Anspruchsminderung

Auch in diesem Fall wirkt sich die Anspruchsminderung aber zunächst zu Lasten des Dienstherrn aus, auf den die Ersatzansprüche teilweise übergegangen sind.

Zum Sachverhalt: Die klagende Bundespost erhebt unter Berufung auf § 87a BBG Ansprüche aus der Verletzung des bei ihr als Posthauptschaffner tätig gewesenen Beamten S. Dieser wurde 1970, damals 44 Jahre alt, durch Alleinverschulden eines Versicherungsnehmers der Beklagte bei einem Verkehrsunfall schwer verletzt; er erlitt unter anderem Hüftgelenk- und Beckenbrüche. Nach dem Unfall hat S, der bisher im Bahnpost-Paketdienst eingesetzt und im Unfallzeitpunkt nur wegen einer Leistenbruchoperation vorübergehend dienstunfähig gewesen war, seine Arbeit bei der Kläger nicht wieder aufgenommen. Er wurde mit Wirkung ab 1. 7. 1971 in den Ruhestand versetzt, nachdem er von dem zuständigen Postarzt für dienstunfähig befunden worden war. Seitdem ist S keiner Erwerbstätigkeit mehr nachgegangen und hat zeitweise auch Sozialhilfe in Anspruch genommen, da seine Pensionsbezüge für seinen und seiner Familie Unterhalt unzulänglich waren. Die Kläger beansprucht von der Beklagte Erstattung des an S bezahlten Ruhegehaltes. Diesem Begehren ist die Beklagte für die Zeit bis einschließlich April 1974 nachgekommen. Im gegenwärtigen Rechtsstreit macht die Kläger diesen Ersatzanspruch auch für den Zeitraum vom 1. 5. 1974 bis zum 31. 12. 1978 geltend und hat ihre Forderung auf DM 73209,57 nebst Zinsen berechnet. Sie verfolgt diese, nachdem sie in den Vorinstanzen erfolglos geblieben war, mit der Revision weiter die ebenfalls erfolglos blieb.

Aus den Gründen: Dass die Unfallverletzung des S seine Zurruhesetzung ursächlich ausgelöst hat, stellt das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler fest. Damit ist die für den Beamten mit der Zurruhesetzung verbundene Einkommenseinbuße grundsätzlich ein ihm zu ersetzender Schaden. Das gleiche gilt für den als Ersatzanspruch auf den Dienstherrn übergehenden Aufwand für die Zahlung des Ruhegehaltes, weil § 87a S. 1 BBG insoweit einen übergangsfähigen Schaden zwingend fingiert, damit der Versorgungsanspruch nicht im Ergebnis dem Schädiger zugute kommt.

Das Berufungsgericht meint, ob S zurecht in den Ruhestand versetzt bzw. später nicht reaktiviert worden sei, dürfe im Zivilprozess nicht geprüft werden. Das ist zunächst insofern richtig, als der Verwaltungsakt der Zurruhesetzung und der darauf beruhende beamtenrechtliche Status hinzunehmen sind; Nichtigkeitsgründe sind hier nicht ersichtlich. Dass unabhängig davon dem Dienstherrn als Legalzessionar die Verletzung einer Obliegenheit gegenüber dem Schädiger in entsprechender Anwendung der Vorschrift des § 254 II BGB entgegengehalten werden könnte, hat der erkennende Senat gelegentlich erwogen. Wenn das Berufungsgericht diese zusätzliche Prüfung, zu der seine tatsächlichen Feststellungen wenig Anlass gaben, unterlassen hat, ist das schon deshalb unschädlich, weil es über die vom Geschädigten selbst versäumte Schadensminderung ohnehin zur Klagabweisung gelangt.

Insofern kommt das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis, dass sich der Ruhestandsbeamte S selbst dem Einwand des Mitverschuldens ausgesetzt hat, weil er nicht bemüht war, seine restliche Arbeitskraft auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verwerten. Dazu war er dem Schädiger gegenüber gehalten. Dieses Mitverschulden ist nicht nur fiktiv, wie das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang der Sache nach richtig erkennt; denn die Minderung eigenen Schadens ist keine Rechtspflicht, sondern nur eine Obliegenheit im Rahmen des schuldrechtlichen Verhältnisses zum Schädiger. S war rechtlich nicht gehindert, sich mit seiner Pension zu begnügen und auf einen Zusatzerwerb zu verzichten. Indessen durfte sich daraus keine höhere Schadensersatzbelastung des Schädigers ergeben.

