Das Amtsgericht Hamburg schließt Rahmenvereinbarungen nur mit Einzelpersonen ab

Gibt es Rahmenvereinbarungen Hamburger Behörden mit Dolmetscheroder Übersetzeragenturen? Welche Stunden- und Zeilenhonorare wurden bzw. werden hierbei vereinbart?

Das Amtsgericht Hamburg schließt Rahmenvereinbarungen nur mit Einzelpersonen ab. Beim Einwohnerzentralamt der Behörde für Inneres gibt es eine individuelle Absprache mit einer Dolmetscher- und Übersetzeragentur. Es wurde ein Stundenhonorar von 30,00 Euro vereinbart. Die Zeilenhonorare orientieren sich durchgängig am JVEG.

Im Übrigen nein.

Wie viel Prozent des gesamten Auftragsvolumens für gerichtliche und behördliche Dolmetscher- und Übersetzerleistungen wird an Dolmetscher- bzw. Übersetzungsagenturen vergeben?

Siehe Antwort zu 13. und 13.1.

Verwaltungspraxis

Hat der Senat Kenntnis über die Verwaltungspraxis der Justizbehörde bzw. des Präsidenten des Amtsgerichts, dass er in seinem Geschäftsbereich in der Richter/-innen- und Rechtspfleger/-innenschaft und den entsprechenden Geschäftsstellen eine Liste aller Dolmetscher/-innen und Übersetzer/-innen in den Umlauf gibt, die die Rahmenvereinbarung abgeschlossen haben, und dies mit der Maßgabe, die auf dieser Liste genannten Personen bevorzugt zu gerichtlicher und behördlicher Tätigkeit heranzuziehen?

Innerhalb der Amtsgerichte wird eine Liste aller Dolmetscher und Übersetzer geführt, aus der sich ergibt, welche Dolmetscher und Übersetzer einen Rahmenvertrag abgeschlossen haben. Den Richtern und Rechtspflegern der Amtsgerichte wird mit Blick auf das in der LHO niedergelegte Sparsamkeitsgebot empfohlen, Rahmenvertragspartner vorrangig zu beauftragen.

Trifft es zu, dass solche Dolmetscher/-innen und Übersetzer/-innen der Richter/-innen- und Rechtspfleger/-innenschaft und den entsprechenden Geschäftsstellen intern als „bevorzugt zu beauftragen" empfohlen werden, die nicht den landesrechtlichen Anforderungen des HmbDolmG bzw. der HmbDolmVO entsprechen?

Es trifft zu, dass auch Dolmetscher/-innen und Übersetzer/-innen empfohlen werden, die nicht nach der HmbDolmG bzw. der HmbDolmVO öffentlich bestellt und allgemein vereidigt sind.

Wenn ja, warum wird bei der Auswahl der bevorzugt zu beauftragenden Dolmetscher/-innen nicht nach den gesetzlichen Vorgaben des HmbDolmG in Verbindung mit der HmbDolmVO vor? Bitte detailliert begründen.

Das HmbDolmG enthält keine Vorgaben für die Bestellung von Dolmetschern und Übersetzern durch die Gerichte, sondern regelt ausschließlich das Prüfungsverfahren allgemein vereidigter Dolmetscher sowie die für allgemein vereidigte Dolmetscher bestehenden Verpflichtungen.

Kann diese Liste von den nach dem HmbDolmG in Verbindung mit der HmbDolmVO öffentlich bestellten Dolmetscher/-innen und Übersetzer/-innen eingesehen werden? Wenn nein, warum wird diese Einsicht verweigert?

Die Liste kann unter www.dolmetscher.hamburg.de im Internet eingesehen werden.

Staatsanwaltschaft

Ist dem Senat bekannt, dass die Staatsanwaltschaft, im Rahmen von Ermittlungsverfahren Übersetzungsaufträge an sog. Übersetzungsagenturen vergibt? Wie bewertet der Senat diese Praxis des Übergehens der öffentlich bestellten und allgemein vereidigten Dolmetscher/-innen und Übersetzer/-innen in diesem Bereich?

Die Staatsanwaltschaft Hamburg vergibt Übersetzungsaufträge sowohl an Einzelpersonen als auch an Unternehmen. Inwieweit diese Unternehmen als „Agenturen" im Sinne der Fragestellung zu bezeichnen sind, kann die zuständige Behörde nicht beurteilen.

Ist dem Senat bekannt, dass die Staatsanwaltschaft vollständige oder auszugsweise Ermittlungsakten an Übersetzungsagenturen herausgibt, die diese Unterlagen sodann an externe Übersetzer/-innen ins gesamte Bundesgebiet ­ teilweise sogar ins Ausland ­ weiter versenden, ohne dass der Staatsanwaltschaft Hamburg vor Herausgabe der Ermittlungsakten die Identität der externen Übersetzer/-innen bekannt ist? Wie bewertet der Senat diese Praxis?

