Abwanderung des qualifizierten Personals entgegenwirken

Die Steuerverwaltung ist bei der derzeitigen Haushaltslage (vgl. T 26) aufgefordert, neue Wege zu beschreiten. Sie muß der Abwanderung des qualifizierten Personals entgegenwirken. Wenn nach heutiger Rechtslage ein vom Staat ausgebildeter Finanzbeamter seine Arbeitskraft einem Dritten gegen eine verhältnismäßig geringe Rückzahlung von lediglich anteiligen Anwärterbezügen, die vielfach auch noch der Abwerber zahlt, zur Verfügung stellen kann, dann steht dieser Betrag in keinem angemessenen Verhältnis zur Höhe des tatsächlichen Ausbildungsaufwandes. Hier muss alles getan werden, um den Dienst in der Steuerverwaltung deutlich attraktiver zu gestalten. So könnten etwa durch Umschichtung des Haushalts geldwerte Anreize geschaffen werden, z. B. verbesserte Stellenbewertung, gezielte Leistungszulagen. Darüber hinaus sind auch Maßnahmen zur Personalentwicklung und -förderung, z. B. Führungsverhalten, Beratungs- und Förderungsgespräche, Rotation, notwendig. Außerdem ist der Senat aufgefordert, auf allen Ebenen nicht nur das Bewußtsein über die Kompliziertheit des Steuerrechts zu vertiefen, sondern mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln auf ein einfaches, überschaubares Steuerrecht hinzuwirken (vgl. Vorjahresbericht T 89 und 90).

Die Steuerverwaltung wird sich vor allem neben einer an den Sachzwängen orientierten Personalsteuerung intensiver als bisher bemühen müssen, vorhandene Personalressourcen aufzudecken und vorrangig in den bedeutsamen Arbeitsgebieten einzusetzen. Wegen der sinkenden Fallzahlen bei der Arbeitnehmerbesteuerung müssen dort vorhandene Dienstkräfte so schnell wie möglich auch in anderen Arbeitsgebieten des Finanzamtes eingesetzt werden. Vor dem Hintergrund sich abzeichnender Stelleneinsparungen (vgl. T 463) muss die Steuerverwaltung die von ihr zu erbringenden Aufgaben gewichten und, falls erforderlich, auch Personal gezielter und finanzamtsübergreifend einsetzen.

In einer ersten Stellungnahme hat die Senatsverwaltung für Finanzen den Feststellungen des Rechnungshofs zugestimmt. Sie hat erste Maßnahmen ergriffen, um die festgestellten Bearbeitungsmängel zu beseitigen. Die Steuerverwaltung ist danach bemüht, die Bearbeitungszeiten von Steuerfestsetzungen, vorrangig in Fällen mit zu erwartenden hohen Steuernachzahlungen, zu verkürzen. Zum Abbau des Personalfehlbestandes im Betriebsprüfungsdienst hat sie bereits externe Bewerber eingestellt und beabsichtigt, verstärkt Laufbahnbewerber für die Prüfungstätigkeit zu gewinnen. Der Schriftwechsel ist noch nicht abgeschlossen.

(3) Strukturelle und personelle Mängel des Finanzamts für Erbschaftsteuer und Verkehrsteuern

Die Kraftfahrzeugsteuerstelle des Finanzamts für Erbschaftsteuer und Verkehrsteuern hat die Arbeitsrückstände in den Fällen, in denen Kraftfahrzeugsteuer im Markenverfahren zu entrichten war, deutlich vermindert. Gleichwohl sind nicht alle hierfür in Betracht kommenden Fälle rechtzeitig vor Eintritt der Festsetzungsverjährung bearbeitet worden. Es bestehen außerdem weitere Bearbeitungsrückstände im Festsetzungsbereich und bei der Rechtsbehelfsbearbeitung der Kraftfahrzeugsteuerstelle.

In der Vollstreckungsstelle II des Finanzamts liegen unbearbeitete Anzeigen über nicht gezahlte Kraftfahrzeugsteuer in Millionenhöhe vor. Die Senatsverwaltung für Finanzen ist aufgefordert, die festgestellten grundlegenden strukturellen und personellen Mängel zu beseitigen und die Beitreibung sämtlicher rückständiger Beträge umgehend aufzunehmen.

