JVA

Dies ist zum Teil geschehen, so dass sich der Vollzug dem Ziel, die im Sinne dieser Überlegungen gefährliche Gefangenenklientel wechselnd in Sicherheitsabteilungen des Landes (aber auch im Austausch gegen andere Gefangene in einem anderen Bundesland) sicher unterzubringen, deutlich angenähert hat. Die begonnene Entwicklung ist fortzusetzen, um dem geschätzten Bedarf gerecht zu werden, und wird mit der Inbetriebnahme der geplanten Justizvollzugseinrichtungen in Sehnde und Göttingen zunächst abgeschlossen sein.

Zur Verdeutlichung der zurzeit in Sicherheitsabteilungen untergebrachten Gefangenen werden nachfolgend einige Personaldaten beispielhaft aufgeführt:

­ Seit 3/96: 1 Strafgefangener, der wegen Vergewaltigung und Geiselnahme 10 Jahre und 15 Jahre Freiheitsstrafe bis zum 04.03.2017 zu verbüßen hat und gegen den anschließend Sicherungsverwahrung verhängt wurde. Der Gefangene gilt als gewalttätig.

­ Seit 5/96: 1 wegen dreimaligen schweren Raubes und zweimaliger Gefangenenmeuterei zu einer 15-jährigen Freiheitsstrafe verurteilter Strafgefangener, von dem höchste Fluchtgefahr ausgeht und Gewalttätigkeiten gegen Personen und Sachen zu erwarten sind.

­ Seit 3/97: 1 Strafgefangener, der wegen Entführung, erpresserischen Menschenraubes, räuberische Erpressung und Geiselnahme eine Freiheitsstrafe bis zum 04.11.2010 zu verbüßen hat und gegen den anschließend Sicherungsverwahrung verhängt wurde.

­ Seit 5/97: 1 wegen Mordes, gefährlicher Körperverletzung, vorsätzlichen erpresserischen Menschenraubes mit Geiselnahme zu lebenslänglicher Freiheitsstrafe verurteilter Gefangener, gegen den anschließend Sicherungsverwahrung verhängt wurde.

Der Gefangene gilt in höchstem Maße als fluchtgefährlich und gewalttätig gegen Personen oder Sachen.

­ Seit 6/98: 1 Strafgefangener, der wegen schweren Raubes, Mordes an zwei Polizeibeamten, erpresserischen Menschenraubes und Geiselnahme Freiheitsstrafen bis zum 17.2.2019 (anschließend den Rest der lebenslangen Freiheitsstrafe) zu verbüßen hat. Der Gefangene gilt in höchstem Maße als fluchtgefährlich, der seine Flucht möglicherweise auch unter Begehung einer erneuten Geiselnahme durchführen würde.

­ Seit 8/98: 1 Strafgefangener, der 12 Jahre sowie eine anschließende Restfreiheitsstrafe von 1 005 Tagen von ursprünglich 8 Jahren und 3 Monaten zu verbüßen hat. Der Gefangene ist gewalttätig gegenüber Mitgefangenen und verdächtig der versuchten Geiselnahme innerhalb des Vollzuges.

Gründe für die Unterbringung der vorstehend nicht einzeln erwähnten Gefangene in der Sicherheitsstation sind zum Beispiel

­ Vergewaltigung einer Vollzugsbeamtin und Geiselnahme, sexuelle Nötigung einer weiteren Vollzugsbeamtin und Geiselnahme, Fluchtgefahr und Gewaltbereitschaft.

­ Fluchtversuche aus einer JVA eines anderen Bundeslandes, dazu weiterhin Fluchtgefährlichkeit und Gewaltbereitschaft.

­ Mehrfache Geiselnahme im Justizvollzug, erhebliche Fluchtgefahr.

­ Androhung von Geiselnahmen und Tötung eines Mitgefangenen.

­ Bedrohung von Justizvollzugsbediensteten,

­ schwerste Verletzung eines Mitgefangenen, Fluchtgefahr und Gewalttätigkeit.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt:

Zu 1:

Die Unterbringung von Strafgefangenen in einer Sicherheitsstation erfolgt gemäß §§ 88 und 89 Strafvollzugsgesetz (StVollzG). Untersuchungsgefangene werden auf der Grundlage des § 119 Strafprozessordnung (StPO) i.V.m. Nr. 93 Untersuchungshaftvollzugsordnung (UVollzO), bei besonderer Verdunklungsgefahr nach § 119 StPO i.V.m. Nr. 60 Abs. 2 Nr. 1 UVollzO auf richterliche Anordnung bzw. mit richterlicher Genehmigung untergebracht.

Den Gefangenen stehen die allgemeinen nach dem StVollzG bzw. der StPO UVollzO eingeräumten Rechtsmittel zur Verfügung.

Zu 2: 17 Haftplätze, davon 11 Plätze in der JVA Hannover und 6 Plätze in der JVA Wolfenbüttel.

