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A. Planungsgegenstand

1. Veranlassung

Der Geltungsbereich des Bebauungsplans II-173 wird begrenzt durch den Großen Tiergarten im Norden, die Hildebrandstraße im Osten, das Reichpietschufer im Süden sowie die Hiroshimastraße im Westen. Er ist Bestandteil des ehemaligen Diplomatenviertels, welches heute in der Entwicklungslinie zwischen östlichem und westlichem Innenstadtkern liegt.

Im „Diplomatenviertel", welches einstmals Standort zahlreicher ausländischer Vertretungen war, liegt bedingt durch den nur teilweisen Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg und die fehlende Verfügbarkeit zahlreicher Grundstücke bis heute der überwiegende Teil der Flächen brach. Hierdurch hat sich in den letzten 40 Jahren eine vielfältige Spontanvegetation entwickelt.

Nachdem vor 1989 eine Reaktivierung als Fläche für diplomatische Vertretungen sehr unwahrscheinlich erschien, war das Gelände schließlich als Tiergartenerweiterung vorgesehen gewesen.

Nach der Wiedervereinigung und dem folgenden Hauptstadtbeschluß änderten sich jedoch die Rahmenbedingungen und damit auch die nutzungsstrukturellen Anforderungen an das „Diplomatenviertel" grundlegend. Neben seiner historischen Bedeutung und den vorhandenen landschaftsräumlichen Qualitäten zeichnet sich das Gebiet durch die zentrale Lage in der Stadt und die Nähe zum zukünftigen Regierungsviertel aus und gewinnt dadurch wieder an Standortgunst für hauptstadtbezogene Nutzungen, insbesondere für die im Zusammenhang mit der Entwicklung zur Hauptstadt stehenden erforderlichen Nebenfunktionen wie Botschaften und Ländervertretungen. Das „Diplomatenviertel" stellt damit neben den Standorten Pankow und Dahlem einen der drei großen Botschaftsschwerpunkte dar.

Entsprechende Darstellungen haben im Flächennutzungsplan Berlin ihren Niederschlag gefunden.

Auf Grund der hohen Attraktivität und Lagegunst des Standortes bestehen nicht nur Rückerwerbsabsichten von Ländern und Staaten, die ursprünglich im „Diplomatenviertel" Grundstücke besaßen. Gleichfalls beabsichtigen weiterere ausländische Staaten sowie Bundesländer sich hier niederzulassen. Aber auch Stiftungen, Kultureinrichtungen und Dienstleistungsunternehmen begehren an diesem Standort die Errichtung ihrer Berliner Dependancen.

Damit steht eine umfangreiche Neubebauung und Reaktivierung des „Diplomatenviertels" bevor, die für die Entwicklung Berlins zur Hauptstadt einen wichtigen Bestandteil darstellt.

2. Erforderlichkeit

Die Aufstellung eines Bebauungsplans wird nun erforderlich, um im Zusammenhang mit der Umsetzung des Hauptstadtbeschlusses die planungsrechtlichen Voraussetzungen zur Bebauung des Viertels mit hauptstadtbezogenen Funktionen zu schaffen. Dabei ist einerseits auf den bislang im Außenbereich liegenden Grundstücken eine der historischen und stadträumlichen Bedeutung angemessene Bebauung und Nutzung zu gewährleisten und zum anderen der durch den Flächennutzungsplan Berlin gegebene Entwicklungsspielraum zu konkretisieren.

Darüber hinaus besteht die Notwendigkeit, auf den Innenbereichsflächen die Bebauung weitergehender als nach § 34 BauGB möglich zu steuern und an Abschnitten der Hiroshimastraße und der Hildebrandstraße die Abgrenzung von Bauflächen und Straßenverkehrsflächen neu festzulegen.

Der B-Plan II-173 ist im Zusammmenhang mit allen Bebauungsplänen II-170 bis 175 für das ehemalige Diplomatenviertel zu sehen (siehe Anlage 1: Übersichtsplan). Die Bearbeitung der weiteren B-Pläne erfolgt weitgehend parallel.

