Nicht zeitnahe Festsetzung der Hinterziehungszinsen

Nicht zeitnahe Festsetzung der Hinterziehungszinsen

- Hinterziehungszinsen können aufgrund der Abhängigkeit des Zinsendes vom Tag der Zahlung der hinterzogenen Steuer bzw. dem Tag der Fälligkeit nicht zeitgleich mit dem geänderten Steuerbescheid festgesetzt werden. Es ist eine weitere Bearbeitung erforderlich. Nach den Feststellungen des Rechnungshofs haben die Finanzämter deshalb die Hinterziehungszinsen wiederholt verspätet festgesetzt. Dadurch ist es zu vermeidbaren Zinsverlusten gekommen.

Berechnung der festgesetzten Hinterziehungszinsen

- Die Hinterziehungszinsen werden von den Bediensteten in den Vbz grundsätzlich manuell berechnet und die Berechnungsgrundlagen handschriftlich in den Bescheid über die Festsetzung der Hinterziehungszinsen eingetragen. Durch den unangemessen geringen Platz, der in dem Bescheid hierfür vorgesehen ist, haben die Bediensteten häufig die Berechnung der festzusetzenden Hinterziehungszinsen verkürzt dargestellt. U. a. haben sie auf Hinterziehungszinsen anzurechnende Nachzahlungszinsen im Bescheid nicht gesondert ausgewiesen. Die Folge waren Nachfragen oder Einsprüche durch die Steuerpflichtigen. Dadurch ist ein vermeidbarer Verwaltungsaufwand entstanden.

Zusammenarbeit der mit den Finanzämtern

- Nach einer Anweisung der Oberfinanzdirektion Bremen vom 23. Februar 1990 hat die in den Fällen, in denen Strafverfahren durch Strafbefehl oder Urteil zum Abschluss gebracht werden, den zuständigen Stellen die zur Festsetzung der Hinterziehungszinsen erforderlichen Angaben mitzuteilen (Höhe der hinterzogenen Beträge sowie Zeitpunkt der jeweiligen Vollendung der Hinterziehung ­ aufgeschlüsselt nach Besteuerungszeiträumen).

Diese Regelung ist jedoch unzureichend, weil damit nicht alle Sachverhalte, in denen Hinterziehungszinsen festzusetzen sind, erfasst werden (vgl. Tz. 293).

Würdigung und Stellungnahme des Ressorts

- Als Ergebnis der Prüfung ist festzustellen, dass die Mängel im Wesentlichen in den fehlenden materiell-rechtlichen Grundlagenkenntnissen der Bediensteten begründet sind. Daneben gehört die Festsetzung von Hinterziehungszinsen nicht zu deren Tagesgeschäft, so dass die Bearbeitungsroutine fehlt. Hinzu kommt die Arbeitssituation in den Vbz, die die Entscheidung für oder gegen eine ­ zumindest zeitnahe ­ Festsetzung beeinflusst haben mag.

Zweifellos erfordert die manuelle Berechnung der Hinterziehungszinsen und der in einigen Fällen nötige Aufbau von bereits gelöschten Steuerkonten Zeit, die den Bediensteten für die laufende Bearbeitung der Steuererklärungen fehlt. Dies rechtfertigt jedoch nicht, die Zinsen nicht zeitnah oder gar nicht festzusetzen. Gerade jenen Steuerpflichtigen, die den Staat geschädigt haben, sollte der erlangte Zinsvorteil so umgehend wie möglich genommen werden. Durch die verspätete Festsetzung der Hinterziehungszinsen entstehen der öffentlichen Hand zusätzliche finanzielle Nachteile, die vermeidbar sind. Daneben kann eine verzögerte Zinsfestsetzung dazu führen, dass die Forderungen wegen einer schlechten Entwicklung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Steuerschuldners nicht mehr beigetrieben werden können.

Der Rechnungshof erwartet, dass die zukünftig in den Fällen, in denen es zur Einstellung des Strafverfahrens gekommen ist, alle notwendigen Daten für die Festsetzung der Hinterziehungszinsen den Vbz mitteilt. Durch dieses Verfahren werden neben einem Rationalisierungseffekt Unsicherheiten bei der Frage beseitigt, ob Hinterziehungszinsen festzusetzen sind. Auch die Gefahr von Berechnungsfehlern wird vermieden. Des Weiteren hält der Rechnungshof es für geboten, dass die die Vbz über die Einleitung und den rechtskräftigen Abschluss eines Strafverfahrens rechtzeitig unterrichtet. Dieses ist erforderlich, weil Strafverfahren sich oft über einen sehr langen Zeitraum hinziehen und nur durch eine klare Dokumentation die Festsetzung der Hinterziehungszinsen gesichert werden kann.

