Einführung flexibler Arbeitszeitmodelle

Die Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales legt nachstehende Mitteilung dem Abgeordnetenhaus zur Besprechung vor:

Das Abgeordnetenhaus hat in seiner Sitzung am 21. September 1995 folgendes beschlossen: „Der Senat wird aufgefordert, einen Modellversuch zur Einführung neuer Dienstzeitformen und Arbeitsmethoden für die Krankenpflege z. B. nach dem Höchster Dienstzeitmodell in einem oder mehreren städtischen Berliner Krankenhäusern zu initiieren. Über den Modellversuch ist dem Abgeordnetenhaus regelmäßig, erstmalig zum 1. März 1996, Bericht zu erstatten."

Hierzu wird berichtet:

Die bekanntesten Arbeitszeitmodelle sind im Zentralkrankenhaus Bremen-Ost, in den städtischen Kliniken Kassel, im Henrietten-Stift Hannover, in den städtischen Kliniken Frankfurt am Main-Höchst, in der medizinischen Hochschule Hannover sowie in zwei Krankenhäusern Nordrhein-Westfalens erarbeitet und erprobt worden.

Die Hauptgründe für die Einführung neuer Arbeitszeiten in oben genannten Krankenhäusern waren:

- Die Umstellung von einer 6- bzw. 5,5 Tage-Woche wurde auf Grund der Verkürzung der tariflichen Arbeitszeit auf 38,5 Wochenstunden notwendig.

- Gravierende Personalknappheit im Bereich des Pflegedienstes, bekanntgeworden unter der Bezeichnung „Pflegenotstand".

- Bettensperrungen, die hervorgerufen wurden durch den Mangel an Pflegepersonal.

- Probleme bei der Personalgewinnung, so dass es nicht möglich war, offene Planstellen im Pflegedienst zu besetzen.

- Die Bewerberzahlen an den Krankenpflegeschulen waren rückläufig.

- Defizite bei der Patientenversorgung.

In den städtischen Kliniken Frankfurt am Main-Höchst war die Situation der pflegerischen Patientenbetreuung in den Jahren 1989/90 gekennzeichnet durch:

1. Extremen Personalmangel/Bewerbermangel

Trotz Zahlung außertariflicher Wechselschichtzulagen konnten die verfügbaren Planstellen weder vollständig noch dauerhaft besetzt werden.

2. Überdurchschnittliche Fluktuation Innerhalb von 5 Jahren mußte der gesamte Personalbestand des Krankenhauses, bis auf ein Stammpersonal von ca. 270

Mitarbeitern von insgesamt ca. 1200 Mitarbeitern, erneuert werden.

3. Verkürzung der tariflichen Wochenarbeitszeit auf 38,5 Stunden Dadurch wurde eine Änderung der täglichen Arbeitszeit und eine veränderte Verteilung auf die einzelnen Wochentage erforderlich.

Dies führte im Ergebnis zur Einführung der 5-Tage-Woche.

4. Erheblichen Rückgang der Bewerberzahlen für die Krankenpflegeausbildung.

Durch zukünftig weniger Absolventen der Ausbildung wird sich die Personalknappheit verstärken.

Die oben genannten Faktoren führten in den Kliniken Frankfurt-Höchst zu Bettensperrungen in bestimmten Bereichen, zum verstärkten Einsatz unqualifizierter Pflegekräfte und insgesamt zu der drohenden Gefahr einer krankenpflegerischen Unterversorgung der Patienten.

Vor diesem Hintergrund wurde das Dienstzeitmodell, das stark vom regionalen Bedürfnis geprägt wurde und deshalb nicht ohne weiteres zu einer Allgemeingültigkeit führen kann, entwickelt und auf vier Stationen erprobt.

Als vorrangige Ziele für die Einführung neuer Dienstzeitformen werden generell von allen Krankenhäusern genannt:

- Steigerung der Berufsattraktivität

- Steigerung der Berufszufriedenheit

- Sicherung, Verbesserung der Pflegequalität

- Förderung der Eigenständigkeit der Pflege

Zu den qualitätssichernden Instrumenten, die im Zuge der Arbeitszeitumstellung realisiert werden sollten, gehören insbesondere:

- Die Einführung bzw. die verstärkte Umsetzung von Gruppenpflegesystemen

- Die Verbesserung der Pflegedokumentation unter Anwendung neuer Techniken (EDV)

- Durchführung einer geplanten Pflege im Sinne des Pflegeprozeßmodells

Bei den Arbeitszeitveränderungen ging es um die Einführung familienfreundlicher Arbeitszeiten und gleichzeitiger Verminderung der Schicht-/Wechselschichtarbeit.

