Ich bin im GenderInstitut für den gesamten Bereich der Prozessberatung und Kompetenzentwicklung verantwortlich

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Ute Wanzek (GISA): Auch von mir einen schönen guten Morgen! Ich bin Geschäftsführerin des Gender-Institutes Sachsen-Anhalt. Wir begleiten seit 2001 die der Landesverwaltung Sachsen-Anhalts.

Deshalb hat mich die Vorsitzende der interministeriellen Arbeitsgruppe hierhin delegiert.

Ich bin im Gender-Institut für den gesamten Bereich der Prozessberatung und Kompetenzentwicklung verantwortlich. Dem, was Frau Weinmann gerade gesagt hat, schließe ich mich an. Zwei Dinge möchte ich hinzufügen: Zum einen unterstütze ich die Auffassung in den Stellungnahmen, dass Gender-Budgeting ein Bestandteil von und nicht etwas davon Losgelöstes ist. Das hat für unsere Diskussion sicherlich Bedeutung. Gender-Mainstreaming kann also nur so gut sein, wie der Wille und das Verfahren, es umzusetzen, ausgeprägt sind. Andererseits glauben wir, dass ein pragmatisch geführter Gender-Budgeting-Prozess, wie Frau Weinmann gerade gesagt hat, sehr stark dazu beitragen kann, Gender-Mainstreaming-Prozesse zu fördern. Hier besteht eine Wechselwirkung.

Zum anderen möchte ich zu einem Punkt der Stellungnahmen schon jetzt etwas sagen, weil er sich durch den Fragenkatalog hindurch zieht: Wir halten einen nicht für kostenneutral. Man muss sich darüber im Klaren sein, dass dafür Ressourcen gebraucht werden, die nicht immer nur Geld kosten, sondern auch Personal, Zeit und vor allen Dingen Kompetenzen erfordern. In einer Stellungnahme ist zu lesen, dass Kosten höchstens durch Sensibilisierungs- und Qualifizierungsmaßnahmen für Akteurinnen und Akteure entstehen. Darin erschöpfen sich die Kosten nicht.

Renee Parlar (Competence Consulting Potsdam): Guten Tag! Vielen Dank, dass ich hier sein kann! Ich bin Politikwissenschaftlerin und arbeite zurzeit bei Competence Consulting im Rahmen der Machbarkeitsstudie, die von einer Forschungsgemeinschaft durchgeführt wird, die sich aus Competence Consulting und dem Forschungsinstitut für Bildungs- und Sozialökonomie aus Köln zusammensetzt. Leider kann ich Ihnen zur Machbarkeitsstudie und zum Stand der Untersuchungen heute nichts sagen. Es gibt Ansatzpunkte für Gender-Budgeting. Dabei sind einige Bereiche leichter zugänglich als andere. Das liegt letztlich an der Komplexität der Haushaltsverfahren.

Die Machbarkeitsstudie ist eine gute Möglichkeit, sich den Umsetzungsprozessen von Gender-Budgeting zu nähern. Das zeigt sich auch am Beispiel von Berlin. Gerade bei substanziellen Kürzungen ist es wichtig, dass sich die Geschlechterdisparität nicht vergrößert. Auch wenn es kein ausgereiftes Gender-Budgeting gibt, wären sehr wünschenswert, um eine Vergrößerung des Gender-Gaps zu verhindern.

Doktorin Elisabeth Klatzer (Bundeskanzleramt Wien): Guten Morgen! Besten Dank für die Einladung! Ich freue mich sehr, als Österreicherin hier zu sein. Nach Österreich braucht die Post doch länger. Deshalb kenne ich die Stellungnahmen leider nicht.

