Problem der bilanziellen Überschuldung von Städten, Gemeinden und Landkreisen

Vorbemerkung des Fragestellers: „Die Landesregierung hat mit Gesetz Nr. 1598 vom 12. Juli 2006 (Amtsbl. 06, S. 1614) Gesetz über das Neue Kommunale Rechnungswesen im Saarland (DOPPIK) die Einführung der doppelten Buchführung (DOPPIK) für Städte, Gemeinden und Landkreise durchgesetzt. Die nunmehr in allen Kommunen nach § 1 Abs. 2 des Gesetzes über das Neue Kommunale Rechnungswesen im Saarland (DOPPIK) abgeschaffte Kameralistik und eingeführte Doppik hat auch die Möglichkeit geschaffen, dass Städte, Gemeinden und Landkreise bilanziell überschuldet sein können. In diesem Kontext stellt sich nun die Frage des Umgangs der Landesregierung mit der bilanziellen Überschuldung von Städten, Gemeinden und Landkreisen."

Vorbemerkung der Landesregierung:

Der Landtag des Saarlandes hat in seiner Sitzung am 12. Juli 2006 das Gesetz Nr. 1598 über das Neue Kommunale Rechnungswesen im Saarland einstimmig bei Zustimmung aller Landtagsfraktionen beschlossen. Die Einführung eines einheitlichen kommunalen Rechnungswesens auf doppischer Grundlage ­ ohne die Wahlmöglichkeit für ein kamerales Rechnungswesen - erfolgte auf ausdrücklichen Wunsch des Saarländischen Städte- und Gemeindetages sowie des Landkreistags Saarland.

Grundlage für die Vorschriften des neuen kommunalen Rechnungswesens war ein von der Innenministerkonferenz (IMK) im Konsens mit allen Ländern erarbeiteter Leittext, der auf Beschluss der IMK allen Ländern zur Umsetzung empfohlen wurde und auch Grundlage für die Reform des kommunalen Haushaltsrechts in den anderen Ländern war.

Die Art des Rechnungswesens hat keinen Einfluss auf die Höhe der Verschuldung der Kommune. Die Kommunen hätten in einem kameralen Rechnungswesen die gleichen Verbindlichkeiten wie in einem doppischen. Ziel der Reform des kommunalen Rechnungswesens war es u.a., vor dem Hintergrund der intergenerativen Gerechtigkeit ein Ressourcenverbrauchskonzept einzuführen, das es gebietet, den gesamten Ressourcenverbrauch, also z. B. auch den Vermögensverzehr in Form von Abschreibungen, transparent darzustellen und durch Erträge auszugleichen.

Die Frage der Überschuldung stellt sich nur bei den saarländischen Städten und Gemeinden, zumindest aber mittelfristig nicht für die Haushalte der Landkreise und des Regionalverbandes Saarbrücken.

Wie viele Städte, Gemeinden und Landkreise haben bislang eine Eröffnungsbilanz erstellt?

Zu Frage 1: Dem Landesverwaltungsamt als Kommunalaufsichtsbehörde wurden bislang von 40 Kommunen (39 Städte und Gemeinden und 1 Landkreis) Eröffnungbilanzen vorgelegt. Diese wurden zunächst vorläufig erstellt. In 5 Fällen wurde die Eröffnungsbilanz inzwischen endgültig festgestellt. Dabei handelt es sich um die Kreisstadt Neunkirchen und die Gemeinden Riegelsberg, Weiskirchen, Marpingen und Tholey. Von den 18 Kommunen, die dem Landesverwaltungsamt noch keine Eröffnungsbilanz vorgelegt haben, haben 13 ihr Rechnungswesen erst ab dem 01.01.2010 auf die Doppik umgestellt.

Gibt es bereits jetzt Städte, Gemeinden und Landkreise, die bilanziell überschuldet sind?

Erwartet die Landesregierung für die Jahre 2010, 2011 und 2012, dass Städte, Gemeinden und Landkreise überschuldet sein werden, wenn „Ja" welche?

Zu den Fragen 2 und 3:

Die Höhe des Eigenkapitals der 13 Städte und Gemeinden und fünf Landkreise, die noch keine Eröffnungsbilanz vorgelegt haben, ist dem Landesverwaltungsamt als Kommunalaufsichtsbehörde noch nicht bekannt. Deshalb bezieht sich die Beantwortung der Fragen 2 und 3 auf die übrigen kommunalen Gebietskörperschaften.

Nach den Zahlen der vorliegenden Haushaltspläne (einschließlich der Nachtragshaushalte) 2009 und der Übersichten über die voraussichtliche Entwicklung des Eigenkapitals wird nach der Feststellung der Jahresabschlüsse 2009 voraussichtlich keine Kommune zum 31.12.2009 bilanziell überschuldet gewesen sein.

