Angaben zum Auskunftsanspruch

Interessante Angaben zum Auskunftsanspruch gegenüber der Polizei enthält die Antwort auf eine Kleine Anfrage111. Folgende Zahlen wurden vorgelegt:

Anträge Anträge Anträge Anträge Anträge Anträge Anträge

Die durchschnittliche Bearbeitungsdauer eines Datenauskunftsantrages betrug im ersten Halbjahr 1997 etwa drei Monate.

Fristenberechnung bei der vorbeugenden Straftatenbekämpfung

Bei der Speicherung von Daten eines Betroffenen zur vorbeugenden Straftatenbekämpfung gemäß § 42 Abs. 3 ASOG ist es Praxis des Polizeipräsidenten in Berlin, dass die Prüffrist für die Aufbewahrung der Daten bzw. Unterlagen schematisch nach dem Zeitpunkt des zuletzt gespeicherten Datensatzes berechnet wird. Für bereits vorhandene Datenspeicherungen verlängert sich die Prüffrist ­ unabhängig von der Art der Daten ­ entsprechend. Eine Einzelfallprüfung zur Erforderlichkeit einer weiteren Speicherung dieses Altdatenbestandes über den ursprünglich festgesetzten Zeitpunkt hinaus findet nicht statt.

Durch diese schematische Anwendung der Prüffristen kann eine unvertretbare „Fristenspirale" in Gang gesetzt werden. Im Ergebnis führt dies in vielen Fällen dazu, dass die zur Person gespeicherten Datensätze über Tatvorwürfe Auskunft geben, für die allein die übliche Speicherfrist schon verstrichen wäre. Besonders problematisch werden kann dieser Automatismus, wenn kurz vor Ablauf der Speicherfrist für das erste Delikt ein weiteres aus einem anderen Deliktsbereich hinzukommt oder wenn es nur um ein Bagatelldelikt geht.

Gemäß § 48 Abs. 4 Satz 3 ASOG beginnt der Fristenlauf regelmäßig mit dem letzten Anlaß für eine Datenspeicherung. Die von der Polizei geübte Praxis der Fristenberechnung steht im Widerspruch zu dieser Bestimmung. Durch die Verwendung des Begriffes „regelmäßig" hat der Gesetzgeber klargestellt, dass beim Hinzutreten von Datenspeicherungen die Erforderlichkeit einer weiteren Speicherung bereits vorhandener Daten nicht schematisch vorausgesetzt werden darf, sondern in jedem Einzelfall zu prüfen ist.

Grundsätzlich sind personenbezogene Daten nach § 48 Abs. 2 Nr. 2 ASOG zu löschen, wenn ihre Kenntnis zur Erfüllung der Aufgaben der speichernden Stelle nicht mehr erforderlich ist. Ob die weitere Speicherung erforderlich ist, ist entweder bei der nach bestimmten Fristen vorzunehmenden Überprüfung oder aber aus Anlaß einer Einzelfallbearbeitung festzustellen.

Die Dauer der Prüffristen hat der Gesetzgeber und ­ auf der Grundlage der Verordnungsermächtigung in § 48 Abs. 4 ASOG ­ der Senat im Sinne einer verallgemeinernden Interessenabwägung schematisch festgelegt. Der Fristenlauf beginnt nach § 48 Abs. 4 Satz 3 ASOG und § 4 Abs. 1 Satz 3 der Prüffristenverordnung regelmäßig mit dem letzten Anlaß für eine Datenspeicherung. Jeder neue Speicheranlaß unterbricht also den Fristenlauf und setzt die Prüffrist erneut in Gang.

Mit dieser Regelung haben der Gesetzgeber und der Verordnungsgeber erkennbar die langjährigen bewährten Regelungen der Nr. 5 der Richtlinien für die Führung kriminalpolizeilicher personenbezogener Sammlungen (KPS-Richtlinien) übernommen. Deshalb bestehen keine Bedenken, wenn die Polizei insbesondere auch bei der Fristenberechnung an der langjährigen Praxis festhält, die auf Nr. 5.5 der KPS-Richtlinien beruhte.

Im Einzelfall könnte allerdings die Situation eintreten, dass der letzte Speicheranlaß keinen Einfluß auf die Fristenberechnung hat. Wenn z. B. der letzte Speicheranlaß ein Fall von geringer Bedeutung ist, kann die für diesen Anlaß an sich festzulegende Frist kürzer sein als eine bereits laufende. In diesem Fall ist der spätere Prüfungstermin der bereits laufenden Frist maßgeblich.

