Des Weiteren wurde festgestellt dass der überwiegende Teil der Nachtragsforderungen nicht durch Kalkulationen

Landtag des Saarlandes - 14. Wahlperiode - 145 2.4 Nachträge

Die Prüfung der Nachträge erfolgte sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach durch die mit der Bauüberwachung beauftragten freiberuflich Tätigen.

Auf Nachfrage des RH wurde seitens des ABL mitgeteilt, dass keine Urkalkulationen von den Auftragnehmern eingefordert wurden. Der freiberuflich Tätige hatte somit grundsätzlich nicht die Möglichkeit, die Preise des Nachtragsangebotes auf Basis der Urkalkulation zu überprüfen.

Des Weiteren wurde festgestellt, dass der überwiegende Teil der Nachtragsforderungen nicht durch Kalkulationen bzw. sonstige preisbegründende Unterlagen (beispielsweise Leistungsansätze, Kosten für Materialien, Lieferscheine, Zuschläge) belegt war.

Für Nachtragsleistungen werden in der Regel von den Auftragnehmern aufgrund des fehlenden Wettbewerbes überhöhte Preise verlangt. Ohne detaillierte Preisprüfung kann diesen überhöhten Forderungen nicht entgegen getreten werden. Auffallend ist bei diesem Projekt, dass in der überwiegenden Anzahl der Fälle von den bauüberwachenden freiberuflich Tätigen die Einheitspreise der Nachtragspositionen ohne Änderung akzeptiert wurden.

Die geprüften Unterlagen lassen darauf schließen, dass auf Seiten der freiberuflich Tätigen teilweise kein ausreichendes Fachwissen auf dem Gebiet der VOB vorhanden ist, um Nachträge ordnungsgemäß zu bearbeiten.

Die Beauftragung der ungenügend bearbeiteten Nachträge lässt den Schluss zu, dass entweder auf Seiten des ABL die Kontrollmechanismen nicht funktionieren oder dass es hier ebenfalls an dem entsprechenden Fachwissen mangelt.

Dies kann in einer Gesamtbetrachtung zu erheblichen finanziellen Nachteilen für das Land führen. Der RH empfiehlt daher dringend, die Nachtragsbearbeitung im ABL grundlegend zu reformieren.

Der RH hat ferner festgestellt, dass zusätzlich Regiearbeiten (Stundenlohnarbeiten) in einer Größenordnung von rund 270.000 beauftragt wurden. Dies entspricht 2,3 % der Gesamtabrechnungssumme.

Der RH vertritt die Auffassung, dass Regieleistungen

1. schwer zu überwachen sind,

2. oftmals nicht verursachergerecht zugeordnet werden,

3. die Möglichkeit der Abrechnung maßnahmenfremder Leistungen zum persönlichen Vorteil Einzelner am Bau Beteiligter bieten,

4. oft zu überhöhten Kosten führen und

5. die Gefahr bergen, dass Leistungen, die bereits Vertragsbestandteil sind, über Stundenlohn abgerechnet werden.

Aus diesem Grund fordert der RH, künftig auf die Ausschreibung von Stundenlohnarbeiten zu verzichten.

Das Ministerium begrüßt in seiner Stellungnahme die Hinweise des RH bezüglich des Aufbaus eines qualifizierten Nachtragsmanagements. Man habe die Erfahrung gemacht, dass die eingeschalteten Planer und Projektsteuerer zur Nachtragsbearbeitung sehr unterschiedliche Kenntnisse im Bauvertragswesen mitbringen. Die notwendigen organisatorischen Schritte zur Umstrukturierung im Nachtragswesen will man allerdings erst nach der Abarbeitung des laufenden Konjunkturprogrammes angehen.

Auf Stundenlohnarbeiten will man seitens des Ministeriums nicht verzichten. Sie würden überwiegend für nicht kalkulierbare Arbeiten, zur Schadensbeseitigung sowie für Reinigungsleistungen eingesetzt. In der Regel würden die Kosten laut Stellungnahme des Ministeriums dem jeweiligen Verursacher angelastet.

Organisationsdefizit

Aus den dem RH vorgelegten Verträgen zu den einzelnen Aufgabengebieten wird ersichtlich, dass das ABL fast vollumfänglich (über 90 %) die Leistungen zur Planung, Vergabe und Bauüberwachung bei diesem Projekt an freiberuflich Tätige vergeben hat. Dabei ist festzustellen, dass in jedem Fachgebiet alle Leistungsphasen an jeweils das gleiche Architektur- oder Ingenieurbüro vergeben wurden.

Eine durchgängige Vergabe aller Leistungsphasen eines Aufgabengebietes an denselben freiberuflich Tätigen ist mit einer konsequenten Umsetzung eines Vier-AugenPrinzips zur Korruptionsbekämpfung schwer vereinbar.

Auf diese Weise werden vielfältige Manipulationsmöglichkeiten eröffnet, die in der Planungs- und Ausschreibungsphase beginnen und in der Bauabwicklung ihre Fortsetzung finden. Eine intensive Kontrolle ist daher besonders wichtig.