Alle Modelle haben gemein, dass eine Hauptarbeitszeit (Kernarbeitszeit, Regeldienst) mit verstärkter Personalbesetzung und erheblicher Arbeitskonzentration geschaffen und die Bereichspflege eingeführt bzw. sinnvoll gestaltet wurde.

Auch beim Höchster Dienstzeitmodell liegt der Kern in der Schaffung eines Hauptdienstes sowie der Ergänzung der bisher traditionellen Frühdienste-Spätdienste-Nachtdienste durch Zwischendienste.

Neben den Dienstzeitänderungen wurde die Pflegedokumentation eingeführt und mit der Umstellung der Funktionspflege auf die Bereichspflege begonnen.

Nachfolgend sind die allgemeinen Erfahrungen der Krankenhäuser bei der Erprobung alternativer Dienstzeitmodelle zusammengefaßt.

Hauptarbeitszeit mit der größten Personalkonzentration ist die Zeit zwischen 7.00 Uhr ­ 7.30 Uhr ­ 8.00 Uhr und 16.00 Uhr ­ 17.00 Uhr.

Vor Beginn und nach Ende der Hauptarbeitszeit steht demgegenüber nur soviel Betreuungspersonal zur Verfügung, dass eine regelhafte Patientenversorgung gewährleistet wird. Eine Neuregelung des Nachtdienstes wurde nicht vorgenommen, lediglich in der Medizinischen Hochschule Hannover wurde der Nachtdienst von 10 auf 8,5 Stunden verkürzt. Nach dem jetzt geltenden Arbeitszeitgesetz muss auch in den anderen Krankenhäusern der Nachtdienst neu gestaltet werden. Mit der Einführung eines Hauptdienstes wurden Tätigkeiten aus dem Nachtdienst verlagert, z. B. Wecken und Waschen der Patienten, Materialbestellung, Lagerhaltung, Medikamentenvorbereitung. Das Spektrum pflegerischer Leistungen im Spätdienst ist eingeschränkt. Mitarbeiter befürchten deshalb, für bestimmte Tätigkeiten die Routine zu verlieren. Am Wochenende wird wie bisher in drei Schichten und oftmals nach dem Funktionspflegeprinzip gearbeitet. Die Gruppenpflege wird regelhaft nur im Hauptdienst durchgeführt.

Diese stellt höhere Anforderungen an die Qualifikation und die Kompetenzen der Pflegefachkräfte und erfordert eine enge Kooperation mit dem ärztlichen Dienst. Die Gruppenpflege ermöglicht es, eigenverantwortlich und selbständig zu pflegen.

Neben einer Motivationssteigerung stellen die Pflegekräfte aber auch eine Intensivierung der Pflegearbeit, verbunden mit einer Zunahme der physischen und psychischen Anforderungen, fest.

Die informell geprägten Beziehungen im Pflegeteam wandeln sich durch die Festlegung der individuellen Arbeitszeiten. Es verringern sich die Möglichkeiten persönlicher Kontakte und Beziehungen. Diese Tendenz wird durch die Gruppenpflege verstärkt.

Durch die neuen Arbeitszeiten der Voll- und Teilzeitmitarbeiter gibt es die traditionellen Dienstübergaben, an denen alle Mitarbeiter teilnahmen, nicht mehr. Es müssen neue Kommunikationsformen gefunden werden (z. B. gruppenübergreifende Arbeiten, Teambesprechungen).

Auch das Aufgabenspektrum der/des Stationsschwester/-pfleger verändert sich durch das Gruppenpflegesystem, beispielsweise sind sie nicht mehr zentrale Ansprechpartner auf der Station.

Eine Reduzierung der Wechselschicht-/Schichtarbeit für den Großteil der Mitarbeiter wird mit der Einführung einer Hauptarbeitszeit nur erreicht, wenn genügend andere Mitarbeiter bereit sind, die Spät- und Nachtdienste dauerhaft zu übernehmen bzw. im Bedarfsfall diese Dienste abzuleisten.

