Finanzamt

1. Sicherungsverfahren im Rahmen des Einsatzes dezentral wirkender Computerleistungen (DCL)

Nach den Regelungen des Sicherungsverfahrens im Rahmen des Einsatzes dezentral wirkender Computerleistung (DCL) unterliegen grundsätzlich alle Datenabrufe (Abfragen auf Echtkonten und auf die maschinelle Zentralkartei) in den Finanzämtern rechnergesteuert einer stichprobenweisen maschinellen Protokollierung (5 % Quote). Gleichzeitig werden die Abrufenden in diesen Fällen aufgefordert die Gründe des Datenabrufs listenmäßig festzuhalten. Die Datenabrufe der OFD werden vollständig maschinell protokolliert und sind vom Abrufenden in jedem Fall schriftlich zu begründen.

Die o. a. Datenschutzmaßnahmen führen in den Finanzämtern in Höhe der Stichprobenquote und in der OFD in jedem Fall zur schriftlichen Begründung des Datenabrufs unter Angabe von:

- Datum der Abfrage

- Steuernummer

- Name des Bearbeiters

- Art der Abfrage

- Grund der Abfrage und gegebenenfalls

- ersuchende Stelle.

Die Liste zur Abfrageprotokollierung ist im Zusammenhang mit der Liste der maschinell gefertigten Abfrageprotokolle stichprobenweise zu prüfen. Hierbei sind mindestens 10 %, nicht jedoch unter 60 %, der ausgegebenen Fälle zu kontrollieren.

Die Überprüfung der maschinell protokollierten und schriftlich begründeten Fälle ist enorm zeitaufwendig. So kann davon ausgegangen werden, dass für rund 1 000 zu prüfende Fälle pro Jahr bis zu 6 Arbeitstage aufgewendet werden müssen. Dies trifft auf mehr als die Hälfte der Berliner Finanzämter zu. Bei rund 1/3 der Berliner Finanzämter sind pro Jahr mehr als 1 500 Fälle bis rund 3 200 Fälle zu prüfen.

Bei den Überprüfungen wurden in der Regel keine oder nur geringe Beanstandungen, wie z. B. versehentlich fehlende schriftliche Begründungen, festgestellt, so dass das Verhältnis zwischen der bestehenden Datenschutzregelung und dem erheblichen Arbeitsaufwand unangemessen ist.

2. Besteuerung bei den Finanzämtern für Körperschaften

Seit Jahren besteht in den Finanzämtern für Körperschaften der Bedarf, die Namen der jeweiligen Geschäftsführer im Grundinformations-Verfahren (GRINFO) zu speichern.

Damit verbinden sich folgende Vorteile:

- Für die Betriebsprüfung lassen sich konzernähnliche Verflechtungen feststellen, die bisher in den meisten Fällen

­ mangels vorhandener Informationen ­ nicht ersichtlich sind; Prüfungen können koordiniert veranlaßt werden und Mißbräuche der steuerlichen Gestaltungsmöglichkeiten mit Auswirkungen, die in Millionenhöhe gehen, könnten verhindert werden.

- Unternehmen kommen ihren steuerlichen Verpflichtungen nicht nach und müssen auch bald den Geschäftsbetrieb einstellen. Es kommt dabei relativ häufig vor, dass der Geschäftsführer eine neue GmbH mit anderem Namen aber gleichem Geschäftszweck und oft der alten Betriebsausstattung gründet. Das bleibt aber den für das Altunternehmen zuständigen Dienstkräften meist verborgen. Gerade im Bereich der Vollstreckungsstelle und des Zwangsgeld- und Haftungsverfahrens würden sich durch die Inanspruchnahme einer Geschäftsführerkartei neue Möglichkeiten der tatsächlichen Vereinnahmung festgesetzter Steuern ergeben. Desweiteren könnten schon präventiv Steuerausfälle verhindert werden, wenn einschlägig bekannte Geschäftsführer auf diese Weise im Vorfeld enttarnt und bei USt-Erstattungen und Stundungs- bzw. Aussetzungsanträgen entsprechend reagiert werden könnte.