Die Prüffrist läuft für alle in einer Datei über einen Betroffenen gespeicherten Daten einheitlich. § 48 Abs. 2 ASOG spricht allgemein von in Dateien gespeicherten personenbezogenen Daten und stellt nicht auf die unterschiedlichen Speicheranlässe ab.

Daraus ergibt sich, dass die Vergabe unterschiedlicher Prüffristen zu verschiedenen Speicheranlässen von Gesetzes wegen nicht geboten ist.

Unabhängig von der Dauer der Prüffristen ist allerdings stets zu erwägen, ob die Speicherung von Daten zu einem neuen Anlaß überhaupt erforderlich ist. Dabei sind die bekannten, aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts abgeleiteten Grundsätze entscheidend. Ein Anlaß, zu dem mangels Erforderlichkeit keine Daten gespeichert werden, kann auch nicht eine laufende Prüffrist unterbrechen und neu in Gang setzen. In diesem Fall läuft die bereits festgesetzte Frist weiter.

Die Prüfung, ob eine weitere Speicherung bereits vorhandener Daten noch erforderlich ist ­ sei es nach Ablauf der Prüffrist oder anläßlich einer Einzelfallbearbeitung ­ muss sich dann auf jedes einzelne zu einer Person gespeicherte Datum beziehen, so daß gegebenenfalls ein Teil der Daten zu bereinigen und ein anderer Teil weiterzuspeichern ist.

Seit Jahren ist das Fehlen hinreichender Rechtsvorschriften für die Durchführung der Sicherheitsüberprüfungen der bedeutendste Mangel der Berliner Gebetzgebung. Es ist deshalb zu begrüßen, dass das Gesetz über die Voraussetzungen und das Verfahren von Sicherheitsüberprüfungen im Land Berlin (Berliner Sicherheitsüberprüfungsgesetz ­ BSÜG ­) vom Senat im März 1997 im Abgeordnetenhaus eingebracht und dort beraten wurde112. Es wird Anfang 1998 in Kraft treten. Das Gesetz regelt den personellen Geheim- und Sabotageschutz bei öffentlichen und nichtöffentlichen Stellen. Es enthält Bestimmungen über die Voraussetzungen und das Verfahren der Sicherheitsüberprüfung von Mitarbeitern, die Beschreibung der Sachverhalte, die ein Sicherheitsrisiko begründen, den Umfang der zu erhebenden Daten, die Nutzung der erlangten Daten für andere Zwecke, die Wiederholungsprüfungen und die Auskunftsrechte des Betroffenen.

Über die von uns bereits gegenüber der Innenverwaltung vorgebrachten, aber nicht akzeptierten Empfehlungen113, hinaus wurden in den Beratungen im Unterausschuß „Datenschutz" des Abgeordnetenhauses weitere Verbesserungen erzielt:

Es soll genauer angegeben werden, welche Voraussetzungen vorliegen müssen, damit eine öffentliche Stelle oder ein Privatunternehmen als „lebens- oder verteidigungswichtig" eingestuft werden kann. In einer Rechtsverordnung sind die zu schützenden Arten von Einrichtungen abschließend festzulegen. Damit wird für die Betroffenen transparent, in welchen Bereichen sie einer Sicherheitsüberprüfung unterzogen werden können. Nicht gefolgt wurde unserer Empfehlung, Sicherheitsüberprüfungen nur auf die Bereiche zu beschränken, in denen einer erheblichen Bedrohung für das Leben zahlreicher Menschen vorgebeugt werden muß114.

Es wird klargestellt, dass der Betroffene auch über die bei der Sicherheitsüberprüfung beabsichtigten Datenerhebungen, z. B. bei Dritten, zu unterrichten ist.

Gestrichen wurden die erweiterte Sicherheitsüberprüfung bei Mitarbeitern, die in Teilen von Behörden tätig sind, die zum Sicherheitsbereich erklärt wurden, die aber selbst keinen Zugang zu Verschlußsachen haben. Hier soll die einfache Sicherheitsüberprüfung genügen.

Angaben, die den Ehegatten oder Lebenspartner betreffen, werden künftig bei den Betroffenen selbst erhoben und nicht in einem einheitlichen Sicherheitsfragebogen abgefragt.

Eine beabsichtigte Beschränkung des Kontrollrechts des Berliner Datenschutzbeauftragten wurde fallengelassen. Personenbezogene Daten einer Person, der Vertraulichkeit zugesichert worden ist, sind entgegen dem Entwurf zumindest dem Berliner Datenschutzbeauftragten persönlich zu offenbaren. Dies ist auch vorgesehen, wenn die Senatsverwaltung für Inneres im Einzelfall feststellt, dass dies die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gebietet.

