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Bewirtschaftung von Leerstellen Haushaltsrechtliche Leerstellen unterliegen besonderen Zweckbindungen, die von einigen Ressorts nicht hinreichend beachtet wurden. Beispielsweise wurden mittels Leerstellen langjährige Sonderurlaube ohne Bezüge bzw. Personalgestellungen an Unternehmen unter Absicherung von Besoldungs-, Versorgungs- oder Beschäftigungsrisiken zu Lasten des Landes gewährt, die hinsichtlich ihrer Dauer und des Vorliegens dienstlicher Interessen bzw. öffentlicher Belange problematisch erscheinen. In einem Ressort wurden in einer Vielzahl von Fällen erhebliche Aktualisierungsdefizite festgestellt.

Prüfungsgegenstand

Der RH hat die Bewirtschaftung von Leerstellen bei Staatskanzlei und Ministerien geprüft. Im Fokus stand die Bewirtschaftungspraxis in den Haushaltsjahren 2008 und 2009 einschließlich der Verfahrenshistorie laufender Fälle.

2 Wesentliche Ergebnisse der Prüfung

Allgemeines Leerstellen sind haushaltsrechtliche Auffangstellen für planmäßige Beamte und Richter in Ausnahmesituationen und bedürfen wie Planstellen der besonderen Ausweisung im Haushaltsplan. Sie verursachen in der Regel keine Ausgaben und dienen dazu, die Personalwirtschaft in den Landesdienststellen flexibler zu gestalten. Dies geschieht in der Weise, dass bei unabweisbarem Personalbedarf infolge von längerer Abwesenheit1 vorübergehend eine Leerstelle eingerichtet wird, um auf der dadurch frei werdenden Planstelle eine Ersatzkraft zu beschäftigen. Häufigster Fall ist die Beurlaubung aus Familiengründen, wenn beispielsweise eine Beamtin zur Kindererziehung eine „berufliche Auszeit" nimmt und für diese Zeit auf eine Leerstelle übernommen wird. Weitere Gründe zur Einrichtung von Leerstellen sind: Beurlaubungen ohne Bezüge aus Arbeitsmarktgründen oder aufgrund dienstlicher Interessen bzw. öffentlicher Belange, Rückkehrgarantien für Beamte wegen einer Mitgliedschaft in Landtagen oder im Bundestag, Auslandsschuldienst bzw. Entwicklungsdienst sowie Personalgestellungen in Form von Abordnungen oder Zuweisungen. Endet der maßgebliche Freistellungstatbestand, ist in der Regel auch die Leerstelle aufzulösen und die Person auf eine Planstelle zu überführen.

Nur in den in § 5 Abs. 1 HG2 genannten Ausnahmefällen dürfen aus Leerstellen Bezüge gezahlt werden. Leerstellen dürfen darüber hinaus nicht dazu missbraucht werden, den Stellenplan durch „Ausbuchungen" von Personal oder zögerlichen Abbau solcher Leerstellen faktisch auszuweiten. Leerstellen sind auch nicht dazu bestimmt, die persönlichen Risiken von Beamten bei sehr langfristigen und finanziell lukrativen Beschäftigungen in privatrechtlich organisierten Unternehmen abzusichern.

Zeitraum: Mindestens 6 Monate.

Gesetz Nr. 1640 über die Feststellung des Haushaltsplans des Saarlandes für das Rechnungsjahr 2008 (Haushaltsgesetz ­ HG ­ 2008) vom 12. Dezember 2007 (Amtsbl. 2008, S. 3).

Einzelfälle Ausgehend von den 123 im Haushaltsplan 2009 ausgebrachten Leerstellen ergab die durchgeführte Prüfung (zum Stichtag 1. August 2009) eine Ist-Besetzung von insgesamt 107 Leerstellen. Die größte Abweichung im Soll-Ist-Vergleich1 war im Geschäftsbereich des damaligen Ministeriums für Bildung, Familie, Frauen und Kultur festzustellen.

Die nähere Überprüfung der Leerstellenbesetzung in den einzelnen Ressorts blieb zum weit überwiegenden Teil ohne nennenswerte Beanstandung. Demgegenüber waren u.a. folgende Fälle bzw. Fallkonstellationen kritikwürdig:

Im Geschäftsbereich des ehemaligen Ministerium für Inneres und Sport wurde die Einrichtung einer Leerstelle für einen ehemaligen Polizeibeamten beanstandet, der sich zum Zwecke der Aufnahme eines Studiums aus dem Beamtenverhältnis entlassen ließ. Die Absicherung einer Rückkehrmöglichkeit mittels Leerstelle war nach § 5

HG nicht möglich. Die Leerstelle musste daher geschlossen werden.