Wegen Bedenken von Datenschützern konnte dieses Verfahren noch nicht eingeführt werden. Das ist insoweit kritisch zu bemerken, da noch nicht einmal innerhalb desselben Finanzamts diese Abfragemöglichkeit eingeräumt wird. Somit wird durch den Datenschutz bewirkt, dass die Enttarnung eventuell unseriöser Geschäftsführer und verdeckter Konzernverbindungen weiterhin dem Zufall überlassen bleibt.

Es wird vorgeschlagen, gegebenenfalls eine gesetzliche Ermächtigung zur Speicherung, die derzeit nicht erfolgt, vorzusehen.

3. Steuererhebung (Aufrechnung in Konkursfällen)

Es kommt immer wieder vor, dass in Konkursfällen Steuerrückstände bestehen, der Gemeinschuldner aber noch Forderungen (meist aus Werkverträgen) gegen das Land Berlin hat. Da die Finanzämter von diesen Forderungen in der Regel keine Kenntnis haben, können sie nicht ­ wie in § 70 LHO vorgesehen ­ aufrechnen. Die auszahlende Kasse ist mangels gesetzlicher Grundlage aus datenschutzrechtlichen Gründen an einer Unterrichtung der Finanzämter gehindert.

Das Interesse der Allgemeinheit an einer Vereinnahmung von Steuern sollte in diesen Fällen höher eingestuft werden als das informationelle Selbstbestimmungsrecht. Wegen fehlender gesetzlicher Ermächtigung kann das Spannungsfeld von den Behörden jedoch nicht in diesem Sinne aufgelöst werden.

Es ist anzustreben, dass sich die Vergabebehörden bei Erteilung öffentlicher Aufträge eine Ermächtigung zur evtl. Unterrichtung der Finanzämter geben lassen. Gegebenenfalls sollte eine gesetzliche Ermächtigung geschaffen werden.

4. Ermittlung der aktuellen Anschrift des Steuerpflichtigen

Beim Fehlen einer aktuellen Anschrift des Steuerpflichtigen darf das Finanzamt die aktuelle Anschrift auf Grund melderechtlicher Bestimmungen nicht selbst aus dem Melderegister abrufen, sondern muss hierzu eine formelle schriftliche Anforderung an das Landeseinwohnermeldeamt richten. Durch den eintretenden Zeitverlust können sowohl Vollstreckungsmöglichkeiten verloren gehen als auch die Arbeit der Steuerfahndung erheblich behindert werden. Außerdem kann sich die Bekanntgabe von Steuerbescheiden erheblich verzögern (z. B. bei der Kraftfahrzeugsteuer).

Zur Erhöhung der Effektivität der Verwaltung sollten die melderechtlichen Vorschriften geändert werden, um einen Abruf zu ermöglichen.

5. Meldungen zum Dateien- und Geräteverzeichnis

Die Meldung zum Geräteverzeichnis werden durch ein vom LIT entwickeltes Verfahren zur Inventarisierung informationstechnisch unterstützt (Verfahren INVENT). Die vom Verfahren INVENT gelieferten Ausdrucke für die Meldung entsprechen im Aufbau den von der Senatsverwaltung für Inneres geforderten Formularen. Für die Meldung zum Dateienverzeichnis gibt es keine derartige informationstechnische Unterstützung. Auch hier muß die Meldung ausschließlich mit vorgegebenen Formularen abgegeben werden. Die Formulare sind für die Darstellung komplexer Datenbestände des automatisierten Besteuerungsverfahrens teilweise ungeeignet. Dies betrifft insbesondere die Darstellung von Datenfeldern und die Beschreibung von technischen und organisatorischen Maßnahmen gemäß § 5 BlnDSG. Zwar können die Meldungen auch informationstechnisch durch bestimmte Textsysteme unterstützt werden, aber der Aufbau der Vordrucke muss dabei eingehalten werden. Abweichungen hiervon (z. B. die Darstellung aller Besteuerungsdaten als „logische Dateiensammlung") erfordern bei jeder Meldung zusätzliche Abstimmungen mit dem behördlichen Datenschutzbeauftragten sowie mit dem zuständigen Bearbeiter beim Berliner Datenschutzbeauftragten. Dasselbe gilt für die Darstellung der organisatorischen und technischen Maßnahmen nach dem Katalog des § 5 BlnDSG. Die tatsächlich durchgeführten Maßnahmen für Datensicherheit berühren meistens mehrere der Kontrollanordnungen des BlnDSG und sind für die verschiedenen Rechnerbetriebe unterschiedlich zu beschreiben. Eine für Dritte übersichtliche und ausreichende Darstellung ist nur möglich, indem das Schema des vorgegebenen Formulars in diesem Punkt abgewandelt wird.