Eine Reduzierung der Spät-, Nacht- und Wochendienste bedeutet für die Mitarbeiter Einkommensverluste, da die Anspruchsvoraussetzungen gemäß § 33 a des BAT (Wechselschichtund Schichtzulage) entfallen können und Zulagen nach § 35 (Zeitzuschläge und Überstundenvergütung) verringert werden. Deshalb wurden mit Kostenträgern, der Kommune bzw. der Tarifgemeinschaft deutscher Länder außertarifliche Zulagen für die Dauer der Modellversuche vereinbart.

Die überwiegende Zahl der Mitarbeiter des Hauptdienstes

­ für den keine Zulagen gezahlt werden ­ übernehmen deshalb Wochenend-, Spät- und Nachtdienste, um mögliche Einkommensverluste auszugleichen.

Von den städtischen Kliniken Frankfurt-Höchst wurden mit der Stadt Frankfurt und den Krankenkassen außertarifliche Zulagen für die Dauer des Modellversuchs vereinbart, um genügend Mitarbeiter für die Spät- und Nachtdienste zu gewinnen. Mitarbeiter, die dauerhaft Spätdienste übernahmen, erhielten eine Zulage in Höhe von 650,00 DM monatlich, Mitarbeiter, die dauerhaft Nachtdienste übernahmen, erhielten eine Zulage von 1 200,00 DM. Diese Kosten wurden von den Krankenkassen und der Stadt Frankfurt finanziert.

Nach Ablauf der Modellphase wurde das System der außertariflichen Zulagen verändert. Mitarbeiter im Spätdienst erhielten eine außertarifliche Zulage in Höhe von 20 % der jeweiligen Stundenvergütung, Mitarbeiter im Nachtdienst von 40 % der jeweiligen Stundenvergütung. Mittlerweile ist das Dienstzeitmodell auf die Mehrzahl der Stationen ausgedehnt worden. Um auch den Mitarbeitern der restlichen Stationen eine außertarifliche Zulage gewähren zu können, wurde eine erneute Änderung des Zulagensystems notwendig. So erhalten die Mitarbeiter im Spät- und Nachtdienst jetzt einheitlich eine zusätzliche Vergütung in Höhe von 20 % der jeweiligen Stundenvergütung. Diese außertarifliche Regelung wird von der Stadt Frankfurt mit jährlich

000,00 DM finanziert. Eine Beteiligung der Krankenkassen an dieser Finanzierung gibt es nicht.

Die zusätzlichen finanziellen Aufwendungen belaufen sich, obwohl die Arbeitszeitmodelle nur auf wenigen ausgewählten Stationen erprobt wurden, im Henrietten-Stift Hannover auf

000,00 DM jährlich für zwei Stunden, in der Medizinischen Hochschule Hannover 80 000,00 DM jährlich pro Station.

Die meisten der oben genannten Arbeitszeitmodelle wurden von externen Projektmanagern bzw. wissenschaftlich intensiv begleitet.

Eine Umsetzung der Arbeitszeitmodelle in oben genannten Krankenhäusern über die Modellstationen hinaus auf allen Stationen der Krankenhäuser wird ­ bisher sind die Auswirkungen auf den ärztlichen und die zentralen Dienste sowie auf die Verwaltung gering ­ erhebliche Konsequenzen für die Gesamtorganisation der Krankenhäuser haben.

Neben den ausgesprochen positiven Effekten neuer Arbeitszeitmodelle ­ Verbesserung der Arbeitsbedingungen, Qualitätsverbesserung, Verbesserung innerbetrieblicher Kooperationsstrukturen ­ haben die bisherigen Erfahrungen gezeigt, daß

- es „das" Arbeitszeitmodell nicht gibt, es sogar innerhalb eines Krankenhauses modifiziert werden muß

- Arbeitszeitmodelle ­ so sehr sie von Trägern, Leitungsgremien im Krankenhaus gewünscht werden ­ nicht verordnet werden können

- Arbeitszeitmodelle nur dann erfolgreich implantiert werden können, wenn sie Teil des unternehmerischen Konzeptes des Krankenhauses sind

- zukünftig arbeitsmedizinische und präventivgesundheitspolitische Aspekte verstärkt berücksichtigt werden müssen (eine Gestaltung der Nachtarbeit findet sich in keinem Modell)

- eine zusätzliche finanzielle Abgeltung der Dienste zu ungünstigen Zeiten künftig durch einen Freizeitausgleich bzw. Zeitbonus ersetzt werden sollte,

- inhaltliche Veränderungen der Pflege und die Konzentration der wesentlichen pflegerischen Tätigkeiten auf eine Kernarbeitszeit erhebliche Konsequenzen für die gesamte Krankenhausorganisation haben (OP-Zeiten, Küche, Transport etc.).

