Sozialhilfe

Gebietsreform ist aber kurzfristig sinnvoll, damit sich die Bezirke jeweils bei der Realisierung ihrer LuV-Struktur aufeinander zu bewegen.

Die mit der Gebietsreform verbundenen Einsparungen müssen den Leistungen für die Bürger zugute kommen, indem sie auf die ohnehin festgelegten Einsparungen für die Bezirke angerechnet werden." Grundlage dieser Beschlüsse des Rats der Bürgermeister war der Bericht der Arbeitsgruppe Gebietsreform des Ausschusses für Inneres des Rats der Bürgermeister, dessen Teil I nachstehend als Anlage 6 A und dessen Teil II als Anlage 6 B abgedruckt ist.

Anlage 6 A Bezirksamt Steglitz von Berlin 10. Februar 1997

Bezirksbürgermeister Bericht der Arbeitsgruppe Gebietsreform des ständigen Ausschusses für Inneres des RdB Anlaß

Mit Schreiben vom 12. September 1996 an den Vorsitzenden des RdB-Innenausschusses, Dr. Ulbricht, bat der Regierende Bürgermeister, „auf eine inhaltliche Meinungsbildung des Rates der Bürgermeister über einen sinnvollen Gebietsneuschnitt mit dem Ziel der Stärkung der bezirklichen Leistungskraft unter Wahrung der notwendigen Bürgernähe hinzuwirken". Um „die Chance zur Einwirkung auf die inhaltliche Meinungsbildung über die Zahl und den Schnitt der Berliner Bezirke zu nutzen", sollten Vorschläge für eine Gebietsneugliederung bis Ende 1996 vorliegen.

Dem Schreiben lag die in der Regierungserklärung vorgesehene Reduzierung der Bezirkszahl auf achtzehn zugrunde. Im Rahmen der Haushaltsbeschlüsse des Senats am 5. November 1996 beschloß der Senat nunmehr, die Anzahl der Berliner Bezirke auf zwölf zu reduzieren. Die Senatsverwaltung für Inneres wurde beauftragt, dem Senat bis Ende November 1996 einen entsprechenden Gesetzesentwurf vorzulegen.

Gründe für die abweichende Festlegung der Bezirkszahl gegenüber der in der Regierungserklärung wurden öffentlich nicht bekanntgegeben.

Der RdB-Innenausschuß hat in seiner Sitzung am 8. November 1996 beschlossen, eine aus seiner Mitte zu bildende Arbeitsgruppe mit der Vertiefung des in Rede stehenden Themas zu befassen.

Der Arbeitsgruppe gehörten an: Bezirksbürgermeister Michael Brückner, Treptow Bezirksbürgermeister Dr. Harald Buttler, Marzahn Bezirksbürgermeister Franz Schulz, Kreuzberg Bezirksbürgermeister Herbert Weber, Steglitz

Die Arbeitsgruppe trat erstmalig am 18. November 1996 zusammen; es bestand Einvernehmen, den Leiter des Steglitzer Rechtsamtes, den Direktor beim Bezirksamt Steglitz und den Planungsbeauftragten regelmäßig hinzuzuziehen. Insgesamt tagte die Arbeitsgruppe zehnmal.

Nachdem die Senatsvorlagen

Zweites Gesetz zur Änderung der Verfassung von Berlin (RdB Vorlage 282/96)

Gesetz über die Verringerung der Zahl der Berliner Bezirke (RdB Vorlage 283/96) der Arbeitsgruppe am 16.Reduzierung der Zahl der Bezirke" vom 25. Mai 1993

Ergänzende und aktualisierte Unterlagen (Schreiben SenInn

­ Der Senator ­ vom 16. Oktober 1996)

RdB-Vorlage 31/96 vom 13. März 1996 (SenInn I A/IA 1 ­ 0104/1-) über Erstes Gesetz zur Änderung der Verfassung von Berlin hierzu: Protokoll über die 4. RdB-Sitzung vom 21. März 1996 (TOP 3)

LPD vom 28. Februar 1994: „Auf Diepgens Vorschlag spricht sich der Senat für Volksabstimmung über Gebietsreform aus."

Peter Strieder (jetzt Senator):

Was kostet die Gebietsreform (31. März 1994).

Arbeitsunterlagen von SenInn I A 1 vom 20. Januar 1997 mit den Anlagen

1. Strukturelle Entscheidungen im Rahmen der Verwaltungsreform

2. Ausführungen zur Kostenersparnis

3. Kosten und Aufgabendefinition für neu einzurichtende Bürgerämter Bericht Folgende Themen wurden in der Arbeitsgruppe erörtert:

a) Verfahren zur Umsetzung eines Gebietsneuschnitts

b) Optimale und gleichgewichtige „Betriebsgrößen" für den Bezirkszuschnitt nach Einwohnern und Flächengröße

