Übertragung eines Anwesens

Das Zurückbehaltungsrecht kann auch gegenüber einem Anspruch geltend gemacht werden, der auf die Übertragung eines landwirtschaftlichen Anwesens gerichtet ist, aus dessen Erträgnissen der Begünstigte später seinen Lebensunterhalt bestreiten soll.

Zum Sachverhalt: Durch notariellen Vertrag vom 11. 7. 1960 verkauften die Eltern des Klägers ihren Hof sowie ein Grundstück an die Beklagten Stadt. Unter Anrechnung auf den Kaufpreis verpflichtete sich die Beklagte zur Übereignung mehrerer Grundstücke. Diese sollten unmittelbar an den 1949 geborenen - damals noch minderjährigen Kläger aufgelassen und auf dessen Namen im Grundbuch umgeschrieben werden. In einem Zusatzvertrag verpflichteten sich die Eltern des Kläger gegenüber der Beklagten, den Kaufpreisrest für Abfindungszahlungen an Verwandte und für die Errichtung eines Wohn- und Wirtschaftsgebäudes auf dem an den Kläger zu übertragenden Grundbesitz zu verwenden. Die Beklagten ist im Grundbuch als Eigentümerin der verkauften Grundstücke eingetragen worden und hat die Eintragung des Kläger als Eigentümer der ihm zustehenden Grundstücke bewilligt. Der Kläger macht Ansprüche aus dem Grundstücksveräußerungsvertrag geltend. Die Beklagten hat sich auf Zurückbehaltungsrecht berufen, da ihr Gegenansprüche gegenüber den Eltern des Kläger zustünden, u. a. wegen verspäteter Überlassung der mit Vertrag vom 11. 7. 1960 verkauften Grundstücke.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat ihr stattgegeben. Die Revision der Beklagten führte zur Aufhebung und Zurückverweisung.

Aus den Gründen: Ohne Rechtsverstoß ist das Berufsgericht davon ausgegangen, dass der Vertrag vom 11. 7. 1960 als berechtigender Vertrag zugunsten eines Dritten, nämlich des Klägers, aufzufassen sei und der Kläger daher ein eigenes Recht auf die vertraglich geschuldete Leistung erlangt habe.

Zu Recht beanstandet die Revision jedoch, dass das Berufsgericht den Standpunkt vertreten hat, das Zurückbehaltungsrecht der Beklagten wegen etwaiger Gegenforderungen gegenüber den Eltern des Kläger greife gegenüber den Klageansprüchen nicht durch.

Gem. § 334 BGB stehen der Beklagten Einwendungen aus dem Vertrage auch gegenüber dem Kläger zu. Hierzu gehören zunächst alle Einwendungen, die sich auf eine Verletzung des Vertrags gründen, der auch das Versprechen an den Dritten enthält. Als Einwendung aus dem Vertrage i. S. des § 334 BGB ist sodann auch das Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB jedenfalls dann anzusehen, wenn es auf einen Anspruch auf Ersatz des durch Verzug des Versprechensempfängers mit der Gegenleistung entstandenen Schadens gestützt ist. Insoweit stellt das Erfordernis der Konnexität den Zusammenhang mit dem Vertrag her.

Im Ausgangspunkt nicht zu beanstanden ist die Ansicht des Berufsgerichts, dass dem Versprechenden die Berufung auf das Zurückbehaltungsrecht dann versagt ist, wenn sich dies aus dem Schuldverhältnis ergibt. Indessen sind die Ausführungen, mit denen das Berufsgericht für den vorliegenden Fall einen Ausschluss des Zurückbehaltungsrechts begründet hat, zum Teil rechtsfehlerhaft.