Der Betroffene erhält einen Anspruch auf Akteneinsicht. Das Landesamt für Verfassungsschutz und der Geheimschutzbeauftragte seiner Beschäftigungsstelle haben ihm auf Antrag Einsicht in die Teile der Akten zu gewähren, die Daten zu seiner Person enthalten. Auch soll dem Betroffenen nicht mehr die Mitteilung verweigert werden, woher die über ihn gespeicherten Daten stammen und an welche Stellen sie weitergeleitet wurden, wenn dem nicht Geheimhaltungsinteressen entgegenstehen.

In folgenden Punkten wurde unseren Empfehlungen nicht gefolgt: Festgehalten wurde an den weitgehenden Möglichkeiten zu Befragungen Dritter. Diese sollen bereits möglich sein, „wenn die Erhebung bei dem Betroffenen oder seinem Lebenspartner nicht ausreicht".

In den Beratungen des Gesetzentwurfs im Unterausschuß „Datenschutz" wurde unter Beteiligung des Berliner Datenschutzbeauftragten die im § 2 Nr. 4 BSÜG enthaltene Formulierung festgelegt. Danach sind Einrichtungen lebens- und verteidigungswichtig, bei deren Ausfall oder Zerstörung eine erhebliche Bedrohung für die Gesundheit oder das Leben zahlreicher Menschen zu befürchten oder die für das Funktionieren des Gemeinwesens unverzichtbar sind. Durch diese Definition sind auch solche Einrichtungen erfaßt, deren Ausfall erhebliche Unruhe in großen Teilen der Bevölkerung entstehen lassen und dadurch die öffentliche Ordnung bedrohen würde.

Der Forderung des Berliner Datenschutzbeauftragten nach dem Zustimmungserfordernis für alle zusätzlichen Befragungen konnte nicht gefolgt werden, weil sonst die Aussagekraft der Sicherheitsüberprüfung nicht mehr gegeben wäre. Auch muss die Vergleichbarkeit der nach dem BSÜG durchgeführten Sicherheitsüberprüfungen mit denen vom Bund und von anderen Ländern durchgeführten Überprüfungen berücksichtigt werden. Die vorliegenden Gesetze des Bundes und anderer Länder gehen generell von der Notwendigkeit der Befragung ohne Zustimmung des Betroffenen aus.

Bericht des Berliner Datenschutzbeauftragten Stellungnahme des Senats

Die Möglichkeit, Daten nicht beim Betroffenen und dessen Ehegatten oder Lebenspartner, sondern ohne deren Zustimmung bei anderen geeigneten Stellen oder Personen zu erheben, besteht nur, um sicherheitserhebliche Erkenntnisse zu verifizieren. Dies ist keineswegs eine großzügige Möglichkeit, um die Befragungen auszudehnen, sondern kann nur in begründeten Einzelfällen angewandt werden. Auch werden mit dieser Regelung nicht die Grenzen zwischen den einzelnen Überprüfungsstufen fließend, da nach § 8 Abs. 1 des Gesetzes eine weitergehende als die ursprünglich vorgesehene Überprüfungsstufe die Unterrichtung des Betroffenen erfordert.

Eine weitere Konkretisierung, welche Personen oder Stellen hiernach befragt werden könnten, ist nicht möglich. Dies ergibt sich aus dem jeweiligen Einzelfall, wird aber vom LfV auch nicht willkürlich festgelegt, da es sich ja um Personen oder Stellen handeln muß, die in Bezug zum Betroffenen stehen und zu konkreten Sachverhalten befragt werden. können die Grenzen zwischen den einzelnen Stufen der Sicherheitsüberprüfung (einfache Sicherheitsüberprüfung, erweiterte Sicherheitsüberprüfung und erweiterte Sicherheitsüberprüfung mit Sicherheitsermittlungen) zerfließen und die Dreiteiligkeit, mit der dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung getragen werden soll, ihrem Sinn nach ins Leere laufen. Der Begriff „geeignete Stellen" oder „weitere geeignete Auskunftspersonen" läßt für den Betroffenen offen, welche Befragungen hier konkret vorgenommen werden. Es bleibt dem Landesamt für Verfassungsschutz überlassen, den zu befragenden Personenkreis zu bestimmen. Die Regelung widerspricht der Forderung der Datenschutzkonferenz vom 13. September 1985115 nach Transparenz des Sicherheitsüberprüfungsverfahrens.

Auch hier handelt es sich um eine im Bund und in den anderen Ländern einheitliche Regelung die aus den vorgenannten Gründen ein Abweichen nicht zuläßt.

