Ausbildung

Erhaltungsverordnung Stellungnahme:

Der vorliegende Entwurf stehe im Widerspruch zu den Schutzzielen der für den Planbereich festgesetzten Verordnung über die Erhaltung der städtebaulichen Eigenart aufgrund der städtebaulichen Gestalt für das Gebiet „Dorotheenstadt, Friedrichstadt" im Bezirk Mitte von Berlin vom 03.03.1997 (GVBl. S. 258).

Die weitgehend einheitliche Traufhöhe und die blockrandschließende geschlossene Bebauung stellten wesentliche Merkmale des Ortsbilds und erklärte Schutzziele der Erhaltungsverordnung dar; die wenigen Hochhäuser seien als Fremdkörper zu werten. Weiter seien als erhaltungswürdige Eigenarten des Erhaltungsgebiets die Ausbildung sog. Stein/LochFassaden und die Realisierung eines zwanzigprozentigen Wohnanteils angesehen und zudem Werbeanlagen oberhalb von 22 m generell unzulässig. Eine Festsetzung des vorliegenden Bebauungsplanentwurfs hätte zur Folge, dass der Bauantrag zur Errichtung des vorgesehenen Büro- und Geschäftshauses nach dem Bebauungsplan zulässig wäre, aber als Einzelgebäude mit prägenden Auswirkungen, die der Charakteristik des Stadtbilds widerspricht, zu versagen wäre, da der Bebauungsplan die Erhaltungsverordnung nicht verdränge, sondern gleichwertig und vorliegend in wesentlichen Punkten widersprüchlich neben dieser stehe.

Eine Festsetzung des Bebauungsplanentwurfs I-50, der im eklatanten Gegensatz zu den Schutzzielen der geltenden Erhaltungsverordnung stehe, würde einen Verstoß gegen das rechtsstaatliche Gebot der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung gem. Art. 20 GG begründen. Ohne eine (Teil-) Aufhebung der Erhaltungsverordnung im Planbereich wäre der Bebauungsplan daher nichtig.

Abwägung:

Die Rechtsverordnung nach § 172 Abs. 1, Satz 1, Nr. 1, BauGB besteht für den Bereich Dorotheenstadt, Friedrichstadt und Teile von Friedrichswerder im Bezirk Mitte von Berlin und dient zur Erhaltung der städtebaulichen Eigenart des Gebietes aufgrund seiner städtebaulichen Gestalt. Sie ist vom Bezirksamt am 25. Februar 1997 beschlossen und am 10. April 1997 im Gesetz- und Verordnungsblatt für Berlin Nr. 16 veröffentlicht worden. Hierin heißt es: "Die Genehmigung zur Errichtung baulicher Anlagen darf nur versagt werden, wenn die städtebauliche Gestalt des Gebietes durch die beabsichtigte bauliche Anlage beeinträchtigt wird."

Die Gebietskulisse der Verordnung ist sehr groß, da sie nicht nur die Dorotheenstadt, sondern auch die Friedrichstadt und Teile von Friedrichswerder umfasst.

Das der Verordnung zugrunde liegende Gutachten trifft folglich keine Empfehlungen für einzelne Grundstücke oder für jeden der Blöcke im Geltungsbereich, sondern formuliert zumeist allgemeine Grundsätze, die zu beachten sind. Für das Spreedreieck selbst findet sich im

Gutachten keine spezifische Aussage. Ausgehend vom Betrachtungszeitraum 1997 finden sich im Gutachten folgende Aussagen zum Umfeld des Plangebietes : „Die städtebauliche Eigenart des Geltungsbereiches ist durch eine Vielgestaltigkeit charakterisiert, die alle Phasen seiner gut dreihundertjährigen Entwicklung umfasst...

Im dorotheenstädtischen Hinterland der „Linden" ging die Neubebauung nur sehr zögerlich voran, so dass auch heute noch das gesamte Gebiet rund um den Bahnhof Friedrichstraße durch große Brachflächen charakterisiert ist. Prestigebauten wie die Hotels Unter den Linden an der platzartig erweiterten Kreuzung Friedrichstraße / Unter den Linden, zwischen ClaraZetkin- und Mittelstraße und besonders das Handelszentrum am Hochbahnhof sprengen die gesamte Baustruktur und bilden grobe Beeinträchtigungen des Stadtbildes weit über die Stadtmitte hinaus..."

Als Zielbestimmung der Erhaltungsverordnung im Geltungsbereich ist Folgendes formuliert (Auszug): „Dass die Bedeutungsschicht seiner planerischen Idee ­ die Rasterstadt mit Idealplätzen an der Peripherie ­ trotz mehrfach erfolgter Überformung und verheerender Kriegsschäden noch erlebbar und prägend ist, erhöht ihren Wert beträchtlich, so dass die gesamte Stadtfigur mit ihren originalen Profilen und erhaltenen Bordkanten zu bewahren ist.

