Landesgleichstellungsgesetz

Entfallen ist in der Neufassung auch die in § 16 Abs. 2 Satz 2 a. F. enthaltene Vorschrift, nach der das Aufgabengebiet der Frauenvertreterin in den Bezirksverwaltungen von den bezirklichen Frauenbeauftragten, in den Hochschulen von den dort gebildeten Frauenbeauftragten wahrgenommen werden konnte.

Diese Ausübung zweier Funktionen in Personalunion hätte für beide Personenkreise eine Wahl nach den Vorschriften des damaligen LADG zur Voraussetzung gehabt. Bezüglich der Hochschulen ist, wie oben bereits dargestellt, in der Neufassung auf das Wahlerfordernis verzichtet worden, bezüglich der bezirklichen Frauenbeauftragten ist durch die Streichung klargestellt, dass mit dem Amt der Frauenvertreterin keine Überschneidung besteht.

Das zweite Änderungsgesetz vom 21. Juni 1994 stellt eine notwendige Anpassung an das im Februar 1994 geänderte Personalvertretungsrecht (Gesetz zur Änderung personalvertretungsrechtlicher Vorschriften vom 9. Februar 1994 [GVBl. S. 71]) dar, mit dem die einmalig auf zwei Jahre verkürzte Amtszeit der Personalvertretungen aufgehoben worden war. Da sowohl in § 16 Abs. 5 wie auch in der Überleitungsvorschrift des § 23 an die einmalig verkürzte Amtszeit der 1992 gewählten Personalvertretungen angeknüpft worden war, war es nötig, diese Verknüpfung durch Aufhebung der statischen Verweisung in § 16 Abs. 5 zu lösen, um eine zeitgleiche Wahl von Personalräten und Frauenvertreterinnen sicherzustellen. Ebenso war es erforderlich, die in § 23 Abs. 1 enthaltene Übergangsvorschrift bis 1996 zu verlängern und in Absatz 2 eine entsprechende Regelung für die nach dem Inkrafttreten der Verordnung über die Wahl zur Frauenvertreterin gewählten Frauenvertreterinnen zu schaffen, um sicherzustellen, dass zum Zeitpunkt der nächsten regelmäßigen Personalratswahl (Herbst 1996) auch die erste regelmäßige Frauenvertreterinnenwahl stattfinden konnte. Diese Änderung bedeutete für einige wenige Frauenvertreterinnen „der ersten Stunde" eine Verlängerung ihrer Amtszeit auf etwa 5 Jahre, für andere eine Verkürzung.

Die Verweisung auf § 16 Abs. 5 Satz 4 stellte sicher, dass bei einer Amtszeit von weniger als einem Jahr keine Neuwahl durchgeführt werden mußte.

Die Verordnung über die Wahl zur Frauenvertreterin (WOFrau) vom 3. Juni 1993 (GVBl. S. 246) enthält in 12 Paragraphen Verfahrensvorschriften über die Vorbereitung und Durchführung der Wahlen.

2. Rechtsprechung zum Landesgleichstellungsgesetz

Im Berichtszeitraum ergingen folgende ­ das Landesgleichstellungsgesetz betreffende ­ Entscheidungen des Berliner Verwaltungs-, Oberverwaltungs-, Arbeits- und Landesarbeitsgerichtes: VG 5 A 20.93, Beschluß vom 5. April 1993

Stichwort(e)/Rechtsnorm(en): Quote, § 8 Abs. 2 LADG (jetzt LGG), § 123 VwGO

Das VG Berlin gab einem Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz eines unterlegenen Bewerbers unter Hinweis auf die Möglichkeit der Unvereinbarkeit mit Bundesrecht (Art. 33 Abs. 2 GG, Art. 3 Abs. 3 GG) statt.

VG 7 A 79.93, Beschluß vom 23. April 1993

Stichwort(e)/Rechtsnorm(en): Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage einer Frauenvertreterin gegen die Rücknahme ihrer Bestallung, § 16 LADG (jetzt LGG), § 80 Abs. 5 VwGO.