3. Beschreibung des Plangebietes

Historische Entwicklung des „Diplomatenviertels"

Das „Tiergartenviertel" erstreckte sich einstmals von der Lichtensteinallee im Westen bis zum Potsdamer Platz im Osten. Das zunächst mit Garten- und Sommerhäusern bebaute Gebiet entwickelte sich ab Mitte des 18. Jh. zum bevorzugten Wohnsitz wohlhabender Berliner mit repräsentativen Villen und großzügigen Gartenanlagen im spätklassizistischen Stil. Nachdem das Gebiet 1828 als „Friedrichvorstadt" zu Bauland erklärt wurde, setzte mit der Anlage neuer Erschließungsstraßen und der Parzellierung der großen Grundstücke eine verstärkte Bautätigkeit ein, in deren Folge geschlossene Straßenfronten aus zwei- bis viergeschossigen „Stadtvillen" mit gepflegten Vorgärten entstanden.

Abgesehen von partiellen Verdichtungen blieb die bauliche Gestalt bis 1937 im wesentlichen erhalten.

Auf Grund der wirtschaftlichen Lage nach 1918 waren jedoch einige Bewohner gezwungen, ihre Häuser an Industrieunternehmen oder Dienstleistungsunternehmen zu vermieten oder zu verkaufen. Eine weitere nutzungsstrukturelle Veränderung trat ein durch den vermehrten Zuzug diplomatischer Vertretungen.

Im Rahmen der 1937 beschlossenen „Neugestaltungsmaßnahmen für die Reichshauptstadt Berlin" und der gigantischen Ausbaupläne Albert Speers sollte das Tiergartenviertel zum „Diplomatenviertel" um- und ausgebaut werden. Realisiert wurden Residenzen für die Schweiz, Spanien, Dänemark, Norwegen, Jugoslawien (alle westlich der heutigen Klingelhöferstraße gelegen) sowie für Japan und Italien (östlich der Klingelhöferstraße), die in ihrer äußeren Gestalt den Selbstdarstellungsanspruch des Auftraggebers erkennen ließen, dabei aber stark von neoklassizistischer Architektursprache geprägt waren.

Im Zweiten Weltkrieg wurden das „Diplomatenviertel" und der Große Tiergarten fast vollständig zerstört. Von 529 Gebäuden waren noch 49 vorhanden, davon 22 als Ruinen. Die weniger beschädigten Gebäude wurden notdürftig winterfest gemacht. In den 50er Jahren wurde das Gelände abgeräumt. Durch das jahrelange Brachliegen konnte sich schließlich eine vielfältige Spontanvegetation entwickeln.

Bestand

Stadt- und naturräumliche Einordnung

Der Geltungsbereich des B-Plans II-173 liegt in der geographischen Mitte Berlins und ist als Teil des ehemaligen Diplomatenviertels umgeben von bestehenden und künftigen Groß- und Hauptstadtfunktionen: Im Westen begrenzt durch Ausläufer der City-West, im Osten durch das Kulturforum. Die Entwicklungsschwerpunkte Potsdamer / Leipziger Platz sowie das zukünftige Regierungsviertel im Spreebogen liegen im Nahbereich des Planungsgebietes. Auf Grund seiner historischen Bedeutung, seiner zentralen Lage in der Stadt und auch der Eigentumsverhältnisse ist das Planungsgebiet für hauptstädtische Sonderfunktionen prädestiniert.

Bei kleinräumiger Betrachtungsweise hat das gesamte „Diplomatenviertel" eher eine Insellage: Im Westen wird das Gebiet durch eine der wichtigsten Nord-Süd-Verbindungen der Stadt, die Klingelhöferstraße, und im Süden durch das ebenfalls stark frequentierte Reichpietschufer abgegrenzt. Der Landwehrkanal verstärkt trotz seiner naturräumlichen Qualitäten die Barrierenwirkung zwischen dem „Diplomatenviertel" und dem Stadtteil Tiergarten-Süd. Auch das östlich angrenzende, eher monostrukturierte Kulturforum bietet bislang keine Verknüpfungspunkte.

Naturräumlich stellt das „Diplomatenviertel" einen Zwischenraum zwischen zwei historisch bedeutenden, landschaftlich geprägten Elementen der Stadt, dem Großen Tiergarten und dem Landwehrkanal, dar. Durch die Nachbarschaft zum Großen Tiergarten war das „Diplomatenviertel" von jeher ein grüngeprägter urbaner Übergangsraum zur hoch verdichteten Innenstadt.

