Bürgschaftsversprechen

Wird ein Bürgschaftsversprechen für einen Kredit gegeben, um ein weiteres, nachrangiges Sicherungsmittel zu ermöglichen, so kann die Bürgschaft nicht wegen ungerechtfertigter Bereicherung nach Wegfall der nachrangigen Sicherheit zurückgefordert werden.

Zum Sachverhalt: Der Vater des Beklagten beabsichtigte, eine Gaststätte pachtweise zu übernehmen. Dazu wollte ihm eine Bank einen Kredit gewähren, der durch eine Ausfallbürgschaft der Kreditgarantiegemeinschaft gesichert werden sollte. Ein bereits in erheblicher Höhe vom Vater, dem Hauptschuldner, in Anspruch genommener Überziehungskredit sollte so zu einem billigeren Zinssatz dem Hauptschuldner zur Verfügung gestellt und erhöht werden können. Die Kreditgarantiegemeinschaft bewilligte am 6. 11. 1972 die Übernahme der Ausfallbürgschaft in Höhe von 80% des vorgesehenen Kredites mit 88000 DM, verlangte aber als Bedingung auch eine Bürgschaft des Beklagten und seiner Ehefrau für den von der Bank zu gebenden Kredit sowie die Nachreichung einer Unbedenklichkeitsbestätigung des Finanzamtes für den Kreditnehmer. Die Bank schloss daraufhin am 30. 11. 1972 mit dem Vater des Bekl einen Kreditvertrag über 126000 DM, der teilweise unter Umschuldung des Überziehungskredites in dieser Höhe auch ausbezahlt wurde. Der Beklagte übernahm zusammen mit seiner Frau gegenüber der Bank bis zum Höchstbetrag von 126000 DM am 29. 12. 1972 die selbstschuldnerische Bürgschaft. Als nach wiederholter Mahnung bekanntgeworden war, dass der Vater des Beklagten die verlangte Bescheinigung des Finanzamtes wegen erheblicher Steuerschulden nicht beibringen konnte, verlangte und erhielt die Kreditgarantiegemeinschaft von der Bank eine Verzichtserklärung auf die Ausfallbürgschaft. Der Vaterdes Beklagten fiel in Konkurs und konnte seine Schulden bei der Bank nicht zurückbezahlen. Die Bank hat ihre sämtlichen Ansprüche nebst Sicherheiten an die Kläger abgetreten. Diese verlangt vom Beklagten Zahlung aufgrund seiner Bürgschaft.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben; das Berufungsgericht hat sie abgewiesen. Die Revision der Kläger führte zur Aufhebung und Zurückverweisung.

Aus den Gründen: I. Das Berufungsgericht nimmt an, der Beklagte habe deshalb die Bürgschaft für seinen Vater, den Hauptschuldner, gegenüber der Bank übernommen, weil dies eine der Voraussetzungen für die Erlangung der Ausfallbürgschaft seitens der Kreditgarantiegemeinschaft gewesen sei. Das Wirksamwerden der Ausfallbürgschaft, der mit der Bürgschaft des Beklagten bezweckte Erfolg, sei nicht eingetreten, weil der Hauptschuldner die von der Kreditgarantiegemeinschaft weiter geforderte Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes nicht habe beibringen können. Deshalb könne der Beklagte jetzt die Erfüllung seiner Bürgschaftsverpflichtung verweigern.

II. Gegen diese Ausführungen des Berufungsgerichts wendet sich die Revision mit Erfolg.

1. Die Bank, die den Kredit an den Hauptschuldner gewähren sollte, hat diesen nach der grundsätzlichen Zusage der Kreditgarantiegemeinschaft, dafür eine Ausfallbürgschaft zu geben, bewilligt und über den schon bestehenden Überziehungskredit hinaus auch ausbezahlt. Die Kreditgarantiegemeinschaft allerdings hat, da sie nur eine Ausfallbürgschaft geben wollte, weitere Sicherheiten, darunter die Bürgschaft des Beklagten, für den Kredit verlangt. Dies war auch nach den Feststellungen des Berufungsgerichts dem Beklagten bekannt, als er seine Bürgschaftsverpflichtung der Bank gegenüber übernahm.

2. a) Eine Bürgschaft kann in der Weise gegeben werden, dass der Bürge nur für den Ausfall des Gläubigers haftet, d. h., dass er nur dann an den Gläubiger leisten muss, wenn dieser weder vom Hauptschuldner, noch durch Verwertung anderer Sicherheiten eine Befriedigung für seine Forderung erlangen kann (Senat, WM 1972, 335 [337] = MDR 1972, 411 = NJW 1972, 625 [Ls.]; Mormann, in: RGRK, 12. Aufl., § 765 Rdnr. 21; Soergel-Schmidt, BGB, 10. Aufl., Vorb. § 765 Rdnr. 18; Staudinger, BGB, 10./11. Aufl., Vorb. § 765 Rdnr. 21; Er- man, BGB, 5. Aufl., Vorb. § 765 Rdnr. 2; Palandt-Thomas, BGB, 37. Aufl., Vorb. § 765 Anm. 2c). Der Ausfallbürge wird dann von seiner Leistungspflicht frei, wenn der Gläubiger den Ausfall selbst durch Verletzung von Sorgfaltspflichten bei der Überwachung und Verwertung von Sicherheiten verschuldet hat (BGH, WM 1958, 218 [219]; RGZ 87, 327 [328]; 145, 167 [169]).

