Wer übernimmt die Kosten bergbaubedingter Hochwasserrisiken?

Der Steinkohleabbau der Bergwerke Walsum und West hat dazu geführt, dass Häuser in ehemals hochwasserfreien Gebieten infolge von Bergsenkungen soweit abgesenkt wurden, dass sie beim Bruch eines Rheindeichs überflutungsgefährdet sind. Bei einem Deichbruch drohen den Betroffenen immense Schäden an Bausubstanz und Einrichtung ihrer Häuser, die leicht den finanziellen Ruin bedeuten können.

Petra und Rainer Lasinski, die mit ihrer Familie an der Sandstraße 45 in Voerde-Spellen wohnen, sind Bergbaubetroffene, die beispielhaft für Viele stehen. Das Geländeniveau ihres bislang hochwassersicher gelegenen Eigentums liegt infolge von Bergsenkungen künftig 2 m tiefer als bisher. Dies führt dazu, dass das Wohnhaus der Familie Lasinski nicht mehr sicher vor Hochwasser ist. Bei einem Bruch der Rheindeiche stände das Hochwasser im Bereich ihres Hauses 1,50 m tief.

Zwar wird das Eigentum der Familie Lasinski durch Deiche vor Hochwasser geschützt. Doch weil Deiche keinen absoluten Schutz vor einer Überflutung bieten können, ist der Abschluss einer Elementarschadensversicherung zur Absicherung des Restrisikos unumgänglich. Diese Absicherung ist keine Privatidee der Betroffenen, sondern beruht auf Empfehlungen der Internationalen Kommission zum Schutz des Rheines (IKSR) und des Umweltbundesamtes.

Für beide Institutionen ist eine Elementarschadenversicherung ein fester Bestandteil des vorsorgenden Hochwasserschutzes.

Der Abschluss von Elementarschadensversicherungen für Hochwasserschäden am Wohngebäude und am Hausrat verursacht nach Aussage von Familie Lasinski Kosten in Höhe von etwa 150 Euro pro Jahr. Zusätzlich fallen für jede Versicherung im Schadensfall 10 % Selbstbeteiligung an.

Ohne die von der Deutschen Steinkohle AG verursachten Bergsenkungen wären diese Versicherungen für die Familie Lasinski nicht notwendig. Folgerichtig verlangt sie die Anerkennung dieser finanziellen Zusatzbelastung als Bergschaden und eine dauerhafte Kostenübernahme durch den Bergbautreibenden.

Doch die DSK ist nach eigener Aussage nicht bereit, die Kosten für die Elementarschadensversicherungen zu übernehmen, denn sie sieht keine Gefährdung für Gebäude und Hausrat.

Nach Auffassung der DSK werden von den Deichverbänden alle notwendigen Maßnahmen zur Deichsicherung ergriffen, um Deichbrüche und infolgedessen Überschwemmungen zu verhindern.

Damit sind die Bergbaubetroffenen in der Situation, dass sie entweder die Kosten einer Elementarschadenversicherung zur Absicherung der bergbaubedingten Hochwasserrisiken aus der eigenen Tasche zahlen oder aber das unkalkulierbare Risiko eines selbst zu tragenden Hochwasserschadens in Kauf nehmen.

Zusätzlich kommen auf diese Bergbaubetroffenen weitere Kosten zu. Weil Ihre Immobilien in Folge der Bergsenkungen durch Deiche vor Hochwasser geschützt werden müssen, werden sie zwangsläufig beitragspflichtige Mitglieder des zuständigen Deichverbandes. Nach den derzeit gültigen Hebesätzen fällt hier für Familie Lasinski künftig ein Beitrag von jährlich 500 Euro an. Infolge von anstehenden Investitionsmaßnahmen des Deichverbandes ist jedoch absehbar, dass der Beitrag bald deutlich steigen wird.

Im Falle der durch Bergsenkungen zur kostenpflichtigen Mitgliedschaft in Deichverbänden gezwungenen Immobilienbesitzer hat die DSK beim Erörterungstermin zum Rahmenbetriebsplan für das Bergwerk Walsum zwar eine Übernahme der Mitgliedsbeiträge in Aussicht gestellt, dies jedoch ausschließlich aus Kulanzgründen ohne Anerkennung einer Rechtspflicht. Die Betroffenen haben deshalb keine Rechtssicherheit und müssen im Zweifelsfall auch für diese Kosten selbst aufkommen.

Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:

1. Ist die Landesregierung der Auffassung, dass die Deiche an Niederrhein einen absoluten Schutz vor Hochwasser bieten (so dass von ihnen geschützte Wohngebiete genauso sicher vor Hochwasser sind wie Wohngebiete, die in hochwasserfreien Bereichen liegen) oder ist sie der Auffassung, das Deiche keinen absoluten Schutz bieten können und damit ein Restrisiko für die von ihnen geschützten Wohnbereiche bleibt?

2. Gehören Elementarschadenversicherungen für die Landesregierung zum vorsorgenden Hochwasserschutz für von Deichen geschützte Wohngebiete oder hält sie den Abschluss solcher Versicherungen für nicht notwendig, weil von den für die Deichsicherheit zuständigen Stellen alle Maßnahmen ergriffen werden, um Hochwassergefahren zu begegnen?

3. Teilt die Landesregierung die Auffassung der Familie Lasinski, wonach die Kosten einer Elementarschadensversicherung und der Zwangsmitgliedschaft im Deichverband in diesem Fall durch den Bergbautreibenden zu übernehmen sind oder teilt sie die gegenteilige Auffassung der DSK?

4. Wie viele Gebäude sind nach Kenntnis der Landesregierung am Niederrhein und im Ruhrgebiet durch den Rhein, die Lippe, die Emscher und andere Fließgewässer in Folge von Bergsenkungen von einem Hochwasserrisiko betroffen?

5. Wer müsste nach Auffassung der Landesregierung im Falle von tatsächlichen eingetretenen Hochwasserschäden an diesen Gebäuden und ihrer Einrichtung für deren Ausgleich aufkommen, wenn keine Elementarschadenversicherung abgeschlossen wurde?