Speicherung des Wohnungsgebers als Adressierungszusatz

Alle Jahre wieder erreichen uns im Zusammenhang mit der Verteilaktion der neuen Lohnsteuerkarten Beschwerden darüber, daß bei Untermietverhältnissen im Adreßfeld der Name des Hauptmieters als Wohnungsgeber ausgedruckt ist.

Die bei der Anmeldung erhobenen Daten des Wohnungsgebers dürfen nach § 2 Abs. 2 Nr. 6 Meldegesetz nur für den dort genannten Zweck ­ nämlich die Feststellung der Mitwirkungspflichtigen nach § 13 Meldegesetz ­ erhoben und gespeichert werden. Die weitergehende Verwendung des Namens des Wohnungsgebers als Adressierungszusatz ist dagegen nicht durch § 2 Abs. 1 Nr. 11

Meldegesetz abgedeckt, da danach lediglich gegenwärtige und frühere Anschriften sowie die Haupt- und Nebenwohnung gespeichert werden dürfen, nicht aber, in welchem privatrechtlichen Verhältnis der Betroffene zum Wohnungsgeber steht.

Die Senatsverwaltung für Inneres war seinerzeit lediglich bereit, in den Erläuterungen zu den Feldern des Meldescheines die Erhebung selbst näher zu erklären, ohne aber von der bisherigen Praxis des Speicherns des Adressierungszusatzes Abstand zu nehmen. Das hat zur Folge, dass nicht nur bei Melderegisterauskünften an Private nach §§ 28, 29 Meldegesetz oder Datenübermittlungen an andere öffentliche Stellen nach §§ 25 bis 27 Meldegesetz, sondern auch in Lohnsteuerkarten diese Adressierungszusätze unzulässigerweise ausgedruckt werden; sie erlauben den Empfängern der Melderegisterauskünfte oder den Arbeitgebern Rückschlüsse auf die persönlichen und sachlichen Verhältnisse des Betroffenen.

Zwar löscht die Meldebehörde auf Antrag den Namen des Wohnungsgebers, den Ärger aber hat der Bürger, der erst nach der Löschung durch das Landeseinwohneramt beim Bezirkseinwohneramt eine neue Lohnsteuerkarte ausgestellt bekommt.

Hier ist durch technisch-organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, dass bei den Altfällen der Adressierungszusatz sowohl bei den Melderegisterauskünften oder den Übermittlungen an andere öffentliche Stellen als auch bei der Erstellung der Lohnsteuerkarten beim Ausdruck weggelassen wird.

Kommunales Wahlrecht für Unionsbürger Anläßlich der Wahlen zum Europäischen Parlament, zum Abgeordnetenhaus und den Bezirksverordnetenversammlungen sind eine Reihe datenschutzrechtlicher Probleme aufgetreten.

Insbesondere gab es Schwierigkeiten mit der erstmaligen Teilnahme von Bürgern der Europäischen Union an den Wahlen zu den Bezirksverordnetenversammlungen:

Nach dem Vertrag von Maastricht waren die Mitgliedstaaten verpflichtet, das Kommunalwahlrecht für Unionsbürger einzuführen. Für Berlin bedeutete das die Einführung des aktiven und passiven Wahlrechtes für die Wahlen zu den Bezirksverordnetenversammlungen. Dazu mußten die Verfassung, das Wahlgesetz und die Wahlordnung geändert werden.

Die erforderlichen Datenverarbeitungsbefugnisse wurden jedoch nicht geschaffen. Eine Speicherungsbefugnis für die Angabe, daß Unionsbürger vom Wahlrecht oder der Wählbarkeit ausgeschlossen sind, fehlt. Das Meldegesetz sieht bisher eine Speicherung dieses Merkmales nur bei deutschen Einwohnern vor. Auch für die Mitteilung strafgerichtlicher Wahlausschlußgründe für Unionsbürger existiert keine Rechtsgrundlage. Nach § 29 Abs. 2 AGGVG i. V. m. Nr. 12 MiStra dürfen nur die rechtskräftigen Verurteilungen von deutschen Staatsangehörigen der zuständigen Verwaltungsbehörde mitgeteilt werden. Art. 2 des Dritten Änderungsgesetzes zum Europawahlgesetz, mit dem eine Übergangsregelung für Mitteilungen der Justiz zum Wählerverzeichnis für Unionsbürger geschaffen wurde, bezieht sich nur auf die Europawahl und sieht außerdem keine Speicherungsbefugnis für das Wahlamt vor.