Auch die zugelassene Nutzung der Daten für fast alle Aufgaben des Verfassungsschutzes ist bedenklich. Damit kann das Landesamt für Verfassungsschutz durch seine Mitwirkung bei der Sicherheitsüberprüfung in den Besitz von Daten gelangen, die es für seine Aufgaben nicht hätte erheben dürfen.

An den großzügigen Datenspeicherungsbefugnissen des Landesamtes für Verfassungsschutz wurde festgehalten. Es darf nicht nur die Daten des Betroffenen, sondern auch die Daten des Ehegatten oder Lebenspartners in automatisierten Dateien, insbesondere im NADIS, dem bundesweiten Informationssystem der Nachrichtendienste, speichern. Die Möglichkeit, Erkenntnisse, die ein Sicherheitsrisiko begründen, in einer automatisierten Datei zu speichern, soll zwar auf unsere Anregung auf Erkenntnisse über „objektive Sicherheitsrisiken" beschränkt werden; diese verkürzte Darstellung des Akteninhalts in einer Datei bringt dennoch die Gefahr einer Verfälschung und irreführender Verkürzungen der ursprünglichen Aussage mit sich. Gleichzeitig pflegen sich derartige Darstellungen gegenüber der in den Akten enthaltenen Langfassung zu verselbständigen in der Weise, daß bevorzugt und fast ausschließlich auf die Kurzfassung zurückgegriffen wird.

Die im BSÜG festgeschriebene Datenspeicherungsbefugnis ist für das LfV unabdingbar, um der in § 18 Abs. 1 BSÜG festgeschriebenen Unterrichtung der zuständigen Stelle bei nach Abschluß der Sicherheitsüberprüfung anfallenden Erkenntnissen zeitnah nachkommen zu können. Dies gilt ebenso für die Speicherung im NADIS, wodurch Erkenntnisse anderer Verfassungsschutzbehörden einer sicherheitsüberprüften Person zugeordnet werden können. Die Daten der Ehegatten oder Lebenspartner werden nur bei den erweiterten Sicherheitsüberprüfungen nach den §§ 11 und 12 BSÜG, nicht aber bei der einfachen Sicherheitsüberprüfung nach § 10 BSÜG im NADIS gespeichert.

Zur Speicherungsbefugnis der objektiven Sicherheitsrisiken sind die Befürchtungen des Berliner Datenschutzbeauftragten hinsichtlich einer Verselbständigung und Qualitätsverschlechterung der Daten bzw. Verfälschung und/oder irreführenden Verkürzung der ursprünglichen Aussage unbegründet. Durch diese Datei wird nicht die Heranziehung der Akte entbehrlich. Mit der Datei soll vielmehr erreicht werden, dass bei der Vielzahl von Sicherheitsüberprüfungsakten das LfV im Bedarfsfall im Rahmen einer Querschnittsabfrage schnell auf alle in Frage kommenden Akten zugreifen kann.

Die Probleme bei der Trennung der relevanten personenbezogenen Informationen über die beobachteten Gruppierungen von Angaben über sonstige PDS-Mitglieder sind vom Berliner Datenschutzbeauftragten zutreffend dargestellt. Eine Beobachtung von Teilgruppierungen der PDS bei einem völligen Verzicht auf Unterlagen, die auch Informationen zur Gesamtpartei enthalten, ist naturgemäß nicht möglich. Das Landesamt für Verfassungsschutz legt jedoch einen strengen Maßstab an und prüft in jedem Einzelfall die Erforderlichkeit einer Datenspeicherung.

Beobachtung von Gruppierungen innerhalb der PDS

Aus der Mitte des Abgeordnetenhauses wurden wir um Überprüfung der Verarbeitung personenbezogener Daten im Zusammenhang mit der Beobachtung von Gruppierungen innerhalb der PDS gebeten.

Das Landesamt für Verfassungsschutz beobachtet sieben als verfassungsfeindlich eingestufte Gruppierungen innerhalb der PDS, soweit erforderlich auch mit nachrichtendienstlichen Mitteln. Eine Beobachtung der PDS als Gesamtpartei erfolgt nicht.

Die fachliche Schlußfolgerung, dass tatsächliche Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen bei den beobachteten Gruppierungen vorliegen, ist nicht vom Berliner Datenschutzbeauftragten zu bewerten. Unsere Prüfung beschränkte sich auf die Frage, ob vor dem Hintergrund der negativen Erfahrungen im Zusammenhang mit der Beobachtung der AL116 sichergestellt ist, daß keine Daten über Personen erhoben und gespeichert werden, die lediglich im Zusammenhang mit der PDS stehen und keine als verfassungsschutzrelevant eingestuften Aktivitäten im Zusammenhang mit den beobachteten Gruppierungen entfalten.

JB 1985, Anlage 4