Akteneinsichtstermin

Eine erhebliche Unsicherheit haben wir im Umgang mit Mieterdaten festgestellt, wenn Grundstückseigentümer ein Anwesen ­ unter Beibehaltung der Mietverträge ­ verkauften. So beschwerten sich Mietparteien mehrere Male, dass ihnen eine Veräußerungsanzeige zugegangen sei, der neben dem vollständigen notariellen Kaufvertrag auch eine Liste beigefügt war, in der einzelne Mieterinnen und Mieter namentlich mit ihren angeblichen Mietrückständen aufgeführt waren. Der Gesetzgeber geht in § 569 i. V. m. § 577 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) davon aus, dass der mit der Veräußerungsanzeige beabsichtigte Schutz der Mieterinteressen auch ohne die Übermittlung von Vertragsdaten Dritter erreicht werden kann. Deshalb enthalten diese Vorschriften keine Befugnis zur Datenübermittlung.

Wir bewirkten mit Unterstützung der Senatsverwaltung für Justiz, dass die Notarkammer ihre Mitglieder auf die Rechtslage hinwies.

Mehrere Tageszeitungen veröffentlichten in ihrem Internetauftritt Handelsregisterdaten. Dabei konnte man mit einer Suchmaske nicht nur nach Firmen, sondern auch nach Personennamen suchen. Da man hierdurch die wirtschaftliche Betätigung von Menschen nachvollziehen konnte, bestand die Gefahr, dass wirtschaftliche Persönlichkeitsprofile hergestellt werden.

Wir haben gemeinsam mit dem für das Handelsregister zuständigen Amtsgericht bewirkt, dass diese Veröffentlichungspraxis geändert wurde.

Eine Bürgerin beschwerte sich darüber, dass ihr beim Akteneinsichtstermin im Bezirksamt Reinickendorf das Fotografieren der nach Informationsfreiheitsgesetz (IFG) vorgelegten Unterlagen untersagt wurde. Wir waren ­ wie das Bezirksamt ­ der Auffassung, dass das IFG eine solche Vervielfältigungsmöglichkeit formal nicht vorsieht. Gleichwohl konnten wir das Bezirksamt davon überzeugen, dass mitgebrachte Vervielfältigungsgeräte wie Fotoapparate und Scanner eine Verringerung des Aufwandes für beide Seiten bedeuten: Die Bürgerin erspart sich die für Kopien anfallende Gebühr, der Staat das Kopieren sowie das Einziehen der Gebühr. Das Bezirksamt folgte unserer Empfehlung, die Vervielfältigung künftig zu gestatten, wenn die Voraussetzungen für die Herausgabe von Kopien nach § 13 Abs. 5 IFG vorliegen.

Nach § 13 Abs.5 IFG Berlin sind dem Antragsteller oder der Antragstellerin auf Verlangen Ablichtungen der Akten oder von Teilen derselben anzufertigen oder zur Verfügung zu stellen. Die Art und Weise, wie Ablichtungen zur Verfügung gestellt werden, ist nicht näher bestimmt und steht im Ermessen der Behörde.

Das Anfertigen von Kopien mittels eines mitgebrachten Vervielfältigungsgeräts wie Fotoapparat oder Scanner ist danach nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Es kann aber im Einzelfall nicht zuzulassen sein, wenn der Umfang der Ablichtungen und der hiermit verbundene Verwaltungsaufwand für die Behörde nicht gegenüber dem Anfertigen von Kopien außer Verhältnis stehen.

17. Aus der Dienststelle:

Entwicklungen:

Die Zahl der Eingaben von Bürgerinnen und Bürgern hat bei uns einen neuen Höchststand erreicht. Dies beruht vor allem auf einem Anstieg der Beschwerden gegen private Datenverarbeiter. Dabei wurden die zunehmenden telefonischen Anfragen nicht erfasst. Insgesamt ist festzustellen, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Dienststelle die permanent wachsenden Aufgaben der Beratung, Kontrolle und Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten kaum noch angemessen erfüllen können. Deshalb ist eine mode-rate Erweiterung der Personalkapazität dringend ge-boten, um den Auftrag der Verfassung von Berlin (Art. 47) zur Wahrung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung weiterhin erfüllen zu können. Zudem sind neue Aufgaben bereits absehbar, die bei Verabschiedung eines Datenschutz-Auditgesetzes auf Bundesebene auf die Dienststelle zukommen würden.