Die Unionsbürger sind in ein besonderes Verzeichnis einzutragen, das Bestandteil des Wählerverzeichnisses wird (§ 40 a Landeswahlordnung). Damit kein gesondertes „Ausländerverzeichnis" entsteht, haben wir für die Wahlen zu den Bezirksverordnetenversammlungen die Schaffung eines gesonderten, gemeinsamen Wählerverzeichnisses für Deutsche und Unionsbürger angeregt.

Die Unionsbürger wären dann im Wählerverzeichnis für die Abgeordnetenhauswahl nicht enthalten, könnten im Verzeichnis der Bezirksverordnetenversammlungen alphabetisch integriert werden und sind als solche nicht mehr erkennbar. Die in das Wählerverzeichnis Einsichtnehmenden könnten zwar weiterhin durch einen Abgleich der verschiedenen Verzeichnisse feststellen, ob jemand Deutscher oder Unionsbürger ist, dies wäre jedoch mit einem erheblichen Aufwand verbunden und bei einer Einsichtnahme allenfalls auf Einzelfälle beschränkt. Diese Anregung wurde für die Wahlen im Oktober 1995 nicht mehr berücksichtigt. Die Senatsverwaltung für Inneres will jedoch für künftige Wahlen Überlegungen hinsichtlich der Auslegung der Wählerverzeichnisse anstellen.

Nach der gleichen Vorschrift können sich die Wahlbenachrichtigungskarten und die Wahlscheine für Unionsbürger farblich von Formblättern für Deutsche unterscheiden. Zweck dieser Regelung ist, dass beim Betreten des Wahllokales die Ausgabe von Stimmzetteln für die Abgeordnetenhauswahlen verhindert werden soll.

Durch die farblich unterschiedliche Gestaltung ist allerdings im Wahllokal für jeden deutlich sichtbar, ob ein Deutscher oder Unionsbürger von seinem Wahlrecht Gebrauch macht. Gleiches gilt für die Zustellung der Wahlbenachrichtigungskarten. Bei ordnungsgemäßer Handhabung ist auch bei einheitlicher Farbgebung die Gefahr einer unzulässigen Stimmabgabe keineswegs größer als bei dem praktizierten Verfahren. Nur die Verwaltungsvereinfachung rechtfertigt dieses Verfahren nicht.

Zweckentfremdung der Wahlbenachrichtigung

Vor den Wahlen erhält jeder Wahlberechtigte eine Wahlbenachrichtigungskarte, die aufgrund des Meldedatenbestandes erstellt wurde. Nach der Europawahl hatte die Senatsverwaltung für Inneres die bezirklichen Wahlämter gebeten, nicht zugestellte Wahlbenachrichtigungskarten („unbekannt verzogen", „verstorben") auch nach dem Wahltag an das Landeseinwohneramt weiterzuleiten, soweit eine neue oder andere Anschrift bekannt ist.

Meldebehörden für die Speicherung der erforderlichen Daten einschließlich der zum Nachweis ihrer Richtigkeit erforderlichen Hinweise sind die Bezirkswahlämter.115 Ihnen obliegt es, unrichtig gespeicherte Daten zu berichtigen, um ihren wahlrechtlichen Verpflichtungen nachkommen zu können. Dabei sind die Erkenntnisse über offensichtlich veränderte Meldeverhältnisse, die sich aus dem Rücklauf unzustellbarer Wahlbenachrichtigungskarten ergeben, wesentliche Anhaltspunkte.

