Konsolidierungsbemühungen

Die Konsolidierung des Landeshaushaltes wird mit dem Entwurf des Haushaltsplanes für 1998 konsequent fortgesetzt.

Deutlichste Maßstabsgröße für die Beurteilung des Konsolidierungsstandes ist das strukturelle Finanzierungsdefizit, errechnet als Gesamtausgaben abzüglich Gesamteinnahmen unter Ausschluß der Einnahmen aus der Veräußerung von Vermögen und ohne Nettokreditaufnahme.

Die strukturellen Finanzierungsdefizite des Landeshaushaltes bauten sich seit 1991 schrittweise ­ insbesondere als Ergebnis des Rückzuges des Bundes aus der Bundeshilfe ­ auf und erreichten im Jahre 1995 mit rund 12,3 Mrd. DM (einem guten Viertel der Gesamtausgaben) ihren Höchstwert. Seit 1996 gelang es, das strukturelle Finanzierungsdefizit durch nachhaltige strukturelle Maßnahmen deutlich zurückzuführen; mit dem Haushalt 1998 ist eine Absenkung auf unter 8,0 Mrd. DM beabsichtigt.

Hinter dieser Entwicklung stehen ­ bei gleichzeitiger Stärkung der Einnahmenkraft des Landes Berlin ­ insbesondere nachdrückliche Bemühungen um die Senkung der Gesamtausgaben:

- Im Haushaltsjahr 1996 lag das Ist um 1,2 v. H. unter dem des Vorjahres.

- Im Haushaltsjahr 1997 sollen die Gesamtausgaben im Soll um 0,1 v. H. abgesenkt werden; unter Berücksichtigung der haushaltswirtschaftlichen Sperren ergibt sich eine Absenkung um 1,3 v. H.

- Mit dem Entwurf des Haushaltsplans für 1998 ist eine erneute Absenkung gegenüber dem Soll des Jahres 1997 um 1,8 v.H. beabsichtigt (gegenüber der Haushaltswirtschaft 1997: 0,6 v. H.).

Diese Rückführung der Gesamtausgaben setzte unter anderem folgende Maßnahmen zur Grundlage, die in den Haushaltsstrukturgesetzen 1996 und 1997 verankert sind:

- Abbau der Stellen um 24 300 bis zum Jahre 2001

- nachdrückliche Absenkung der konsumtiven Sachausgaben der Hauptverwaltung im Rahmen von Plafondierungsüberlegungen

- Senkung der Investitionsausgaben durch Plafondierung; dabei werden die im Haushaltsstrukturgesetz 1996 vorgesehenen Plafonds faktisch noch unterschritten.

Darüber hinaus werden auch die Bezirke an den Konsolidierungserfordernissen beteiligt.

Gleichzeitig ist festzustellen, dass die Steuereinnahmen gegenüber dem Jahr 1994 absolut zurückgegangen sind und damit die Konsolidierungsbemühungen noch erheblich erschweren. Für 1998 wird zwar eine weitere Erholung erwartet, auch damit wird jedoch noch nicht wieder das Niveau des Jahres 1994 erreicht sein.

B. Der weitere Handlungsbedarf

Die weiteren Perspektiven der Konsolidierung stellen sich wie folgt dar:

- Die Nettokreditaufnahme wird in jährlichen Schritten von

Mio. DM abgesenkt (1998: 4 800 Mio. DM). Mit Blick auf die Zinsbelastung des Haushaltes ist dies das zentrale Element der Konsolidierungsstrategie.

- Im Jahre 2000 muss nach derzeitigen Konsolidierungsbemühungen letztmalig Landesvermögen zur Schließung der strukturellen Deckungslücke eingesetzt werden. Ab diesem Zeitpunkt muss die Konsolidierung so weit fortgeschritten sein, dass die Deckungslückenschließung auf der Grundlage nachhaltiger ausgabe- und einnahmeseitiger Maßnahmen möglich wird.

- Zwar ist als weiterer Zwischenschritt bereits erreicht, dass die Nettokreditaufnahme den Wert der Investitionen unterschreitet. Ziel der Konsolidierungsbemühungen muss es jedoch sein, dass die Nettokreditaufnahme den Wert der eigenfinanzierten Investitionen nicht überschreitet.

