Bauauftrag teilweise entzogen

Zur Pflicht des Auftragnehmers, dem ein Bauauftrag teilweise entzogen worden ist, den Auftraggeber auf Fehler in seinem ursprünglichen Vertragsangebot hinzuweisen, die sich auf die nicht mehr von ihm, sondern von einem anderen Unternehmer oder vom Auftraggeber selbst ausgeführten Arbeiten beziehen.

Zum Sachverhalt: Der Kläger ließ 1978 ein Fertighaus errichten. Er beauftragte die Beklagte, einen Typenkeller aus deren Lieferprogramm zu erstellen. Nach der Baubeschreibung gehört dazu eine Ring- und eine Flächendrainage. Die Geltung der VOB/B war vereinbart. Vertragsinhalt wurde u. a. ein Angebot der Beklagte vom 28. 8. 1978 über Mehrkosten und Gutschriften. Die darin enthaltenen Positionen 4 (Verfüllen der Arbeitsräume mit dem an der Baustelle lagernden Boden) und 11 (98 m2 Drainplatten vor den Isolierputzstellen) nahm der Klägerspäter wieder aus dem Auftrag heraus, nachdem es im Zusammenhang mit anderen Leistungen der Beklagte zu Unstimmigkeiten gekommen war. Die Drainplatten brachte er selbst an, das Verfüllen der Arbeitsräume vergab er an einen anderen Unternehmer. In der Folgezeit trat im Keller des Hauses Feuchtigkeit auf, deren Ursache der Klägerdarin sieht, dass die Wanddrainage unzulänglich sei. Er hält insoweit bereits das Angebot der Beklagte für fehlerhaft. Durch Schreiben vom 2. 1. 1980 forderte er deshalb die Beklagte zur Mängelbeseitigung auf, was diese jedoch ablehnte. Sie führt die Feuchtigkeitserscheinungen allein auf die vom Kläger selbst bzw. einem Drittunternehmer ausgeführten Arbeiten zurück. Der Kläger begehrt einen Kostenvorschuss von 17000 DM.

Das Landgericht hat der Kläger stattgegeben, das Oberlandesgericht hat sie abgewiesen. Die - zugelassene - Revision des Klägers blieb ohne Erfolg.

Aus den Gründen: I. Das Berufungsgericht geht in Übereinstimmung mit dem Landgericht davon aus, dass die Ringdrainage Mängel aufweist.

Nach seinen Feststellungen hätten die konkreten Bodenverhältnisse - lehmiger, bindiger Boden - eine vertikale Sickerschicht erforderlich gemacht, die bei der hier gewählten Drainplattenkonstruktion aus einer zusätzlichen Sandfilterschicht hätte bestehen müssen. Das Fehlen dieser Sandschüttung sei ursächlich für die Feuchtigkeitseinbrüche im Keller des Klägers geworden. Dennoch sei die Beklagte nicht gewährleistungspflichtig, weil sie nach Entziehung eines Teils des Auftrags keine vollständige Ringdräinage mehr geschuldet habe. Ihre tatsächlich erbrachte Leistung, insbesondere die Verlegung der Drainageleitung, sei fehlerfrei. Die Sickerschicht hätte erst eingefügt werden können, nachdem die Drainplatten angebracht gewesen seien. Das habe aber nicht mehr zum Aufgabenbereich der Beklagte gehört, da der Kläger die Platten bereits selbst verlegt gehabt habe. Das objektiv fehlerhafte, weil keine Sandschüttung vorsehende Angebot der Beklagte vom 28. 8. 1978 löse keine Gewährleistungsansprüche aus. Die Beklagte haben weder das Angebot als solches noch die Planung einer Drainage geschuldet. Hätte die Beklagte ihre Arbeiten fortgesetzt, so hätte sie ihr Angebot allerdings um die bis dahin fehlende Sickerschicht ergänzen müssen. Dazu habe aber kein Anlass mehr bestanden, nachdem ihr der Auftrag teilweise entzogen worden sei. Ebenso wenig habe die Beklagte eine vertragliche oder vorvertragliche Nebenpflicht verletzt, weil sie ein fehlerhaftes Angebot unterbreitet habe, und sich dadurch schadensersatzpflichtig gemacht. Insoweit fehle es nämlich an dem erforderlichen Verschulden. Das Angebot sei unter normalen Bedingungen einwandfrei gewesen, es habe sich nur nicht für die konkreten Bodenverhältnisse geeignet. Diese habe die Beklagte vor Beginn der Bauarbeiten nicht gekannt und auch nicht zu kennen brauchen, da sie zu Probeschachtungen nicht verpflichtet gewesen sei.