Die Senatsverwaltung für Inneres räumt ein, dass in diesen Fällen die Überprüfung rechtzeitig vor dem Wahltag hätte erledigt werden müssen, um die erneute Wahlbenachrichtigung der Betroffenen vornehmen zu können. Da dies in einem Wahlkreis nicht in vollem Umfang geschehen ist, bestehe nunmehr ­ vor dem Hintergrund der melderechtlichen Vorschriften ­ die Verpflichtung zur Aufarbeitung. Es bestehen dort keine Bedenken, wenn die Wahlämter als Meldebehörde die Überprüfung der in Rede stehenden Fälle selbst übernehmen. Da für das Landeseinwohneramt die Verpflichtung zur Speicherung und Berichtigung derselben Daten besteht, sei die Bereitschaft der Übernahme der Arbeiten zu begrüßen und rechtlich nicht in Frage zu stellen.

Diese Auffassung teilen wir sowohl hinsichtlich der Nutzung der an die Wahlämter zurückgelaufenen unzustellbaren Wahlbenachrichtigungskarten zur Fortschreibung des Melderegisters als auch der Durchführung dieser Aufgabe durch das Bezirkseinwohneramt nicht. Zwar ist es zutreffend, dass die Bezirkseinwohnerämter (Wahlämter) die Wählerverzeichnisse führen. Die hierfür übermittelten Daten aus dem Melderegister dürfen jedoch nur für den Zweck genutzt werden, zu dem sie übermittelt wurden, d. h. zur Wahlbenachrichtigung.

Das Bezirkseinwohneramt nimmt unterschiedliche Aufgaben wahr. Bei der Vorbereitung und Durchführung von allgemeinen Wahlen117 handelt es sich um eine andere Aufgabe als die der Meldebehörde.118 Als Meldebehörde darf das Bezirkseinwohneramt für die Vorbereitung und Durchführung von allgemeinen Wahlen die Tatsache des Ausschlusses vom Wahlrecht oder der Wählbarkeit speichern.119 Für die Weitergabe der als unzustellbar an das Bezirkseinwohneramt zurückgelaufenen Wahlbenachrichtigungskarten fehlt jedoch eine Übermittlungsbefugnis. Unberührt davon bleiben die Einzelanfragen des Wahlamtes, um beispielsweise bei einem unzustellbaren Rücklauf einer Wahlbenachrichtigungskarte noch vor der Wahl rechtzeitig durch die Klärung der Meldeverhältnisse dafür sorgen zu können, dass der Wahlberechtigte benachrichtigt werden kann. Auch die Änderung der Wohnanschrift im Melderegister durch das Bezirkseinwohneramt ist unzulässig.120 Das darf nur das Landeseinwohneramt.

Es ist auch ohne Vorlage der Wahlbenachrichtigungskarte möglich, an der Abstimmung teilzunehmen, wenn die Identität des Betroffenen anhand anderer Unterlagen festgestellt werden kann.

Dies sollte nach Auffassung der Senatsverwaltung für Inneres möglichst die Ausnahme bleiben. Da die Überprüfung von Meldeverhältnissen durch die Bezirkswahlämter vor der Wahl aus Zeitgründen nicht optimal sein könne, werde sich die Zahl der nicht zustellbaren Wahlbenachrichtigungskarten erheblich vergrößern. Um die amtliche Berichtigung des Registers zu ermöglichen, ist eine Änderung des Meldegesetzes erforderlich.

Keine öffentliche Auslegung des Wählerverzeichnisses mehr!

Wahlberechtigte Personen, die in Krankenhäusern, Pflegeheimen und sonstigen Einrichtungen, die der Betreuung pflegebedürftiger oder behinderter Menschen dienen, leben, sind noch immer in den zur allgemeinen Einsicht öffentlich ausliegenden Wählerverzeichnissen aufgeführt.