Weiterer Verwaltungsaufwand entsteht dadurch, dass bei Erstmeldungen von Dateien der Landesfinanzbehörden bzw. Änderungsmeldungen nach der Neufassung des BlnDSG für die Aufnahme in das besondere Dateienregister (kann nicht von jedem eingesehen werden ­ § 25 BlnDSG) ein besonderer Antrag zu stellen ist, der über SenFin und SenInn mit dem BlnDSB abgestimmt werden muß. Bei der Menge der im Rahmen des Gesamtvorhabens „DCL" eingeführten bzw. geplanten Verfahren, bindet auch diese Verwaltungsaufgabe Arbeitskräfte über längere Zeit.

Hinzu kommt eine große Änderungshäufigkeit sowohl im Gerätebestand (Umsetzungen innerhalb eines FA, Zusammenlegung/Auflösung von FÄ, Neubeschaffungen) als auch im Datenbestand (Gesetzesänderungen, Verfahrenserweiterungen). Dies hat zur Folge, dass nicht nur mit den Erstmeldungen zum Dateienregister erheblicher Verwaltungsaufwand verbunden ist, sondern dass mit der ständig erforderlichen Fortschreibung der Meldung auch auf Dauer personeller Aufwand verbunden ist.

Es sollte daher bei umfangreichen Datenbeständen und komplexen Verfahren wie in der Berliner Steuerverwaltung die Möglichkeit eingeräumt werden, von den vorgegebenen Formularen in begründeten Fällen abzuweichen, z. B. durch verwaltungsmäßige Absprache oder durch entsprechende Ergänzung der Dateienregisterverordnung.

Fazit der Betrachtung ist, dass für bestimmte Maßnahmen zum Datenschutz, die über die grundsätzlichen Anforderungen an eine ordnungsgemäße Entwicklung und Durchführung von IT-Verfahren (Verfahrenssicherheit, Informationsschutz, Bestandskontrolle, Dokumentation) im Detail und im Formalismus hinausgehen, auch bei Auslegung von Rechts- und Verwaltungsvorschriften zugunsten der Funktionsfähigkeit der Verwaltung auf Dauer zusätzlicher personeller und finanzieller Aufwand verbunden ist.

Der Zustand ist dann nicht mehr hinnehmbar, wenn der für derartige Verwaltungsaufgaben zusätzlich erforderliche personelle Aufwand bei knapper werdenden Ressourcen nicht mehr erbracht werden kann. Insoweit müßte die Verhältnismäßigkeit von Aufwand und Schutzzweck neu bestimmt werden.

X. Justizbereich

1. Ordentliche Gerichtsbarkeit

Aufgabenbereich Funktionsfähigkeit der Gerichtsverwaltung im Bereich der ordentlichen Gerichtsbarkeit

Betroffene schutzwürdige Belange der Allgemeinheit Aufrechterhaltung des Gerichtsbetriebes

Beschreibung des Spannungsverhältnisses

a) Auskunftsbegehren der Bürger;

b) Beanstandungen des Datenschutzbeauftragten in Verfahren, die der verfassungsrechtlich garantierten Unabhängigkeit der Rechtsprechung unterliegen.

Darstellung der jeweiligen Rechtsgrundlagen

a) 24 I AGGVG;

b) 24 II BlnDSG; teilweise wird über die Kontrollbefugnis in Grenzbereichen kontrovers diskutiert

Auflösung des jeweiligen Spannungsverhältnisses

a) Im Einzelfall wird bei rechtsmißbräuchlichen Begehren keine Auskunft erteilt.

b) Auf die Beanstandung wird nach Maßgabe des Einzelfalls reagiert.