Nach unserer Einschätzung und unter Würdigung der beschriebenen Aspekte sollten neue Arbeitszeiten für das Pflegepersonal in einem Gesamtkonzept eines Krankenhauses zur Verbesserung einer patientenorientierten, qualifizierten medizinisch-pflegerischen Betreuung bei gleichzeitig effizientem Einsatz von Arbeitskraft und -kompetenz in engem Zusammenwirken aller beteiligten Berufsgruppen verankert werden.

In den städtischen Berliner Krankenhäusern gibt es ebenfalls eine Vielzahl von Bemühungen durch Änderungen der Dienstzeitformen und der Arbeitsorganisation, Belastungen für das Pflegepersonal, hervorgerufen u. a. durch Schicht- und Wochenenddienste, zeitliche Konzentration pflegerischer Tätigkeiten und externer Anforderungen, zu reduzieren.

Beispielhaft sei hier das Projekt zur alternativen Arbeitszeitgestaltung im Auguste-Viktoria-Krankenhaus beschrieben.

Im AVK wurden Rahmendienstzeiten vereinbart, innerhalb derer die Mitarbeiter/Stationen viele Gestaltungsmöglichkeiten entsprechend der Patientenbedürfnisse und unter weitgehender Berücksichtigung persönlicher Wünsche bei der Dienstplangestaltung haben.

Der Frühdienst beginnt zwischen 6.00 Uhr und 8.00 Uhr, Zwischendienste zwischen 10.00 Uhr und 13.00 Uhr, Spätdienste zwischen 13.00 Uhr und 15.00 Uhr, Nachtdienste zwischen 22.00 Uhr und 23.00 Uhr.

Teilzeitmitarbeiter haben die Möglichkeit, ihre arbeitsvertraglich vereinbarte Arbeitszeit in vier-, sechs-, acht-stündigen Diensten abzuleisten. In der Regel wünschen die Teilzeitmitarbeiter aber, die vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit in 7,7 Stunden-Diensten zu erbringen. Die vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit kann in unterschiedlichen Zeiträumen erbracht werden (wöchentlich, zweiwöchentlich, monatlich). Mitarbeiter können Schichtarten wählen, z. B. nur Frühdienst, Frühdienst und Spätdienst, Spätdienst und Nachtdienst, Frühdienst und Nachtdienst. Auch ist es möglich, nur an bestimmten Wochentagen zu arbeiten, Montag bis Freitag, Wochenenden und Feiertage, oder in anderen Kombinationen.

Nach Aussage des Krankenhauses stößt die Wahlfreiheit der Mitarbeiter dort an ihre Grenzen, wo die persönlichen Wünsche keine kontinuierliche Patientenbetreuung mehr gewährleisten.

In diesen Situationen müssen Kompromisse gefunden werden.

Wie gut dies gelingt, hängt nicht nur von den mehr oder weniger harmonisierenden Arbeitszeitwünschen der Pflegekräfte und den Anforderungen der Patientenversorgung ab, sondern auch von der Fähigkeit der Stationsleitungen zum Interessenausgleich beizutragen und Konflikte zu bewältigen.

Eine chirurgische Station mit 30 Betten hat ihre Arbeit folgendermaßen organisiert:

Die Mitarbeiter arbeiten im Bereichspflegesystem; die Station wurde in drei Bereiche aufgeteilt. Der erste Frühdienst beginnt um 6.15 Uhr, der zweite um 7.15 Uhr der dritte um 8.00 Uhr (Mitarbeiter mit Kindern beginnen um 7.15 Uhr oder später). Von 8. Uhr bis 12.00 Uhr werden die Pflegefachkräfte von einer Kollegin (Teilzeitkraft) unterstützt, die auch bereichsübergreifende Aufgaben übernimmt. Eine weitere Kollegin (Teilzeitkraft) ist in der Zeit von 7.00 Uhr ­ 13.00 Uhr (Montag ­ Freitag) für die Erledigung aller administrativen und organisatorischen Aufgaben zuständig (Stationssekretärin). Die Pflegekräfte können dadurch ihre pflegerischen Aufgaben besser planen und ungestört durchführen. Auch die Anleitung von Schülern kann gezielter erfolgen.