Gebäudenutzung

Nach den Zerstörungen durch den Zweiten Weltkrieg und anschließenden Abräumungen sind nur noch wenige Gebäude vorhanden:

- Italienisches Generalkonsulat, Tiergartenstraße 22­23, Hiroshimastraße 1/7, Hildebrandstraße 1­3

Das im Zuge des nationalsozialistischen Umsiedlungsprogramms entstandene (Arch.: Hetzelt) und im Krieg schwer beschädigte Gebäude diente zum Teil (Kanzleiflügel) bis 1950 als Sitz der Italienischen Botschaft, später des Generalkonsulats.

Grundstücksgröße: 5 893 m2 Grundfläche: 2 585 m2 GRZ: 0,44

BGF: 7 855 m2 GFZ: 1,33

- Ehemalige griechische Gesandtschaft, Hildebrandstraße 4 / Hiroshimastraße 11

Das als Doppelvilla mit Verbindungstrakt 1911 errichtete Wohngebäude (Arch.: G. u. C. Gause, Atelier für Architektur und Bauausführungen) wurde seit Anfang der 20er Jahre von Griechenland als Sitz der Gesandtschaft genutzt. Nach schweren Kriegszerstörungen wurde seither der Gebäudeteil an der Hiroshimastraße lediglich durch einen Hausmeister bewohnt.

Grundstücksgröße: 977 m2 Grundfläche: 660 m2 GRZ: 0,67

BGF: 2 304 m2 GFZ: 2,36

- Ehemalige estnische Gesandtschaft, Hildebrandstraße 5

Im Zuge der Anlage der „Hildebrandschen Privatstraße" (1853) entstand im selben Jahr nach Plänen von H. Kirchhoff die zweigeschossige Villa mit hohem Sockelgeschoß und steilem Walmdach. 1883/84 wurde das Haus umgebaut und durch einen dreigeschossigen seitlichen Anbau an der nördlichen Seite vergrößert.

1895 wurde es nochmals umgebaut und ab 1923 von Estland als Gesandtschaft genutzt. Das kriegsbeschädigte Gebäude wurde wieder hergerichtet und wird bis heute von mehreren Mietparteien bewohnt.

Grundstücksgröße: 725 m2 Grundfläche: 406 m2 GRZ: 0,56

BGF: 1 496 m2 GFZ: 2,06

Naturhaushalt, Biotop- und Artenschutz, Landschaftsbild, Altlasten

- Boden / Grundwasser

Das „Diplomatenviertel" liegt im jungpleistozänen WarschauBerliner Urstromtal, dessen Ablagerungen aus tiefgründigen Sanden unterschiedlicher Korngrößen bestehen. Die Höhenquoten der weitgehend ebenen Topographie bewegen sich zwischen 33,30 m und 34,70 m ü. NN. Weite Teile des Geländes sind durch Aufschüttungen und Abtragungen verändert worden. Die Niveausprünge resultieren aus Schutt- und Bodenanhäufungen.

Präzise Werte für die zulässige Bodenpressung bzw. bodenmechanische Kennziffern liegen nicht vor und sind vor Baubeginn von einer Fachfirma zu ermitteln.

Der Grundwasserstand hat einen mittleren Wert von 31,20 m ü. NN (Stand 2/95). Durch verschiedene Baumaßnahmen im Bereich um den Großen Tiergarten wird das Grundwasser in den nächsten Jahren durch Absenkungen / Einleitungen beeinflußt werden (Schreiben SenStadtUm IV A 321 vom 21. Februar 1995).

- Klima

Auf Grund der geringen Versiegelung, der vielfältigen Vegetationsstruktur und der guten Austauschverhältnisse im Diplomatenviertel kann sich die positive klimatische Wirkung des Großen Tiergartens als Kaltluftentstehungsgebiet nach Süden bis weit über den Landwehrkanal hinaus ausdehnen. Gleichzeitig tragen die vegetationsbestandenen Teile des „Diplomatenviertels" selbst zur Entstehung feuchtkühler Luftmassen bei und wirken so als „klimatischer Ausgleichsraum".

- Biotop- und Artenschutz

Das „Diplomatenviertel" ist der letzte großflächige Standort für ruderale Spontanvegetation auf planiertem Trümmerschutt in der Innenstadt. Hier entwickelten sich grundsätzlich andere Biotopstrukturen und pflanzensoziologische Einheiten als auf den sonstigen Ruderalflächen der Stadt.