Das Berufsgericht hat in erster Linie auf die Natur des Anspruchs des Kläger abgestellt. Es ist davon ausgegangen, dass die Zuwendung der Grundstücke dem Kläger eine Existenz für die Zeit sichern sollte, in der er nach Abschluss seiner landwirtschaftlichen Lehre die Grundstücke würde als Landwirt nutzen können. Daraus hat es geschlossen, dass die Lage des Kläger der Lage desjenigen vergleichbar ist, der einen Anspruch auf den gesetzlichen Unterhalt oder auf Altenteilsleistungen habe; für derartige Fälle werde ein Zurückbehaltungsrecht verneint.

Demgegenüber macht die Revision mit Recht geltend, dass Unterhalts- oder Altenteilsansprüche den gegenwärtigen Unterhalt des Gläubigers sichern sollten und es diesem Zweck zuwiderliefe, wenn durch die Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts dem Gläubiger die Mittel für seinen Lebensunterhalt entzogen würden. Davon unterscheidet sich die Lage des Kläger, denn nach den Feststellungen des Berufsgericht sollte die Zuwendung der Grundstücke ihm die wirtschaftliche Grundlage für spätere Einkünfte sichern. Das rechtfertigt einen die Belange des Versprechenden außer acht lassenden Ausschluss des Zurückbehaltungsrechts nicht.

Das Berufungsurteil ist weiter auf die Erwägung gestützt, aus dem ... Sinn und Zweck des Vertrages vom 11.7. 1960 ergebe sich, dass die Vereinbarung unabhängig von der Verwendung der Barleistungen der Beklagte mit der Übertragung von Grundbesitz auf den Kläger stehen und falle sollte. Hieraus folgert es, die Zuwendung an den Kläger dürfe wegen ihrer herausragenden Bedeutung, nämlich Erhaltung bäuerlichen Besitzes und Ausschluss des Einflusses der Eltern, mit den sonstigen Maßnahmen zur Durchführung des Vertrages nicht verquickt werden, so dass ein Zurückbehaltungsrecht der Beklagten wegen Schadenersatzforderungen gegen die Eltern des Kläger nicht dem Kläger gegenüber geltend gemacht werden dürfe.

Es ist schon zweifelhaft, ob diese Folgerung des Berufsgericht noch der Vertragsauslegung zugerechnet werden kann oder ob sie eine Würdigung des Sachverhalts nach objektivem Recht enthält. Die Frage kann offen bleiben, denn im einen wie im anderen Falle halten die Ausführungen des Berufsgerichts den Revisionsangriffen nicht stand. Die Revision macht mit Recht geltend, dass es an jeder tatsächlichen Grundlage für die Ansicht fehlt, das Zurückbehaltungsrecht habe ausgeschlossen werden sollen. Der Hinweis auf die Erhaltung bäuerlichen Besitzes rechtfertigt einen solchen Rückschluss nicht. Auf den Ausschluss des Einflusses der Eltern auf die Bewirtschaftung der zu übereignenden Parzellen war es ohne Bedeutung, ob der Beklagten ein Zurückbehaltungsrecht im Verhältnis zum Kläger zustünde oder nicht. Hinzu kommt, dass der Ausschluss des Zurückbehaltungsrechts für die Beklagten die Aufgabe eines wesentlichen Druckmittels bedeutet und daher ihr Sicherungsinteresse empfindlich beeinträchtigt. Dass das Berufsgericht diese wesentlichen Auslegungsgesichtspunkte berücksichtigt hätte, ist aus dem Berufungsurteil nicht ersichtlich. Angesichts ihrer wesentlichen Bedeutung hätte das Berufungsurteil die aufgezeigten Gesichtspunkte nicht stillschweigend übergehen dürfen. Es ist nahe liegend, wenn nicht sogar zwingend, dass es bei Berücksichtigung des erwähnten Auslegungsstoffs zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre. Die vorstehenden Erwägungen stehen - auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen - auch der Annahme entgegen, dass das Zurückbehaltungsrecht nach § 242 BGB ausgeschlossen ist. Das Berufungsurteil kann daher keinen Bestand haben und ist aufzuheben.