Das alles lässt Rechtsfehler nicht erkennen und wird von der Revision auch nicht angegriffen.

II. Das Berufungsgericht ist weiterhin der Ansicht, die geltend gemachte Forderung sei auch nicht deshalb gerechtfertigt, weil die .Beklagte es unterlassen habe, den Kläger auf die Unvollständigkeit ihres Angebots und die Notwendigkeit einer Filterschicht hinzuweisen. Dadurch habe die Beklagte weder gegen § 4 Nr. 3 VOB/B verstoßen noch eine vertragliche Nebenpflicht verletzt. Dagegen wendet sich die Revision ohne Erfolg.

1. Gern. § 4 Nr. 3 VOB/B hat der Auftragnehmer Bedenken gegen die vorgesehene Art der Ausführung, gegen die Güte der vom Auftraggeber gelieferten Stoffe oder Bauteile sowie gegen die Leistungen anderer Unternehmer unverzüglich schriftlich mitzuteilen. Kommt er dieser Prüfungs- und Hinweispflicht nicht nach und wird dadurch das Gesamtwerk beeinträchtigt, so ist seine Werkleistung mangelhaft (§ 13 Nr. 3 VOB/B; vgl. Senat, LM § 633 BGB Nr. 3; WM 1970, 354 [355]; Dähne, BauR 1976, 226; Heiermann-Riedl-Schwaab, VOB, 3. Aufl., B § 4.3 Rdnr. 34). Der Besteller ist alsdann berechtigt, ihn auf Gewährleistung in Anspruch zu nehmen (Senat, VersR 1964, 516 [517] m. Nachw.; Korbion-Hochstein, Der VOB-Vertrag, 2. Aufl., Rdnr. 82).

a) Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind im vorliegenden Fall jedoch nicht erfüllt. Zwar beruht die Unzulänglichkeit der Ringdrainage auf der von Anfang an vorgesehenen Art der Ausführung, d. h. auf dem Fehlen der erforderlichen Sandschüttung vor den Drainplatten. Dabei handelte es sich aber nicht um eine von der Beklagte zu prüfende Vorgabe des Klägers, sondern um ihr eigenes Angebot, das zum Vertragsgegenstand gemacht worden ist. Auf eine so in Aussicht genommene Art der Ausführung bezieht sich § 4 Nr. 3 VOB/B nicht, da der Auftragnehmer gemäß §§ 4 Nr. 2, 13 Nr. 1 VOB/B ohnehin dafür einzustehen hat, dass das geschuldete Werk mängelfrei ist (vgl. Senat, Urteil vom 15. 3. 1971 - VII ZR 153/69; BauR 1975, 276 [280]; Ingenstau-Korbion, VOB, 9. Aufl., B § 4.3 Rdnr. 90a). Einer besonderen Mitteilung bedürfen lediglich Bedenken gegen die von dritter Seite (z. B. Auftraggeber, Architekt) vorgesehene Art der Ausführung oder gegen die Leistung anderer Unternehmer.