Die Wählerverzeichnisse sind für jeden Stimmbezirk auf der Grundlage des Melderegisters nach den Straßennamen in alphabetischer Reihenfolge aufzustellen (§ 13 Landeswahlordnung). Innerhalb der Straßen sind die Häuser nach ihren Nummern und innerhalb der Häuser die Wahlberechtigten alphabetisch mit laufender Nummer, Familiennamen, Vornamen und Geburtsdatum einzutragen. Die Wählerverzeichnisse werden ohne Angabe des Geburtsdatums in festgelegten Zeiträumen zur allgemeinen Einsicht öffentlich ausgelegt (§ 16 Landeswahlordnung). In diesen öffentlich ausliegenden Verzeichnissen waren bisher auch Personen aufgeführt, für deren Daten eine melderechtliche Auskunftssperre besteht. Somit war ein Umgehen der melderechtlichen Auskunftssperre durch eine Einsichtnahme in das Wahlverzeichnis möglich. Aufgeführt sind auch Personen, die in Krankenhäusern, Pflegeheimen oder sonstigen Einrichtungen leben, die der Betreuung pflegebedürftiger oder behinderter Menschen dienen.

Die öffentliche Auslegung beeinträchtigt die Persönlichkeitsrechte dieser Personen erheblich.

Die Aufnahme wird damit begründet, dass den Wahlberechtigten die Feststellung ermöglicht werden soll, ob sie im Wählerverzeichnis eingetragen sind und ob andere Personen zu Unrecht eingetragen sind. Wegen des überragenden Allgemeininteresses an der Öffentlichkeit der Wahl sei eine öffentliche Auslegung des Wählerverzeichnisses und die Aufnahme aller Wahlberechtigten mit Ausnahme der in Justizvollzugsanstalten gemeldeten Personen erforderlich. Im übrigen sei ein Auffinden von gesuchten Personen nur dann möglich, wenn die Anschrift bekannt ist, weil das Wahlverzeichnis nach Straßen und Hausnummern geordnet ist. Darüber hinaus würde von der Möglichkeit der Einsichtnahme in das Wählerverzeichnis nur noch selten Gebrauch gemacht und der technische Aufwand sei unverhältnismäßig, verschiedene Gruppen aus den öffentlich ausliegenden Wahlverzeichnissen herauszunehmen.

Die öffentliche Auslegung des Wählerverzeichnisses sollte abgeschafft werden. Wegen der außerordentlich geringen Inanspruchnahme ist der Hinweis auf die Transparenz des Wahlverfahrens, zumal im Hinblick auf die Beeinträchtigungen schutzwürdiger Belange von Bürgern, die in einer speziellen sozialen Situation leben (Pflegeheime, Krankenhäuser, Frauenhäuser), nicht mehr zeitgemäß. Wenn man dennoch auf die öffentliche Auslegung nicht verzichten will, sollte zumindest der Beschluß der 49. Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder122 umgesetzt werden und nur noch Name, Vorname und Geburtsdatum (also ohne Anschrift) der Wahlberechtigten aufgeführt oder aber nur noch Auskünfte zu bestimmten Personen erteilt werden.

Bisher ist uns die Senatsverwaltung für Inneres insoweit gefolgt, dass bei den Wahlen im Oktober 1995 in den Wählerverzeichnissen nicht mehr Personen mit einer melderechtlichen Auskunftssperre enthalten waren. Die Wahlberechtigten, die in Pflegeheimen oder sonstigen Einrichtungen gemeldet sind, wurden bei dieser Wahl aus den öffentlich ausliegenden Wählerverzeichnissen noch nicht herausgenommen, weil der technische Aufwand für zu groß gehalten wurde. Es müßten dazu alle in Betracht kommenden Einrichtungen nach Straßen und Hausnummern aufgelistet und im Einwohnerdatenbestand gekennzeichnet werden. Darüber hinaus müßte festgestellt werden, wer nicht pflegebedürftig ist, aber in einer solchen Einrichtung gemeldet ist (z. B. Personal). Die Senatsverwaltung für Inneres will dennoch Überlegungen anstellen, wie unsere Empfehlung bei künftigen Berliner Wahlen realisiert werden kann. Das wird sie auch müssen, weil es nicht hinnehmbar ist, dass mit dem bloßen Hinweis auf technische Schwierigkeiten möglichen Beeinträchtigungen der schutzwürdigen Belange hingenommen werden.