Das VG Berlin stellte fest, dass es sich bei der Rücknahme einer Bestallung zur Frauenvertreterin um einen Verwaltungsakt handelt, mit der Folge, dass dem Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage der Frauenvertreterin stattzugeben war.

Unbeschadet der Rechtswidrigkeit der Bestallung der Frauenvertreterin aus Gründen einer Wahl, der es an einer hinreichenden gesetzlichen Grundlage fehlte (vgl. VG Berlin, Beschluß vom 15. Dezember 1992 ­ VG 28 A 434.92 ­, bestätigt durch OVG Berlin, Beschluß vom 17. Februar 1993 ­ OVG Berlin 4 S 147.92), sprach die Interessenabwägung zugunsten der antragstellenden Frauenvertreterin. Im Zeitpunkt der Beschlußfassung hatte der Berliner Gesetzgeber bereits ein Gesetz zur Änderung des Landesantidiskriminierungsgesetzes vom 13. April 1993 verabschiedet, welches am 24. April 1993 verkündet wurde und am 25. April 1993 in Kraft getreten ist. Dieses Änderungsgesetz sah in Artikel 1 Ziff. 4 vor, dass Frauenvertreterinnen, die beim Inkrafttreten der nach Artikel 1 Ziff. 3 des Änderungsgesetzes erlassenen Verordnung im Amt waren, auch weiter im Amt blieben bis ihre Wahlperiode endete.

Dieser ­ vom Gesetzgeber gebilligte ­ rechtswidrige Zustand bis zum Inkrafttreten einer Wahlordnung wog nach Auffassung des Gerichtes weniger schwer als das Interesse der Antragstellerin, die im Falle einer Bestätigung der sofortigen Vollziehung der Rücknahme ihrer Bestallung nicht mehr in den Regelungsrahmen des Änderungsgesetzes gefallen wäre.

Stichwort(e)/Rechtsnorm(en): Umfang der Freistellung der Frauenvertreterin, § 16 Abs. 3 LADG (jetzt § 16 Abs. 1 Satz 4 LGG), § 123 VwGO

Das VG Berlin gab dem Antrag einer Frauenvertreterin auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO auf vollständige Freistellung von ihren Dienstpflichten statt.

Die hiergegen eingelegte Rechtsbeschwerde war erfolgreich (s. OVG 4 S 61.93, Beschluß vom 21. Januar 1994). OVG PV Bln 1.93, Beschluß vom 18. Februar 1994

Stichwort(e)/Rechtsnorm(en): Ausbildungsplatzquote für Ärztinnen/Ärzte im Praktikum, §§ 7, 17, 18 LGG

Das OVG Berlin wies die Beschwerde gegen den Beschluß des VG Berlin vom 30. Oktober 1992 ­ VG FK (Bln) ­ C ­ 10.92 ­ zurück und stellte u. a. fest, dass § 7 Abs. 1 LGG bei der Einstellung von Ärzten im Praktikum nicht anzuwenden sei. Darüber hinaus stellte das OVG fest, dass § 17 Abs. 2 LGG, der u. a. das Recht der Frauenvertreterin auf Teilnahme an Bewerbungsgesprächen vorsieht, durch die Sonderregelungen des Gesetzes über die Hochschulen im Land Berlin (Berliner Hochschulgesetz

­ BerlHG) vom 12. Oktober 1960 (GVBl. S. 2165) verdrängt werde. Das heißt, diejenigen Rechte, die den Frauenvertreterinnen nach dem Landesgleichstellungsgesetz zugestanden werden, können nicht von den Frauenbeauftragten der Berliner Hochschulen, die zugleich gemäß § 16 Abs. 1 Satz 2 LGG auch Frauenvertreterinnen sind, wahrgenommen werden. Schließlich setzte sich das OVG mit der Frage auseinander, inwieweit der Personalrat die fehlende Beteiligung einer Frauenbeauftragten wirksam rügen könne und kam zu dem Ergebnis, dass nur die Frauenbeauftragte selbst ihre Rechte gegenüber der Dienststelle bzw. gerichtlich einfordern könne.