Der Rechnungshof hatte in seinen Jahresberichten 1993 (T 512 bis 520) und 1994 (T 611 bis 618) über den besorgniserregenden Anstieg der Arbeitsrückstände in der Kraftfahrzeugsteuerstelle des Finanzamts für Erbschaftsteuer und Verkehrsteuern und den unzulässigen Verzicht auf die Festsetzung von Kraftfahrzeugsteuer im Markenverfahren berichtet.

Das Abgeordnetenhaus hat mit Auflagenbeschluß vom 23. Juni 1994 zu T 512 bis 520 des Jahresberichts 1993

(Beschlußempfehlung und Bericht des Hauptausschusses vom 22. Juni 1994 ­ Drucksache 12/4604) den Senat aufgefordert sicherzustellen, dass sogenannte Bagatellfälle (Steuerfestsetzungen unter 100,00 DM) rechtzeitig vor Eintritt der drohenden Verjährung bearbeitet werden. Es hat mit Auflagenbeschluß vom 22. Juni 1995 zu T 611 bis 618 des Jahresberichts 1994 (Beschlußempfehlung und Bericht des Hauptausschusses vom 21. Juni 1995 ­ Drucksache 12/5765) den Senat erneut aufgefordert, nunmehr verstärkt alle personellen und organisatorischen Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass die Arbeitsrückstände in der Kraftfahrzeugsteuerstelle des Finanzamts für Erbschaftsteuer und Verkehrsteuern noch vor Eintritt der drohenden Verjährung beseitigt werden.

Nach Darstellung der Oberfinanzdirektion Berlin war Mitte 1995 noch von etwa 106 000 unerledigten Fällen auszugehen, die auf zutreffende Entrichtung der Kraftfahrzeugsteuer im Markenverfahren zu überprüfen waren. Im Monatsdurchschnitt wurden zuletzt nur noch 800 Fälle erledigt, obwohl die Senatsverwaltung für Finanzen im Schreiben vom 10. Februar 1995 von der Erledigung von 4 500 Fällen monatlich ausgegangen war. Mithin haben die hierzu eingesetzten 24

Bearbeiter durchschnittlich nur noch zwei Fälle je Arbeitstag erledigt. Zusätzlich waren nach Einschätzung der Steuerverwaltung noch etwa 88 000 Bagatellfälle vorhanden, die ebenfalls auf zutreffende Entrichtung der Kraftfahrzeugsteuer im Markenverfahren überprüft werden mußten. Bei diesen äußerst geringen Erledigungszahlen und der hohen Zahl an unerledigten Fällen mußte befürchtet werden, dass es der Steuerverwaltung nicht gelingen wird, die Auflagen des Abgeordnetenhauses zu erfüllen. Der Rechnungshof hat sich daher in einer kurzen Nachuntersuchung Gewißheit darüber verschafft, welche Ursachen für diese Entwicklung maßgebend waren und welche Maßnahmen ggf. ergriffen werden müssen, damit dieses Ziel gleichwohl noch vor Eintritt der Festsetzungsverjährung erreicht werden kann.

Dem seit August 1995 im Kraftfahrzeugsteuer-Festsetzungsbereich eingesetzten Koordinator und den Bearbeitern ist es gelungen, innerhalb von weniger als zwei Monaten die Bagatellfälle mit I-Kennzeichen (ca. 40 000 Fälle) nahezu abzuarbeiten. Das konnte erreicht werden, weil nunmehr jeder Bearbeiter durchschnittlich 37 Fälle je Arbeitstag erledigt hat.

Diese Entwicklung macht deutlich, dass in der Zeit davor trotz massiver Kritik des Abgeordnetenhauses und des Rechnungshofs keine ernsthaften Anstrengungen unternommen worden sind, die Rückstände abzubauen. Sie zeigt aber auch, dass es mit viel Engagement und entsprechendem Arbeitswillen möglich war, die Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer für im Ostteil Berlins zugelassene Fahrzeuge mit verhältnismäßig wenigen Arbeitskräften und in einer nur kurzen Zeitspanne weitgehend abzuschließen. Der Rechnungshof hat sich erneut davon überzeugen können, dass die Bearbeitung dieser Fälle regelmäßig einfach, unproblematisch und wenig zeitintensiv ist.