Die Stationsschwester dieser Station übernimmt ebenfalls einen Bereich zur Betreuung. Im Spätdienst sind zwei Mitarbeiter und ein Schüler eingesetzt, deren Dienstzeit gestaffelt beginnt.

Überstunden fallen nicht mehr an.

Die Mitarbeiter dieser Station sind mit der jetzigen Arbeitssituation sehr zufrieden, sie übernehmen gern die Verantwortung für die gesamte Betreuung der Patienten ihres Bereiches. Auch das professionelle Selbstbewußtsein der Mitarbeiter hat sich positiv entwickelt.

Weitere Stationen planen ähnliche Veränderungen ihrer Arbeitsorganisationen.

Ein weiteres Beispiel alternativer Dienstzeitformen wird im Wenckebach-Krankenhaus erprobt.

In der psychiatrischen Abteilung wurden die bisher starren Dienstzeiten des Früh-, Spät- und Nachtdienstes (6.30 Uhr, 14.00 Uhr und 22.00 Uhr) dem Arbeitsablauf und dem daraus resultierenden Arbeitsanfall angepaßt. Der Frühdienst beginnt zwischen 6.00 Uhr und 8.30 Uhr (sechs Varitationsmöglichkeiten), für den Spätdienst gibt es drei und für den Nachtdienst ebenfalls drei Möglichkeiten. Zusätzlich existiert ein Zwischendienst, dessen Beginn zwischen 9.00 Uhr und 13.00 Uhr liegt. Die Länge der Dienstzeiten, 8,5 Stunden, wurde nicht verändert.

Nach Aussagen der Mitarbeiter können auf diese Weise persönliche Wünsche stärker berücksichtigt und die Patientenbetreuung verbessert werden. Überstunden fallen nur noch in geringem Umfang an.

Auch in anderen städtischen Krankenhäusern werden alternative Dienstzeitformen und Arbeitsmethoden erprobt.

Krankenhaus Spandau

Seit 1. Januar 1996 ist der allgemeine Dienstbeginn 6.30 Uhr.

Die Patienten werden nicht vor 7.00 Uhr geweckt. Die tägliche Dienstübergabezeit von einer Stunde kann stationsindividuell zeitpunktmäßig und längenmäßig gestaltet werden. Im Krankenhaus Spandau besteht darüber hinaus ein Springerpool. Mitarbeiter des Springerpools können ihre Dienstzeiten ganz nach ihren persönlichen Wünschen gestalten. Auf der Palliativ-Station wird Bezugspflege, auf den geriatrischen Stationen Bereichspflege, auf einer somatischen Station Gruppenpflege praktiziert. Auf anderen Stationen befindet sich die Bereichspflege in der Erprobung.

Krankenhaus Moabit

Auf einer Inneren Station des Krankenhauses wird eine Regelarbeitszeit (7.30 Uhr bis 16.00 Uhr) erprobt. Ein erstes Ergebnis der Einführung einer Hauptarbeitszeit ist, dass trotz langer Visiten auf dieser Inneren Station keine Überstunden mehr anfallen.

Krankenhaus Zehlendorf

Auf einer Inneren Station dieses Krankenhauses werden die Dienstpläne für einen Zeitraum von einem Jahr geschrieben. Ziel dieses Versuches ist es zu erproben, ob die z. B. bei der BVG praktizierte Dienstplangestaltung auch auf die Verhältnisse eines Krankenhauses übertragbar sind.

Krankenhaus Am Urban

Im Krankenhaus Am Urban gibt es zwei Arbeitsgruppen, deren Ziel es ist, zu analysieren, unter welchen Voraussetzungen die Einführung eines Hauptdienstes (Regelarbeitszeit) möglich wäre.

Die Ist-Situation wird erhoben:

- Welche Aufgaben/Tätigkeiten sind in 24-Stunden zu erledigen?