b) Unstreitig wollte hier die Kreditgarantiegemeinschaft den von der Bank auszubezahlenden Kredit des Hauptschuldners nur mit einer Ausfallbürgschaft absichern. Sie verlangte als ihrer Bürgschaft vorausgehende Sicherheit für diesen Kredit noch die Bürgschaft des Beklagten. Der Beklagte musste also immer, auch wenn die unter einer Bedingung zugesagte Ausfallbürgschaft der Kreditgarantiegemeinschaft wirksam geworden wäre, mit seiner eigenen Inanspruchnahme durch die Bank für den Fall rechnen, dass sein Vater als Hauptschuldner den Kredit nicht zurückbezahlen konnte; denn erst wenn auch seine Leistungsunfähigkeit feststand, hätte die Bank die Kreditgarantiegemeinschaft aus deren Ausfallbürgschaft in Anspruch nehmen können. Dem Beklagten als Regelbürgen wäre unter diesen Umständen keine Ausgleichs- oder Rückgriffsmöglichkeit gegen die Ausfallbürgin zu Gebote gestanden (Auernhammer, BB 1958, 973; Jansen, BB 1953, 1039; Noerr, BB 1953, 1040; Schuler, NJW 1953, 1691). Er musste der Bank stets für den dem Hauptschuldner gewährten Kredit als Bürge einstehen. Die Ausfallbürgschaft hätte nur der Bank das Risiko abgenommen, dass auch der Beklagte ebenso wie der Hauptschuldner nicht leisten konnte. Dadurch, dass die Ausfallbürgschaft der Kreditgarantiegemeinschaft zurückgegeben werden musste, weil der Hauptschuldner eine Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamts, eine Bedingung für das Wirksamwerden der Ausfallbürgschaft, nicht beibringen konnte, hat sich am Risiko des Beklagten als Bürgen nichts verändert. Lediglich das Risiko der Bank, die den Kredit bereits bewilligt und ausbezahlt hatte, verschlechterte sich; denn sie hatte die Möglichkeit des Zugriffs auf den Ausfallbürgen verloren.

c) Unter diesen Umständen kann keine Rede davon sein, dass bei Wegfall des Ausfallbürgen die Bank um die Bürgschaft des Beklagten ungerechtfertigt bereichert gewesen sei, weil der Zweck der Bürgschaft, nämlich die Erlangung einer Ausfallbürgschaft, nicht erreicht worden sei, wie das Berufungsgericht meint. Ein nach Bereicherungsgrundsätzen zu berücksichtigender Leistungszweck i. S. von § 812 I 2 Halbs. 2 BGB liegt nur dann vor, wenn sich der Leistende und der Empfänger über den mit der Leistung verfolgten Zweck einig sind Eine einseitige Erwartung des Leistenden genügt nicht (BGHZ 44, 321 [323] = LM § 812 BGB Nr. 70 = NJW 1966, 540). Ob eine solche Einigung vorliegt, ist, wenn es wie hier an einer ausdrücklichen Abrede fehlt, aus den Umständen des Falles zu ermitteln. Dabei ist insbesondere auf die beiderseitige Interessenlage abzustellen. Hier wollte der Hauptschuldner einen billigen Zins und die Möglichkeit einer Erweiterung seiner Kreditaufnahme erreichen. Die Bank wollte mit der Ausfallbürgschaft ihr Risiko mindern. Der Beklagte, dem der Sachverhalt bekannt war, wollte den Hauptschuldner, seinen Vater, durch die Bürgschaft, die neben anderen Bedingungen Voraussetzung für die Gewährung der Ausfallbürgschaft war, unterstützen. Bei dieser Sachlage fehlt es an einem Anhaltspunkt dafür, dass die Bank hätte annehmen und erkennen können, der Beklagte wolle ihr ein Sicherungsmittel geben, das bei Ausfall der nachrangigen Sicherheit selbst in Wegfall kommen sollte. Dies gilt umso mehr, als die Ausfallbürgschaft nur 80% eines Kredites von 110000 DM - 88000 DM also - nachrangig absichern sollte, während der Beklagte mit seiner Bürgschaft den auf 126000 DM lautenden Kreditvertrag des Hauptschuldners in vollem Umfang abgesichert hatte. Der Zweck der Bürgschaft für die Bank war eine Vorausabsicherung des gesamten Kredits des Hauptschuldners. Dieser Zweck kam deshalb, weil die Zusage der Ausfallbürgschaft für einen Teil des Kredits später zurückgenommen wurde, nicht in Wegfall.

Das Berufungsgericht hat die Interessenlage der Beteiligten nur unzureichend berücksichtigt und damit gegen allgemeine Auslegungsgrundsätze (§ 157 BGB) verstoßen. Seine Entscheidung konnte nicht bestehenbleiben, zumal auch ein Wegfall der Geschäftsgrundlage für die Bürgschaft des Beklagten aus den dargelegten Gründen nicht in Betracht kommt (vgl. Senat, NJW 1965, 438 = WM 1965, 80).