Gleichwohl ist trotz der hohen Arbeitsleistung der Bearbeiter nicht gesichert, dass alle Fälle rechtzeitig vor Eintritt der Festsetzungsverjährung erledigt werden. Die Anzahl der Bearbeitungsrückstände im Markenverfahren wird vom Koordinator nach stichprobenweiser Auszählung mit nur noch 72 000 Vorgängen angenommen. Die beträchtliche Abweichung dieser Zahl von dem Umfang der bisher von der Oberfinanzdirektion Berlin angenommenen höheren Bearbeitungsrückstände ist nach der Darstellung des Amtes darauf zurückzuführen, daß Eingangszahlen von ihm wesentlich zu hoch geschätzt worden sind und sich die Vorgänge durch das Zusammenführen mehrerer Anträge oder Unterlagen zu einem Steuerfall reduziert haben. Auch die Zahl der Bagatellfälle weicht erheblich von den bisherigen Meldungen des Finanzamts und der nunmehr festgestellten Größenordnung ab. So hatte das Finanzamt für Erbschaftsteuer und Verkehrsteuern nach seinen Erledigungsstatistiken 77 713 Vorgänge (Stand 1. September 1995) als Bagatellfälle behandelt. Den Bearbeitern sind letztlich nur etwa 40 000 Bagatellfälle zugeführt worden.

Das Finanzamt konnte diese Differenz nicht aufklären. Der Rechnungshof hat bei den vom Finanzamt als Bagatellfälle behandelten Kraftfahrzeugsteuerfällen durch stichprobenweise Untersuchung der zwischenzeitlich durchgeführten Steuerfestsetzungen festgestellt, dass in der Sammlung der Bagatellfälle durchaus auch solche mit Festsetzungen über 100,00 DM enthalten waren. Bei 824 stichprobenweise ausgewerteten Steuerbescheiden lagen in 238 Fällen (28,9 v. H.) Festsetzungen über 100,00 DM ­ im Höchstfall 3 540,00 DM ­ vor. Dies macht deutlich, dass das Finanzamt bisher ­ trotz umfangreicher Sortier- und Zählarbeiten ­ keinen zutreffenden Überblick über die tatsächlichen Arbeitsrückstände hatte.

Der Rechnungshof hat die Senatsverwaltung rechtzeitig und nachdrücklich darauf aufmerksam gemacht, dass es trotz des zwischenzeitlichen Zeitablaufs noch möglich ist, mit dem vorhandenen Personal die Arbeitsrückstände vor Eintritt der Festsetzungsverjährung vollständig abzubauen. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass dem Amt umgehend eine ausreichende Anzahl hierfür geeigneter PCs vorübergehend zur Verfügung gestellt wird. Die Senatsverwaltung hat hierauf erwidert, dass die Kraftfahrzeugsteuerstelle von November 1995 an ­ zeitlich befristet ­ mit zusätzlich 25 PCs ausgestattet wurde. Gleichwohl ging sie davon aus, dass nicht alle Fälle, bei denen zum 31. Dezember 1995 die Festsetzungsverjährung drohte, rechtzeitig vor Ablauf dieser Frist bearbeitet sein würden. Nach der Einschätzung der Steuerverwaltung werden die Rückstände erst im April 1996 abgearbeitet sein.

