Konflikte zwischen der Geburt eigener Kinder und dem Beruf

Im Hinblick auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf entstehen nicht nur Konflikte zwischen der Geburt eigener Kinder und dem Beruf. Zunehmend entstehen diese Konflikte auch zwischen dem Beruf und der Pflege der eigenen Eltern. In Zukunft ist auch die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf stärker in den Blick zu nehmen. Die Landesregierung wird aufgefordert, sich bei der Reform der Pflegeversicherung erneut für die gesetzliche Regelung einer Pflegezeit einzusetzen.

In unserer Gesellschaft, in der Bildung eine zentrale Voraussetzung für beruflichen und persönlichen Erfolg ist, muss es Ziel der Politik sein, dass alle Kinder die Bildungsangebote der Kindergärten tatsächlich annehmen. Mit der hierdurch zu erzielenden hohen Sprachkompetenz geht auch eine verbesserte Integration von Kindern mit Migrationshintergrund einher.

Vor diesem Hintergrund ist das familienpolitisches Gesamtkonzept der Landesregierung fortzuschreiben unter Berücksichtigung folgender Empfehlungen:

1. Die Betreuungsangebote für Kinder aller Altersstufen sollten ausgebaut werden. Anzustreben ist eine verlässliche, bezahlbare und qualitätsvolle qualitativ hochwertige Betreuung in allen Betreuungsformen. Dabei sollen die verschiedenen Betreuungsformen (Krippe, Kindergarten, Grundschule, freiwillige Ganztagsschule, Hort) lückenlos aneinander anschließen. Eltern müssen sich darauf verlassen können, dass ihre Kinder auch bei einem Wechsel der Betreuungsform, z. B. durch Eintritt in die Grundschule, ebenso betreut werden, wie zuvor.

2. Besonderer Bedarf für zusätzliche Betreuungsplätze besteht im Bereich der Krippen für unter 3-Jährige. Dieser kann zum Teil auch durch ein größeres Angebot und eine verbesserte Vermittlung von Tagespflegeplätzen gedeckt werden. Um den besonderen Bedarf an zusätzlichen Betreuungsplätzen für unter 3-Jährige zu decken, ist neben dem erforderlichen Ausbau der Krippenplätze auch die landesrechtliche Regelung für das Tagesausbaubetreuungsgesetz (TAG) in Angriff zu nehmen, um die bereits tätigen Tagesmütter zu erfassen, ihre Qualifikation zu überprüfen bzw. zu verbessern und das Angebot quantitativ auszuweiten.

3. Betreuungsmöglichkeiten in der Nähe des elterlichen Arbeitsplatzes können dadurch geschaffen werden, dass Träger, die ihre Einrichtungen für Kinder aus anderen Gemeinden öffnen, eine anteilige Kostenerstattung von der Wohnsitzgemeinde erhalten.

4. Weiterhin gilt es, Kooperationen zwischen Betrieben und Kinderbetreuungseinrichtungen anzuregen und ­auch durch den Abbau bürokratischer Hemmnisse- zu unterstützen.

4a. Im Hinblick auf die wachsende Anzahl falsch bzw. unzureichend ernährter Kinder kommt dem gemeinsamen Essen in einer Kindertageseinrichtung wachsende Bedeutung zu. Gemeinsames Essen kann in solchen Einrichtungen eine Grundlage für eine gesunde und bewusste Ernährung schaffen, zur Esskultur beitragen und die Möglichkeit zum Kennenlernen von Speisen aus unterschiedlichsten Ländern bieten."

5. Politik, Wirtschaft und Gewerkschaften sollten sich für eine weitere Verbesserung des Teilzeit- und Telearbeitsangebotes, des Jobsharings, der Arbeitszeitflexibilisierung, von Wiedereinstiegshilfen und der Kinderbetreuung einsetzen. Dabei ist es Aufgabe der Politik, die Akteure zusammenzubringen. Als Maßnahmen kommen insbesondere in Betracht:

a. Betriebskindergarten

b. Förderung von Elterninitiativen

c. Flexibilisierung der Öffnungszeiten einschließlich Randzeiten

d. Eltern-Kind-Zimmer

e. Betreuung von unter Dreijährigen

f. Qualifizierte Hausaufgabenbetreuung

g. Mittagessen für Kinder

h. Fahrdienst i. Notfallbetreuung von kranken Kindern zu Hause, Angleichung der Freistellungstage für die Betreuung von kranken Kindern von Angestellten, Arbeitern und Beamten j. Ferienbetreuung in den Gemeinden k. Belegplätze im Altenheim, die Firmen ihren Angestellten im Fall der Pflegebedürftigkeit eines Angehörigen vermitteln können l. Kurzzeitpflege- und Tagespflegeplätze, auf die von Firmen bei Bedarf zurückgegriffen werden kann m. Vermittlung an eine Seniorenberatungsstelle, die im Fall der Pflegebedürftigkeit eines Angehörigen über die Hilfe- und Unterstützungsmöglichkeiten informiert.

n. Freistellung zur Pflege von Familienangehörigen im Rahmen einer Pflegezeit

6. Staatliche Hilfen für Kinder sind darauf zu überprüfen, was tatsächlich bei den Kindern, nicht was bei der Familie, ankommt.

7. Möglichkeiten der Teilzeitausbildung, des Teilzeitstudiums und modulare Bildungsabschnitte sollten erst dann vermehrt geschaffen werden, wenn die Möglichkeiten der Betreuung zu Randzeiten an ihre Grenzen gestoßen sind.

8. Nötig sind verstärkte Angebote qualifizierter Elternbildung.

9. Aufgabe der Politik ist es, öffentlich die Werte zu vertreten und zu bekräftigen, die Ehe und Familie sowie die Bereitschaft zu Kindern und die Übernahme von Erziehungsverantwortung fördern.

10. Kinderbetreuungseinrichtungen sollten zu Familienzentren weiterentwickelt werden, die dann unter einem Dach nicht nur Bildung und Betreuung der Kinder vereinen würden. Solche Eltern-Kind-Zentren sollen zusätzliche Service-Angebote wie zum Beispiel Elternschule, Sprachkurse für Migrantenfamilien, Gesundheitscheck, Erziehungsberatung etc. anbieten. So würden diese Familienzentren zum permanenten Treffpunkt für junge Familien.

11. Verstärkung der Kooperation zwischen Kindergarten und Grundschule - aller Einrichtungen im Elementar- und Primarbereich - mit dem Ziel einer engeren Verzahnung dieser Bildungsorte gerade im letzten Kindergartenjahr zur Ermöglichung eines bruchlosen Übergangs für die Kinder.

12. Entwicklung von Tagesmütterprojekten als gleichberechtigter und gleichwertiger Bestandteil der Kinderbetreuung als Alternative und Ergänzung zu vorhandenen Angeboten. Der Landesregierung wird empfohlen, darauf hinzuwirken, dass die Stundenanzahl für die Qualifizierung der Tagesmütter die Empfehlungen des DJI von 160 Stunden nicht unterschreitet.

13. Prävention und Hilfe für vernachlässigte Kinder in Form von alltagstauglicher, verbindlicher Kooperation aller Berufsgruppen, die mit Kindern arbeiten, im Rahmen eines Netzwerks von Strukturen zur Weitergabe von Informationen inklusive verbindlicher Veranlassung fallbezogener Hilfemaßnahmen.

14. Gender Mainstreaming sowohl in der Landesverwaltung als auch bei der Mittelvergabe des Landes konsequent umzusetzen, um die Entscheidung von Frauen und Männern für ein Leben mit Kindern zu erleichtern.

Zu diesen Empfehlungen hat die SPD-Landtagsfraktion folgende Minderheitenvoten abgegeben, denen sich die Landtagsfraktion Bündnis90/Grüne mit Ausnahme von Ziff. 2 angeschlossen hat:

1. Punkt 1 der Empfehlungen lautet: „Die Betreuungsangebote für Kinder sollten zu Ganztagsangeboten ausgebaut und mittelfristig für alle Jahrgänge kostenfrei gestellt werden. Anzustreben ist eine verlässliche, bezahlbare und qualitativ hochwertige Betreuung in allen Betreuungsformen. Dabei sollen die verschiedenen Betreuungsformen (Tagesmütter, Krippe, KiTa, Grundschule...) lückenlos aneinander anschließen und den für die Betreuungsart geltenden Qualitätsstandards entsprechen. Eltern müssen sich darauf verlassen können, dass ihre Kinder auch bei einem Wechsel der Betreuungsform im erforderlichen Umfang betreut werden."