b) Hier ist allerdings der fehlerhafte Teil des Angebots nachträglich wieder aus dem Auftrag herausgenommen und anderweitig ausgeführt worden. Eine Haftung der Beklagte nach allgemeinen Gewährleistungsregeln schied damit endgültig aus. Daraus ergab sich jedoch keine Erweiterung ihrer Hinweispflicht gemäß § 4 Nr. 3 VOB/B. Diese betrifft, wie § 13 Nr. 3 VOB/B zu entnehmen ist, lediglich die Beschaffenheit der Vorleistungen anderer Baubeteiligter, nicht dagegen etwaige Nachfolgearbeiten (BGH, WM 1970, 354 [355]; NJW 1974, 747 Nr. 5 = LM VOB Teil B Nr. 69; Kaiser, Das MängelhaftungsR der VOB Teil B, 3. Aufl., Rdnr. 54). Dem Auftragnehmer obliegt keine umfassende Beratung des Bauherrn in Planungs- und Ausführungsfragen. Er ist nur verpflichtet, seine Leistung so zu erbringen, dass sie eine geeignete Grundlage für die darauf aufbauenden Folgeleistungen bildet (Senat, BauR 1975, 341, [342] m. Nachw.; Ingenstau-Korbion, B § 4. 3 Rdnr. 100). Deshalb traf auch die Beklagte, die bis zur Entziehung des Auftrags fachgerecht gearbeitet hatte, eine aus § 4 Nr. 3 VOB/B herzuleitende Prüfungs- und Hinweispflicht bezüglich der von anderen ausgeführten Anschlussarbeiten. Obgleich nach ihrem ursprünglichen Angebot unverändert weitergebaut wurde, handelte es sich insoweit nicht um einen Bestandteil ihrer eigenen Werkleistung.

2. Die Beklagte könnte deshalb allenfalls gegen ihre allgemeine Leistungstreuepflicht verstoßen haben.

a) In aller Regel gebietet die Leistungstreuepflicht aber nicht, dass der Auftragnehmer die seiner Werkleistung nachfolgenden Arbeiten beobachtet und den Auftraggeber auf zu erwartende bzw. bereits aufgetretene Mängel aufmerksam macht. Vielmehr darf er grundsätzlich darauf vertrauen, dass die Nachunternehmer oder der in Eigenleistung tätig werdende Besteller selbst die erforderlichen Kenntnisse besitzen und die anerkannten Regeln der Bautechnik einhalten (vgl. Senat, WM 1970, 354 [355]; BauR 1975, 341 [342]). Das gilt um so mehr, als der nachfolgende Unternehmer gemäß §§ 4 Nr. 3, 13 Nr. 3 VOB/B seinerseits verpflichtet ist, dem Auftraggeber etwaige Bedenken gegen die vorgesehene Ausführungsart oder gegen die Eignung der Vorleistung mitzuteilen (BGH, BauR 1975, 341 [342]).

b) Eine Ausnahme ist nur zu machen, wenn der zunächst ausführende Auftragnehmer Anhaltspunkte dafür hat, dass der nachfolgende am Bau Beteiligte fachlich nicht zu erkennen vermag, ob die Vorarbeit für ihn eine geeignete Arbeitsgrundlage darstellt, oder wenn ihm bekannt ist, dass die Anschlussarbeiten fehlerhaft ausgeführt werden. Dann gehört es zu seinen Pflichten aus dem Bauvertrag, den Auftraggeber auf solche Tatbestände hinzuweisen und ihn so vor Schäden zu bewahren (BGH, WM 1970, 354 [355]; BauR 1975, 341 [342]; Oberlandesgericht Karlsruhe, BauR 1971, 56 [57]; Kaiser, Rdnr. 54; Ingenstau-Korbion, B § 4. 3 Rdnr. 100). Diese vertragliche Nebenpflicht folgt aus dem in § 242 BGB niedergelegten Grundsatz von Treu und Glauben (vgl. auch BGH, NJW 1960, 1813 Nr. 9 = LM § 13 VOB Teil B Nr. 4). Ihre Verletzung begründet keine Gewährleistungsansprüche gemäß § 13 VOB/B,(bzw. §§ 633ff. BGB), sondern löst Schadensersatzansprüche wegen positiver Vertragsverletzung aus (Kaiser, Rdnr. 54; Heiermann-RiedlSchwaab, B § 4.3 Rdnr. 34b; Ingenstau-Krobion, B § 4.3 Rdnr. 100 a. E.). Dabei ist es ohne Bedeutung, ob in dem Zeitpunkt, in dem der Hinweis hätte gegeben werden müssen, das Vertragsverhältnis durch Erfüllung oder durch (Teil-)Kündigung bereits beendet war. Aus dem Gebot redlicher und verkehrsüblicher Vertragserfüllung folgt für den Auftragnehmer nämlich auch nach der eigentlichen Leistung noch eine Rechtspflicht zu bestimmten Handlungen oder Unterlassungen, wenn andernfalls der Vertragszweck vereitelt oder gefährdet würde (vgl. BGHZ 16, 4 [10] = LM § 2 KunstUrhG Nr. 1 = NJW 1955, 460; BGHZ 20, 169 [172] = LM § 858 BGB Nr. 1 = NJW 1956, 787; BGHZ 61, 176 [179] = LM § 676 BGB Nr. 13 = NJW 1973, 1923; BGH, LM § 259 BGB Nr. 22 = NJW 1982, 1807 [1808] m. Nachw.; NJW 1952, 867 [L] = LM § 362 BGB Nr. 2; RGZ 161, 330 [338f.]). Dementsprechend hat der Senat schon mehrfach entschieden, dass z. B. Architekten nachvertragliche Beratungspflichten treffen können (vgl. etwa BGH, LM Architektenvertrag Nr. 4 -= NJW 1971, 1130 m. w. Nachw.).

