Lieferung

Ein Rückforderungsanspruch aus Kaufpreisminderung - gestützt auf die fehlerhafte Lieferung leichtentflammbaren Materials statt des nach Darstellung der Beklagten vereinbarten und in Rechnung gestellten schwerentflammbaren Materials - ist nach Ansicht des Berufsgericht verjährt. Zwar habe die Beklagten durch Einleitung eines Beweissicherungsverfahrens gegen die Kläger die Verjährung nach § 477I BGB rechtzeitig unterbrochen. Da sie jedoch ausweislich des Gutachtens des Staatlichen Materialprüfungsamtes vom 4. Januar 1977 das von ihr vorzulegende Material verspätet beigebracht und für diese Verzögerung keine entschuldigenden Gründe angegeben habe, müsse zu ihren Lasten davon ausgegangen werden, dass gemäß § 211 II BGB infolge Nichtbetreibens des Beweissicherungsverfahrens die Verjährung vor Erheben der Widerklage eingetreten sei. Auch habe die Beklagte nicht dargetan, dass die mit Eingang des schriftlichen Gutachtens möglicherweise neu beginnende sechsmonatige Verjährungsfrist bei Eingang des Widerklageschriftsatzes nicht bereits abgelaufen gewesen sei. Ein arglistiges Verschweigen des Mangels oder ein arglistiges Unterschieben des - vom Berufsgericht in diesem Zusammenhang als kaufmännisches Bestätigungsschreiben gewürdigten - Schreibens der Kläger, aus dem der Fachmann unschwer die beabsichtigte Lieferung von beidseits mit Bitumenpapier beschichteten und damit nicht schwerentflammbaren Materials habe entnehmen können, sei nicht bewiesen. Schließlich habe die Beklagten die Höhe des Minderungsanspruchs auch nicht hinreichend substantiiert.

Auch den auf den Ausfall im Konkurs der Firma K gestützten Schadensersatzanspruch hat die Beklagten nach Ansicht des Berufsgerichts nicht ausreichend substantiiert. Im übrigen könne dieser Ausfall nicht mehr als adäquate Folge einer Schlechtlieferung der Kläger angesehen werden, - ganz abgesehen davon, dass die Kläger das geliefert habe, zu dem sie vertraglich verpflichtet gewesen sei, und der Beklagten schon deswegen kein Schadensersatzanspruch zustehe. Das gelte auch insoweit, als die Beklagten Feststellung der Ersatzpflicht hinsichtlich des ihr künftig - etwa bei einer notwendig werdenden Neuerrichtung des Daches - entstehenden Schadens begehre.

Diese Ausführungen des Berufsgerichts halten einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

Eine sachgerechte Entscheidung über die von der Beklagten geltend gemachten Minderungs- bzw. Schadensersatzansprüche setzt zunächst eine eindeutige Feststellung des Vertragsinhalts und damit insbesondere eine Klärung der Frage voraus, ob die Kläger schwerentflammbares Material zu liefern hatte oder ihrer Verkäuferpflicht durch Lieferung beidseitig mit Bitumenpapier beschichteter und damit nicht schwerentflammbarer Dämmplatten nachkommen konnte. War letzteres der Fall, gingen die Minderungs- und Schadensersatzansprüche wegen Schlechtlieferung von vornherein ins Leere. Nur wenn die Kläger sich zur Lieferung schwerentflammbaren Materials verpflichtet und diese Verpflichtung nicht erfüllt hatte, war für die vom Berufsgericht in den Vordergrund der Entscheidungsgründe gestellten Fragen der gewährleistungsrechtlichen Verjährung, der Substantiierung des Minderwertes und des Schadens sowie des Fehlens eines adäquaten Kausalzusammenhangs zwischen Schlechtlieferung und Forderungsausfall im Konkurs Raum.