Nichtsdestotrotz hoffe ich, zu dieser Diskussion einiges beitragen zu können. Ich arbeite im österreichischen Bundeskanzleramt unter anderem als Dabei bin ich in Österreich in verschiedenen Pilotprojekten auf Länderebene als Konsolentin tätig. Darüber hinaus arbeite ich an einem derzeit laufenden Pilotprojekt für die österreichische Bundesverwaltung mit. Zusätzlich bin ich Mitglied einer zivilgesellschaftlichen Gruppe in Österreich, die sich Watch Group. Gender und öffentliche

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Finanzen nennt. Eine Zielsetzung dieser Vereinigung ist es, einerseits die Einführung des Gender-Budgetings vonseiten der Zivilgesellschaft voranzutreiben und sie andererseits kritisch zu reflektieren und von außen kritisch zu beobachten.

Inhaltlich möchte ich nur kurz sagen: Gender-Budgeting - das wurde schon erwähnt ist gewissermaßen das Herzstück von Gender-Mainstreaming. Ich sage immer: ohne Gender-Budgeting ist inhaltsleer; wenn die Finanzen nicht berücksichtigt werden, ist es nur ein Stückwerk. Durch die Beschlüsse zu die Sie in Nordrhein-Westfalen gefasst haben, und durch die Verankerung des Gender-Mainstreamings in den EU-Verträgen ist Gender-Budgeting deshalb bereits jetzt eine Verpflichtung.

Ich habe mir die Regierungserklärung der neuen Landesregierung angeschaut, in der der Gerechtigkeitsbegriff eine große Rolle spielt. Genau dazu passt meiner Meinung nach Gender-Budgeting. Denn um Gerechtigkeit in der Regierungspolitik zu verankern, braucht man Analysen und das Wissen um Geschlechterverteilung.

Marie-Luise Dött (BKU): Vielen Dank für die Einladung! Als Vorsitzende des Bundes Katholischer Unternehmer vertrete ich 1.200 Unternehmen und Unternehmer, die - zusätzlich zu allen anderen Bereichen - in verschiedenen Themen sehr idealistisch aufgestellt sind. Wenn ich mich als Vorsitzende des Bundes Katholischer Unternehmer vorstelle, fängt das Problem eigentlich schon damit an, dass ich immer gefragt werde: Heißt es denn nicht auch Unternehmerinnen? - Nein, es heißt nur Unternehmer. Es ist ein überwiegender Männerverbund mit etwa 98 % männlichen Unternehmern und einer Frauenspitze. Da fängt die Problematik an, die wir generell diskutieren: Wie können wir Geschlechtergerechtigkeit umsetzen? Ist sie überhaupt in Verwaltungen und in der Wirtschaft umzusetzen? Wie können wir an diesen Stellen steuernd eingreifen? Ich gebe Ihnen völlig Recht, Frau Doktorin Klatzer, dass Gender-Budgeting das Herzstück von Gender-Mainstreaming ist. Nur sollten wir uns darüber unterhalten, an welchen Stellen man ansetzen und beobachten kann.

Ich habe kommunalpolitische Erfahrung. Zurzeit werden die Haushalte in einigen Kommunen auf das neue kommunale Finanzmanagement NKF umgestellt. In diesen Bereichen sind bereits eine ganz andere Zielorientierung und eine andere Analyse möglich.

Deshalb lautet meine erste Empfehlung, die Haushalte entsprechend zu verändern.

Kann man auch den Landeshaushalt auf diese Weise verändern? Das ist die große Frage. Denn der Landeshaushalt hat ein wahnsinniges Volumen. Schon die Veränderung würde ein ungeheures Budget in Anspruch nehmen. Bei der derzeitigen Haushaltslage in Nordrhein-Westfalen wird das nur schrittweise möglich sein, darauf ist schon hingewiesen worden. Man kann aber in Bereichen anfangen, bei denen man sowieso schon Essenzen hat, die man beobachten kann.

Frau Weinmann beispielsweise hat Ihren Ausführungen eine Tabelle des Bezirksamtes Lichtenberg angefügt. Dort lese ich unter der Produktbezeichnung Bereitstellung von Sportanlagen: 39,7 % weiblich, 60,3 % männlich. Das ist eigentlich nur eine Analyse des gegenwärtigen Zustandes und sagt noch nichts darüber aus, wie Haushaltsmittel in diesem Bereich so eingesetzt werden können, dass es vielleicht auch mehr Frauen auf Sportanlagen gibt. Ich will noch ein weiteres Beispiel geben. Unter der 5 von 40

5. Sitzung (öffentlich) we nung Integrative Erziehungs- und Familienberatung findet sich die Angabe 73,8 % weiblich, 26,2 % männlich. Die Werte verwundern für die Haushalte von Alleinerziehenden überhaupt nicht. Aber die Frage ist doch, warum es so viele Haushalte von Alleinerziehenden gibt, die dieses Produkt in Anspruch nehmen.