Schlußfolgerungen

a) Der Zustand ist hinnehmbar.

b) Es wäre schon hilfreich, wenn der Datenschutzbeauftragte Hinweise der Gerichtsverwaltungen auf die Unabhängigkeit der Gerichte akzeptieren und seine Beanstandungen in diesem Bereich einstellen würde, sofern ersichtlich ist, daß die Justizverwaltung im Dienstaufsichtswege wegen der Unabhängigkeit der Richter oder Rechtspfleger auf das Verfahren keinen Einfluß nehmen kann. Überflüssiger Schriftwechsel könnte damit vermieden werden.

2. Sozialgerichtsbarkeit

Aufgabenbereiche

a) Rechtsprechungstätigkeit in den der Sozialgerichtsbarkeit zugewiesenen Angelegenheiten

b) Gerichtsverwaltungstätigkeit im Bereich der Sozialgerichtsbarkeit

Betroffene schutzwürdige Belange der Allgemeinheit zu a) und zu b): Funktionsfähigkeit der Sozialgerichtsbarkeit; Kriminalitätsbekämpfung; Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit

Beschreibung des Spannungsverhältnisses:

(1) Die Staatsanwaltschaft fordert die Akten eines (laufenden oder abgeschlossenen) Sozialgerichtsverfahrens an, um gegen einen Verfahrensbeteiligten oder (auf Anzeige eines Verfahrensbeteiligten hin) gegen einen Richter zu ermitteln. Gegenläufig sind das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Verfahrensbeteiligten bzw. der betroffenen Richter.

(2) Im Rahmen oder nach Abschluß eines Sozialgerichtsverfahrens ergeben sich für den Richter Hinweise auf Straftaten von Verfahrensbeteiligten oder Zeugen, und er übersendet daher die Gerichtsakten der Staatsanwaltschaft; der Sozialdatenschutz der Angezeigten steht in einem Spannungsverhältnis dazu.

(3) Die Gerichtsverwaltung stellt wegen grober Ehrverletzung zum Nachteil einer Gerichtsperson (z. B. eines Richters) einen Strafantrag gegen einen Verfahrensbeteiligten oder spricht deswegen ein Hausverbot gegen den Täter aus, wofür auf Erkenntnisse aus den Gerichtsakten zurückgegriffen wird; auch hier besteht ein Widerspruch zum Sozialdatenschutzinteresse des Betroffenen.

(4) Ein am Gerichtsverfahren nicht beteiligter Dritter begehrt Akteneinsicht bzw. Überlassung der Abschrift einer gerichtlichen Entscheidung; die Datenschutzrechte der Verfahrensbeteiligten könnten dem entgegenstehen.

(5) Ein Richter der Sozialgerichtsbarkeit fordert im Rahmen eines Rechtsstreits zur Aufklärung des Sachverhalts Unterlagen (z. B. Akten) von Dritten an, die personenbezogene Daten und gesundheitliche Verhältnisse von Verfahrensbeteiligten betreffen.

Darstellung der jeweiligen Rechtsgrundlagen

Zu 3. (1): Einerseits gelten für die Staatsanwaltschaft die Vorschriften der Strafprozeßordnung, andererseits existieren für die Sozialgerichte bislang keine expliziten klaren Rechtsgrundlagen hinsichtlich der Verpflichtung zur Datenübermittlung. Teilweise wird die Ansicht vertreten, § 120 SGG schließe das Akteneinsichtsrecht Dritter in Sozialgerichtsakten ohne Zustimmung der Betroffenen aus (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, 5. Aufl. 1993, § 120

Rdnr. 2); teilweise wird auf § 299 Abs. 2 ZPO in Verbindung mit § 202 SGG zurückgegriffen; in diesem Rahmen finden Amtshilfegrundsätze (Art. 35 Abs. 1 GG) Anwendung, wobei die Wertungen aus dem Volkszählungs-Urteil des Bundesverfassungsgerichts (vor allem: Grundsatz der Verhältnismäßigkeit) und aus den für das Verwaltungsverfahren bei den Sozialleistungsträgern geltenden § 35 SGB I, § 67 ff. SGB X in die jeweilige Entscheidung einfließen. § 73 SGB X, der die Zulässigkeit der Übermittlung von Sozialdaten zur Durchführung eines Strafverfahrens regelt, rich tet sich unmittelbar nur an die Sozialleistungsträger. Nach § 78 Abs. 1 SGB X unterliegen die Gerichte aber auch einer im einzelnen geregelten Zweckbindung in bezug auf die Ihnen von den Sozialleistungsträgern übermittelten Sozialdaten.