Der Senat teilt in seiner Stellungnahme vom 11. Januar 1994 zu T 518 des Jahresberichts 1993 (Drucksache 12/3703) die Auffassung des Rechnungshofs, dass die für die Bearbeitung der Kraftfahrzeugsteuer-Angelegenheiten zur Verfügung gestellten Stellen und Beschäftigungspositionen nur für diesen Zweck verwendet werden dürfen. Verschiedenen Berichten der Oberfinanzdirektion Berlin an die Senatsverwaltung für Finanzen über die Verwendung der Beschäftigungspositionen hat der Rechnungshof allerdings entnommen, dass diese Mittel ­ zumindest im ersten Halbjahr 1994 ­ für bis zu sieben funktionsfremd eingesetzte Dienstkräfte verwendet wurden. Diese Dienstkräfte waren auch nicht in angrenzenden Bereichen der Kraftfahrzeugsteuer-Festsetzungsstelle eingesetzt, sondern beispielsweise in den Bereichen Grunderwerbsteuer und Erbschaftsteuer. Darüber hinaus haben die in der Kraftfahrzeugsteuer-Festsetzungsstelle zusätzlich eingesetzten Dienstkräfte bekundet, dass sie nicht nur mit der Abarbeitung der Arbeitsrückstände der Kraftfahrzeugsteuer beschäftigt waren, sondern auch über längere Zeiträume für Umzugsaktionen des Amtes (Auslagerung der Kraftfahrzeugsteuer-Akten zur aktenlosen Bearbeitung, Umbesetzungen im Finanzamt) eingesetzt wurden. Der Rechnungshof mißbilligt diese Handhabung.

Neben den vorgenannten Arbeitsrückständen sind bei der Kraftfahrzeugsteuer-Festsetzungsstelle umfangreiche weitere unbearbeitete Vorgänge vorhanden, die nur teilweise das Markenverfahren betreffen. Bei einer stichprobenweisen Betrachtung hat der Rechnungshof auch hier den Eindruck gewonnen, dass die Bearbeitung dieser Vorgänge regelmäßig einfach und wenig zeitintensiv ist. Bei über 800 vom Rechnungshof eingesehenen Posteingängen handelte es sich überwiegend um Probleme der zutreffenden Dauer der Steuerpflicht oder der Anrechnung der im Markenverfahren bereits geleisteten Kraftfahrzeugsteuer.

Am 31. Dezember 1995 lagen nach der Rechtsbehelfsstatistik der Kraftfahrzeugsteuerstelle 24 257 unbearbeitete Einsprüche vor. Aufgrund der nunmehr verstärkt vorgenommenen Festsetzungen von Kraftfahrzeugsteuer ist in naher Zukunft mit einem starken Zuwachs der Rechtsbehelfsfälle zu rechnen. Die Arbeitsprobleme in der Kraftfahrzeugsteuerstelle sind mit der Erledigung der auf zutreffende Entrichtung der Steuer im Markenverfahren zu überprüfenden Fälle allein nicht gelöst. Die Verwaltung hat ein Konzept zu entwickeln, um die Folgearbeiten zügig erledigen zu können.

Die für die Bearbeitung der Kraftfahrzeugsteuer-Rückstände zuständige Vollstreckungsstelle II des Finanzamts für Erbschaftsteuer und Verkehrsteuern hat in der Zeit von April bis Dezember 1994 einen Großteil der Anzeigen über neue Kraftfahrzeugsteuer-Rückstände (für den Westteil und den Ostteil Berlins) völlig unbearbeitet in Aktenordnern abgelegt und nicht, wie es regelmäßig erforderlich gewesen wäre, im Wege der Amtshilfe den örtlich zuständigen Vollziehungsbeamten der anderen Finanzämter zur Erledigung zugewiesen. Der Rechnungshof hat Ende September 1995 etwa 200 solcher Ordner ermittelt. Nach der Statistik des Amtes waren zum August 1995 insgesamt 70 251 Vorgänge noch nicht abschließend bearbeitet. Hierin einbezogen waren unbearbeitete Rückstandsanzeigen und von den ersuchten Finanzämtern zurückgesandte unerledigte Amtshilfeersuchen. Darüber hinaus sind nach der Statistik in weiteren 21 920 Fällen die Wiedervorlagetermine bereits abgelaufen, davon bei 18 549 Vorgängen bereits seit mehr als drei Monaten. Die älteste unbearbeitete Wiedervorlage datiert vom 7. Oktober 1990.

Die Steuerverwaltung hat in ihrer Stellungnahme bestätigt, daß unbearbeitete Rückstandsanzeigen über Kraftfahrzeugsteuer aus der Zeit von April 1994 bis Dezember 1995 in den Arbeitsgebieten der Vollstreckungsstelle II vorhanden sind.

Sie hat Ende Januar 1996 deren Anzahl mit 31 883 ermittelt.