Fehler in der Planungsphase, die mit Kostensteigerungen in der Bauabwicklung verbunden sind, führen für den freiberuflich Tätigen aufgrund der Honorarstruktur der HOAI zu einem höheren Honorar. Eine Sanktionierung der mangelhaften Leistung bleibt oft aus. Der RH hat festgestellt, dass die Korrektur von Planungsfehlern während der Bauphase bei dieser Maßnahme häufig über Stundenlohnarbeiten erfolgte.

Der RH empfiehlt, künftig Planungs- und Bauüberwachungsleistungen an verschiedene freiberuflich Tätige zu vergeben. Dabei hält er einen Wechsel zumindest zwischen der Ausschreibungs- und der Bauüberwachungsphase für dringend angeraten.

Auf diese Weise wird eine weitere Prüfinstanz mit dem Ziel eingerichtet, Planungsfehler konsequenter aufzudecken.

Auch auf Seiten des ABL ist eine Konzentration von Kompetenzen auf die Person des Projektverantwortlichen feststellbar, die nicht im Sinne eines Vier-Augen-Prinzips ist. Der Projektverantwortliche ist von den ersten Planungsschritten bis zur Überwachung der Gewährleistung für die Maßnahme zuständig.

Kontrollmöglichkeiten, die sich aus der Projektorganisation bzw. der Zuordnung von Verantwortlichkeiten ergeben, sind derzeit nur in einem ungenügenden Umfang vorhanden.

Bundesrechnungshof, Dokumentation „Sondertagung Korruption und Vergabemanipulation", Frankfurt, März 1997, S. 234 ff.

Der RH regt die Übertragung der Projektverantwortung für die Planungs- und für die Bauüberwachungsphase an unterschiedliche Mitarbeiter des ABL an.

Nach Ansicht des Ministeriums der Finanzen hat sich der ganzheitliche Ansatz mit einer Gesamtverantwortung der Projektleiter des ABL und des Architekturbüros bewährt. Grundsätzlich sei nicht von Korruption, Manipulation und kriminellen Handlungen auszugehen. Stattdessen sei es unabdingbar, einen vertrauensvollen Umgang mit freiberuflich Tätigen zu pflegen.

Die getrennte Vergabe von Leistungen widerspreche nicht nur der Systematik der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure, sie berge zudem Risiken für den Projektablauf, die Kontinuität der Planung und Überwachung sowie im Bereich der Haftung.

Außerdem erfordere die Vergabe einzelner Leistungsphasen an verschiedene Auftragnehmer einen erhöhten Koordinierungsaufwand auf der Auftraggeberseite.

Von daher sei zu bezweifeln, dass diesem höheren Aufwand tatsächlich wirtschaftlichere Planungskonzepte gegenüberstünden.

Die Identifikation mit einem Projekt und die damit einhergehenden positiven Aspekte überwiegen nach Ansicht des Ministeriums gegenüber den vom RH beschriebenen Risiken.

3 Bewertung

Die Gleichbehandlung aller Wettbewerbsteilnehmer bei einem Architektenwettbewerb muss oberste Maxime für ein Preisgericht sein. Im vorliegenden Fall wurde von diesem Grundsatz deutlich abgewichen.

Der Einhaltung eines vorgegebenen Kostenrahmens wird seitens des RH höchste Priorität beigemessen. Es kann nur ein Entwurf siegreich aus einem Wettbewerbsverfahren hervorgehen, der die vorhandenen finanziellen Ressourcen optimal einsetzt.

Bei der Vergabe von Dienstleistungs- und Bauaufträgen hat insbesondere der öffentliche Auftraggeber die einschlägigen Vergaberegelwerke einzuhalten. Nur so sind größtmögliche Transparenz und Wirtschaftlichkeit gewährleistet. Der Argumentationsführung des Ministeriums der Finanzen kann aus diesem Grunde nicht gefolgt werden. Ebenfalls ist es nicht im Sinne des Verordnungsgebers, eine angemessene Vergütung gemäß HOAI aus einer starken Auftraggeberposition heraus deutlich zu reduzieren. Das Ministerium ist an gesetzliches Preisrecht gebunden.

Bezüglich der Nachtragsbearbeitung hat das Ministerium strukturelle Defizite eingeräumt. Der RH kann allerdings nicht nachvollziehen, dass man eine grundlegende konzeptionelle Änderung im Nachtragsmanagement trotz der erheblichen finanziellen Auswirkungen auf den Landeshaushalt auf einen Zeitpunkt nach der Abwicklung des Konjunkturpaketes verschieben will.

Bei einer guten Planung und konsequenten Bauüberwachung bedarf es grundsätzlich keiner zusätzlichen Ausschreibung von Stundenlohnarbeiten. Die geprüfte Maßnahme zeigt, dass dieses Instrumentarium in einem Übermaß genutzt wird. Eine ausreichende Kontrolle der Auftragnehmer sowie der freiberuflichen Bauüberwacher ist seitens des ABL nicht gegeben. Außerdem hat die verursachergerechte Zuordnung der Regiekosten bei diesem Projekt nicht durchgängig stattgefunden.