Der Umwandlungsprozess der Friedrich- und Dorotheenstadt nördlich und südlich der „Linden" von einer reichen Wohnstadt zur Stadt der Dienstleistungen, des Gewerbes, der Verwaltung und Regierung vollzog sich während der Kaiserzeit.

Der hohe Zerstörungsgrad der Stadtmitte durch die Bomben des Krieges zeigt sich auch heute noch in vielen Brachflächen und Baulücken. Hier ist der herrschende Investitionsdruck besonders stark, zumal Neubaubegehren häufig auch die angrenzenden Altsubstanzen einbeziehen. Um die daraus resultierenden Gefahren für die städtebauliche Eigenart des Gebietes zu minimieren, muss darauf gedrungen werden, dass sich die Neubauten ­ möglichst unter Berücksichtigung der Vorkriegsparzellengröße ­ in Höhe, Proportionierung und Fassadenmaterial an die stadtraumprägenden historischen Gebäude anlehnen."

Diese generellen Grundsätze sind jedoch im Einzelfall zu überprüfen.

Bei dem Plangebiet handelt es sich um einen atypischen Zuschnitt, der zudem durch das Vorhaben nicht verändert wird. Das Vorhaben greift somit nicht in die für die Erhaltungsverordnung so wichtige Stadtfigur mit ihren originalen Profilen und erhaltenen Bordkanten ein.

Eine historische Bebauung, die als Vorprägung in den städtebaulichen Entwurf übernommen werden konnte, gibt es für das Plangebiet nicht. Es war nie mit einer Blockrandbebauung und einer kleinteiligen Zellenstruktur versehen. Insbesondere die unterirdischen Bahnanlagen stellen ganz erhebliche Einschränkungen einer ober- und unterirdischen Bebaubarkeit des Grundstückes dar. Für die Bebauung war folglich eine Sonderlösung auch in Bezug auf die Gebäudehöhe zu finden.

Auf die Wahl verwendeter Materialien und die Fassadengestaltung kann aufgrund der Verordnung im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens weiterhin Einfluss genommen werden. Sie ist ohnehin nicht Gegenstand der Festsetzungen dieses Bebauungsplanes

Die für die Beurteilung der Frage, ob „die städtebauliche Gestalt des Gebietes durch die beabsichtigte bauliche Anlage beeinträchtigt wird" zuständigen Fachabteilungen des Bezirks Mitte (Stadtplanungsamt, Bauaufsicht) haben im Rahmen der formellen Beteiligungsverfahren keine solche Beeinträchtigungen gesehen, sondern das Vorhaben befürwortet. Die sich aus der Stellungnahme ergebende gegensätzliche Einschätzung berücksichtigt nicht die Atypik der städtebaulichen Situation, die Einschätzung des Petenten wird nicht geteilt.

In der Erhaltungsverordnung ist das Ziel, einen zwanzigprozentigen Wohnanteil realisieren zu müssen, nicht enthalten. Auch der Ausschluss von Werbeanlagen oberhalb von 22 m ist nicht Gegenstand. Im Rahmen der Erteilung der Baugenehmigung kann der Bezirk diesen Beschluss umsetzen. Der Bebauungsplan steht dem nicht entgegen.

Rechtlich ist es zudem so, dass der Inhalt des Bebauungsplanes von der Erhaltungsverordnung nicht zwingend vorgegeben wird. Es handelt sich um rechtlich unabhängige Steuerungsinstrumente. Rechtsfolge einer widersprüchlichen Planung kann allenfalls eine Planungspflicht gemäß § 1 Abs. 3 BauGB sein (vgl. Krautzberger, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 9. Aufl. 2002, § 172, Rn 43). Unzulässig wäre eine Festsetzung im Bebauungsplan daher allenfalls dann, wenn die Realisierung des festgesetzten Vorhabens von vornherein ausgeschlossen wäre.

Denkmalschutz/Umgebungsschutz Stellungnahme:

Das denkmalrechtliche Schutzinteresse erfasse beim „Tränenpalast" insbesondere die geschichtliche, weniger die kunsthistorische Bedeutung, die durch den verbliebenen Durchgangsbereich des Eingangs veranschaulicht werde. Die ursprüngliche Funktion, die den Denkmalwert des Gebäudes ausmache, sei ohne den Eingangsbereich in der Gebäudesubstanz nicht mehr ables- und erlebbar. Der erhaltenen Substanz komme insbesondere vor dem Hintergrund, dass der ebenfalls ursprünglich funktionswesentliche Verbindungsbau zwischen dem Baudenkmal und dem Bahnhof Friedrichstraße bereits abgerissen wurde eine besondere Schutzwürdigkeit zu.

Die Kennzeichnung als Baudenkmal im Bebauungsplan gebe den Schutzumfang unzutreffend wieder, da der Eindruck entstehe, nur diejenigen Teile des Baudenkmals.