Die hiergegen beim Bundesverwaltungsgericht eingelegte Rechtsbeschwerde war erfolgreich (BVerwG ­ 6 P 7/94). OVG PV Bln 2.93, Beschluß vom 18. Februar 1994

Stichwort(e)/Rechtsnorm(en): Stellenausschreibungspflicht, Stellenbegriff, § 5 LGG

Das OVG Berlin wies die Beschwerde gegen den Beschluß des VG Berlin vom 18. Februar 1992 ­ VG FK (Bln) ­ B ­ 14.92 ­ zurück und stellte fest, dass Stellen für studentische Hilfskräfte der in § 5 LGG vorgesehenen Ausschreibungspflicht nicht unterliegen. Bei Stellen für studentische Hilfskräfte handele es sich nicht um Stellen im Sinne des Landesgleichstellungsgesetzes.

Nach dem Bedeutungszusammenhang und dem Sinn und Zweck des Landesgleichstellungsgesetzes diene die Stellenausschreibungspflicht der Erfüllung der Gleichstellungsverpflichtung gemäß § 3 LGG. Die Gleichstellungsverpflichtung beziehe sich auf die Beschäftigung im Rahmen von Laufbahnen und Berufsfachrichtungen. An diesen Zusammenhang knüpfe auch der Stellenbegriff an. Die Verpflichtung zur Ausschreibung beziehe sich demgemäß auf Stellen im Bereich von Laufbahnen und Berufsfachrichtungen; Stellen studentischer Hilfskräfte zählten nicht dazu.

OVG 4 S 61.93, Beschluß vom 21. Januar 1994

Stichwort(e)/Rechtsnorm(en): Umfang der Freistellung der Frauenvertreterin, § 16 Abs. 1 Satz 4 LGG

Das OVG Berlin gab der Beschwerde gegen den Beschluß des VG Berlin vom 19. Juli 1993 ­ VG 28 A 129.93 (s. o.) ­ statt und stellte fest, dass der Antrag der Frauenvertreterin auf volle Freistellung von ihren Dienstpflichten nicht begründet war. Die Antragstellerin habe nicht hinreichend glaubhaft dargelegt, daß sie bei der ihr gewährten teilweisen Freistellung die ihr nach dem Landesgleichstellungsgesetz obliegenden Aufgaben nicht erfüllen könne. Der von der Frauenvertreterin vorgelegte Gesamtüberblick über die von ihr wahrgenommenen amtlichen Betätigungen rechtfertige keine volle Freistellung von den dienstlichen Verpflichtungen. Das Gericht führte u. a. aus: Der erforderliche Umfang einer Freistellung könne nicht ­ mit auf längerer Sicht gesehen ­ unregelmäßig anfallenden Aufgaben ­ so der Teilnahme an Bewerbungsgesprächen ­ belegt werden, hierfür sei ein Erhebungszeitraum von drei Monaten zu kurz.

Das OVG führte weiterhin aus, dass beispielsweise die Teilnahme an der Informationsrunde vor der Personalratssitzung, das Treffen der Frauenvertreterinnen der Hauptverwaltungen und die Arbeitsgemeinschaft aller Frauenvertreterinnen und Frauenbeauftragten Berlins nicht zu den gesetzlichen Aufgaben der Frauenvertreterinnen zählen dürften; dies gelte auch für ein Referat der Frauenvertreterin auf der Personalversammlung. Diesbezügliche Zweifel bestünden auch im Hinblick auf die regelmäßige Teilnahme der Frauenvertreterin an einer monatlichen großen und an einer wöchentlichen kleinen Abteilungsleitersitzung sowie hinsichtlich der Planung von Fortbildungsmaßnahmen für Frauen.

