Widmung

Streitig ist, ob auch die Widmung von Straßen nach dem Straßenrecht 5: der Länder gemäß §9 Abs. 4 im Bebauungsplan festgesetzt werden kann.Durch die Widmung wird nach den Regelungen der Straßengesetze die Öffentlichkeit einer Straße durch eine entsprechende Zweckbindung hergestellt; durch sie erhält die Straße die Eigenschaft als öffentliche Sache. Als gesetzliche Folge der Widmung wird für die Allgemeinheit der Gemeindebrauch zugelassen. Bei der Widmung sind die Straßengruppe, zu der die Straße gehört, sowie Beschränkungen der Widmung auf bestimmte Benutzungsarten oder Benutzerkreise festzulegen.

Die Erteilung der Widmung ist an bestimmte Voraussetzungen gebunden und von der Einhaltung des gesetzlich vorgeschriebenen Verfahrens abhängig.

Im Hinblick auf die äußere Form sind zu unterscheiden:

- die selbständige Widmung;

- die fingierte Widmung;

- die Widmung im Rahmen von Planungsverfahren.

Die Frage nach der Zulässigkeit einer Widmung durch Festsetzung im Bebauungsplan ist für diese Formen der Widmung jeweils gesondert zu entscheiden. Die selbständige Widznung ist ein mitwirkungsbedürftiger, rechtsgestaltender, unmittelbar auf die öffentlichrechtliche Qualität der Straße zielender dinglicher Verwaltungsakt in Form einer Allgemeinverftigung. Sie muss ausdrücklich verfügt werden; eine stillschweigende Widmung ist nach den Straßengesetzen nicht mehr zugelassen. Die Widmung wird mit einer Rechtsbehelfibelehrung öffentlich bekannt gemacht. Hierfür ist grundsätzlich der Trager der Straßenbaulast zuständig. Die Widmung ist in ihrer Wirksamkeit davon abhängig, dass die Straße hergestellt und ihrer Zweckbestimmung durch Indienststelltmg zugeführt wird. Geht die Widmung dem Realakt der Indienststellung voraus, bleibt sie bis dahin wegen dieser aufschiebenden Bedingung schwebend unwirksam. Eine selbständige Widmung kann durch Bebauungsplan nicht festgesetzt werden. Hiergegen sprechen zunächst Bedenken formaler Art. Die Widmung ist ein Verwaltungsakt, die Planfestsetzung hat dagegen Rechtssatzcharakter. Beide Rechtsformen können nicht miteinander kombiniert werden. Vor allem sind es aber materielle Grande, die eine Widmung durch Bebauungsplan ausschließen. Der Bebauungsplan einerseits und die Widmung andererseits sind unterschiedlichen Entscheidungsebenen zuzuordnen. Der Bebauungsplan bildet nach § 8 Abs. 1 Satz 2 die Grundlage für weitere zum Vollzug dieses Gesetzbuchs erforderliche Maßnahmen. Seine Ebene ist von der Ebene des Planvollzuges deutlich abgesetzt. Der Bebauungsplan kann daher nicht die zu seiner Verwirklichung erforderlichen Akte in sich aufnehmen oder ersetzen. Er begründet selbst keine unmittelbaren Vollzugspflichten, seine Festsetzungen bedürfen vielmehr der Umsetzung durch konkrete Vollzugsakte. Die Widmung gehört ihrem Wesen nach auf die Ebene des Planvollzuges. Als Vollzugsmaßnahme eignet sie sich aber nicht für eine Aufnahme in den Bebauungsplan. Die Rechtsfolgen der Widmung können daher durch den Bebauungsplan selbst nicht ausgelöst werden. Das schließt nicht aus, dass Festsetzungen im Bebauungsplan bei Widmungen zu beachten sind. Der wesensmäßige Unterschied zwischen der Bebauungsplanebene einerseits und der Vollzugsebene andererseits kann durch eine landesgesetzliche Regelung nicht durchbrochen werden. Der Landesgesetzgeber ist nicht in der Lage, durch Regelungen im Rahmen des § 9 Abs. 4 das Wesen und die Wirkung des Bebauungsplans zu verändern. Auch der Bundesgesetzgeber darf die Aufnahme von Vollzugsmaßnahmen im Bebauungsplan nicht zulassen, soweit ihm die Gesetzgebungskompetenz zur Regelung des Verwaltungsverfahrens fehlt; der Bund ist aus diesem Grund nicht befugt, Vollzugsmaßnahmen nach Landesrecht im Bebauungsplanverfahren zu konzentrieren. Die unterschiedliche Rechtsqualität zwischen dem Bebauungsplan einerseits und der Widmung andererseits kommt auch darin zum Ausdruck, dass für den Beschluss über den Bebauungsplan der Rat der Gemeinde, für die Widmung und die Bekanntmachung dagegen die Verwaltung zuständig ist. Verschiedene Straßengesetze der Länder sehen neben der selbständigen Widmung auch eine Widmung durch Fiktion vor. Hiernach gilt eine Straße mit der Verkehrsübergabe als gewidmet, wenn sie Gegenstand eines förmlichen Verfahrens nach anderen Vorschriften war. Der Träger der Straßenbaulast hat den Zeitpunkt der Verkehrsübergabe, die Straßengruppe sowie die Beschränkungen der Widmung öffentlich bekannt zu machen. Zu den hier genannten förmlichen Verfahren zählen insbesondere die Planfeststellungsverfahren. Ob auch der Bebauungsplan zu den genannten förmlichen Verfahren gehört, ist streitig. Diese Frage kann hier jedoch offen bleiben, denn, selbst wenn man dies annimmt, kommt man nicht zwangsläufig zur Rechtsfigur der Widmung durch Bebauungsplan. Die Festsetzung im Bebauungsplan ist in diesen Fallen nämlich nur tatbestandliche Voraussetzung für den Eintritt der Widmungsfiktion; die Fiktion knüpft zwar an Tatbestände an, die planungsrechtlich gesetzt werden, sie bleibt aber rechtlich vom Planverfahren getrennt. Der Bebauungsplan ersetzt nicht die Widmung, sondern ist lediglich die Grundlage für die Widmungsfiktion und die zu erfolgende Bekanntmachung. Die Widmung ist nicht als Festsetzung im Bebauungsplan integriert, sondern ein Akt auf der Vollzugsebene, der dem Erlass des Bebauungsplans in der Regel sogar zeitlich nachfolgt.