Im Rahmen der Haushaltsplanaufstellung 2010 und 2011 wurde dem beantragten Stellenmehrbedarf des Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit von der Senatsverwaltung für Finanzen entsprochen.

Zusammenarbeit mit dem Abgeordnetenhaus:

Der Unterausschuss „Datenschutz und Informationsfreiheit" des Ausschusses für Inneres, Sicherheit und Ordnung des Abgeordnetenhauses hat die Stellungnahme des Senats zum Jahresbericht 2006 abschließend beraten und außerdem zahlreiche aktuelle Fragen des Datenschutzes und der Informationsfreiheit erörtert. Seine parteiübergreifend beschlossenen Empfehlungen sind in den Beschluss des Abgeordnetenhauses vom 10. Juli eingegangen.

Zusammenarbeit mit anderen Stellen:

Die enge Kooperation mit anderen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit ist eine wesentliche Voraussetzung dafür, dass aktuelle Fragen ­ möglichst einheitlich beantwortet und die Antworten auch öffentlich gemacht werden. Die Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder, die den Datenschutz im Bereich der öffentlichen Verwaltung zum Gegenstand hat, tagte unter dem Vorsitz des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit am 3./4. April in Berlin und am 6./7. November in Bonn. Sie fasste zahlreiche Entschließungen, die aktuelle, aber auch grundlegende Fragen des Datenschutzes betreffen. Hervorzuheben ist die sog. Berliner Erklärung vom 4. Ap l. Für das Jahr 2009 hat der Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit den Konferenzvorsitz übernommen.

Die nicht mehr zeitgemäße Aufspaltung der Datenschutzkontrolle zwischen dem öffentlichen und dem nicht-öffentlichen Bereich spiegelt sich darin wieder, dass neben der Datenschutzkonferenz der „Düsseldorfer Kreis" der Aufsichtsbehörden für den Datenschutz in der Privatwirtschaft besteht, der unter dem Vorsitz des Hessischen Ministeriums des Innern und für Sport am 17./18. April und am 13./14. November in Wiesbaden tagte. Dabei wurden fünf Beschlüsse zu Fragen des Datenschutzes im Internet und beim Versandhandel, aber auch zur Datenschutzgesetzgebung gefasst.

Für das Jahr 2009 hat der Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit Mecklenburg-Vorpommern den Vorsitz in diesem Gremium übernommen.

Die Konferenz der Informationsfreiheitsbeauftragten, die am 11. Juni unter dem Vorsitz des Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit des Saarlandes und am 3./4. Dezember unter dem Vorsitz des Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit Mecklenburg-Vorpommern tagte, hat drei Entschließungen zur Transparenz in der Finanzverwaltung und zur Stärkung der Informationsfreiheit auf europäischer Ebene gefasst. Im ersten Halbjahr 2009 hat der Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit Sachsen-Anhalt den Vorsitz dieser Konferenz übernommen.

Wir vertreten die Datenschutzbeauftragten und die Aufsichtsbehörden der Bundesländer in der Arbeitsgruppe nach Artikel 29 der Europäischen Datenschutzrichtlinie. Diese Arbeitsgruppe hat u. a. eine Stellungnahme zu Datenschutzfragen im Zusammenhang mit Suchmaschinen beschlossen, die zu einem Wettbewerb um besseren Datenschutz unter den Suchmaschinenanbietern beitrug.

Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit und die französische Commission Nationale de lInformatique et des Libertes luden vom 15. ­ 17. Oktober zur 30. Internationalen Konferenz der Datenschutzbeauftragten im Europarat in Straßburg ein. Anlass war zugleich das 30-jährige Bestehen der beiden nationalen Datenschutzbehörden. Dabei wurden Entschließungen zum Schutz der Privatsphäre von Kindern im Internet, zum Datenschutz in sozialen Netzwerkdiensten und zur Dringlichkeit der Erarbeitung internationaler Normen zum Schutz der Privatsphäre verabschiedet. Die Internationale Arbeitsgruppe zum Datenschutz in der Telekommunikation („Berlin Group") tagte unter unserem Vorsitz am 3./4. März in Rom und am 16. Oktober in Straßburg.