Vormundschaften für Kinder und Jugendliche in der Stadtgemeinde Bremen

Gemäß § 1773 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) erhält ein Minderjähriger einen Vormund, wenn er/sie nicht unter elterlicher Fürsorge steht, die Eltern nicht zur Vertretung der Angelegenheiten des Minderjährigen berechtigt sind oder der Familienstand des Minderjährigen nicht zu ermitteln ist. Die Ursachen für die Notwendigkeit einer Bestellung eines Vormunds sind vielfältig, sie reichen von dem plötzlichen Tod der Erziehungsberechtigten hin zu einer Gefahrenabwehr im Sinne des Kindeswohls.

Vormund kann eine natürliche Person, ein Verein oder das Jugendamt werden. Bei der Bestellung von Vormündern gilt der Grundsatz des Vorrangs von Einzelvormundschaften gegenüber Amtsvormundschaften. Dieser Grundsatz ist jedoch aufgrund der gestiegenen Anforderungen in Bezug auf die Komplexität der Vormundschaftsfälle nicht in jedem Fall anwendbar. Dennoch dürfen die Komplexität der Vormundschaftsfälle und die bundesweit steigende Fallzahl in diesem Bereich nicht dazu führen, dass Möglichkeiten für die Bestellung von Einzelvormündern, insbesondere von ehrenamtlichen Einzelvormündern, nur begrenzt genutzt werden. Einzelvormundschaften haben im Vergleich zu Amtsvormundschaften den großen Vorteil, dass der Aufbau einer persönlichen Beziehung zwischen Vormund und Mündel meist schneller und erfolgreicher erfolgt.

Die Feststellungen des parlamentarischen Untersuchungsausschusses Kindeswohl zum Themenkomplex Amtsvormundschaft haben u. a. zu der Einführung des zur Gewinnung ehrenamtlicher Vormünder geführt. Die Durchführung dieses Projektes ist mit erheblichem zeitlichen und finanziellen Aufwand sowie mit außerordentlichem Engagement seitens der teilnehmenden Personen verbunden. Vor dem Hintergrund aktueller Presseberichte über den Einsatz ehrenamtlicher Vormünder ist die derzeitige Situation der Vormundschaften für Kinder und Jugendliche in Bremen kritisch zu beleuchten.

Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat:

1. Wie viele ehrenamtliche Vormünder wurden seit Beginn des Projektes Kids gewonnen, und wie viele sind bereits geschult worden?

2. Wie viele ehrenamtliche Vormünder haben für wie viele minderjährige Personen seit Beginn des Projektes Einzelvormundschaften übernommen?

3. Wie und durch wen wird geprüft, ob eine minderjährige Person gegebenenfalls an einen ehrenamtlichen Vormund vermittelt werden kann?

4. Welche Kriterien zur Eignung eines Falls für eine ehrenamtliche Vormundschaft wurden vom Amt für Soziale Dienste in Zusammenarbeit mit dem zuständigen freien Träger erarbeitet?

5. Wie erfolgt der Informationsaustausch zwischen dem Jugendamt und dem für das Projekt zuständigen freien Träger in Bezug auf die in 4. genannten Kriterien?

6. Wie viele Anträge an das Vormundschaftsgericht auf Einrichtung einer Vormundschaft hat das Jugendamt in den letzten drei Jahren gestellt? Wie vielen dieser Anträge wurde stattgegeben, und wer (ehrenamtlicher Vormund, Berufsvormund, Vereinsvormund, Amtsvormund) wurde als Vormund bestellt?

7. In wie vielen der unter 6. genannten Fälle ist das Jugendamt seiner gesetzlichen Verpflichtung gemäß § 53 Abs. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) VIII, dem Vormundschaftsgericht Personen und Vereine vorzuschlagen, die sich im Einzelfall zum Vormund eignen, nachgekommen?

8. Wie hat sich die Vorschlagspraxis gemäß § 53 Abs. 1 SGB VIII seit Beginn des Projektes entwickelt?

9. Wie oft im Jahr treffen sich die Amtsvormünder in Bremen persönlich mit ihren Mündeln, und wie oft im Jahr werden von den Amtsvormündern Hausbesuche bei den Mündeln durchgeführt? Nehmen die Amtsvormünder regelmäßig an Hilfeplankonferenzen, bei denen es um eines ihrer Mündel geht, teil?

10. In wie vielen Fällen hat die Prüfungspflicht des Jugendamts gemäß § 56 Abs. 4 SGB VIII in den vergangenen drei Jahren dazu geführt, dass das Jugendamt als Amtsvormund entlassen wurde und stattdessen eine Einzelperson oder ein Verein als Vormund bestellt wurde? Wie hat sich diese Fallzahl seit Einführung des Projektes entwickelt?