Als möglicherweise den gesetzlichen Aufgabenkreis überschreitend, erachtete das Gericht auch die umfangreiche Beratungstätigkeit der Frauenvertreterin. Es stellt fest, dass die Frauenvertreterin keine Personalrätin sei und demzufolge nicht die umfassenderen Aufgaben des Personalrates wahrzunehmen habe. Auch sei die Freistellungsstaffel des § 43 PersVG im Hinblick auf das weniger umfangreiche Aufgabengebiet auf die Freistellung der Frauenvertreterin nicht anwendbar.

AG 96 Ca 30204/92, Urteil vom 19. Februar 1993

Stichwort(e)/Rechtsnorm(en): Arbeitszeitreduzierung unter Beibehaltung der Eingruppierung, § 10 Abs. 1 und 3 LADG (jetzt LGG)

Die 96. Kammer des Arbeitsgerichtes Berlin stellte fest, daß eine vertragliche Regelung, nach der eine Erzieherin, welche bislang in Vollzeitbeschäftigung nach Vergütungsgruppe IV b BAT bezahlt wurde, infolge einer Teilzeitbeschäftigung aus familiären Gründen Vergütungsgruppe IV c BAT ­ für die gleiche Tätigkeit ­ erhalten sollte, rechtswidrig sei.

Eine derartige Regelung verstoße u. a. gegen § 10 Abs. 1 und 3

LADG. Danach solle das Interesse der Dienstkräfte an flexibler, auf die individuellen Bedürfnisse zugeschnittener Gestaltung der Arbeitszeit unter Beachtung der dienstlichen Belange berücksichtigt werden. Die Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit zur Betreuung von Kindern und pflegebedürftigen Angehörigen stehe der Wahrnehmung von gehobenen und Leitungspositionen nicht entgegen, soweit dienstliche Belange nicht entgegenstünden. Damit sehe das Gesetz eine Interessenabwägung vor, die zwangsläufig zugunsten der Klägerin ausfalle, sofern keine schutzwürdigen ­ dienstlichen ­ Belange vorgetragen worden seien.

AG 91 Ca 26137/93, Urteil vom 6. Januar 1994

Stichwort(e)/Rechtsnorm(en): Anspruch auf Arbeitszeitreduzierung, § 10 Abs. 1 und 3 LGG

Die 91. Kammer des Arbeitsgerichtes Berlin stellte fest, dass aus § 10 LGG kein Anspruch auf individuelle Arbeitszeitreduzierung herzuleiten sei. Zwar handele es sich bei § 10 Abs. 1 LGG um mehr als einen unverbindlichen Programmsatz. Er gebiete dem öffentlichen Arbeitgeber sowohl die Abwägung zwischen den widerstreitenden Interessen als auch die Gestaltung seiner Stellenstruktur unter Berücksichtigung der Interessen der Dienstkräfte. Da Stellenplanung und Festlegung der Arbeitszeit aus organisatorischen Gründen dem öffentlichen Dienstherrn oblägen, könne dem Gebot des § 10 Abs. 1 Satz 1 LGG nur durch Einrichtung einer ausreichenden Zahl von Teilzeitarbeitsplätzen Genüge getan werden. Der öffentliche Dienstherr sei jedoch auf Grund des ihm von § 10 Abs. 1 Satz 1 LGG eingeräumten Ermessensspielraumes in seiner Entscheidung frei, wieviele und welche Teilzeitstellen er schaffe bzw. welche Arbeitszeitreduzierungen er im Einzelfalle sodann gewähre. Allerdings müßten diese Teilzeitstellen auf allen Hierarchieebenen angesiedelt sein. Die generelle Ausnahme von Leitungspositionen in Teilzeitbeschäftigung verstoße gegen § 10 Abs. 3 LGG. Ein individueller Anspruch auf Reduzierung der Arbeitszeit käme jedoch nur dann in Betracht, wenn im Einzelfall eine sogenannte Ermessensreduzierung auf Null gegeben sei.