Zu 3: 40 Haftplätze, davon 10 Plätze in der JVA Oldenburg, 20 Plätze in der JVA Sehnde und 10 Plätze in der JVA Göttingen.

Zu 4: Am 30.5.2000 befanden sich 23 Gefangene in Sicherheitsstationen (JVA Wolfenbüttel = 3, JVA Hannover = 6 und JVA Celle = 14 Gefangene).

Zu 5: Die am 30.05.2000 in Sicherheitsstationen untergebrachten Gefangenen befinden sich naturgemäß unterschiedlich lange in diesen Einrichtungen.Isolierhaft", sondern um die unausgesetzte Absonderung eines Gefangenen (Einzelhaft). Dabei ist noch zu unterscheiden zwischen Gefangenen, die aus besonderen Gründen mit anderen Gefangenen nicht zusammenkommen dürfen, und jenen, die gemäß ihrer individuellen Vollzugsplanung als geeignet angesehen werden, einen Teil der Freizeit gemeinsam mit anderen Gefangenen zu verbringen. Bei letzteren findet eine Kommunikation mit Mitgefangenen statt. Alle kommunizieren mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, Besucherinnen und Besuchern. Ferner haben alle die Möglichkeit des

- wenn auch überwachten - Schriftwechsels und Telefonverkehrs.

Die Diskussion über die mit dem Vollzug langjähriger Freiheitsstrafen verbundenen psychischen Belastungen bzw. Veränderungen wird seit Jahren kontrovers geführt. In Venzlaff & Foerster, Psychiatrische Begutachtung 1999, Seite 321, beschreibt Conrad, dass die Vorstellung eines gleichförmigen und klar umschreibbaren Haftschädigungsbildes nicht aufrechterhalten werden konnte. Je nach Autor würden als Folge einer Langzeitinhaftierung Apathie, affektive Verflachung, Initiativverlust, Mangel an Autonomie, eingeschränkte soziale Kontakte, früh einsetzende Senilität bei Älteren, Persönlichkeitsstörungen, Depressionen, nervöse Erschöpfungszustände oder psychosomatische Erkrankungen genannt. Als Moderatorvariablen stünden einerseits individuelle Merkmale des Gefangenen selbst und andererseits die Ausgestaltung der Haftumgebung im Mittelpunkt. Dieser Darstellung stellt Conrad gegenüber, dass in empirischen Untersuchungen im Durchschnitt bzgl. qualitativer sowie testpsychologischer Befunde eine zunehmende psychische Stabilisierung im Längsschnitt über den Haftverlauf festzustellen sei. Dieses ließe jedoch keine Rückschlüsse auf ausbleibende Schäden einer langandauernden Haftsituation zu, sondern deute zunächst eher auf eine mit den Jahren ansteigende Fähigkeit der Inhaftierten hin, sich an die Haftbedingungen anzupassen, oder den inneren Widerstand aufzugeben, so dass sich entsprechende Stressoren reduzieren, was auch als Anzeichen einer allgemeinen Resignation und Nachgiebigkeit aufgefasst werden könne.

Diese Aussagen bezögen sich jedoch nicht ausschließlich auf Gefangene in Sicherheitsstationen. Diese dürften jedoch den gleichen Wirkmechanismen unterliegen, wobei von quantitativen, nicht qualitativen Unterschieden zu den im Normalvollzug Untergebrachten auszugehen sein dürfte.

Psychischen Beeinträchtigungen wird entgegengewirkt durch Beobachtung und Ansprache der Gefangenen durch Stationsbedienstete, Fachdienstpräsenz, regelmäßigen, berufsgruppenübergreifenden Austausch zur Befindlichkeit und Behandlung Einzelner in Form von Vollzugsplankonferenzen, Stationsbesprechungen, im Bedarfsfall Einzelkonferenzen sowie durch Einholung externer psychiatrischer Gutachten zur diagnostischen Einschätzung und weiteren Vollzugsgestaltung und informellen Austausch.

In begründeten Einzelfällen wird auch in der Sicherheitsstation versucht, eine psychotherapeutische Maßnahme einzuleiten. Darüber hinaus können sich die Gefangenen jederzeit an die zuständigen Fachdienste der Justizvollzugseinrichtungen wenden.

Die Unterbringung in den Sicherheitsabteilungen wird ständig ärztlicherseits überwacht.

Zu 8: Die Unterbringung Gefangener in Sicherheitsstationen - auch über einen längeren Zeitraum hinweg - muss nicht zwangsläufig zu negativen gesundheitlichen Folgen für den Betreffenden führen. Des weiteren hat der Justizvollzug seinen Gesetzesauftrag zu erfüllen, innerhalb dessen die Gefangenen fähig werden sollen, künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen. Hiermit ist unmittelbar auch verbunden, störende, diesem Ziel entgegenstehende Faktoren zu erkennen und zu bewerten.