Der Senator für Finanzen hat die Beanstandungen und Vorschläge des Rechnungshofs anerkannt und entsprechende Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsqualität eingeleitet. Eine entsprechende Dienstanweisung ist in Vorbereitung. Angesichts der festgestellten Defizite bei den materiell-rechtlichen Grundlagenkenntnissen der Bediensteten in den Vbz ist eine entsprechende Fortbildungsveranstaltung in das Fortbildungsprogramm 2001 aufgenommen worden. Das Finanzamt Bremen-Ost hat die angewiesen, dem zuständigen Vbz die zur Festsetzung der Hinterziehungszinsen erforderlichen Grundlagen mitzuteilen und auch einen neuen Vordruck eingeführt.

Vorsteuerabzug bei Abschreibungsgesellschaften in der Schifffahrt Abschreibungsgesellschaften in der Schifffahrt machen in der Gründungsphase im Umsatzsteuer-Voranmeldungsverfahren zum Teil überhöhte Vorsteuerüberschüsse geltend. Der Rechnungshof hat bei der Überprüfung einzelner Steuerfälle festgestellt, dass das für die Besteuerung zuständige Finanzamt Bremen-Mitte bereits im Umsatzsteuer-Voranmeldungsverfahren die erklärten Vorsteuerabzüge überprüft und zum Teil erhebliche Kürzungen vorgenommen hat. Es besteht Einverständnis mit der Steuerverwaltung, dass eine endgültige Überprüfung des vorläufig anerkannten Vorsteuerabzugs im Rahmen einer Umsatzsteuersonderprüfung oder einer Betriebsprüfung durchgeführt werden muss.

1 Vorbemerkungen

- Der Rechnungshof hat beim Finanzamt Bremen-Mitte Steuerfälle von Schifffahrtsgesellschaften überprüft, die als Abschreibungsgesellschaften konzipiert sind und die während der Gründungsphase im Umsatzsteuer-Voranmeldungsverfahren in einem erheblichen Umfang Vorsteuerabzugsbeträge geltend gemacht haben.

Gegenstand dieser Gesellschaften ist die Anschaffung und die Inbetriebnahme von Schiffen. Die Beteiligung an den Gesellschaften wird in der Absicht erworben, ertragsteuerlich berücksichtigungsfähige Verluste zu erzielen. Die Kapitalanleger werden zum Beitritt zur Abschreibungsgesellschaft dadurch bewogen, dass sie auf der Basis eines Konzepts zwecks Erzielung steuerlicher Vorteile ­ zumindest für eine gewisse Zeit ­ an den von der Gesellschaft erzielten negativen Einkünften (gewerblichen Verlusten) beteiligt werden. In der Regel werden diese Gesellschaften in der Rechtsform der & Co. KG betrieben. Häufig sind sie als so genannte Publikumsgesellschaften gestaltet, an der eine Vielzahl von Kapitalanlegern beteiligt ist. Bei der gesellschaftsrechtlichen Ausgestaltung werden die folgenden zwei Varianten bevorzugt: Die Kapitalanleger werden unmittelbar als Kommanditisten beteiligt oder ­ die häufigere Form ­ es wird eine Anlagegesellschaft als Treuhänder-Kommanditistin zwischengeschaltet, die den Treugebern (Kapitalanlegern) die Kommanditanteile vermittelt.

Die Vermittlung von Treuhandrechten an Kapitalanleger durch eine Anlagegesellschaft ist eine nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Umsatzsteuergesetz der Umsatzsteuer unterliegende Leistung. Da die Rechte der Kapitalanleger aber in ihrer inhaltlichen Ausgestaltung Gesellschaftsrechten nahe kommen, liegt nach der hierzu ergangenen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ein steuerfreier Umsatz von Anteilen an einer Gesellschaft im Sinne des § 4 Nr. 8 f vor. Daraus folgt nach § 15 Abs. 2 der Ausschluss des Umsatzsteuer-Vorsteuerabzugs, soweit die von der Gesellschaft bezogenen und mit Umsatzsteuer belasteten Lieferungen und Leistungen im wirtschaftlichen Zusammenhang mit der nach § 4 Nr. 8 f steuerfreien Ausgabe von Gesellschaftsrechten stehen.

2 Prüfungsfeststellungen

- Die Schifffahrtsbetriebe sind beim Finanzamt Bremen-Mitte in besonderen Veranlagungsstellen zusammengefasst. Die Bearbeitung der Steuerfälle von Abschreibungsgesellschaften im Bereich der Schifffahrt ist sehr arbeitsintensiv und zeitaufwendig. Dies gilt auch für die Überprüfung des im Voranmeldungsverfahren und in der Umsatzsteuerjahreserklärung geltend gemachten Vorsteuerabzugs. Ein Großteil dieser Gesellschaften ist mit einem hohen Kapital (Gesellschafter- und Fremdkapital) ausgestattet und in steuerlicher Hinsicht von besonderem Gewicht.

Zum Umfang des Vorsteuerabzugs während der Gründungsphase einer Abschreibungsgesellschaft hat der Bundesminister der Finanzen in einem Schreiben vom 10. August 1998 an die obersten Finanzbehörden der Länder Stellung genommen.