Im Jahr 2010 könnte aufgrund der dem Landesverwaltungsamt vorgelegten Unterlagen zur mittelfristigen Finanzplanung eine bilanzielle Überschuldung der Stadt Friedrichsthal eintreten. Im Jahresabschluss zum 31.12.2010 muss deshalb mit einem nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag gerechnet werden. Auch in der Landeshauptstadt Saarbrücken droht aufgrund der Übersichten der Stadt zur voraussichtlichen Entwicklung des Eigenkapitals im Jahr 2012 eine bilanzielle Überschuldung einzutreten.

Wie wird das Land mit dieser Überschuldungssituation umgehen?

Zu Frage 4: Nach § 82 Abs. 8 Kommunalselbstverwaltungsgesetz (KSVG) darf sich die Gemeinde nicht überschulden.

Nach § 82a Abs. 1 KSVG muss die Gemeinde für den Fall, dass bei der Aufstellung des Haushaltsplans innerhalb des Zeitraums der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung die allgemeine Rücklage aufgebraucht wird ­ dieser Tatbestand entspricht der Überschuldung zur Sicherung ihrer dauernden Leistungsfähigkeit einen Haushaltssanierungsplan aufstellen.

Der Haushaltssanierungsplan bedarf nach § 82a Abs. 2 KSVG der Genehmigung der Kommunalaufsichtsbehörde.

Das Landesverwaltungsamt als zuständige Kommunalaufsichtsbehörde wird darauf achten, dass die gesetzlichen Vorschriften eingehalten werden, d.h. dass die Gemeinden, die den Tatbestand der Überschuldung erfüllen, einen Haushaltssanierungsplan aufstellen.

In den vergangenen Jahren (bis einschließlich 2009) ist die Verpflichtung, einen Haushaltssanierungsplan aufzustellen, für diejenigen Gemeinden entfallen, die den Anstieg ihrer Ausgaben beschränkt haben. Der hierfür erforderliche Umfang der Ausgabebeschränkung ist in dem Gesetz zur Aussetzung und Erweiterung kommunalrechtlicher Vorschriften bestimmt, das im Rahmen der Beschlussfassung des Haushaltsbegleitgesetzes 2009 vom Landtag einstimmig auf das Haushaltsjahr 2009 ausgedehnt wurde. Der Regierungsentwurf zum Haushaltsbegleitgesetz 2010 sieht eine Verlängerung des Gesetzes für das Jahr 2010 vor.

Können Kommunen, die bilanziell überschuldet sind und aufgrund dessen einen Haushaltssanierungsplan nach § 82a KSVG beschließen müssen, vor dem Beschluss dieses Haushaltssanierungsplans weitere Kassenkredite aufnehmen und unter welchen Voraussetzungen?

Zu Frage 5: Der Höchstbetrag der Kredite zur Liquiditätssicherung wird nach § 84 Abs. 2 Nr. 3 KSVG in der Haushaltssatzung festgesetzt; die Festsetzung bedarf keiner Genehmigung der Kommunalaufsichtsbehörde. Legt die Gemeinde die beschlossene Haushaltssatzung entsprechend § 86 Abs. 2 KSVG bis zum Beginn des Haushaltsjahres vor und entspricht die Haushaltssatzung einschließlich Haushaltssanierungsplan den gesetzlichen Bestimmungen, wird das Landesverwaltungsamt die erforderlichen Genehmigungen so rechtzeitig erteilen können, dass die Haushaltssatzung am Beginn des Haushaltsjahres in Kraft treten kann.

Solange in einem Haushaltsjahr die Haushaltssatzung noch nicht bekannt gemacht ist, gilt nach § 94 Abs. 1 KSVG der in der Haushaltssatzung des Vorjahres festgesetzte Höchstbetrag der Kredite zur Liquiditätssicherung weiter. Die Gemeinde kann in der haushaltslosen Zeit innerhalb dieses Rahmens Kredite zur Liquiditätssicherung aufnehmen.

Welche Maßnahmen wird die Landesregierung ergreifen, wenn eine Kommune die Ziele des Haushaltssanierungsplans nicht im festgelegten Zeitrahmen erreicht?

Zu Frage 6: Das Landesverwaltungsamt als Kommunalaufsichtsbehörde wird darauf achten, dass die gesetzlichen Bestimmungen beachtet werden. Einschlägig ist hier insbesondere § 82a Abs. 2 KSVG, in dem die Eckpunkte und Ziele von Haushaltssanierungsplänen bestimmt sind.

Entspricht ein Haushaltssanierungsplan nicht den gesetzlichen Anforderungen, wird das Landesverwaltungsamt dies im Genehmigungsverfahren einfordern.

Welche Maßnahmen hierbei zu ergreifen sind, lässt sich nur im konkreten Einzelfall entscheiden.