Das Berufsgericht hat eine derartige Feststellung über das vertraglich Vereinbarte nicht getroffen. Die umfangreichen Ausführungen insbesondere zur gewährleistungsrechtlichen Verjährung legen die Annahme nahe, dass es von einem Sachmangel - d. h. von einem Abweichen der erbrachten von der vertraglich geschuldeten Lieferung - und damit von schwerentflammbarem Material als Vertragsgegenstand ausgeht. In anderem Zusammenhang weist zwar das Berufsgericht darauf hin, dass die Beklagten der als kaufmännisches Bestätigungsschreiben anzusehenden Bestellungsannahme nicht widersprochen habe und damit die Verpflichtung zur Lieferung von lediglich bitumenbeschichtetem, nicht schwerentflammbarem Material als Vertragsinhalt gegen sich gelten lassen müsse. Diese rechtliche Würdigung hält jedoch einer Nachprüfung nicht stand. Jedenfalls nach den bisher getroffenen tatsächlichen Feststellungen handelt es sich bei dem Schreiben der Kläger vom 17. 2. 1975 nicht um ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben im Rechtssinn, sondern lediglich um die Annahme eines Vertragsantrages der Beklagten, die erst zum Vertragsabschluss geführt hat. Ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben liegt nur dort vor, wo ein bereits vorher zustande gekommenes Rechtsgeschäft in einer Urkunde inhaltlich festgelegt und diese dem Vertragspartner alsbald zugeleitet wird. In derartigen Fällen kann im kaufmännischen Rechtsverkehr der Bestätigende damit rechnen, dass der Vertragspartner, wenn er den Vertragsschluss und insbesondere den in dem Schreiben niedergelegten Inhalt des Vertrages so nicht gegen sich gelten lassen will, unverzüglich widerspricht; tut er dies nicht, so muss er den bestätigten Vertragsinhalt gegen sich gelten lassen, - es sei denn, dass die Bestätigung so weit von dem tatsächlich Vereinbarten abweicht, dass der Bestätigende nach Treu und Glauben aus dem Schweigen des Vertragspartners nicht auf dessen Zustimmung schließen kann. Dass diese Voraussetzungen hier vorlagen, läßt sich jedenfalls den bisher vom Berufsgericht getroffenen Feststellungen nicht entnehmen. Rechtsfehlerfrei geht es davon aus, dass das die Anfrage der Beklagten bejahende Schreiben der Kläger noch kein Vertragsangebot enthielt, sondern in ihm lediglich die Anfrage beantwortet wurde. Das Vertragsangebot erfolgte vielmehr fernmündlich durch die Beklagten Dass bereits bei dieser Gelegenheit oder bei einem in diesem Zeitraum von der Beklagten mit der Kläger geführten Gespräch der Vertrag - mündlich oder fernmündlich - abgeschlossen worden wäre, ist bisher vom Berufsgericht nicht festgestellt. Gegen eine solche Annahme könnte vor allem sprechen, dass das spätere Schreiben der Kläger ausdrücklich und in herausgehobenem Schriftbild als Bestellungsannahme bezeichnet worden ist. Damit aber ist ohne weitere Sachaufklärung für die Würdigung dieses Schreibens als kaufmännisches Bestätigungsschreiben - mit den strengen, an die widerspruchslose Hinnahme geknüpften Rechtsfolgen für die Feststellung des Vertragsinhalts - kein Raum. Das Berufsgericht wird daher zunächst aufgrund der zwischen den Parteien durchgeführten Vertragsverhandlungen den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses, gegebenenfalls den Vertragsinhalt und damit zugleich die Frage zu klären haben, ob es sich bei der Bestellungsannahme wirklich um ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben gehandelt hat.

Das Berufsgericht war dieser Feststellung nicht etwa deswegen enthoben, weil der Beklagten, auch wenn man ihr tatsächliches Vorbringen über den Vertragsinhalt als richtig unterstellt und damit von einer Verpflichtung der Kläger zur Lieferung schwerentflammbaren Materials ausgeht, die geltend gemachten Ansprüche gleichwohl unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt zustehen könnten.

Die Ausführungen des Berufsgericht, der Minderungsanspruch der Beklagten sei verjährt, halten einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Zwar geht das Berufsgericht zutreffend davon aus, dass dieser Anspruch der kurzen gewährleistungsrechtlichen Verjährung unterlag; denn entgegen der von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vertretenen Ansicht hat die Kläger mit der Übersendung nicht schwerentflammbaren Materials - geht man von der Sachdarstellung der Beklagten über den Vertragsinhalt und damit von einer Verpflichtung der Kläger zur Lieferung schwerentflammbaren Materials aus - nicht etwa ein sog. aliud, sondern eine mit Mängeln behaftete Sache geliefert. Dagegen hält die Ansicht des Berufsgerichts, es sei davon auszugehen, dass ein sich daraus möglicherweise ergebender Minderungsanspruch inzwischen verjährt sei, einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Unstreitig hatte die Kläger bis zum 31. 12. 1975 auf eine Einrede der Verjährung verzichtet. Mit dem Antrag der Beklagten auf Durchführung einer gerichtlichen Beweisaufnahme zur Beweissicherung, dem das AG noch am 30. 12. 1975 stattgegeben hatte, war die Verjährung mithin rechtzeitig unterbrochen.