2. Punkt 2 der Empfehlungen ist um den Zusatz „Analog des Rechtsanspruches auf einen Kindergartenplatz ist der Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung ab Vollendung des ersten Lebensjahres gesetzlich zu verankern." zu ergänzen.

3. Punkt 3 der Empfehlungen ist um den Zusatz „Um die Familienfreundlichkeit in den saarländischen Betrieben zu steigern, wird die Landesregierung aufgefordert, im Rahmen von regelmäßigen Spitzengesprächen mit der saarländischen Wirtschaft die Voraussetzungen und das Bewusstsein dafür zu schaffen, dass die Innovations- und Zukunftsfähigkeit unseres Bundeslandes wesentlich von diesen weichen Standortfaktoren abhängt. In diese Gespräche sollen die Kammern (IHK, HWK, AK), der Städteund Gemeindetag, der Landkreistag und die Gewerkschaften eingebunden werden.

Nach einer oder mehreren Informationsveranstaltungen zum Auftakt soll in den Firmen durch die Kammern eine aufsuchende Beratung stattfinden, um die notwendigen Prozesse in Gang zu setzen und zu begleiten." zu ergänzen

4. Punkt 4 der Empfehlungen erhält folgenden Zusatz:" Weiterhin erscheint es sinnvoll, dass sich auf dieser Basis vor Ort Arbeitsgruppen zwischen Firmen, Betreuungseinrichtungen und öffentlichen Geldgebern bilden, in denen die notwendige Weiterentwicklung der Betreuungsangebote besprochen und die entsprechenden Entscheidungen in die Wege geleitet werden. In diesem Zusammenhang sollten auch Möglichkeiten eruiert werden, unter denen sich Firmen in Betreuungseinrichtungen einkaufen können.

5. Punkt 5 der Empfehlungen wird um folgenden Zusatz ergänzt: „Von der Landesregierung wird erwartet, dass sie in diesem Bereich mit gutem Beispiel voran geht, indem sie sich in ihrem Zuständigkeitsbereich gemäß dem familienpolitischen Programm der CDU einem Familien-Audit unterzieht, um Müttern und Vätern die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu erleichtern." Buchstabe e erhält den folgenden Wortlaut: „Betreuung von unter Dreijährigen in Kinderkrippen oder durch Tagesmütter" Buchstabe f lautet: „Hausaufgabenbetreuung durch pädagogisches Fachpersonal" Buchstabe j lautet: „Betreuung auch in Ferienzeiten, d.h. Öffnung von Kinderbetreuungseinrichtungen während des ganzen Jahres"

6. Punkt 6 der Empfehlungen erhält den Zusatz: „Eine steigende Anzahl Eltern sind dabei überfordert, ihre Kinder bei der Entwicklung hin zu Selbständigkeit und Eigenverantwortung zu unterstützen. Ihnen kann durch möglichst frühe Vermittlung von Basiskompetenzen in der Erziehung und Haushaltsorganisation geholfen werden. Die Landesregierung wird aufgefordert ein entsprechendes Programm zu entwickeln und umzusetzen, damit es nicht mehr oder zumindest viel seltener vorkommt, dass staatliche Hilfen für die Kinder nicht für sie, sondern für die Bedürfnisse anderer Familienmitglieder verwandt wird."

7. Punkt 8 der Empfehlungen ist um den folgenden Zusatz zu ergänzen: „Für Eltern sollte bei Angeboten der Elternbildung neben den bereits bestehenden Möglichkeiten verstärkt der aufsuchende Ansatz im Sinne der frühen Hilfen für Familien gewählt werden, um sie für diese Angebote zu gewinnen."

8. Punkt 9 der Empfehlungen erhält den folgenden Zusatz: „Die Politik sollte sich stärker zu Familien bekennen und die Vielfalt familiären Zusammenlebens akzeptieren. Allen, die Verantwortung für die jüngere oder die ältere Generation übernehmen, sollte mehr gesellschaftliche Anerkennung und öffentliche Wertschätzung entgegengebracht werden."