Im Geschäftsbereich des ehemaligen Ministeriums für Bildung, Familie, Frauen und Kultur wurden rund 15 Leerstellen zum Teil über Jahre mitgeführt, obwohl die Voraussetzungen für das Aufrechterhalten der Leerstellen weggefallen und somit die Leerstellen zu schließen waren. In einem Fall lag das für die Leerstelle maßgebliche Ereignis (Landtagsmandat) bereits 17 Jahre zurück. Das Ministerium hat die notwendigen Aktualisierungen mittlerweile durchgeführt.

Im Geschäftsbereich des Ministeriums für Wirtschaft und Wissenschaft wurde die Ausweisung von drei Leerstellen beanstandet, denen Sonderurlaube nach § 15 Abs. 2 UrlaubsVO4 zugrunde lagen. Die Beamten nehmen Aufgaben in Beteiligungsunternehmen wahr. Das entsprechende Offenhalten einer möglichen Rückkehr für die Beamten mittels Leerstelle wird aus Sicht des RH deshalb kritisch gesehen, weil selbst bei Vorliegen dienstlicher Interessen bzw. öffentlicher Belange die Gestellung gegenüber Beteiligungsunternehmen im Einzelfall oder bei Aneinanderreihung desselben oder verschiedener Freistellungsgründe eine Dauer von fünf Jahren, erst recht von zehn Jahren, wie in einem Fall, übersteigen. Das Dienstrecht der Beamten enthält insoweit zwar keine konkreten, wohl aber immanente Schranken. Von der Rechtssystematik her verbietet es sich, Beurlaubungen über die Ausnahmebestimmung des § 15 Abs. 2 UrlaubsVO zu gewähren, die befristete Freistellungszeiträume eröffnen, die ansonsten besonderer gesetzlicher Regelungen (z. B. familien- oder arbeitsmarktpolitische Gründe) bedürfen.

Der Sollwert zeigt den Haushaltsansatz, der Istwert den tatsächlichen Besetzungsstand zum Stichtag.

Bezeichnung der Ministerien zum Zeitpunkt der Prüfung (Ministerium für Inneres und Sport; Ministerium der Finanzen; Ministerium für Justiz, Arbeit, Gesundheit und Soziales; Ministerium für Bildung, Familie, Frauen und Kultur; Ministerium für Umwelt).

Urlaubsverordnung für die saarländischen Beamten und Richter (UrlaubsVO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. Dezember 1970 (Amtsbl. S. 978), zuletzt geändert durch Verordnung vom 9. Dezember 2008 (Amtsbl. S. 2143).

In einem weiteren Fall beim Ministerium für Wirtschaft und Wissenschaft wurde ein bereits seit Jahren beurlaubter Beamter des gehobenen Dienstes von einer Stadt zum Land versetzt und direkt nach § 15 UrlaubsVO für fünf Jahre weiter beurlaubt.

Der Beamte ist Geschäftsführer eines Privatunternehmens, das zwar für den öffentlichen Sektor tätig ist, an dem das Land aber nicht beteiligt ist. Der Beamte hat seit seiner Übernahme zum Land keinen Tag Dienst verrichtet; für ihn war im Personalverwaltungssystem des Wirtschaftsministeriums auch kein Datensatz angelegt. Die formellen und materiellen Voraussetzungen für die Schaffung der Leerstelle, auf der der Beamte geführt wird, widersprechen in mehrfacher Hinsicht geltendem Dienstund Haushaltsrecht, auch wenn dem Land aus dem Personalkonstrukt bislang noch keine Ausgaben erwachsen sind. Der RH hat das Ministerium aufgefordert, die ausgesprochene Beurlaubung (bis 2011) nicht weiter zu verlängern.

Ein beim Ministerium für Umwelt auf einer Leerstelle geführter technischer Beamter des höheren Dienstes konnte nach Ablauf seiner Beurlaubung ohne Bezüge (Auslandsentwicklungsdienst) wegen fehlender Planstelle und fehlender Verwendungsmöglichkeit in diesem Ressort nicht mehr amtsangemessen eingesetzt werden. Er wurde daher auf unbestimmte Zeit als Lehrkraft an eine Hochschule abgeordnet. Er wird seit 2007 aus der Leerstelle beim Ministerium bezahlt. Der RH hat das Ministerium aufgefordert, den insoweit bestehenden dienstrechtlichen und stellenplanmäßigen Anpassungsbedarf für die Zukunft zu lösen. Hierfür bedarf es einer Stellenschaffung bei der Hochschule, über die im Haushaltsverfahren 2011 entschieden werden soll.