c) Haushaltsentlastung durch einen Gebietsneuschnitt

d) Unterschiedliche Größen der bezirklichen Organe

e) Tatsächlich zu erzielendes Sparvolumen im Verhältnis zum Alternativmodell

f) Wechselwirkungen zwischen Verwaltungs- und Gebietsreform

a) Verfahren zur Umsetzung eines Gebietsneuschnitts

Mit dem Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung der Verfassung von Berlin (RdB-Vorlage Nr. 31/96 vom 13. März 1996) sollte die Zusammenführung von gegenwärtig 23 Bezirken auf 18 erfolgen, die namentliche Aufzählung der Bezirke in Artikel 4 der VvB entfallen und statt dessen in das Bezirksverwaltungsgesetz aufgenommen werden, letzeres mit der Maßgabe, daß „wegen ihrer Bedeutung für die Verwaltungsstruktur... Gesetze zur Neugliederung und Bemessung der Bezirke (Gebietsreformgesetze) nur mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der gewählten Abgeordneten beschlossen werden" sollen.

(Artikel 4 Abs. 2, insbesondere Begründung hierzu)

Demgegenüber ist im Entwurf eines zweiten Gesetzes zur Änderung der Verfassung von Berlin (RdB-Vorlage Nr. 282/96 vom 11. Dezember 1996) diese Maßgabe entfallen. Statt dessen vertritt die Senatsinnenverwaltung jetzt die Auffassung, daß: „Eine Regelung, wonach Anzahl und Grenzen der Bezirke nur mit einer qualifizierten Mehrheit des Gesetzgebers geändert werden könnten, wäre eine zu starke Einengung künftiger Parlamente, deren Entscheidungsspielräume hinsichtlich der Verwaltungsstrukturen des Landes Berlin empfindlich eingeschränkt würden. Auch kommunale Gebietskörperschaften (Kreise, Gemeinden) haben keinen besonders verstärkten Rechtsanspruch auf ihr Bestehen."

Diese überraschende Wendung gewinnt deshalb Bedeutung, als dadurch die in Presseberichten gelegentlich geäußerte Vermutung gestützt wird, wonach mit einer zeitversetzten parlamentarischen Beratung der beiden Senatsvorlagen (Bezirksreform in zwei Schritten) eine gewünschte Mehrheit durch das Abgeordnetenhaus eher zu erreichen wäre.

Diese Auffassung macht im übrigen deutlich, dass der Senat die Gebietsreform zugleich zum Anlaß nimmt, für die Zukunft sämtliche verfassungsrechtlichen Hindernisse für eine weitere Veränderung der Zahl der Bezirke zu beseitigen. Nach Durchführung der beabsichtigten Verfassungsänderung liegt nämlich die Entscheidung über jede weitere Veränderung der Zahl der Bezirke allein im Ermessen der jeweiligen (einfachen) parlamentarischen Mehrheit.

In der Sache selbst ist nicht nachvollziehbar ­ außer aus politischen Gründen ­ warum die mit RdB-Vorlage Nr. 31/96 vertretene Auffassung des Senats vom März in der Vorlage vom Dezember des gleichen Jahres (RdB-Vorlage Nr. 282/96) keinen Bestand mehr hat.

Die Arbeitsgruppe gibt zu bedenken, dass die geltende Verfassung auf Grund eines Beschlusses durch das Abgeordnetenhaus vom 22. Juni 1995 durch Volksabstimmung am 22. Oktober 1995 zur Entscheidung vorgelegt wurde. Der Frage einer Volksabstimmung über die vom Senat gewünschte Verfassungsänderung ist folglich nicht auszuklammern, zumal sich der Senat auf Vorschlag des Regierenden Bürgermeisters gerade ein Jahr zuvor, am 27. Februar 1994, dafür ausgesprochen hatte, zur Gebietsreform eine Volksabstimmung durchzuführen.

LPD vom 28. Februar 1994 „Der Senat, der gestern unter Vorsitz des Regierenden Bürgermeisters Eberhard Diepgen ganztägig getagt hat, hat sich darauf festgelegt, noch in diesem Frühjahr die Gebietsreform zu verabschieden."... „Bei der Größe der Bezirke wird man sich an einer Größenordnung von 200 000 bis 300 000 Einwohnern leiten lassen.

Geplant ist eine drastische Reduzierung der Zahl der Bezirke unter die jetzige Zahl von 23."... „Der Senat hat sich weiterhin auf Vorschlag des Regierenden Bürgermeisters Eberhard Diepgen für eine Volksabstimmung ausgesprochen. Damit können die Berlinerinnen und Berliner selbst über die umfassendste Veränderung der Bezirke und die Umgestaltung Berlins seit 1920 zu einer modernen, bürgernahen und kostengünstigen Verwaltungsstadt abstimmen."... Tatsächlich ist der Gesetzgeber frei, eine Volksabstimmung in der Sache herbeizuführen; es bedarf ­ ähnlich dem Verfahren bei der Volksabstimmung über die Vereinigung von Berlin und Brandenburg ­ einer entsprechenden Festlegung im Gesetz zur Änderung der Verfassung von Berlin.