Für den Zeitraum bis zum Jahre 2001 ist hierfür unter anderem vorgesehen, dass die Gesamtausgaben von 42 620 Mio. DM (Soll 1997) auf rund 39 700 Mio. DM (2001) abgesenkt werden.

Darüber hinaus müssen die Zinsausgaben durch Schaffung eines Liegenschaftsfonds dauerhaft um eine Milliarde DM pro Jahr entlastet werden.

Auch bei Einhaltung dieses Zielpfades wäre der Betriebshaushalt im Jahre 2001 noch nicht ausgeglichen: die laufenden (d. h. nicht-investiven) Ausgaben (Personal, konsumtive Sachausgaben) übersteigen immer noch die laufenden (nicht-investiven) Einnahmen (vor allem Steuern, konsumtive Zuweisungen, Verwaltungseinnahmen). Ein Teil der Nettoneuverschuldung muß infolgedessen zur Abdeckung des Defizits des Betriebshaushaltes eingesetzt werden.

Zwar gelingt es schon heute, die Nettokreditaufnahme unter dem Volumen der Investitionsausgaben zu halten; das weitergehende Ziel, die Nettokreditaufnahme unter den Wert der eigenfinanzierten Investitionen (Investitionsausgaben abzüglich investiver Zuweisungen von Dritten) zu senken, kann jedoch innerhalb des Finanzierungszeitraumes noch nicht erreicht werden.

C. Erreichung weiterer Ausgabenabsenkungen durch nachhaltige strukturelle Maßnahmen

Die Einhaltung der vorangehend skizzierten Zielwerte für die einzelnen Konsolidierungsfelder setzt nachhaltige strukturelle Konsolidierungsmaßnahmen voraus. Soweit eine gesetzliche Regelung erforderlich wird, erfolgt diese im Rahmen des Haushaltsstrukturgesetzes 1998, das der Senat begleitend dem Abgeordnetenhaus vorlegt. Auf die dortigen Begründungen wird verwiesen.

Weitere Maßnahmen werden mit künftigen Haushaltsstrukturgesetzen sowie im Wege der Haushaltsplan-Aufstellungsverfahren umgesetzt.

D. Bisherige Einhaltung des Konsolidierungspfades und Liquiditätslage

Die Konsolidierungslinie durch Absenkung der Nettokreditaufnahme um jährlich 650 Mio. DM, wie sie durch die Haushaltsstrukturgesetze 1996 und 1997 vorgesehen ist, kann mit dem vorgelegten Haushaltsplanentwurf eingehalten werden. Sie ist der Garant nachdrücklichen Bemühens um Konsolidierung des Landeshaushaltes.

In zwei Jahren nacheinander sind allerdings erhebliche Jahresfehlbeträge in einer Größenordnung von 2,4 Mrd. DM (1995) und 2,9 Mrd. DM (1996) aufgetreten. Diese Fehlbeträge müssen spätestens im jeweils übernächsten Haushaltsjahr finanziert werden; in der Zwischenzeit belasten sie die Liquiditätslage des Landes und führen zu höheren Zinsausgaben.

Diese Vorjahresfehlbeträge sollen durch einmalige höhere Vermögensveräußerungen finanziert werden; im Jahre 1998 muß hierfür rund die Hälfte der nach Haushaltsplanentwurf veranschlagten Vermögensaktivierungen eingesetzt werden.

Bisher ist es allerdings trotz intensiver Bemühungen nicht gelungen, die erhofften und veranschlagten Vermögensveräußerungen zeitgerecht zu realisieren. Berlin wird sich dennoch in keinem Falle darauf einlassen, die beabsichtigten Vermögensaktivierungen aus Gründen der Liquiditätslage als „Notverkäufe" zu realisieren.

2. Grundlagen und Eckwerte:

A. Einnahmen:

Die Finanzkraft des Landes Berlin wird auch künftig hauptsächlich bestimmt durch die Steuereinnahmen und die Einnahmen aus dem Finanzausgleich.

Daneben sind Zuweisungen des Bundes sowie der Europäischen Union ein fester Bestandteil der Einnahmeseite.

Steuern und Finanzausgleich:

Der Ansatz von Steuern und Länderfinanzausgleich beruht auf den Ergebnissen der Steuerschätzung vom Mai 1997. Diese führte zu einer weiteren Rücknahme des in der Finanzplanung 1996 bis 2000 eingesetzten Betrages für Steuern um knapp 1,2 Mrd. DM, dagegen zu einem um knapp 400 Mio. DM erhöhten Finanzausgleich, so dass insgesamt rund 800 Mio. DM weniger erwartet werden als in der letzten Finanzplanung angenommen.