Die Artenvielfalt ist mit über 300 Arten auf 14 ha im Vergleich zu anderen städtischen Freiräumen sehr hoch. Gleichzeitig besteht ein großer Anteil von seltenen Pflanzen. Dieser ist auf differenzierte Bodenverhältnisse und eine nahezu ungestörte Entwicklungsmöglichkeit der Vegetation in den letzten 40 Jahren zurückzuführen. Dabei konnten sich die verschiedensten Typen von Vegetationsstrukturen einstellen, die kennzeichnend für bestimmte Sukzessionsstadien sind (ausführlicher siehe Anhang: Anlage 5).

- Landschaftsbild

Das Landschaftsbild ist durch das Spannungsfeld zwischen ruderaler Trümmerfläche mit Spontanvegetation und solitärstehenden baulichen Dominanten geprägt.

Entgegen dem typischen, im Stadtraum vorgefundenen und in der Regel formal gestalteten Bild der Grünanlagen wird diese Vegetationsstruktur von einer wesentlich differenzierteren Höhenschichtung und einer filigraneren Textur gekennzeichnet.

Dieses vielschichtige Erscheinungsbild mit stark gegliederter Struktur bleibt selbst bei vorwaldartigem Bewuchs erhalten. Im Kontrast zu den baulichen und vegetativen Relikten vormaliger Nutzung sowie gegenüber dem einheitlich angelegten Großen Tiergarten stellt diese einen unverwechselbaren Freiraum im innerstädtischen Kontext dar.

Beeinträchtigt wird das Landschaftsbild durch wilde Müll- und Bauschuttablagerungen.

- Altlasten

Im Altlastenverdachtsflächenkataster von SenStadtUm III, Stand Oktober 1990, ist im Bereich des Straßenabschnitts Hildebrandstraße / Reichpietschufer unter der Nr. 1285 der Hinweis auf einen Ölschaden (wilder Ölwechsel) genannt. Die Fläche ist jedoch auf Grund weiterer Erkundungen vom Altlastenverdacht befreit (Schreiben SenStadtUm IV A vom 21. Februar 1995).

Laut bezirklichem Altlastenverdachtsflächenkataster befand sich auf dem Grundstück Hildebrandstraße 11 ein Gewerbebetrieb zur Herstellung von sonstigen chemischen Erzeugnissen vorwiegend für Gewerbe und Landwirtschaft ohne Düngemittel.

Auf Grund der zeitlichen Befristung der gewerblichen Nutzung wird seitens des Umweltamtes Tiergarten der Verdacht relativiert (Schreiben BA Tgt. GesU I vom 10. März 1995). Auf Grund der unkontrollierten Ablagerungen von Hausmüll und Gewerbeabfällen sowie Bauschutt ist eine Kontamination des Untergrundes nicht auszuschließen.

Über das Vorhandensein von Kampfmitteln liegen zwar keine konkreten Verdachtshinweise vor, es ist aber ebenfalls nicht auszuschließen. Daher sollte präventiv vor Baubeginn eine entsprechende Untersuchung beantragt werden (Schreiben SenBauWohn H VIII A vom 12. März 1995).

Verkehrliche Erschließung

Auf Grund der Stadtlage ist das Planungsgebiet in erheblichem Maß von tangentialem Durchgangsverkehr belastet. Die das Gebiet begrenzende stark befahrene Straße Reichpietschufer ist überörtliche Verbindung.

Die Bedeutung der Tiergartenstraße hat nach der Maueröffnung durch ihre Funktion als Verlängerung des Straßenzuges Leipziger Straße ­ Bellevuestraße zugenommen. Die Hiroshimastraße und die Hildebrandstraße haben lediglich Erschließungsfunktion.

Die Erschließungsqualität durch den ÖPNV entspricht nicht der zentralen Lage des „Diplomatenviertels" im Stadtraum. In fußläufiger Entfernung (500-m-Radius) ist kein Bahnhof des Soder U-Bahnnetzes erreichbar. Im weiteren Umfeld (ca. 1 000 m) befinden sich die U- und S-Bahnhöfe Potsdamer Platz (Linien U 2, S 1 und 2), Kurfürstenstraße (Linie U 1) sowie Nollendorfplatz (Linien U 1 und 2).

Mit Bussen wird das Planungsgebiet mit den Linien 129 (Grunewald ­ über Reichpietschufer ­ Neukölln) und 142 (Wittenbergplatz ­ Stauffenbergstraße ­ Hauptbahnhof) erschlossen (300-m-Radius). Weitere Bushaltestellen (ca. 500-m-Radius) befinden sich in der Klingelhöferstraße (Linien 100, 187 und 341), am Lützowplatz (Flughafenbus 109) sowie an der Philharmonie (Linie 148).