Die politische Diskussion, die aus dieser Erkenntnis erwächst, ist zunächst einmal nur feststellender Art. Unter der Produktbezeichnung Gewerbebescheinigungen finden sich 22,5 % Frauen und 77,5 % Männer. Das wirft die Frage auf, warum sich so wenige Frauen selbstständig machen und ein Gewerbe anmelden. Welche Möglichkeiten haben Frauen, sich selbstständig zu machen? Wie lassen sich die Rollen von Frauen mit dem Beruf vereinbaren? Es geht um eine Analyse der Zahlen, der eine Zielsetzung folgen muss, die im Haushalt verankert werden muss. An dieser Stelle ist das neue Finanzmanagement, das einige Kommunen schon umgesetzt haben, ideal. Das gilt meiner Meinung nach auch für das Land. Von einer Umsetzung auf Landesebene sind wir allerdings noch ein wenig entfernt. Aber wir können uns in Schritten darauf zu bewegen.

Gunnar Koerdt (Stadt Bedburg): Frau Vorsitzende! Meine Damen und Herren! Ich begrüße Sie - quasi als Quotenmann.

(Heiterkeit)

Meine Ausführungen schließen an meine Vorrednerin an: Obwohl die Stadt Bedburg keine Modellkommune war, ist sie seit dem 1.1.2005 eine NKF-Kommune. Das sagt vielleicht schon etwas über meine Einstellung aus.

Ich möchte zwei Dinge vorab sagen: Gender-Mainstreaming-Prozesse sind mit Sicherheit zu unterstützen. Die Frage ist aber, ob wir mit Gender-Budgeting weiterkommen.

Wenn man den Anspruch erhebt, nicht nur Teilbereiche, sondern den vollständigen Haushalt einer Landesbehörde unter Gender-Aspekten zu betrachten, muss ich nüchtern konstatieren, dass selbst unter Berücksichtigung der Aktivitäten im Ausland Gender-Budgeting noch in den Kinderschuhen steckt. Jedenfalls sind wir noch weit davon entfernt, dass Gender-Budgeting durch Gesetze oder Rechtsverordnungen in den öffentlichen Haushalten verbindlich umgesetzt oder angeordnet werden kann. Das liegt ganz einfach daran, dass überhaupt kein geschlossenes Regelwerk erkennbar ist, in dem festgelegt wird, wie eine konkrete Umsetzung des Gender-Budgetings erfolgen soll.

Aus meiner Sicht - da stimme ich mit Frau Dött überein - gibt es eigentlich nur eine Möglichkeit: Zunächst müssen wir die Ursachen von geschlechtsbedingten Ungerechtigkeiten analysieren - stets anhand von Daten und Fakten, zu denen die Haushalte, auch der Landeshaushalt, nur einen gewissen Teil beitragen können. Der Analyse muss eine Verbesserung der Situation vorrangig durch die Steuerung der öffentlichen Haushalte folgen. An dieser Stelle sind wir bei dem Stichwort Output-Orientierung und nicht bei der Input-Orientierung. Das lässt sich deutlich an einem praktischen Beispiel zeigen, das sich meine Gleichstellungsbeauftragte hat einfallen lassen: Die Ausgaben für den Bau einer Straßenbahnlinie sichern in erster Linie die Arbeitsplätze von Männern im Baugewerbe. Aber damit ist es bei Weitem nicht getan; denn die Straßenbahn wird vermutlich überwiegend von Frauen benutzt werden, da Frauen den ÖPNV durchschnittlich sehr viel stärker benutzen als Männer.