Dass das Berufungsgericht die weitere Fähigkeit des S zu leichterer ganztägiger Tätigkeit feststellt, lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Es hat dabei die ihm aus anderen Verfahren vorgelegten Gutachten gegeneinander abgewogen und denjenigen, die von der LVA und in den sozial- gerichtlichen Verfahren erhoben worden sind, gegenüber den von der Kläger veranlassten amtsärztlichen Zeugnissen den Vorzug gegeben. Die Begründung dafür ist nicht nur rechtlich möglich, sondern einleuchtend. Die Revision versucht insoweit, ihre eigene Würdigung unzulässigerweise an die Stelle derjenigen des Tatrichters zu setzen. Dass sie die mündliche Anhörung eines der beteiligten Gutachter beantragt hätte, behauptet die Kläger nicht.

Rechtlichen Bestand hat auch die Feststellung des BerGer, dass S in der Lage gewesen wäre, eine Stelle zu finden, in der er seine verbliebene Arbeitskraft angemessen verwerten konnte. Es handelt sich hier um eine tatrichterliche Beurteilung, die sich im freieren Rahmen des § 287 ZPO bewegt und auf die richterliche Kenntnis des regionalen Arbeitsmarktes gestützt ist. All dies lässt einen Rechtsfehler ebenso wenig erkennen wie die an dem Senatsurteil vom 23. 1. 1979 ausgerichtete Beurteilung der Darlegungs- und Beweislast. Wenn der Beamte sich damit begnügt hat, sich beim örtlichen Arbeitsamt zu melden und dabei mit zwei entbehrlichen Unterarmkrücken als Schwerbeschädigter aufgetreten ist, sich auch im wesentlichen nur um eine Halbtagsarbeit beworben hat, dann kann es der Beklagte nicht zugemutet werden, ihm demgegenüber eine bestimmte Arbeitsstelle nachzuweisen, deren Anforderungen er entgegen seiner eigenen Meinung gewachsen gewesen wäre. Vielmehr muss der Beamte - bzw. hier sein Rechtsnachfolger - es hinnehmen, dass der Tatrichter den mutmaßlichen Erfolg, den obliegenheitsgerechte Bemühungen gehabt hätten, anhand der damaligen Lage des Arbeitsmarktes beurteilt. Auch soweit die Überbewertung seiner Beschwerden durch S nicht bewusst, sondern im Rahmen einer begehrensbestimmten Fixierung erfolgt sein sollte, was angesichts einer ähnlichen Haltung seiner bei dem Unfall ebenfalls verletzten Ehefrau in Betracht gezogen werden musste, hält sich das angefochtene Urteil bei seiner Verneinung eines Ersatzanspruchs im Rahmen der Rechtsprechung des BGH.

Hat aber S in dem fraglichen Zeitraum in zurechenbarer Weise einen Zusatzerwerb unterlassen, der mindestens die Höhe seiner Pensionsbezüge erreichte, dann entfällt der Anspruch der Kläger deshalb, weil sie den Anspruchsübergang sonst entgegen § 87a S. 2 BBG zum Nachteil des Beamten geltend machen würde. Das greift die Revision ohne Erfolg an. Sie missversteht insoweit das Senatsurteil vom 23. 1. 1979, wo insbesondere dem Schlussabschnitt das Gegenteil der von ihr vertretenen Berechnungsmethode zu entnehmen ist.

Das Vorrecht des Beamten bedeutet, dass er aus dem Anspruch gegen den Schädiger zunächst seinen nach Zahlung der Pension verbleibenden Schaden decken darf; er soll lediglich nicht auf Kosten des Dienstherrn mehr erhalten, als er vor dem Schadensereignis gehabt hat. Der Schaden des Beamten besteht aber im Entgang seiner aktiven Dienstbezüge. Er würde nur gemindert, wenn der Pensionär tatsächlich einem Ersatzerwerb nachginge. Die erhaltene Restarbeitskraft, die eingesetzt werden könnte, stellt als solche ebenso wenig eine Schadensminderung dar, wie der Ausfall der Arbeitskraft als solcher einen Schaden bildet. Sie bewirkt nur eine Anspruchsminderung gegenüber dem Schädiger, die sich nach dem Sinn des § 87a S. 2 BBG im Zweifel zu Lasten des Dienstherrn auswirken muss. Der Beamte soll diesem gegenüber im Falle einer Anspruchsminderung gemäß § 254 II BGB nicht schlechter gestellt werden als im Falle eines Mitverschuldens gemäß Abs. 1. Die gegenteilige Ansicht müsste zu einer dem Versorgungsrecht fremden Schadensminderungspflicht des Beamten gegenüber dem Dienstherrn führen. Dass damit die Untätigkeit des Ruhestandsbeamten gegebenenfalls zu Lasten des Dienstherrn geht, beruht darauf, dass der Anspruch auf Ruhegehalt bei Eintritt der beamtenrechtlichen Voraussetzungen unbedingt ist und nicht davon abhängt, ob ein Fremdverschulden für diese Voraussetzungen ursächlich geworden ist.