Die Steuereinnahmen im laufenden Jahr geben bisher keinen Anlaß, den Ansatz für 1998 insgesamt zu ändern. Zwar sind 1997 bei einzelnen Steuerarten Abweichungen vom Ergebnis der Steuerschätzung zu erwarten. Diese sind nach einem halben Jahr jedoch noch nicht spezifisch auf das Haushaltsjahr 1998 zu projizieren. Das Risiko, das Ergebnis der Schätzung vom Mai 1997 in 1998 nicht zu erreichen, wird gegenwärtig nicht sehr hoch eingeschätzt, zumal die Steigerungsrate 1998 zu 1997 niedrig angesetzt worden war. Dabei ist gegenüber der Steuerschätzung vom Mai 1997 in Abstimmung mit den Wachstumsprognosen der Senatsverwaltung für Wirtschaft und Betriebe eine Reduzierung der erwarteten Steuereinnahmen vorgenommen worden.

Aus dem Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmensteuerreform ergeben sich für 1998 keine nennenswerten finanziellen Auswirkungen. Die möglicherweise zu erwartenden geringen Mehreinnahmen decken das zuvor genannte Risiko ab. Allerdings findet eine Umschichtung zwischen einzelnen Steuerarten statt. Da diese Umschichtungen auf der Basis der vom Bundesfinanzministerium herausgegebenen Tabellen zu den bundesweiten Auswirkungen zwar rechnerisch darstellbar sind, zum gegenwärtigen Zeitpunkt hinsichtlich der Aufteilung auf die einzelnen Länder und Gemeinden aber nicht ausreichend bestimmbar, wird das Ergebnis der Steuerschätzung im November d. J. hierzu abgewartet.

Insgesamt erwartet Berlin für 1998 Einnahmen aus dem Finanzausgleich in Höhe von 8 374 Mio. DM. Diese Einnahmen gliedern sich in Einnahmen aus dem Länderfinanzausgleich im engeren Sinne (4 582 Mio. DM), Fehlbetrags-Bundesergänzungszuweisungen zur Deckung des allgemeinen Finanzbedarfs leistungsschwacher Länder (911 Mio. DM), Bundesergänzungszuweisungen für Kosten politischer Führung und zentraler Verwaltung (219 Mio. DM) und Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen zum Abbau teilungsbedingter Lasten sowie zum Ausgleich unterproportionaler kommunaler Finanzkraft für die neuen Länder und Berlin (2 662 Mio. DM). Außerdem stehen Berlin nach dem Investitionsförderungsgesetz Aufbau Ost (IFG) für besonders bedeutsame Investitionen Finanzhilfen bis zum Jahre 2004 von jährlich 1 255 Mio. DM zu.

Vorgesehen ist mit Einführung einer Zweitwohnungsteuer Einnahmen in Höhe von 30 Mio. DM in 1998 zu erzielen. Die Erhebung einer solchen, auch in anderen Großstädten eingeführten, Steuer verfolgt das Ziel, Zweitwohnungsinhaber in angemessenem Rahmen an der Finanzierung der Infrastruktur zu beteiligen.

Diese Abgabe wird insbesondere auch für notwendig gehalten, da zunehmend Personen ihren Hauptwohnsitz in das Umland oder Ferienorte verlegen, um die dort erhobene Zweitwohnungsteuer zu vermeiden. Der überwiegende Teil der Einnahmeerwartung wird daher aus einer sich durch die Erhöhung der Einwohnerzahl ergebenden Stärkung im Länderfinanzausgleich resultieren.

Der Senat betrachtet mit Sorge, dass sich die Haushaltslage Berlins ähnlich wie die anderer Länder und Kommunen trotz des strikten Sparkurses weiter verschlechtert. So mußten die bereits mit dem Nachtragshaushaltsplan 1996 und dem Haushaltsplan 1997 erreichten Ausgabereduzierungen nach den Ergebnissen der Steuerschätzung vom Mai 1997 im laufenden Haushaltsjahr nochmals um Kürzungen in Höhe von 538 Mio. DM verschärft werden. Dabei ist festzustellen, dass die Steuerausfälle zwar auf ein gegenüber früheren Erwartungen zurückbleibendes Wirtschaftswachstum zurückzuführen sind, weitere Ursache jedoch auch die zunehmende Abkopplung der Steuereinnahmen von der wirtschaftlichen Entwicklung ist. Das lässt den Schluß zu, dass in zunehmendem Maße steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten genutzt werden und möglicherweise zunehmend Steuerverkürzungen stattfinden.

