Entzug des Vertrauens betr. den Senator für Finanzen

Dem Senator für Finanzen, Elmar Pieroth, ist Wahlbetrug und Versagen im Amt vorzuwerfen.

Herr Pieroth hat die Öffentlichkeit über die tatsächliche Finanzlage Berlins getäuscht. Er hat vor den Wahlen das Haushaltsdefizit mit 1,7 Mrd. DM beziffert. Der Senator für Finanzen hat dem Parlament die Unwahrheit gesagt. In der von Bündnis 90/Grüne beantragten Sitzung des Hauptausschusses am 26. Oktober 1995 hat er an dieser Zahl festgehalten. Vier Wochen später mußte Herr Pieroth eingestehen: Das Defizit für 1995 beträgt rund 3 Mrd. DM. Das tatsächliche Defizit 1995 steht damit noch immer nicht zweifelsfrei fest, da der Senator für Finanzen keine Gewähr dafür bietet, von seiner bisherigen Politik der Verschleierung und des Versteckspiels abzugehen.

Mehrfach hatte der Senator für Finanzen erklärt, der Senat würde die geplante Nettoneuverschuldung für 1995 nicht überschreiten. Auch diese Zusage des Senators ist unglaubwürdig, denn bis heute hat er nicht dargelegt und beziffert, wie es der Senat für möglich hält, dieses Ziel zu erreichen.

Die Amtsführung von Herrn Pieroth weist schwere Mängel auf.

Die Erfüllung der geplanten Minderausgaben durch die einzelnen Verwaltungen hat der Finanzsenator offensichtlich ebensowenig unter Kontrolle wie die Entwicklung der finanziellen Verpflichtungen des Landes. Auf die reduzierte Einnahmeerwartung Berlins, die sich bereits im Sommer des laufenden Jahres deutlich abzeichnete und die von Bündnis 90/Grüne thematisiert worden ist, hat er völlig unzureichend reagiert. Viel zu spät und erst auf Druck des Parlamentes hat der Senator für Finanzen einen partiellen Ausgabestopp verfügt. Herr Pieroth hat sich geweigert, die negativen Folgen des Fördergebiets- und Investitionszulagengesetzes, der Abwanderung von Betrieben und privaten Haushalten aus Berlin und des Baubooms in Berlin bei der Haushaltsplanung zu berücksichtigen.

Ebenso hatte sich Herr Pieroth geweigert, der wiederholten Forderung von Bündnis 90/Grüne zu entsprechen und einen Nachtragshaushalt 1995 vorzulegen. Seine Begründung für seine Weigerung, man bewege sich im Rahmen der Kreditermächtigung, hat sich jetzt als falsch erwiesen.

Für die Zukunft hinterläßt Herr Pieroth immer weiter steigende Ausgabeverpflichtungen des Landes, denen keine entsprechenden Einnahmeerwartungen gegenüberstehen. Seine mittelfristige Finanz- und Investitionsplanung weist Deckungslücken in Milliardenhöhe auf. Seine Finanzpolitik der Bedienung des CDU-SPD-Klientels hat zur Folge, dass wegen steigender Zinslasten der finanzielle Handlungsspielraum künftiger Landesregierungen massiv eingeengt ist. Damit hinterläßt der Senator für Finanzen auch eine schwere Hypothek für die Fusion Berlins mit Brandenburg. Der Finanzsenator hat es auch versäumt, dazu beizutragen, dass die Jahre seiner Hochverschuldungspolitik für strukturelle Anpassungen des Haushalts ­ zum Beispiel im Rahmen der Verwaltungsreform ­ an die Herausforderungen durch den Fall der Mauer genutzt wurden.

Ein Wahlbetrüger, der sich durch schwere Mängel bei der Führung seines ungeliebten Amtes hervorgetan und ein finanzielles Desaster hinterlassen hat, ist als Senator nicht tragbar. Er verdient nicht länger das Vertrauen der Mehrheit des Parlaments.