- Wann werden diese Aufgaben erledigt?

- Warum werden diese Aufgaben zu diesen bestimmten Zeiten erledigt?

- Könnten Aufgaben in andere Zeiten verlegt werden?

- Welche Aufgaben könnten zu welchen Zeiten erledigt werden?

- Wie könnte oder müßte die Arbeitsorganisation verändert werden, stationsintern, in Kooperation mit anderen Leistungserbringern?

Die Mitglieder der Arbeitsgruppen haben diese Aufgabe neben ihrer regulären Tätigkeit übernommen. Konkrete zeitliche Angaben, wann die Vorbereitungen für die Einführung eines Regeldienstes erledigt sein werden, gibt es deshalb nicht.

Diese Beispiele einiger praktizierter Arbeitszeitgestaltungen zeigt sehr deutlich die Bestrebungen in den städtischen Berliner Krankenhäusern, persönliche Wünsche von Pflegefachkräften bei der Arbeitszeitgestaltung zu berücksichtigen und die Patientenbetreuung stetig zu verbessern. Die Initiative ging in allen Fällen von den Mitarbeitern selbst aus, unterstützt von leitenden Mitarbeitern in den Krankenhäusern. Die Mitarbeiter haben die Konzepte entwickelt und umgesetzt, ohne externes Projektmanagement und im Rahmen des Bundesangestellten-Tarifes.

Die Gestaltung der Arbeitszeiten und der Arbeitsabläufe bedarf einer ständigen Überprüfung und Weiterentwicklung.

Zukünftig wird es darauf ankommen, Pflegefachkräfte, die ihr gesamtes Leben auf den Schichtdienst ausgerichtet haben, davon zu überzeugen, dass veränderte Arbeitszeiten und -abläufe wesentliche Vorteile für sie bedeuten können. Voraussetzung für jegliche Initiative in bezug auf Änderungen tradierter Strukturen und Abläufe sind das Einverständnis und die aktive Mitarbeit der betroffenen Pflegefachkräfte.

Deshalb sollten die Erfahrungen mit den Veränderungen innerhalb der Krankenhäuser sowie im Austausch verschiedener Krankenhäuser untereinander bekanntgemacht werden, um so weitere Pflegefachkräfte zu motivieren, für ihre Bereiche geeignete Lösungen zu finden.

Es sei nochmals darauf hingewiesen, dass die Gründe für die Einführung anderer Arbeitszeiten im Pflegebereich von Krankenhaus zu Krankenhaus variieren. In den bisher vorliegenden Erfahrungsberichten der Krankenhäuser, die z. B. Kernarbeitszeitmodelle unterschiedlicher Ausprägung eingeführt haben, werden viele verschiedene, klinik- oder personenbezogene Gründe für die Einführung ihres alternativen Arbeitszeitmodells genannt. Wesentliche Rahmenbedingungen, die als Gründe für die Erprobung neuer Arbeitszeitmodelle genannt werden (6-Tage-Woche, sogenannte Schaukeldienste... Frühdienst, Spätdienst, Frühdienst..., das Fehlen von Zwischendiensten, Nachtdienste von zehn und mehr Stunden, starre Dienst- und Schichtzeiten), gibt es in den Berliner Krankenhäusern seit Jahren nicht mehr.

Die Initiierung des kostenträchtigen Höchster-Dienstzeitmodells ist auf Grund der Haushaltslage des Landes Berlin und der Finanzsituation der Krankenkassen kein gangbarer Weg, positive Veränderungen in den Krankenhäusern zu erreichen.

Die Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales ist bestrebt, die aus der Vielzahl Berliner Projekte gemachten Erfahrungen einem großen Kreis von Betroffenen, d. h. einem großen Kreis von Pflegekräften, bekanntzumachen und sie zu ermutigen, nach Lösungen für ihre spezifischen Probleme zu suchen. Die Krankenhausleitungen müssen Initiativen ihrer Mitarbeiter aktiv unterstützen, da durch alternative Arbeitszeiten und neue Arbeitsorganisationen die Arbeitszufriedenheit der Mitarbeiter, die Versorgungsqualität für die Patienten und damit die Effektivität des einzelnen Krankenhauses und dessen Attraktivität gefördert und gesichert werden können.

Wir bitten, den Beschluß damit als erledigt anzusehen.