Die Lage der öffentlichen Haushalte kann dauerhaft nur verbessert werden, wenn auch die Ertragskraft des Steuersystems wiederhergestellt wird und damit die Ausgabenplanungen auf eine verläßliche Grundlage gestellt werden können. Dazu muß das Steuerrecht in seinen fiskalischen Auswirkungen wieder transparenter und kalkulierbarer werden. Ohne stabile Staatsfinanzen und ohne die Loyalität der Steuerbürger kann auf Dauer kein Staatswesen überleben.

Fördermittel:

Der Senat wird alle Anstrengungen unternehmen, die zur Verfügung stehenden Fördermittel des Bundes und der Europäischen Union ebenso wie sonstige Fremdmittel, darunter z. B. zinsgünstige Kredite der Kreditanstalt für Wiederaufbau, weitgehend auszuschöpfen.

Vermögensveräußerungen:

Trotz des „Kraftaktes" bei der Ausgabenreduzierung und der veranschlagten Nettokreditaufnahme sind im Haushaltsjahr 1998

Vermögensaktivierungen im Umfang von 6,08 Mrd. DM notwendig. Die geplante Vermögensaktivierung ist erforderlich, um den Fehlbetrag 1996 abdecken zu können und um Strukturentscheidungen, die noch nicht kassenwirksam werden, wie die Reduzierung der Zahl der Bezirke auf 12, abfedern zu können. Diese Einnahmen führen jedoch nur zu temporären Entlastungen, die in dieser Größenordnung letztmalig zu erreichen und in Zukunft nicht wiederholbar sind.

Kreditmarktmittel:

Trotz der Anstrengungen, Ausgaben zu senken und Einnahmen zu erhöhen, kann der Haushaltsplan nur durch eine Nettokreditaufnahme in Höhe von 4 800 Mio. DM ausgeglichen werden. Diese Netto-Neuverschuldung entspricht der im Haushaltsstrukturgesetz 1996/1997 festgelegten Obergrenze.

B. Ausgaben:

Die bereinigten Gesamtausgaben des Haushalts sinken gegenüber 1997 um 1,8 v. H. Darüber hinaus muss der Fehlbetrag aus dem Haushaltsjahr 1996 von 2 935,1 Mio. DM abgedeckt werden.

Konsumtive Sachausgaben:

Die sächlichen Verwaltungsausgaben im Bereich der Hauptverwaltung konnten gegenüber dem Vorjahresansatz um 9 v. H. gekürzt werden. Die konsumtiven Sachausgaben der Hauptverwaltung insgesamt wurden um 240 Mio. DM abgesenkt; dabei wurden Mehrausgaben für die Förderung des Wohnungsbaus in Höhe von rund 310 Mio. DM ausgeglichen, so dass die eigentliche Konsolidierungsleistung rund 550 Mio. DM betrug. Ermöglicht wurde dies durch eine Plafondierung der konsumtiven Sachausgaben im Bereich der Hauptverwaltung.

Im laufenden Haushaltsjahr wurde zur Ablösung der als Sofortmaßnahme zum Ausgleich der erwarteten Steuermindereinnahmen verhängten Haushaltssperre analog Art. 89 VvB ein Umlageverfahren gewählt. Auch dieses basierte auf dem Konzept der Ausgaben-Plafondierung, auf das sich der Senat hinsichtlich der konsumtiven Sachausgaben zur Aufstellung des Haushaltes für 1998 verständigt hatte. Die Plafondierung ist Teil des längerfristigen Konzeptes zur Konsolidierung des Landeshaushaltes und als Vorstufe zu der im Rahmen der Verwaltungsreform vorgesehenen dezentralen Fach- und Ressourcenverantwortung zu betrachten.

Der Senat erwartet nach Verhandlungen mit der BEWAG eine Kostenentlastung der Einrichtungen des Landes Berlin durch die Reduzierung der Fernwärmepreise und wird durch Einführung