Politische Meinungen im Melderegister

Sofern Unterstützungsunterschriften für einen Wahlvorschlag erforderlich sind, müssen sich die Parteien oder Einzelbewerber darum bemühen. Sie haben die Formulare dem Wahlamt einzureichen, das anhand des Meldedatenbestandes die Wahlberechtigung der Unterstützenden prüft. Sofern sie wahlberechtigt sind, wird dies auf dem Vordruck bestätigt und die Tatsache der Unterstützung und der Name der Partei im Melderegister gespeichert. Auf diesem Weg soll eine mehrfache Unterstützung verhindert werden.

Die Senatsverwaltung für Inneres hält die Speicherung des Namens der Partei für zulässig und notwendig, um die gesetzlichen Erfordernisse des Landeswahlgesetzes und der Landeswahlordnung zu erfüllen. Hat ein Wahlberechtigter mehrere Wahlvorschläge derselben Art unterstützt, so sind alle Unterschriften ungültig. Hat er gleichartige Wahlvorschläge derselben Partei mehrfach unterstützt, so ist jeweils eine Unterstützungsunterschrift gültig; die Doppelunterschriften werden nicht mitgerechnet. Nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 Meldegesetz dürfen Daten mit Hinweisen gespeichert werden, die die wahlrechtlichen Bestimmungen erfordern. Dies ist für die Senatsverwaltung für Inneres die Rechtsgrundlage für die Speicherung der unterstützten Partei. Sie will bei Zweifeln an der Zulässigkeit jedoch für eine Klarstellung im Meldegesetz sorgen.

Die Speicherung des Namens der unterstützten Partei ist von der geltenden Rechtslage nicht gedeckt. Nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 Meldegesetz darf lediglich die Tatsache, dass eine Unterstützungsunterschrift geleistet wurde, gespeichert werden. Als Hinweis für die Richtigkeit kommt der Zusatz der Partei nicht in Betracht. Bei den Hinweisen handelt es sich um die Benennung von Urkunden und Nachweisen mit der Bezeichnung der ausstellenden Behörde oder des Gerichtes sowie den Tag des Ereignisses, die Rechtswirksamkeit der Änderung oder die Angabe von Fristen. Die Speicherung des Namens der Partei, die unterstützt wird, geht weit darüber hinaus; sie enthält einen eigenen, besonders sensiblen Informationsgehalt. Zwar mag diese zusätzliche Information der Verwaltung das Auffinden von Unterlagen im Zusammenhang mit den Wahlen erleichtern, das rechtfertigt jedoch nicht eine Speicherung im Melderegister. Sofern weiter so verfahren werden soll, ist eine Klarstellung bei der Novellierung des Meldegesetzes zwingend erforderlich, wobei allerdings fraglich ist, ob dies mit der EU-Datenschutzrichtlinie vereinbar ist. Diese verpflichtet die Mitgliedstaaten, die Verarbeitung personenbezogener Daten über politische Meinungen zu untersagen (Art. 8 Abs. 1). Irritierende Parteiwerbung

Die unendliche Geschichte mit der Wahlwerbung beschäftigte uns auch im Berichtsjahr wieder. Vor allem wurden wir gefragt, wie die Parteien an die Adressen gelangt sind.

Nach dem Meldegesetz darf die Meldebehörde Parteien im Zusammenhang mit den Wahlen zum Abgeordnetenhaus in den sechs Monaten vor der Wahl die Namen und Anschriften der Wahlberechtigten mitteilen. Die Listen dürfen nach Altersgruppen sortiert werden, wobei das Geburtsdatum nicht übermittelt werden darf. Der Betroffene kann der Weitergabe seiner Daten an die Partei zur Wahlwerbung widersprechen. Auf dieses Recht ist er bei der Anmeldung und durch öffentliche Bekanntmachung hinzuweisen.

Der Inhalt verschiedener Werbebriefe hat allerdings Empfänger daran zweifeln lassen, ob dieser Weg immer eingehalten wurde. So hat eine Partei ausführlich ihre Positionen zum Rentenüberleitungsgesetz dargelegt, so dass bei Empfängern der Eindruck entstand, hier seien die Datenbestände der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte genutzt worden. Ursache war, daß die Meldebehörde Listen nach Altersgruppen sortieren darf ­ es gab eine Gruppe der 60- bis 70jährigen und eine weitere der über 70jährigen. Mit einem Hinweis auf die Rechtslage und einer kurzen Erläuterung, woher die Daten stammen, hätten die Befürchtungen vermieden werden können.