Der Rechnungshof hat aufgrund von Stichproben den durchschnittlichen Rückstandsbetrag mit etwa 320 DM errechnet, hierbei aber auch gewichtige unbearbeitete Vollstreckungsfälle vorgefunden, die in einem Einzelfall nicht entrichtete Kraftfahrzeugsteuer von rund 75 000 DM betrafen. Der Gesamtbetrag an geschuldeter Kraftfahrzeugsteuer, der in den unbearbeiteten Rückstandsanzeigen nachgewiesen wird, dürfte sich demnach auf etwa 10 Mio. DM belaufen. Zudem hat das Finanzamt für Erbschaftsteuer und Verkehrsteuern die von den örtlich zuständigen Finanzämtern zurückgesandten unerledigten Amtshilfeersuchen in größerem Umfang bisher nicht weiter bearbeitet. Deren Zahl hat die Steuerverwaltung nicht ermittelt. Die stichprobenweise Untersuchung dieser Vorgänge durch den Rechnungshof lässt vermuten, daß die Kraftfahrzeugsteuer hierfür ebenfalls mehrere Millionen DM beträgt. Der Rechnungshof nimmt diese Feststellungen zum Anlaß, die Vollstreckungsstellen des Finanzamts für Erbschaftsteuer und Verkehrsteuern im Jahr 1996 erneut zu untersuchen.

Das Finanzamt hat die Oberfinanzdirektion mit Schreiben vom 15. März 1994 davon unterrichtet, dass die vom März 1994 an eingehenden Rückstandsanzeigen (Außendienstvorgänge) nicht mehr bearbeitet werden, d. h. keine Vollstrekkungsersuchen an andere Finanzämter im Wege der Amtshilfe verschickt werden. Das Amt bezifferte den Gesamtbetrag auf 68 Mio. DM, die auf absehbare Zeit vollstreckungsmäßig nicht verfolgt werden können. Nachvollziehbare Gründe dafür, neun Monate lang faktisch auf eine Beitreibung rückständiger Kraftfahrzeugsteuer zu verzichten, konnte das Finanzamt dem Rechnungshof nicht benennen.

Die befragten Bearbeiter haben nur ganz allgemein auf Arbeitsüberlastung hingewiesen. Dies überzeugt nicht, da die Kraftfahrzeugsteuer-Rückstände regelmäßig durch die Vollziehungsbeamten der örtlich zuständigen Finanzämter beigetrieben werden, die Bearbeitung dieser Fälle durch das Finanzamt für Erbschaftsteuer und Verkehrsteuern sich also hauptsächlich auf die verfahrensmäßige Abwicklung beschränkt.

Seit Januar 1995 hat das Finanzamt die Zuleitung der Vollstreckungsersuchen an andere Finanzämter wieder aufgenommen. Gleichwohl hat der Rechnungshof auf 12 der 14

Arbeitsplätze noch unbearbeitete Rückstandsanzeigen aus dem Jahr 1994, bei sieben dieser Arbeitsplätze sogar noch solche aus dem März 1994, vorgefunden.

Der Rechnungshof erwartet, dass die Senatsverwaltung für Finanzen bei der Haushaltslage Berlins (vgl. T 26) den Ausfall an im Markenverfahren zu entrichtender Kraftfahrzeugsteuer so gering wie möglich hält, unverzüglich den Ursachen für die Arbeitsrückstände in der Vollstreckungsstelle II des Finanzamts für Erbschaftsteuer und Verkehrsteuern nachgeht und Wege aufzeigt, damit diese Steuerbeträge, die ausschließlich Abgeordnetenhaus von Berlin ­ 3. Wahlperiode Drucksache 13/390 dem Land Berlin zustehen, umgehend beigetrieben werden.

Die Senatsverwaltung für Finanzen ist aufgefordert, den offenbar gewordenen grundlegenden strukturellen und personellen Mängeln des Finanzamts nachzugehen und dringend für Abhilfe zu sorgen.