Ein so erheblicher Einschnitt in die Struktur der Stadt darf nicht in das Ermessen einer einfachen (wechselnden) parlamentarischen Mehrheit gestellt werden, vielmehr bedarf diese und jede künftige Gebietsreform einer Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder des Abgeordnetenhauses.

Darüber hinaus wird innerhalb der Arbeitsgruppe auch gefordert, über die Gebietsreform eine Volksabstimmung herbeizuführen.

b) Optimale und gleichgewichtige „Betriebsgrößen" für den Bezirkszuschnitt nach Einwohnern und Flächengröße

Die Festlegung der Gebietsreform auf 12 aus 23 Bezirken wird in der Senatsvorlage mit den „unstreitig guten Erfahrungen bei der Verwaltung von Bezirken in der Größenordnung von ca. 300 000 Einwohnern" begründet. Mehr noch, der Senat ist der Auffassung, dass „eine bürgernahe, demokratische und leistungsfähige Verwaltung auf Bezirksebene gewährleistet werden kann, wenn die unterschiedlichen Strukturen und Eigenarten der Stadtgebiete berücksichtigt und darüber hinaus die Verwaltungsuntergliederungen Berlins so zusammengefaßt werden, dass sie ihre Leistungen für eine vergleichbare Einwohnerzahl erbringen."

Im Senatsbeschluß vom 10. Dezember 1996 heißt es allerdings ausdrücklich: „Vorrangiges Kriterium darf nicht eine optimale „Betriebsgröße" eines Bezirks (bezogen auf die Einwohnerzahl) sein, sondern es müssen die unterschiedlichen Strukturen und Eigenarten zugrunde gelegt werden."

Hinsichtlich der „unstreitig guten Erfahrungen bei der Verwaltung von Bezirken in der Größenordnung von 300 000 Einwohnern", werden Fakten vermißt, die das Urteil begründen; Wurden überhaupt Untersuchungen angestellt, z. B. eine Kosten/Nutzenanalyse, „Betriebsgrößen" verglichen? Hat man in Bezirken mit oder 200 000 Einwohnern schlechtere Erfahrungen gemacht? Ist Neukölln demokratischer strukturiert als Steglitz oder Reinickendorf bürgernäher als Treptow?

Der Senat hat sich in keiner Weise der Notwendigkeit verpflichtet gefühlt, seine Behauptung zu belegen!

Die Arbeitsgruppe ist der Meinung, dass in anderen Bezirken ebenso gute Erfahrungen gemacht werden können (und gemacht worden sind!). Insofern ist die Begründung in der Senatsvorlage beliebig! Mit den bislang unstreitig guten Erfahrungen bei der Verwaltung von Zehlendorf könnte ebenso gut eine Bezirksgröße von ca. 100 000 Einwohnern begründet werden.

Die Behauptung, dass die Verwaltung eines Bezirks bürgernäher, demokratischer und leistungsfähiger sein soll, wenn er eine mit den anderen Bezirken vergleichbare Einwohnerzahl hat, ist abwegig. Die Bürgernähe einer Bezirksverwaltung ist unabhängig von der Größe benachbarter Bezirke.

Qualitative Unterschiede im Leistungsangebot der Bezirksverwaltungen sind eher durch „unterschiedliche Strukturen und Eigenarten der Stadtgebiete" verursacht, als durch differierende Einwohnerzahlen.

Der Aussage im Senatsbeschluß vom 10. Dezember 1996, wonach eine optimale „Betriebsgröße" nicht vorrangiges Kriterium für die Bezirksneugliederung sein darf, sondern die unterschiedlichen Strukturen und Eigenarten zugrunde gelegt werden müssen, kann die Arbeitsgruppe uneingeschränkt zustimmen.

Dieses Kriterium für die Zusammenlegung der Bezirke im Sinne eines sozialen Ausgleichs ist aber ganz offensichtlich bei dem vorgeschlagenen Senatsmodell unberücksichtigt geblieben.

So fehlt durchgehend die Erörterung bzw. Begründung, welche sozialstrukturellen und stadträumlichen Probleme bei den vorgeschlagenen Bezirkszusammenlegungen sich abschwächen, kumulieren oder ­ wie behauptet ­ ausgleichen. Der Vorschlag, Kreuzberg und Tiergarten mit dem Bezirk Mitte zusammenzulegen, würde beispielsweise die soziale Problematik (überdurchschnittliche Anzahl von Arbeitslosen, Sozialhilfe und Wohngeldbezieher usw.) im neuen Bezirk „Mitte" konzentrieren. Die vom Senat in Aussicht gestellte Vergleichbarkeit der neugegliederten Bezirke untereinander wäre auf diesem Wege jedenfalls nicht zu erreichen.

Unabhängig davon ist die Berücksichtigung unterschiedlicher Strukturen ein Argument, das gegen eine Gebietsreform spricht.

Die existierenden Verwaltungsuntergliederungen entsprechen den unterschiedlichen Strukturen und Eigenarten der Stadtgebiete; sie haben sich aus ihnen entwickelt. Ein Neuzuschnitt ist ein Schritt in die falsche Richtung.