c) Hier bestand jedoch für die Beklagte nach den gegebenen Umständen keine Veranlassung, den Kläger auf etwaige mangelhafte bzw. unzureichende Nachfolgeleistungen hinzuweisen.

Nach ihrem unwidersprochen gebliebenen Vorbringen ist sie davon ausgegangen, die betreffenden Arbeiten würden an ein anderes Unternehmen vergeben, also auch nicht teilweise vom Kläger selbst ausgeführt. Wie dargelegt, durfte sie sich grundsätzlich auf die eigene Sachkunde eines solchen Nachunternehmers und damit auf eine fachgerechte Vervollständigung der Ringdrainage verlassen. Besondere Prüfungen brauchte sie nach der Teilentziehung des Auftrags nicht mehr vorzunehmen, zumal sich ihre bis dahin erbrachten Werkleistungen nicht nachteilig auf die Folgearbeiten auswirken konnten. Eine Verletzung vertraglicher Nebenpflichten käme daher nur in Betracht, wenn die Beklagte gewusst oder zumindest hinreichende Anhaltspunkte dafür gehabt hätte, dass die erforderliche Sickerschicht aus Sand nicht eingebracht würde. Dann wäre es treuwidrig gewesen, den Kläger nicht entsprechend zu unterrichten. Davon kann jedoch nach den unbeanstandet gebliebenen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht ausgegangen werden. Es ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte das Bauvorhaben nach der Teilkündigung des Auftrags noch beobachtet hat oder ihr sonst bekannt war, wie die restlichen Drainagearbeiten ausgeführt wurden.

d) Entgegen der Ansicht der Revision wurde die Prüfungs- und Hinweispflicht der Beklagte schließlich nicht dadurch erweitert, dass ihr Angebot angesichts der Bodenverhältnisse objektiv fehlerhaft war und daraus gleichsam eine besondere Gefahrenlage entstanden sein konnte. Als lediglich vorbereitende Maßnahme zur Durchführung des Vertrags hatte der technische Inhalt des Angebots keine selbständige, für den Kläger bestimmte Bedeutung. Seine Interessen wurden ausreichend durch die Gewährleistungspflicht der Beklagte für die Mängelfreiheit ihrer tatsächlich erbrachten Werkleistung geschützt. Dagegen wurde der nicht ausgeführte Teil des Angebots mit der Entziehung des Restauftrags hinfällig. Da die Beklagte weder Planung noch Beratung schuldete, trug sie. nach der Kündigung nicht mehr das Risiko einer fehlerfreien Ausführung der gesamten Bauleistung. Das gilt jedenfalls insofern, als sie nicht wusste, dass nach ihren ursprünglichen Angebotsunterlagen weitergearbeitet wurde. Zu einem nur vorbeugenden Hinweis auf etwaige Bedenken gegen die in ihrem ursprünglichen Angebot vorgesehene Ausführung bestand ebenfalls kein Anlass.

Die Mängel der Ringdrainage fallen daher allein in den Verantwortungsbereich des Nachuntemehmers bzw. des Klägers, der sich die erforderliche Sachkunde zu Eigenleistungen zugetraut hat. Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte aus der Verletzung vertraglicher Nebenpflichten bestehen nicht.