Zu 3. (2): Es existieren keine klaren Rechtsgrundlagen. Die Verständigung der Ermittlungsbehörden dürfte im Ermessen des jeweiligen Richters liegen, dem öffentlichen Interesse an einer Strafverfolgung Ausdruck zu verleihen.

Zu 3. (3): Das Strafantragsrecht des Dienstvorgesetzten ist ausdrücklich in § 77 a, § 194 Abs. 3 StGB geregelt. Soweit durch grobe öffentliche Beleidigungen gegen Gerichtspersonen die Funktionsfähigkeit des Gerichtsbetriebes und der Schutz von Rechtsgütern und Ansehen des Gerichtspersonals betroffen sind, kann auf das öffentliche-rechtliche Hausrecht zurückgegriffen werden.

Zu 3. (4): § 120 SGG sowie § 299 Abs. 2 ZPO in Verbindung mit § 202 SGG können als Rechtsgrundlagen herangezogen werden.

Zu 3. (5): Rechtsgrundlagen sind in §§ 103, 106 SGG enthalten.

Auflösung des jeweiligen Spannungsverhältnisses

Zu 3. (1): Es erfolgt in der Regel eine Abwägung der wechselseitigen Interessen im Einzelfall unter strikter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsprinzips und der Wertungen der unter 4. zu

3. (1) genannten Vorschriften. Soweit Zweifel bestehen, wird bei der Staatsanwaltschaft angefragt, für welche konkreten Zwecke die Gerichtsakten benötigt werden. Soweit nur Rechtsgutsverletzungen von geringerer Bedeutung im Raum stehen, wird seitens der Gerichtsverwaltung darauf verwiesen, dass die Staatsanwaltschaften eine Einwilligungserklärung des in seinen Rechten Betroffenen beibringen möge. Nach BGH NJW 1992, 1973 ist im Streitfall die Aktenbeschlagnahme durch den Ermittlungsrichter möglich; im Verhältnis zum Sozialgericht und Landessozialgericht Berlin ist es zu solchen Entscheidungen bislang nicht gekommen.

Zu 3. (2): Allgemeine Aussagen lassen sich nicht treffen; es erfolgt eine Abwägung im Einzelfall, wobei der aus Art. 97 Abs. 1 GG folgende Grundsatz der richterlichen Unabhängigkeit zu respektieren ist.

Zu 3. (3): Auch hier erfolgt jeweils eine Abwägung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange im Einzelfall unter dem Blickwinkel des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit. Von daher ist hier etwa ein Hausverbot unter folgenden Maßgaben ausgesprochen worden: Das Betreten des Gebäudes wurde dem Betroffenen nur zur Wahrnehmung von Gerichtsterminen, zu denen er geladen ist, sowie zur Akteneinsichtnahme in eigenen Verfahren gestattet; die Akteneinsichtnahme bedarf der vorherigen Anmeldung und Bestätigung durch den zuständigen Sachbearbeiter; Ladung bzw. Bestätigungsschreiben sind dem Pförtner bei Betreten des Gebäudes unaufgefordert vorzulegen.

Strafanzeigen gegen Verfahrensbeteiligte erfolgen von Seiten der Gerichtsverwaltung, wenn diese die Ehre von Gerichtspersonen in einer besonders gröblichen, auch durch die Prozeßsituation nicht mehr erklärbaren Weise verletzt haben.

Zu 3. (4): Akteneinsicht an Dritte (z. B. auf Bitte um Übersendung von Gerichtsentscheidungen) wird grundsätzlich nur nach Anonymisierung der personenbezogenen Daten oder (selten) unanonymisiert nach ausdrücklicher Einwilligung des Betroffenen gewährt.

