg einen Anteil von 2,1 %. Unter Zugrundelegung der derzeitigen Bevölkerungszahl in Höhe von 1.744.

Menschen entfallen auf Hamburg 84.621 Dosen. Die Gesamtkosten für Hamburg belaufen sich auf 624.334,­ Euro inkl. MwSt.

Die Vereinbarung mit Novartis wird keine Vorauszahlungen nach sich ziehen. Novartis hat ebenfalls im Rahmen einer Zuwendung des Bundesministeriums für Gesundheit 10 Mio. Euro erhalten. Im Zuwendungsbescheid wurde Novartis von vornherein das Recht eingeräumt, die Produktion eines auf Hühnereiern hergestellten Pandemieimpfstoffes der 1. Generation auf einen in Deutschland mit Hilfe der Zellkulturtechnologie produzierten Subunit-Impfstoff der 2. Generation umzustellen.

4. Kosten und Finanzierung

Für den Kauf der Adjuvantien sind die erforderlichen Haushaltsmittel in Höhe von 624.334,99 Euro beim Titel 9890.548.01 „Zentral veranschlagte sächliche Verwaltungsausgaben" bereitgestellt.

Weitere Kosten entstehen nicht. Die Einlagerung sowie die Lagerhaltung und -kontrolle werden von GSK durchgeführt und sind im Kaufpreis enthalten. Ebenfalls enthalten ist eine Versicherung der Ware. Die pro Land in das Lager eingestellten Teilmengen werden von GSK identifizierbar verwahrt.

5. Refinanzierung

Zur Refinanzierung der Kosten für die Pandemieimpfstoffe insgesamt wird eine bundesweite Fondslösung zur Finanzierung der Kosten angestrebt. Diese sieht vor, zur Abdeckung der tatsächlichen Kosten eine Pauschale mit den Gesetzlichen Krankenkassen, den Privaten Krankenversicherungen und den Beihilfestellen des Bundes und der Länder bzw. anderen öffentlichen Kostenträgern zu vereinbaren. Zum Zeitpunkt der Impfungen sollen die vereinbarten Pauschalen in den Fonds einbezahlt werden, so dass hieraus die Forderungen der Impfstoffhersteller beglichen werden können. Auf Bundesebene haben sich die Gesetzlichen Krankenkassen einer solchen Vereinbarung bislang verweigert, die privaten Krankenversicherungen wären hierzu grundsätzlich bereit.

Alternativ zu einer Fondslösung wird der Erlass einer Verordnung des BMG nach § 20 Absatz 4 Infektionsschutzgesetz in Erwägung gezogen. Danach hätten die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten für die Impfung gegen eine pandemische Influenza für ihre Versicherten zu übernehmen.

Derzeit ist der Entscheidungsprozess noch nicht abgeschlossen.

6. Petitum

Die Bürgerschaft wird gebeten, von den vorstehenden Ausführungen Kenntnis zu nehmen.