Vorstau im Edersee

In der Gemeinde Vöhl und im Landkreis Waldeck-Frankenberg wird derzeit über einen möglichen Vorstau im Edersee im Bereich Hochstein diskutiert. Auslöser dafür ist der niedrige Wasserstand im Bereich des Vöhler Ortsteils Herzhausen schon zu Beginn der Feriensaison.

Vorbemerkung des Ministers für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung:

Die Pläne für eine Zwischensperre gehen auf Vorschläge des Landkreises Waldeck aus den Sechzigerjahren zurück. Nach einem vom Regierungspräsidium in Kassel seinerzeit in Auftrag gegebenen Gutachten könnte durch die Zwischensperre in Höhe der "Hohen Fahrt" eine Wasserfläche von rund 200 ha mit einem Stauvolumen von 9,4 Millionen m3 gesamtes Stauvolumen des Edersees rund 200 Millionen m3 geschaffen werden. Die Baukosten wurden damals je nach Ausbauvariante auf Beträge zwischen ca. 8 bis 20 Mio. DM geschätzt.

Begründet wurde eine Zwischensperre in der Vergangenheit ausschließlich unter dem Gesichtspunkt des Tourismus. Inzwischen hat sich aber eine Tourismusstruktur herausgebildet, die überwiegend den Teil des Edersees einbezieht, der beständig über Wasser verfügt. Hier konzentrieren sich die Wassersport-, Segelschulen und Freizeitangebote.

Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage im Einvernehmen mit dem Minister für Umwelt, Landwirtschaft und Forsten wie folgt:

Frage 1. Wie beurteilt die Landesregierung die Machbarkeit eines Vorstaus im Edersee besonders unter den Aspekten Fremdenverkehr, Zweckbestimmung der Talsperre und ökologische Folgen?

Die Errichtung einer Zwischensperre entspricht nicht der eigentlichen Funktion des Edersees, die darin besteht, die Wasserbevorratung für die Schifffahrt, den Hochwasserschutz und die Voraussetzungen für die Stromerzeugung sicherzustellen.

Vorteilen für den Fremdenverkehr - insbesondere durch Schaffung einer dauernd bespannten Wasserfläche - stünden möglicherweise Nachteile durch hohes Algenwachstum sowie Sedimentablagerungen und die zu deren Beseitigung erforderlichen Arbeiten entgegen.

Im Wasserwechselbereich bei Herzhausen leben hochwertige, spezialisierte Tier- und Pflanzengesellschaften, die durch eine dauerhafte Überflutung gefährdet würden. Der Vorstau könnte mithin zu Beeinträchtigungen des Naturschutzgebietes "Ederseeufer bei Herzhausen" und gegebenenfalls des Landschaftsschutzgebietes "Auenverbund Eder" führen. Diese Gebiete sind nach der EG-Vogelschutzrichtlinie und der EU-FFH-Richtlinie angemeldet.

Frage 2. Wie hoch werden die voraussichtlichen Baukosten für einen Vorstau sein?

Angaben über den genauen Standort der Zwischensperre, die möglichen Bodenverhältnisse sowie die Baumasse liegen nicht vor, sodass eine realistische Kostenschätzung nicht möglich ist.

In einem 1971 erstellten Gutachten wurden die Kosten für eine Zwischensperre je nach Ausbauvariante zwischen 8 bis 20 Mio. DM veranschlagt.

Aufgrund der zwischenzeitlich eingetretenen Preisentwicklung dürften die Schätzungen nicht mehr dem aktuellen Preisniveau entsprechen.

Frage 3. Muss der Vorstau auch in die wasserwirtschaftlichen Maßnahmen der Edertalsperre (Mindestabgabemenge an die Oberweser) einbezogen werden?

Der Vorstau wäre Teil des Gesamtstauraumes der Edertalsperre und müsste daher in die Bewirtschaftung der gesamten Talsperre mit einbezogen werden.

Nach Mitteilung der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Hann. Münden wäre eine Wahrnehmung der Aufgaben der Bundeswasserstraßenverwaltung grundsätzlich auch bei Errichtung einer entsprechenden Zwischensperre möglich.

Frage 4. Wer kommt in dieser Bundeswasserstraße als Träger einer solchen Maßnahme in Frage, und wer wäre für die Unterhaltungskosten zuständig?

Die Errichtung einer Zwischensperre entspricht nicht der Aufgabe und Funktion des Edersees und ist zum Betrieb der Bundeswasserstraßenanlage nicht erforderlich. Somit scheidet die Bundeswasserstraßenverwaltung als Träger einer solchen Maßnahme aus; dies gilt auch für die Unterhaltungskosten.

Ebenfalls wurde eine Übernahme der Trägerschaft nach Fertigstellung einer Vorsperre von der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung abgelehnt.

Als Träger kämen daher die an einem Vorstau interessierten Gebietskörperschaften in Betracht.

Frage 5. Ist die Landesregierung bereit, wenn die Gemeinde Vöhl Träger der Baumaßnahme sein müsste, das Vorhaben mit Landesmitteln zu unterstützen?

Eine abschließende Entscheidung kann erst nach Prüfung der Antragsunterlagen erfolgen. Da an einem Zwischenstau in erster Linie touristisches Interesse besteht, müsste eine entsprechende Förderung aus Tourismusmitteln des Landes vorgenommen werden. Angesichts der zu erwartenden hohen Kosten wären allerdings die gesamten Tourismusfördermittel des Landes auf einige Jahre ausschließlich in diesem Projekt gebunden. Eine Mitfinanzierung aus Mitteln des Hochwasserschutzes scheidet aus Gründen der Zweckbestimmung aus.