11. Verkehr und Betriebe Unwirtschaftliches Verhalten bei der Vergabe der Parkraumbewirtschaftung

Die Senatsverwaltung für Verkehr und Betriebe hat bei der Auswahl und Beauftragung von privaten Unternehmen für die Parkraumbewirtschaftung den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit nur unzureichend beachtet. Dadurch entgehen dem Land Berlin Einnahmen von mehreren Millionen DM. Außerdem hat der Senat die voraussichtlichen Einnahmen Berlins aus der Parkraumbewirtschaftung im Jahr 1995 in seiner Prognose gegenüber dem Abgeordnetenhaus von vornherein unrealistisch hoch bemessen.

Der Rechnungshof erwartet, dass die Senatsverwaltung bei Erweiterung der Parkraumbewirtschaftung und rechtzeitig vor Ablauf der geschlossenen Verträge die für Berlin günstigsten Bieter nach einer öffentlichen Ausschreibung auswählt und mit ihnen Vereinbarungen trifft, die für den Landeshaushalt finanziell günstiger sind.

Der Senat hat am 26. Juli 1994 die Einführung eines Parkraumbewirtschaftungskonzepts in Berlin beschlossen (Senatsbeschluß Nr. 5016/94), das in einer zweijährigen Pilotphase eine flächendeckende und einheitliche Bewirtschaftung ausgewählter Bereiche („Stadtmitte", „westliche Innenstadt" und „Altstadt Spandau") mit Parkscheinautomaten vorsieht.

In der Mitteilung ­ zur Kenntnisnahme ­ an das Abgeordnetenhaus vom 2. August 1994 (Drucksache 12/4683) führte der Senat aus, dass die Aufgaben der Beschaffung, Unterhaltung und Entfernung der Verkehrszeichen und -einrichtungen sowie deren Betrieb an private Unternehmen vergeben werden, soweit dies wirtschaftlicher ist. Die Bewirtschaftungsunternehmen hätten eigene Beschäftigte zur Überwachung einzusetzen und der Polizei festgestellte Parkverstöße zur weiteren Ahndung mitzuteilen. Als Vergütung für die erbrachten Leistungen sollen die Unternehmen einen Teil der Parkgebühren behalten. Die zunächst erwogene Alternative, die Parkraumbewirtschaftung in eigener Regie durchzuführen, wurde wegen der im ersten Jahr zu erwartenden hohen Investitionsausgaben aus Haushaltsmitteln nicht weiterverfolgt.

Die Senatsverwaltung für Verkehr und Betriebe hat die Parkraumbewirtschaftung an je einen Bieter mit Verträgen vom 23. Dezember 1994 für die „Stadtmitte" und „Altstadt Spandau" sowie an eine Bietergemeinschaft mit Vertrag vom 6. Januar 1995 für die „westliche Innenstadt" vergeben. Bei der Auswahl der Unternehmen hat die Senatsverwaltung das Gebot der Wirtschaftlichkeit nur unzureichend beachtet, da andere Unternehmen die ausgeschriebene Leistung für die „Stadtmitte" und die „westliche Innenstadt" für eine geringere Vergütung angeboten hatten.

Der Einwand der Senatsverwaltung, dass das Angebot eines ausgesuchten Bieters aufgrund eines ausgewogeneren Personalkonzepts und eines besseren Inkassosicherheitsstandards wirtschaftlicher als das Angebot des anderen Bieters sei, überzeugt nicht. Dies gilt auch für ihre Behauptung, dass das Angebot eines Dienstleisters, welches um ein Drittel unter dem Angebot eines Parkscheinautomatenherstellers liegt, auf Dauer nicht durchgehalten werden könne. Die weitere Begründung der Senatsverwaltung, dass günstigere Angebote von Bietern nicht berücksichtigt worden seien, um mit einer Streuung der Verträge auf mehrere Bieter unterschiedlicher Branchen Erfahrungen zu gewinnen, kann wegen der erheblichen finanziellen Nachteile nicht überzeugen. Wäre die Parkraumbewirtschaftung z. B. an die preisgünstigsten Bieter vergeben worden, hätte das Land Berlin in zwei Jahren 5,3 Mio. DM mehr Einnahmen aus Parkgebühren allein infolge niedrigerer Bewirtschaftungskosten erzielen können.

