Immobilie

Diese Drucksache enthält den nach Druckschluß zur 46. Sitzung des Abgeordnetenhauses eingebrachten Antrag.

Antrag der Abgeordneten Arnold Krause, Günter F. Toepfer, Utta Stötzer und weiterer 48 Abgeordneter über Aufarbeitung der SED-Diktatur in Berlin

Das Abgeordnetenhaus wolle beschließen:

Der Senat wird aufgefordert, sich im Bundesrat und gegenüber der Bundesregierung für folgende Ziele einzusetzen:

1. Das Ensemble der Gebäude des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit der DDR an der Rusche- und Normannenstraße in Berlin-Lichtenberg wird als Mahnmal mit nationaler Bedeutung anerkannt und zur Aufnahme in eine künftige Gedenkstättenkonzeption des Bundes vorgesehen.

2. Das Land Berlin leistet hierzu einen Beitrag und bietet der Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur die Immobilie Ruschestraße 103, Haus 1 zu einem symbolischen Preis an, während die Bundesregierung die Kosten für die Sanierung des Hauses übernimmt.

3. Der Stiftung, zur Aufarbeitung der SED-Diktatur wird angeboten, ihren Sitz in der ehemaligen Zentrale des Staatssicherheitsdienstes der DDR in der Ruschestraße 103, Haus 1, zu nehmen und/oder dortige Räume zu nutzen.

4. Die Eigenständigkeit der Verbände und Initiativen zur Aufarbeitung der SED-Diktatur im Haus 1 der jetzigen Forschungs- und Gedenkstätte Normannenstraße, Ruschestraße 103, wird weiterhin garantiert. Sie erhalten das Recht, Räume im Haus 1 mietfrei zu nutzen sowie finanzielle Zuwendungen, um ihre Tätigkeit (Forschung, Dokumentation, Information, Beratung) auch künftig weiterfahren zu können.

Begründung:

Die allgemeine Einsicht wächst, dass der Gebäudekomplex des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit der DDR in BerlinLichtenberg den Rang eines Mahnmals mit nationaler Bedeutung hat, weil hier die Bespitzelung und Zersetzung der DDR-Bevölke rung erdacht, geplant und zum Teil ausgeführt wurde und weil seit dem 15. Januar 1990 Menschen diesen Ort in Besitz genommen haben, die selbst Ziel des Terrors und der Zersetzung waren.

Die Arbeit dieser Menschen ist auch künftig unverzichtbar, weil deren aus eigener Betroffenheit gespeistes Engagement und Sensibilität gegen staatliche Willkür und Unterdrückung durch keine Behörde ersetzt werden kann. Deren Arbeit, die seit acht Jahren zum großen Teil durch ehrenamtliche oder nach Arbeitsfördergesetz finanzierte Kräfte geleistet wird, ist wirkungsvoll und effektiv, wie die kontinuierliche Erweiterung der Ausstellung der Forschungs- und Gedenkstätte Normannenstraße und die hohe Zahl von Veranstaltungen und Seminaren an denen rund 48 000 Besucher und Besucherinnen allein im Jahr 1997 teilgenommen haben, zeigt. Der Sitz des ehemaligen Ministers für Staatssicherheit der DDR wird auch künftig als Ort des Lernens und Gedenkens gebraucht. Hier wird erfahrbar, wie sich aus der Stalinistischen Diktatur der frühen Jahre der DDR der leise Terror des späten Sozialismus entwickelt hat, den die Geheimpolizei im Verbund mit den übrigen Organisationen von Staat und Partei gegen ein ganzes Volk gerichtet hat. Hier ist der geeignete Ort in Berlin, eine „Anatomie des SED-Sozialismus" zu zeigen.

Die Folgen von Deformierung, Gängelung und Unterdrückung wirken nach und bedrohen die Entwicklung der Demokratie. Deshalb ist es unverzichtbar, sich den fortdauernden Verführungen des Totalitären entgegenzustellen und in der Zentrale der kommunistischen Deutschen Geheimpolizei die Illusion von dem guten Kern des „wissenschaftlichen Sozialismus" zu entlarven.

Diese Aufarbeitung der Marxistisch-Lenistischen Ideologie ist nicht nur für die Deutschen notwendig, sondern kann auch für die Menschen im ehemaligen Ostblock hilfreich sein, deren ähnlich strukturierte Unterdrückungsapparate bisher nur eingeschränkt erforscht werden können.

Die Behörde des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik, die ihre Existenz maßgeblich den Bürgerrechtlerinnen und Bürgerrechtlern verdankt, ist ebenso wie der Landesbeauftragte aufgefordert, die Opferverbände und Initiativen auf deren Wunsch hin mit allen Kräften zu unterstützen.