Versorgungsleitungen

Das Planungsgebiet kann vollständig an die bestehenden Verund Entsorgungsnetze angeschlossen werden: Wasserleitungen sowie Mischwasserkanäle zur Entwässerung befinden sich entlang der Hiroshimastraße, der Tiergartenstraße und des Reichpietschufers sowie ein weiterer Mischwasserkanal entlang der Hildebrandstraße.

Im Zuge der Hiroshimastraße verlaufen 110-kV-Kabelanlagen mit diversen Begleitkabeln.

Von einer vorhandenen Verteilleitung in der Tiergartenstraße kann das Gebiet über Verästelungsnetze mit Fernwärme versorgt werden. Bereits angeschlossen ist das italienische Generalkonsulat.

Gasrohrleitungen sind gleichfalls im gesamten das Planungsgebiet umgebenden öffentlichen Straßenraum vorhanden.

Fernmeldeanlagen befinden sich in der Hiroshimastraße und in der Hildebrandstraße auf den Grundstücken. Hier wird gegebenenfalls eine Verlegung der Leitungen in den öffentlichen Straßenraum erforderlich. Durch das Gebiet verläuft in ca. 60 m ü. NN eine Richtfunkstrecke der TELEKOM AG. Durch die Festsetzungen des Bebauungsplans wird diese nicht beeinträchtigt.

Im Gehwegbereich vor dem Grundstück Hiroshimastraße 15 befindet sich ein Löschwasserbrunnen.

Eigentumsverhältnisse und Planungsansprüche

Die Grundstücke der früheren Gesandtschaften Italiens (Tiergartenstraße 21­22), Griechenlands (Hildebrandstraße 4/Hiroshimastraße 11 und 15) und Estlands (Hildebrandstraße 5) befinden sich noch heute im Eigentum der jeweiligen Staaten. Diese beabsichtigen die Wiedereinrichtung ihrer Gebäude als Botschaft.

Portugal hat die landeseigenen Grundstücke Hiroshimastraße 17/25 / Hildebrandstraße 6­9 (südliches Teilstück), Hildebrandstraße 11 sowie das Grundstück Hildebrandstraße 10 (Grundstückseigentümer bisher: Baden-Württemberg) erworben.

Das noch im Besitz des Landes Berlin befindliche Grundstück Hiroshimastraße 9­9 A sowie das bundeseigene Grundstück Hildebrandstraße 3 A stellen Dispositionsgrundstücke dar und stehen prinzipiell für diplomatische und Ländervertretungen sowie sonstige im Zusammenhang mit dem Hauptstadtbeschluß stehende Nebenfunktionen zur Verfügung. Die im Plangebiet liegenden Teile der Grundstücke Hildebrandstraße 21­23 und 25 sowie die der bundeseigenen Grundstücke Hildebrandstraße 13­20 werden für die Verbreiterung der Hildebrandstraße in Anspruch genommen.

Weitere Grundstückseigentümer sind der Bundesverband der Deutschen Luftfahrt-, Raumfahrt- und Ausrüstungsindustrie (BDLI) (Reichpietschufer 86/90 und Hiroshimastraße 27) sowie die Friedrich-Ebert-Stiftung (nördliches Teilstück Hiroshimastraße 17/25 / Hildebrandstraße 6­9).

Planungsrechtliche Ausgangsbedingungen

Gegenwärtiges Planungsrecht

Der Geltungsbereich des B-Plans II-173 ist im Baunutzungsplan als „Fläche mit besonderer Zweckbestimmung" ohne Angabe der Zweckbestimmung ausgewiesen. Die Berliner Bauordnung von 1958 trifft hierzu keine Aussagen. Aus diesem Grund konnten die Regelungen des BNP nach § 173 (3) BBauG nicht übergeleitet werden.

Die Zulässigkeit von Vorhaben im Geltungsbereich des Bebauungsplans II-173 bestimmt sich gegenwärtig nach §§ 34 und 35 BauGB (Abstimmung mit SenBauWohn II F 2, 15. August 1995).

Für den nördlichen Teilbereich des Planungsgebietes wird ein im Zusammenhang bebauter Ortsteil definiert, der sich als Siedlungsband nach Westen über die Klingelhöferstraße bis zur Bebauung an der Rauchstraße (außerhalb des Planungsgebietes) fortsetzt. Vorhaben sind danach zulässig, wenn sie sich in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen und die Erschließung gesichert ist.