Die Senatsverwaltung hat mit den beauftragten Unternehmen Verträge mit einer Laufzeit von zwei Jahren geschlossen. Darin wurde eine Vergütung von insgesamt 15,9 Mio. DM jährlich zur Abgeltung der Bewirtschaftungskosten und des unternehmerischen Gewinns mit einer Lohngleitklausel für 1996 vereinbart. Den Unternehmen obliegen die Beschaffung und der Aufbau von 1 337 betriebsfertigen Parkscheinautomaten, die Unterhaltung der Verkehrszeichen und -einrichtungen, die Überwachung des ruhenden Verkehrs durch 119 Beschäftigte sowie die Einziehung der Parkgebühren. Bei der Beschaffung der Parkscheinautomaten waren die Unternehmen an technische Anforderungen, nicht aber an Vorgaben über Hersteller, Typ oder Beschaffungsausgaben gebunden.

Der Rechnungshof beanstandet, dass die Verträge zwischen der Senatsverwaltung und den privaten Unternehmen zu Lasten Berlins unausgewogen sind. Infolge der vereinbarten Vergütung mit Lohngleitklausel fehlen wirtschaftliche Anreize für die privaten Unternehmen, über die Finanzierung der Bewirtschaftungskosten und des unternehmerischen Gewinns hinaus möglichst hohe Einnahmen aus Parkgebühren zu erzielen. Zudem wird das Einnahmerisiko vom Land Berlin getragen. Die bei einer Privatisierung erwarteten Vorteile wurden bei weitem nicht ausgeschöpft.

Der Rechnungshof beanstandet ferner, dass die Senatsverwaltung nicht geprüft hat, ob die Durchführung der Parkraumbewirtschaftung mit privaten Unternehmen wirtschaftlicher ist als andere Alternativen, auch die Realisierung durch das Land Berlin in eigener Regie. Hierzu hätte die Senatsverwaltung Anlaß gehabt, da bei Wegfall des unternehmerischen Gewinns und der Möglichkeit geringerer Beschaffungskosten, z. B. durch Mengenrabatt, für 1 337 Parkscheinautomaten gleichen Typs und Herstellers Aufwandsminderungen erreichbar waren. Außerdem wäre das dem Senat bekannte rechtliche Problem, ob die Überwachung von Verkehrsordnungswidrigkeiten durch private Unternehmen zulässig ist, nicht aufgetreten.

Der Einwand der Senatsverwaltung, dass eine Beteiligung privater Unternehmen politisch gewollt und somit eine Wirtschaftlichkeitsberechnung nicht notwendig gewesen sei, widerspricht dem Gebot, wirtschaftlich und sparsam zu verfahren (§ 7 LHO). Bei gleicher Zahl der Beschäftigten wären die Kosten der Durchführung der Parkraumbewirtschaftung durch das Land Berlin in eigener Regie nach Schätzung des Rechnungshofs deutlich niedriger gewesen. Die Senatsverwaltung hat hierzu ohne Begründung lediglich ausgeführt, daß der Polizeipräsident in Berlin erheblich mehr Personal (195 gegenüber 119 Beschäftigte der privaten Unternehmen) benötigt hätte. Unter diesen Bedingungen wäre die Durchführung der Parkraumbewirtschaftung allerdings nicht wirtschaftlich.

Zahl und Lage der Parkscheinautomaten wurden nicht von den Bewirtschaftungsunternehmen vorgeschlagen, sondern durch den Polizeipräsidenten in Berlin als Straßenverkehrsbehörde festgelegt. Der Senat hatte gegenüber dem Abgeordnetenhaus hierzu ausgeführt, dass die Parkscheinautomaten in jeweils zumutbarer Entfernung zu den Stellplätzen aufzustellen seien, um die Akzeptanz der Bewirtschaftung nicht in Frage zu stellen. Die Senatsverwaltung für Verkehr und Betriebe hat als oberste Straßenverkehrsbehörde des Landes Berlin dem Polizeipräsidenten eine Entfernung von maximal 40 m vom Stellplatz des Fahrzeuges bis zum nächsten Parkscheinautomaten ohne einen Wechsel der Straßenseite als zumutbar vorgegeben. Bei nachträglichen Anordnungen für die Bereiche „westliche Innenstadt" und „Altstadt Spandau"