Ein Kandidat einer anderen Partei sprach die Empfänger darauf an, dass er von Ihnen schon mehrfach ins Abgeordnetenhaus gewählt worden sei und erweckte damit den Eindruck, dass er Zugang zu Wahlunterlagen hätte. Den hatte er natürlich nicht, denn der Brief richtete sich an alle Wählerinnen und Wähler des Wahlkreises, aber auch hier hätte das Mißverständnis mit einer kurzen Erklärung vermieden werden können.

Auch die kommerzielle Werbung hat eine bisher unbekannte Dimension erreicht. Ein Braunschweiger Münzhandelsunternehmen hat Werbebriefe verschickt, die in ihrer Aufmachung sehr den Wahlbenachrichtigungskarten ähnelten. Mit der Verwendung des Berliner Bären als Wappen und des Hinweises „Benachrichtigung für Wahlberechtigte" wurde ein amtlicher Anschein erweckt. Darüber hinaus ließ die Werbung den Eindruck entstehen, dass Wahlunterlagen verwandt wurden. Auch hier wurden der Firma keine Daten aus Wahlunterlagen zur Verfügung gestellt. Die Firma hatte sich die Anschriften (auch von Insassen von Justizvollzugsanstalten) vom Adressenhandel beschafft. Die Senatsverwaltung für Inneres hat wegen der unzulässigen Verwendung des Berliner Landeswappens Strafantrag gestellt.

Repräsentative Wahlstatistik

Bei der Bundestagswahl 1994 wurde aufgrund einer kurzfristigen Änderung des Bundeswahlgesetzes die repräsentative Wahlstatistik als Bundesstatistik ausgesetzt. Gegenwärtig wird eine Novellierung des Bundeswahlgesetzes vorbereitet, die auch eine Neufassung der entsprechenden Bestimmungen beinhalten soll.

Aus diesem Anlaß verabschiedete die Konferenz der Datenschutzbeauftragten im März 1995 eine Entschließung.123 Darin wird gefordert, dass Wahlberechtigte, in deren Bezirk eine repräsentative Statistik durchgeführt werden soll, bereits in der Wahlbenachrichtigung darüber zu informieren sind. Auch ein gut sichtbar angebrachter Hinweis im Wahllokal sollte diese Information unterstützen. Des weiteren wird eine Mindestbesetzung der Geschlechts- und Altersgruppen in den Wahlbezirken gefordert, um das Wahlgeheimnis mit Sicherheit zu wahren. Dieses Kriterium ist vom jeweiligen Landeswahlleiter zu prüfen. Wahlbezirke mit nur geringen Einwohnerzahlen in einzelnen Altersgruppen sollten ausgetauscht werden. Der Wahlvorstand, so empfahlen die Datenschutzbeauftragten, sollte nur das Wahlergebnis feststellen, während die statistische Auszählung durch eine gesonderte, für die Durchführung der Statistik zuständige Stelle vorzunehmen ist. Untersuchungen, bei denen Angaben über die Wahlbeteiligung oder die Stimmabgabe aus verschiedenen Wahlen einzelfalloder personenbezogen zusammengeführt werden, gefährden, so stellt die Entschließung fest, das Wahlgeheimnis und sind daher unzulässig. Die Entschließung beinhaltet also keine generelle Ablehnung einer Wahlstatistik.

Bei den der Wahlen zum Abgeordnetenhaus und zu den Bezirksverordnetenversammlungen von Berlin sowie zum Volksentscheid über die Verfassung Berlins gelten die entsprechenden Regelungen des Landeswahlgesetzes. Bereits im Jahresbericht 1992 informierten wir über eine Änderung der Landeswahlordnung, die unseren Forderungen Rechnung trug. Danach dürfen in Berlin nur solche Stimmbezirke in die Wahlstatistik einbezogen werden, in denen in jeder Alters- und Geschlechtsgruppe mindestens 20 Wahlberechtigte im Wahlverzeichnis eingetragen sind.