Gegen diese Entscheidung wurde Berufung eingelegt (LAG 15

Sa 24/94, Urteil vom 25. Mai 1994). AG 86 Ca 26564/93 und 86 Ca 26565/93, Urteile vom 25. Januar 1994

Stichwort(e)/Rechtsnorm(en): Anspruch auf Arbeitszeitreduzierung, § 10 Abs. 1 und 3 LGG

Nach Auffassung der 86. Kammer des AG Berlin handelt es sich bei § 10 Abs. 1 LGG nicht um einen gänzlich unerheblichen, politischen Programmsatz. Von der Intention des Gesetzes her müßte die Vorschrift über allgemeingültige Grundsätze hinaus als eigene Anspruchsgrundlage für eine gezielte Frauenförderung ausgelegt werden. Entgegen dem Wortlaut müsse der Dienstherr im Rahmen der dienstlichen Belange das Begehren der Dienstkraft auf Reduzierung der Arbeitszeit abwägen. Dies stelle eine gesetzlich ausgestaltete gesteigerte Fürsorgepflicht des Dienstherrn dar. Nur im Falle dem Wunsch auf Arbeitszeitreduzierung eindeutig entgegenstehender dienstlicher Belange könne dieses Begehren abgelehnt werden.

Die generelle Ablehnung einer Reduzierung der Arbeitszeit im Leitungsbereich einer Kindertagesstätte aus pädagogischen Gründen verstoße gegen § 10 Abs. 3 LGG. Das LGG beziehe sich auf alle gehobenen und Leitungspositionen, d. h., dass vom Grundsatz her keine Leitungsposition einer Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit entgegenstehe.

Gegen diese Entscheidung wurde Berufung eingelegt (LAG 9

Sa 32/94, Urteil vom 18. Juli 1994). LAG 15 Sa 24/94, Urteil vom 25. Mai 1994

Stichwort(e)/Rechtsnorm(en): Anspruch auf Arbeitszeitreduzierung, § 10 Abs. 1 und 3 LGG

Das LAG Berlin änderte die Entscheidung des AG Berlin (AG 91 Ca 26137/93) vom 6. Januar 1994 auf Berufung dahingehend ab, dass § 10 LGG eine Anspruchsgrundlage für die Reduzierung der Arbeitszeit darstelle. Dies bedeute jedoch nicht, dass jedem Begehren nach Arbeitszeitreduzierung nachgekommen werden müsse. Vielmehr seien die Gründe für den Wunsch nach Teilzeittätigkeit einerseits und entgegenstehende dienstliche Belange andererseits gegeneinander abzuwägen.

LAG 10 Sa 35/94, Urteil vom 1. Juli 1994

Stichwort(e)/Rechtsnorm(en): Anspruch Reduzierung der Arbeitszeit, § 10 Abs. 1 und 3 LGG

Die 10. Kammer des LAG Berlin ändert die Entscheidung des AG Berlin (AG 86 Ca 26565/93) vom 25. Januar 1994 dahingehend ab, dass § 10 Abs. 1 Satz 1 LGG einen individuellen

Anspruch auf Reduzierung der Arbeitszeit gewähre, wenn dienstliche Belange nicht entgegenstünden. Berücksichtigungsfähige dienstliche Belange seien darin zu sehen, dass der öffentliche Arbeitgeber in die Lage versetzt werde, die konkrete Arbeitszeitverkürzung vom Arbeitsvolumen her aufzufangen. Das heißt der öffentliche Arbeitgeber müsse in der Lage sein, die von ihm angebotenen öffentlichen Leistungen ungeachtet des Wunsches nach Arbeitszeitverkürzungen in vollem Umfange aufrechtzuerhalten.

Durch Reduzierung von Wochenarbeitszeiten wegfallende Arbeitszeit müsse volumenmäßig kompensiert werden. Daher könnten berücksichtigungsfähige dienstliche Belange ­ so auch in dem hier vorliegenden Einzelfall ­ berührt sein, wenn dies nicht oder nur sehr schwer möglich sei. Dies sei insbesondere bei Stellen, die nur einmal vorhanden seien ­ wie beispielsweise die Leitung einer Kindertagesstätte ­ der Fall.