Die Straßengesetze von Bayern und Nordrhein Westfalen sehen anstelle der Widmungsfiktion eine Widmung im Rahmen von Planfeststellungen vor. Nach Art. 6 Abs. 6 BayStrWG und § 6 Abs. 7 NWStrWG kann die Widmung auch in einem Planfeststellungsverfahren mit der Maßgabe verfügt werden, dass sie mit der Verkehrsübergabe wirksam wird, wenn die Widmungsvoraussetzungen in diesem Zeitpunkt vorliegen. Die Widmung wird in diesem Falle nicht fingiert, sondern ausdrücklich im Planfeststellungsbeschluss; allerdings setzt die Verkehrsübergabe die Widmung erst in Wirksamkeit. Die Widmung ist bis zur Verkehrsübergabe aufschiebend bedingt und bis dahin schwebend unwirksam. Allerdings ist nach Art. 6 Abs. 6 BayStrWG und §6 Abs. 7 NWStrWG eine solche Regelung auf Planfeststellungen begrenzt, so dass sich die Frage nach der Zulässigkeit einer Widmung im Bebauungsplan gar nicht erst stellt.

Nicht so eindeutig ist die Rechtslage in Niedersachsen. Nach §6 Abs. 5 NdsStrG kann,bei Straßen, deren Bau in einem Planfeststellungsverfahren oder in einem Bebauungsplan geregelt wird, die Widmung mit der Maßgabe verfügt werden, dass sie mit der Verkehrsübergabe wirksam wird, wenn die Voraussetzungen für die Widmung nach §6 Abs. 2 NdsStrG vorliegen. Diese Vorschrift wird von einigen so interpretiert, dass hiernach die Widmung auch im Bebauungsplan selbst angeordnet werden könne. Das gleiche soll für die Einziehung oder Umwidmung einer Straße gelten. Ware dies so, könnte die Widmung bzw. Umwidmung oder Einziehung nur im Wege der Normenkontrolle nach §47 VwG0 angefochten werden. Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Würde man in den Festsetzungen des Bebauungsplans eine Widmung sehen, so müsste es sich um eine bis zur Verkehrsübergabe aufschiebend bedingte Festsetzung handeln. Bedingte Festsetzungen sind aber nach dem BauGB nicht zulässig. Der Landesgesetzgeber ist auch nicht befugt, die Rechtsfigur einer aufschiebend bedingten Festsetzung über §9 Abs. 4 einzuführen. Er kann zwar bestimmen, dass auf Landesrecht beruhende Regelungen in den Bebauungsplan aufgenommen werden können, er darf dabei aber den Rechtscharakter des Plans und die Wirkung seiner Festsetzungen nicht verändern. §6 Abs. 5 NdsStrG kann darum BauGBkonforrn nur so interpretiert werden, dass hiernach eine Widmung mit aufschiebend bedingter Wirkung parallel zum Bebauungsplanverfahren kurz vor der Bekanntmachung des Bebauungsplans nach § 12 oder zusammen mit dieser Bekanntmachung verfügt werden darf; dabei kann zur Erleichterung des Widmungsverfahrens auf Verfahrensschritte im Bebauungsplanverfahren Bezug genommen werden. Gleichwohl handelt es sich bei der Widmung aber um einen rechtlich selbständigen Verwaltungsakt. Die Widmung ist in diesem Falle auch nicht Inhalt des Bebauungsplans. Demgemäß wirken sich Fehler im Planverfahren nicht auf die Widmungsentscheidung aus. Insgesamt gesehen liegt bei der Regelung in § 6 Abs. 5 NdsStrG kein Fall des § 9 Abs. 4 vor, vielmehr knüft diese Bestimmung lediglich verfahrensrechtlich an das Bauleitplanverfahren an. Im Hinblick auf die missverständliche Fassung des Gesetzeswortlauts wird §6 Abs. 5 NdsStrG in der Praxis nicht angewendet. Die vom zuständigen Fachminister erlassenen Richtlinien für das Verfahren bei der Widmung, Umstufung und Einziehung von öffentlichen Straßen enthalten in Nr. 1.2 Abs. 2 folgende Regelung: Den Gemeinden wird wegen Schwierigkeiten im praktischen Vollzug vorerst nicht empfohlen, in Bebauungsplänen Widmungen zu verfügen.