Wahlberechtigte, die durch Briefwahl wählen, werden nicht in die repräsentative Wahlstatistik einbezogen. Durch vorbereitende statistische Auswertungen schafft der Landeswahlleiter darüber hinaus weitere Sicherheiten zur Wahrung des Wahlgeheimnisses.

Zunächst wird versucht, eine Mindestbesetzung von 30 Wahlberechtigten je Altersgruppe durch eine stimmbezirksbezogene Auszählung der Meldedatei zu erreichen. Das Auszählen der Stimmzettel nach den Merkmalen der repräsentativen Wahlstatistik erfolgt erst nach Feststellung des endgültigen Wahlergebnisses durch das Statistische Landesamt. Im Wahllokal wird lediglich die Altersstruktur der Wähler am Wahltag selbst durch eine Strichliste erfaßt. Diese kann jedoch dadurch, dass sie im Moment des Wahlaktes bei der Ausgabe des Stimmzettels erhoben wird, nicht mit dem beim geheimen Wahlakt manifestierten Wählerwillen des einzelnen in Zusammenhang gebracht werden. Auch ist die Altersgruppierung auf den Stimmzetteln selbst wesentlich gröber als diejenige, die im Wahllokal durch das Ausstricheln der Wähler im Wählerverzeichnis erfaßt wird. Eine weitere Maßnahme zur Sicherung des Wahlgeheimnisses besteht darin, daß auf Stimmbezirksebene keine Wahlstatistikdaten veröffentlicht werden. Die Ergebnisse selbst werden lediglich als repräsentative Statistik zu Prozentangaben vorgenommen. Absolute Zahlen sind nicht enthalten. Aus datenschutzrechtlicher Sicht bietet das in Berlin angewandte Verfahren keine Möglichkeiten, das Wahlverhalten einzelner Bürger auszuspähen.

Um dem Bürger jedoch hinreichende Informationen über die zwangsweise Kopplung seiner Stimmabgabe an eine statistische Erhebung zu geben, empfehlen wir, die betreffenden Bürger bereits mit der Wahlbenachrichtigung über die anstehende Wahlstatistik zu informieren.

Ausländerwesen Aufnahmemitteilungen der Justizvollzugsanstalten an die Ausländerbehörde

Aufgrund einer im Jahr 1984 zwischen der Senatsverwaltung für Inneres und der Senatsverwaltung für Justiz getroffenen Vereinbarung erhält die Ausländerbehörde von den Berliner Justizvollzugsanstalten eine Kopie der Aufnahmemitteilung jedes Ausländers, der inhaftiert wird. Die Aufnahmemitteilungen enthalten eine Vielzahl von personenbezogenen Daten des Ausländers; u. a. sind darin auch Angaben über das gerichtliche Aktenzeichen und den Tatvorwurf vermerkt.

Die Strafvollzugsbehörden haben den Ausländerbehörden den Antritt der Auslieferungs-, Untersuchungs- und Strafhaft, die Verlegung in eine andere Justizvollzugsanstalt und den vorgesehenen und festgesetzten Entlassungstermin mitzuteilen.

Dieser Katalog ist abschließend. Weitergehende Angaben auf den Aufnahmemitteilungen (z. B. gerichtliches Aktenzeichen, Angaben zum Tatvorwurf) dürfen ohne ein konkretes Ersuchen der Ausländerbehörde im Einzelfall nicht mitgeteilt werden. Auch in diesem Fall müssen die Daten für die Aufgaben der Ausländerbehörde erforderlich sein.

Dies ist bei einer Reihe weiterer Daten auf der Aufnahmemitteilung (z. B. Tatbeteiligte, erlernter Beruf, Bekenntnis) und bei Daten, die nach § 42 MiStra bereits von der Staatsanwaltschaft

§ 76 Abs. 5 Ausländergesetz (AuslG) i. V. m. § 4 Abs. 2 Ziff. 1­3 Ausländerdatenübermittlungsverordnung (AuslDÜV)