LAG 9 Sa 32/94, Urteil vom 18. Juli 1997

Stichwort(e)/Rechtsnorm(en): Anspruch auf Arbeitszeitreduzierung, § 10 Abs. 1 und 3 LGG

Die 9. Kammer des LAG Berlin änderte die Entscheidung des AG Berlin (AG 86 Ca 26564/93) vom 25. Januar 1993 dahingehend ab, dass in Anbetracht des Wortlautes der Vorschrift ein Anspruch auf Arbeitszeitreduzierung nach § 10 LGG nicht hergeleitet werden könne. Auch mit Blick auf den erkennbaren Zweck und der Normvorstellung des historischen Gesetzgebers sei ein Anspruch auf Arbeitszeitreduzierung nicht anzunehmen, weil andernfalls der öffentliche Arbeitgeber keine zuverlässige Personalplanung und Dienststellenorganisation mehr leisten könne. Es obläge allein dem öffentlichen Arbeitgeber, darüber zu befinden, wieviel Teilzeitarbeitsplätze bei welchen Dienststellen eingerichtet würden. Jede andere Betrachtung stelle einen Eingriff in die verfassungsrechtlich garantierte Organisationsgewalt des öffentlichen Arbeitgebers dar.

Der hiergegen eingelegte Rechtsbehelf beim Bundesarbeitsgericht (BAG ­ 5 ARZ 753/94, Beschluß vom 29. November 1995) war erfolgreich.

3. Frauenförderung durch öffentliche Auftragsvergabe und staatliche Leistungsgewährung

­ Die Paragraphen 13 und 14 des Landesgleichstellungsgesetzes ­

Neben den Regelungen für den öffentlichen Dienst des Landes Berlin sieht das Landesgleichstellungsgesetz Bestimmungen zur Förderung von Frauen in der Privatwirtschaft vor. Ziel ist es, die Vergabe öffentlicher Mittel im Rahmen von öffentlichen Aufträgen an die Wirtschaft oder von finanziellen Zuwendungen mit frauenpolitischen Interessen zu verbinden.

§ 13 LGG sieht Frauenförderung durch Auftragsvergabe vor: „(1) Beim Abschluß von Verträgen über Leistungen, die einen Aufwand von mehr als 10 000 DM erfordern, soll bei mehreren vergleichbar qualifizierten Anbietern derjenige bevorzugt werden, der sich ausweislich eines Frauenförderplanes der Gleichstellung der Frauen im Erwerbsleben besonders angenommen hat. Der Frauenförderplan enthält mindestens feste Ziel- und Zeitvorgaben zur Erhöhung des Frauenanteils in Orientierung am Ziel des § 3. Es soll festgelegt werden, mit welchen personellen und organisatorischen Maßnahmen der Anteil von Frauen in Bereichen, in denen sie unterrepräsentiert sind, bei dem Anbieter erhöht werden kann. Das Angebot eines Anbieters nach Satz 1 ist auch dann vergleichbar qualifiziert, wenn der Preis geringfügig über dem anderer Angebote liegt. Welche Überschreitungen geringfügig sind, ist der Anlage zu § 13 zu entnehmen.

(2) Beim Abschluß von Verträgen über Leistungen sollen Anbieter, die Personen unterhalb der Grenze des § 8 Abs. 1 SGB IV beschäftigen, keinen Zuschlag erhalten.

(3) Das Nähere, insbesondere über die Art der betroffenen Unternehmen, den Inhalt der Frauenförderpläne und die Kontrolle der Durchführung der angegebenen Frauenfördermaßnahmen, regelt ein Gesetz." § 14 LGG sieht Frauenförderung durch staatliche Leistungsgewährung vor: „(1) Die Gewährung von Leistungen auf die kein Anspruch besteht, auf der Grundlage von Landesgesetzen ist von der Verpflichtung des Empfängers zur Durchführung von Maßnahmen zur aktiven Förderung der Beschäftigung von Frauen im Sinne des Grundsatzes von § 3 abhängig zu machen. Von dieser Bedingung können Empfänger von Leistungen ausgenommen werden, bei denen die Beschäftigung von Männern aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unabdingbar ist.

