Vertragsuntreu

Der Mieter oder Pächter handelt nicht vertragsuntreu, wenn er den Freitod sucht, weil diese höchstpersönliche Entscheidung in Bezug auf seine Existenz mit seinen Vertragspflichten nichts zu tun hat. Kommt es infolge des Freitodes zur Kündigung oder Aufhebung des Vertrages, so hat der Erbe dies ebenso wenig zu vertreten wie den Freitod des Erblassers selbst. Wollte man annehmen, der Pächter müsse seine Selbsttötung i. S. von § 8 II 2 des Vertrages vertreten, so käme dieses Ergebnis auch in unüberwindbare Abgrenzungsschwierigkeiten mit einem fahrlässig selbst herbeigeführten Tod des Pächters. Vorsatz und Fahrlässigkeit stehen unter dem Begriff des Vertretens auf einer Linie. Würde die Selbsttötung zum Verlust des Ersatzanspruchs führen, so müsste diese Folge auch eintreten, wenn der Pächter den Tod durch Außerachtlassung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt erleidet. Der Pächter kann aber grundsätzlich nicht im Interesse seines Verpächters die Rechtspflicht zu einer gesunden und ungefährlichen Lebensführung haben, weil dies ein unannehmbarer Eingriff in seine höchstpersönliche Freiheit wäre. Jedermann weiß, dass die Pflichten des Pachtvertrages soweit nicht gehen, und der Verpächter kann nicht erwarten, dass sein Vertragspartner alle allgemeinen Gefahren meidet, die dessen Existenz beeinträchtigen können. Die gegenteilige Annahme würde den Schutzzweck der vertraglichen Regelung überschreiten, die ersichtlich darauf hinausläuft, eine Sanktion nur dafür vorzusehen, dass der Pächter infolge schuldhafter Vertragsverletzung die Bewirtschaftung des Pachthofes nicht mehr weiterführen kann. Der seiner Höhe nach unstreitige Ersatzanspruch der Beklagte nach § 8 II 2 des Pachtvertrages ist demnach begründet.

Ersatzansprüche für weitere Verwendungen.

Das Berufsgericht lässt offen, ob die von der Widerklage angeführten Verwendungen für Hofbefestigung, Siloplatte, Maschinenschuppen, Rindviehaufstallung, Drainagen, Bohrbrunnen und Grönlandverbesserung 1929,10 DM) notwendig oder nur nützlich gewesen seien, weil für Notmaßnahmen oder notwendige Maßnahmen außerhalb des Gewährleistungsbereichs insoweit nichts ersichtlich sei. Daher habe es hier entweder nach § 586 II, § 538 II BGB vorheriger Inverzugsetzung des Verpächters mit der Mangelbeseitigung oder nach § 8 I, III des Pachtvertrages der Zustimmung des Verpächters zu den erwähnten Aufwendungen bedurft. Beides indes fehle. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand. Notwendige Verwendungen bei der Landpacht sind - wie im Mietrecht nach § 547 I 1 BGB - solche, die zur Erhaltung oder Wiederherstellung des Bestandes der Pachtsache erforderlich sind. Jedoch gehören Aufwendungen des Pächters zur Herstellung eines vertragsgemäßen Zustands der Pachtsache nicht zu den notwendigen Verwendungen im Sinne des § 590b BGB. Vielmehr kommt insoweit nur ein Ersatzanspruch nach § 586II i. V. mit § 538 II BGB in Betracht. Es fehlt jeder Sachvortrag der Beklagte dafür, dass die Aufwendungen für die Hofbefestigung, die Siloplatte, den Maschinenschuppen, den Bohrbrunnen, die Drainagearbeiten und die Grönlandverbesserung notwendige Verwendungen im Sinne des Pachtrechts sind. Es kommt nicht darauf an, ob diese Anlagen aus der betriebswirtschaftlichen Sicht des Pächters notwendig erscheinen, sondern ob sie nach einem objektiven Maßstab zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Pachtsache erforderlich waren. Entgegen der Auffassung der Revision enthält hierzu auch die Berufungsbegründung der Beklagte nicht den nötigen Tatsachenvortrag, vielmehr spricht vieles dafür, dass die oben genannten Posten nur sonstige Verwendungen waren. Es mag sein, dass die Kosten für die Rindviehaufstallung und für die Drainagearbeiten des Jahres 1985 zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Pachtsache erforderlich waren. Dann waren es aber Aufwendungen zur Herstellung eines vertragsgemäßen Zustands der Pachtsache, für die die Beklagte grundsätzlich nur bei Verzug des Pächters Ersatz verlangen kann. Dazu fehlt Sachvortrag der Beklagte Diese hat auch nichts dafür vorgetragen, dass die genannten Arbeiten ohne Inverzugsetzung des Verpächters als Notmaßnahme geboten waren.

Soweit die Revision erstmals in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat die Kosten der Drainagearbeiten als vom Verpächter zu tragende öffentliche Lasten nach § 6I des Pachtvertrages qualifizieren will, kann ihr dies nicht zum Erfolg verhelfen. Es fehlt jede Revisionsrüge dazu, dass das Berufsgericht in dieser Hinsicht Tatsachenvortrag der Beklagte übergangen habe. Aus der Natur der Aufwendungen für die Drainage folgt nicht von selbst, dass es sich insoweit um öffentliche Lasten handelt.

Für andere als notwendige Verwendungen schuldet der Verpächter nach der vertraglichen Regelung nur Ersatz, wenn ihm die entsprechenden Maßnahmen vorher angezeigt wurden und er zustimmt. Das Berufsgericht hat festgestellt, dass eine solche Zustimmung fehlt und auch nicht von einer konkludent erklärten Genehmigung des Verpächters ausgegangen werden kann. Dies wird von der Revision nicht angegriffen.

Entgegen der Auffassung der Revision scheidet ein Anspruch der Beklagte nach Bereicherungsrecht aus, weil - wie auch das Berufsgericht zutreffend ausführt - die vertragliche Regelung den insoweit subsidiären Vorschriften der §§ 812ff. BGB vorgeht. Soweit die Revision auf das Urteil des VIII. Zivilsenats vom 12. 7. 1989 verweist, übersieht sie, dass dieses Urteil Aufwendungen betraf, die nicht auf dem Mietvertrag beruhten.