Die Oberfinanzdirektion Bremen und das Finanzamt Bremen-Mitte haben zur Anwendung der in diesem Schreiben aufgestellten Grundsätze weitere Anwendungshilfen gegeben und damit die Bearbeitung der Steuerfälle unterstützt. Danach ist im Wesentlichen die Umsatzsteuer für die folgenden in der Gründungsphase der Gesellschaft und der Einwerbungsphase der Kapitalanlagen entstehenden Aufwendungen nicht als Vorsteuer abziehbar:

· Werbe- und Marketingkosten

· Konzeptionskosten

· Kosten der Prospektprüfung

· Kosten der Projektbetreuung und -abwicklung

· Vertriebskosten.

Bei diesen Kosten kann unterstellt werden, dass sie in einem engen wirtschaftlichen Zusammenhang mit der steuerfreien Ausgabe von Gesellschaftsrechten stehen.

Bei den folgenden Aufwendungen ist eine eindeutige Zuordnung der in Rechnung gestellten Umsatzsteuer zu den abziehbaren oder nicht abziehbaren Vorsteuern nicht ohne Weiteres möglich:

· Treuhandgebühren,

· Steuerberatungskosten.

Die Treuhandgebühren können zum einen dem außerunternehmerischen Bereich der Kapitalanleger zuzuordnen sein und damit den Vorsteuerabzug ausschließen.

Zum anderen können sie aber auch mit der Geschäftsführung der Gesellschaft zusammenhängen ­ also den unternehmerischen Bereich der Gesellschaft betreffen

­ und daher zum Vorsteuerabzug berechtigen. Die Abgrenzung zwischen diesen beiden Bereichen muss in jedem Einzelfall anhand des tatsächlichen Geschehensablaufs innerhalb der Gesellschaft vorgenommen werden Entsprechendes gilt auch für die Steuerberatungskosten. Darüber hinaus lassen sich bestimmte andere Tätigkeiten nicht eindeutig zwischen den einzelnen unterschiedlich zu behandelnden Bereichen der Geschäftsführung und der Gesellschafterebene trennen. Auch sind aus den Rechnungen die tatsächlich erbrachten Leistungen nicht immer zweifelsfrei erkennbar. Den bei einer zutreffenden Zuordnung anzuwendenden Aufteilungsmaßstab muss das Finanzamt dann in jedem Einzelfall unter Berücksichtigung aller entscheidungserheblichen Tatsachen anhand der Eingangsrechnungen besonders ermitteln oder schätzen.

Nach allem ist die notwendige Zuordnung der Vorsteuerbeträge insbesondere im frühen Stadium der Einwerbungsphase von Kapitalbeteiligungen im Rahmen des Umsatzsteuer-Voranmeldungsverfahrens schwierig. Da eine lückenlose Überprüfung des Vorsteuerabzugs im Voranmeldungsverfahren zu zeitlichen Verzögerungen bei der Durchführung des Steuerfestsetzungs- und Erstattungsverfahrens führen würde, hat das Finanzamt eine Entscheidungshilfe entwickelt, die die zutreffende Abgrenzung zwischen abziehbaren und nicht abziehbaren Vorsteuern erleichtert. Der Rechnungshof hat festgestellt, dass das Finanzamt bereits in einem frühen Stadium Vorsteuerkürzungen von bis zu 350 TDM vorgenommen hat.

Die endgültige Entscheidung über die genaue Höhe des nicht abziehbaren Anteils der geltend gemachten Vorsteuern bleibt einer späteren Überprüfung durch das Finanzamt vorbehalten. Hierfür stehen die folgenden verfahrensrechtlichen Möglichkeiten zur Verfügung:

· Durchführung einer zeitnahen Umsatzsteuersonderprüfung,

· endgültige Überprüfung des Vorsteuerabzugs durch eine Betriebsprüfung.

Eine nicht unbedeutende Anzahl der beim Finanzamt Bremen-Mitte steuerlich geführten Verlustzuweisungsgesellschaften der Schifffahrt sind Großbetriebe im Sinne der für Betriebsprüfungszwecke geschaffenen Größenklassenordnung, bei denen turnusmäßig Betriebsprüfungen verfahrensrechtlich vorgesehen sind.

3 Würdigung

- Nach den Feststellungen des Rechnungshofs werden die Vorsteuerkürzungen in der Gründungsphase der Abschreibungsgesellschaften in der Schifffahrt sachgerecht vorgenommen. Soweit die endgültige Höhe des Vorsteuerkürzungsbetrags noch nicht im Umsatzsteuer-Voranmeldungsverfahren oder bei der Festsetzung der Jahresumsatzsteuer ermittelt wird oder werden kann, hält der Rechnungshof die beschriebene Verfahrensweise unter Berücksichtigung der im Veranlagungsverfahren bestehenden Ressourcenbeschränkungen für gerechtfertigt.