Der Innenbereich nach § 34 BauGB endet an den Grundstükken Hiroshimastraße 9 A und Hildebrandstraße 5. Die südlich anschließenden Grundstücke sind dem Außenbereich zuzuordnen. Hier sind Vorhaben nach § 35 BauGB nur in bestimmten Ausnahmefällen zulässig.

Flächennutzungsplan Berlin

Der seit dem 1. Juli 1994 wirksame Flächennutzungsplan Berlin stellt den Geltungsbereich des B-Plans II-173 überwiegend als Sonderbaufläche Hauptstadtfunktionen (H) dar. Im südlichen Teilbereich entlang des Reichpietschufers ist gemischte Baufläche (M 1) dargestellt.

Der Flächennutzungsplan Berlin stellt als Schienennetzergänzung eine Neubaustrecke vom Alexanderplatz über den Potsdamer Platz und das Schöneberger Ufer zum Wittenbergplatz dar.

Landschaftsprogramm / Artenschutzprogramm 1994

Das Landschaftsprogramm (LaPro) stellt in seinem Teilplan „Erholung und Freiraumnutzung" den Geltungsbereich des B-Plans als sonstige Freifläche dar.

Gemäß Teilplan „Biotop- und Artenschutz" ist der besondere Schutz der artenreichen ruderalen Standorte vorrangiges Entwicklungsziel.

Der B-Planbereich ist Bestandteil des Vorranggebietes für Klimaschutz. Zielsetzung ist der Erhalt der klimatisch wirksamen Freiräume, die Sicherung und Verbesserung des Luftaustausches und die Vermeidung bzw. Ausgleich von Bodenversiegelung.

Der Teilplan „Landschaftsbild" stellt den Gestalttyp „Stadtbrache" dar, als eine für den städtisch geprägten Raum siedlungsraumtypische Freifläche. Als Ziel wird der Erhalt und die Entwicklung des vegetationsgeprägten Gesamtraumes sowie die Betonung unterschiedlicher Gestaltqualitäten unter Berücksichtigung der Ortsgeschichte formuliert.

Bereichsentwicklungsplanung

Eine aktuelle Bereichsentwicklungsplanung (BEP) liegt für den Mittelbereich Tiergarten 2 seit Ende November vor. Der Geltungsbereich ist als Sondergebiet mit hohem Grünanteil für diplomatische und Ländervertretungen sowie am Reichpietschufer als Kerngebiet dargestellt.

B. Planinhalte

1. Planungsgeschichte

Nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden Aufbau- und Reaktivierungsplanungen für ein gesamtes Berlin (1946 „Kollektivplan" und „Zehlendorfplan", 1948 „Bonatzplan", 1950 der erste „Flächennutzungsplan"). Zudem wurden in den 50er, 60er und 70er Jahren zahlreiche Wettbewerbe durchgeführt (1957 „Hauptstadt Berlin", 1963 „Ideenwettbewerb Großer Tiergarten", 1973 „Ideenwettbewerb Landwehrkanal"), in denen für das „Diplomatenviertel" als Ziel zumeist die alte Zweckbestimmung formuliert wurde.

In den 80er Jahren schließlich wurde das Gebiet, welches bislang als Vorbehaltsfläche für „zentrale Einrichtungen" im Falle einer Wiedervereinigung behandelt wurde, im Rahmen des „Planungsverfahren Zentraler Bereich" als Entlastungsfläche für den Tiergarten gesehen, was sich schließlich auch im Flächennutzungsplan 1984 niederschlug.

In der Diskussion um die Hauptstadtfunktion Berlins legte im März 1991 SenStadtUm ein städtebauliches Strukturkonzept in Varianten vor, das die historische Gebietstypologie mit repräsentativen parlaments- und regierungsnahen Nutzungen wie diplomatischen bzw. Landesvertretungen wieder aufgriff. Gleichzeitig wurde den wertvollen Beständen an Spontanvegetation weitgehend Rechnung getragen.

Schon in dem im Februar 1992 von SenStadtUm vorgelegten „Räumlichen Strukturkonzept" (RSK), das im Sinne einer stadtumgreifenden Konzeptentwicklung letztlich in den Entwurf zum Flächennutzungsplan Berlin eingeflossen ist.