Zu 3. (5): Die Beiziehung von Prozeßbeteiligten betreffenden personenbezogenen Unterlagen, die medizinische Daten enthalten, erfolgt in den Gerichtsverfahren regelmäßig nur nach vorheriger schriftlicher Zustimmung der Betroffenen.

Schlußfolgerungen

Durch das in Vorbereitung befindliche Justizmitteilungsgesetz ist zu erwarten, dass hierdurch einige immer wieder auftretende Problemkonstellationen entschärft werden könnten (etwa: Pflicht zur Übermittlung von Sozialdaten vom Gericht an andere Institutionen).

3. Justizvollzug

Im Bereich des Justizvollzuges treffen schutzwürdige Interessen der Allgemeinheit mit den Persönlicheitsrechten von Gefangenen naturgemäß immer wieder aufeinander. Das größte Problem, dem sich der Justizvollzug dabei ausgesetzt sieht, besteht in dem Umstand, dass noch immer keine bereichsspezifische datenschutzrechtliche Regelung, die seitens des Bundes zu schaffen ist, vorliegt. Viele verstreute Regeln, eine fehlende Strukturierung und das häufig unglückliche Nebeneinander bundesrechtlicher und landesrechtlicher Vorgaben erschwert dabei die Arbeit der Justizvollzugsbediensteten. Die Erfahrung hat gezeigt, dass die vorhandenen Schwierigkeiten in aller Regel am wirkungsvollsten dadurch gelöst werden können, dass eine sachbezogene Diskussion mit allen Beteiligten, insbesondere auch mit dem Berliner Datenschutzbeauftragten, herbeigeführt wird. Dies schließt indes nicht aus, dass in Einzelfragen immer wieder Spannungen auftreten:

Auskünfte über Gefangene

Aufgabenbereich

Die Justizvollzugsanstalten werden jeden Tag in unzähligen Fällen von Privatpersonen um Auskunft gebeten, ob sich ein Gefangener in der Anstalt befindet.

Betroffene schutzwürdige Belange der Allgemeinheit

Für die Auskunft muss jedesmal die konkrete Einwilligung des Gefangenen eingeholt werden. Der damit verbundene Verwaltungsaufwand steht in keinem Verhältnis zu den schutzwürdigen Belangen des Strafgefangenen, wo dieser selbst ­ im eigenen Interesse ­ eine generelle Einwilligung zur Auskunftserteilung zu geben bereit ist.

Beschreibung des Spannungsverhältnisses siehe Ziffer 2.

Darstellung der jeweiligen rechtlichen Grundlagen

Eine generelle Rechtsgrundlage für eine Auskunftserteilung an Privatpersonen besteht nicht.

Auflösung des jeweiligen Spannungsverhältnisses

Das Spannungsverhältnis wird dadurch gelöst, dass der Anfragende auf den Schriftweg verwiesen wird, da dadurch der für die Anstalt erforderliche Verwaltungsaufwand zur Einholung der Einwilligung reduziert wird. Dies führt für den Anfragenden jedoch zu zeitlichen Verzögerungen. Darüber hinaus wurde zeitweise versucht, die Einwilligung im Einzelfall durch ein generell erklärtes Einverständnis des Gefangenen zur Auskunftserteilung bei eindeutig definierten und vom Anfragenden glaubhaft gemachten Zwecksetzungen zu ersetzen. Diese erfolgreiche Praxis stieß jedoch auf den Widerstand des Berliner Datenschutzbeauftragten.

Schlußfolgerungen

Der Berliner Datenschutzbeauftragte sollte seine Haltung zur Unzulässigkeit generell erklärter Einwilligungen überdenken.

Gefangeneneinkauf

Aufgabenbereich Einsatz von Strafgefangenen bei der Durchführung des monatlichen Gefangeneneinkaufs.

Betroffene schutzwürdige Belange der Allgemeinheit

Bei vorbereitenden Arbeiten zur Durchführung des monatlichen Gefangeneneinkaufs ist es aus organisatorischen (Personalersparnis) und vollzugsinhaltlichen (Schaffung von Gefangenenarbeitsplätzen) Gründen unvermeidbar, dass die dort eingesetzten Inhaftierten mit personenbezogenen Daten ihrer Mitgefangenen in Berührung kommen.