(2) Der Bewilligungsbescheid ist mit einer entsprechenden Auflage zu versehen.

(3) § 13 Abs. 3 gilt entsprechend."

Die in Rede stehenden Regelungen finden bislang mangels Ausführungsvorschriften keine Anwendung (vgl. hierzu u. a. die Antwort des Senators für Wirtschaft und Technologie, Herrn Dr. Meisner, auf die Große Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Grüne über Vernachlässigung von Fraueninteressen in der Wirtschaftsförderpolitik, Drs 12/3432).

Bereits die Koalitionsvereinbarung zwischen der Christlich Demokratischen Union (CDU) und der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) aus dem Jahre 1991 sah die Einsetzung einer Arbeitsgruppe, bestehend aus „Vertretern der Senatsverwaltung für Frauen, Wirtschaft, Arbeit, Inneres und Justiz, sowie Vertretern der Gewerkschaften, der Arbeitgeberverbände, der Kammern und des Landesarbeitsamtes", vor, die ein Ausführungsgesetz zu § 13 LGG erarbeiten sollte. Diese Arbeitsgruppe beschäftigte sich im Berichtszeitraum ­ allerdings unter veränderter Besetzung ­ primär mit grundsätzlichen Fragen rechtlicher Voraussetzungen für die Errichtung von Ausführungsvorschriften zu den §§ 13 und 14 LGG. Unter Federführung der Senatsverwaltung für Arbeit und Frauen waren Dienstkräfte der Senatsverwaltungen für Bau- und Wohnungswesen, Finanzen, Wirtschaft und Technologie sowie des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen des Landes Brandenburg hieran beteiligt.

Die Arbeitsgruppe kam im Frühjahr 1994 zu dem Ergebnis, daß die Klärung der im Zusammenhang mit der Schaffung einer Ausführungsvorschrift zu den §§ 13 und 14 LGG stehenden Rechtsfragen auf Grund ihrer Komplexität nur durch eine Sachverständigenanhörung zu erreichen sei, welche am 3. November 1994 von der Senatsverwaltung für Arbeit und Frauen durchgeführt wurde. Die Ergebnisse der Sachverständigenanhörung „Öffentliche Auftragsvergabe und staatliche Leistungsgewährung ­ ein Instrument der Frauenförderung? (Teil 1)" lassen sich in Kürze wie folgt zusammenfassen:

Die Koppelung der öffentlichen Auftragsvergabe mit Maßnahmen der Frauenförderung begegnet keine rechtlichen Bedenken, soweit die Verpflichtung zur Frauenförderung als Vertrags- bzw. Auftragsbedingung formuliert wird.

Die Bevorzugung frauenfördernder Unternehmen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge erscheint dagegen nur unterhalb der einschlägigen Schwellenwerte der EG-Auftragsvergaberichtlinien rechtlich zulässig. Auch in diesem Bereich sollte jedoch die Lösung über die Vertrags- bzw. Auftragsbedingungen der Vorzug gegeben werden, da im Falle einer Vertragsverletzung Sanktionsmöglichkeiten eröffnet werden können.

Der generelle Ausschluß von Bietern und Bieterinnen, die Personen unterhalb der Sozialversicherungspflicht beschäftigen, läßt sich mit der grundsätzlichen Entscheidung des Bundesgesetzgebers, derartige geringfügige Beschäftigungsverhältnisse zu billigen, nicht vereinbaren. Im Rahmen der Auftragsvergabe könnte jedoch darauf hingewirkt werden, dass bei der Ausführung öffentlicher Aufträge keine geringfügig Beschäftigten eingesetzt werden.

Weiterhin wurde festgestellt, dass die Verabschiedung eines Ausführungsgesetzes zu § 13 LGG rechtlich nicht geboten sei.

Ausreichend und zweckmäßig sei vielmehr der Erlaß einer Ausführungsverordnung. Eine hierzu erforderliche Ermächtigungsnorm sei in das Landesgleichstellungsgesetz aufzunehmen.