Der Senat hat sich hiermit nicht befasst.

Wie ist bei diesem Verfahren sichergestellt, dass die Staatsanwaltschaft Ermittlungsakten wieder zurück erhält?

Soweit in einzelnen Bundesländern öffentlich bestellte und allgemein vereidigte Übersetzer nicht ohnehin gesetzlich zur Rückgabe übersandter Aktenteile verpflichtet sind (z. B. § 5 Abs. 1 Nr. 6 HmbDolmG), unterliegen sowohl die Übersetzer als auch die in diesem Zusammenhang beauftragten Unternehmen im gesamten Bundesgebiet einer entsprechenden zivilrechtlichen Verpflichtung.

Wie würde bei einem Versand der Akten ins Ausland eine zwangsweise Rückgabe einer Akte vollzogen, falls die/der letztlich beauftragte Übersetzer/-in die Akte nicht zurückgibt?

Der Senat beantwortet hypothetische Fragen grundsätzlich nicht.

Wie stellt die Staatsanwaltschaft sicher, dass die Übersetzer/-innen sich an die Verschwiegenheit halten, wenn ihr die Identität der Übersetzer/-innen nicht bekannt ist?

Die Staatsanwaltschaft Hamburg vergibt Übersetzungsaufträge an solche Einzelpersonen oder Unternehmen, die ihr aufgrund der bisherigen Erfahrungen als zuverlässig bekannt sind. Sollte der Staatsanwaltschaft ein Missbrauch bekannt werden, kann die Person des Übersetzers über das beauftragte Unternehmen ohne weiteres namhaft gemacht werden, sofern sich die Identität der Person nicht ohnehin schon aus den übersandten Erledigungsstücken ergibt.

Beabsichtigt der Senat, die Staatsanwaltschaft Hamburg ­ z. B. im Wege einer Allgemeinen Verfügung ­ anzuweisen, künftig nur noch solche Dolmetscher/-innen und Übersetzer/-innen heranzuziehen, die nach dem HmbDolmG 2005 und der HmbDolmVO öffentlich bestellt und allgemein vereidigt sind und insofern den hohen Anforderungen des HmbDolmG 2005 und der HmbDolmVO hinsichtlich persönlicher Eignung und fachlicher Qualifikation gerecht werden?

Wenn nein, aus welchem Grund kann darauf verzichtet werden?

Der Senat hat sich hiermit nicht befasst.

Bewertung

Welchen Sinn sieht der Senat in dem noch im Jahre 2005 novellierten und mit einem Ordnungswidrigkeitentatbestand versehenen HmbDolmG, wenn sich die Justizbehörde nicht an die landesrechtlichen Vorgaben dieses Gesetzes hinsichtlich persönlicher Eignung und fachlicher Qualifikation der für Gerichte und Behörden tätigen Dolmetscher/-innen und Übersetzer/-innen hält?

17. Welchen Sinn sieht der Senat darin, dass einerseits mit dem HmbDolmG hohe Anforderungen an fachliche Qualifikation und persönliche Eignung der in Hamburg tätigen Gerichts- und Behördendolmetscher/-innen gestellt werden, andererseits jedoch durch den im Zuständigkeitsbereich der Justizbehörde tätigen Präsidenten des Amtsgerichts Rahmenvereinbarungen mit Dolmetscher/-innen und Übersetzer/-innen abgeschlossen werden, die den landesgesetzlichen Vorgaben des HmbDolmG nicht gerecht werden?

18. Erkennt der Senat einen Qualitätsunterschied hinsichtlich persönlicher Eignung und fachlicher Qualifikation zwischen den nach dem HmbDolmG in Verbindung mit der HmbDolmVO öffentlich bestellten und allgemein vereidigten Dolmetscher/-innen und Übersetzer/-innen im Vergleich zu Dolmetscher/-innen und Übersetzer/-innen, die nicht dieses nach hamburgischem Landesrecht vorgesehene Eignungsfeststellungsverfahren durchlaufen haben?

Wenn nein, wie begründet der Senat diese Haltung?

Wenn ja, aus welchem Grund toleriert der Senat dann die nun gängige Praxis?

19. Rechtfertigt ein Bedürfnis nach Kosteneinsparung aus Sicht des Senats eine Umgehung der landesrechtlichen Vorschriften des HmbDolmG bzw. der HmbDolmVO durch Behörden und/oder Gerichte im Zuständigkeitsbereich der Justizbehörde und/oder der übrigen Ressorts des Senats?

20. Sieht der Senat eine Gefahr des Qualitätsverlustes in der Rechtspflege, wenn die Rahmenvereinbarungen mit den reduzierten Vergütungssätzen von den öffentlich bestellten und allgemein vereidigten Dolmetscher/-innen nicht unterschrieben werden, sondern statt dessen von Dolmetscher/-innen und Übersetzer/-innen, die den hohen Anforderungen des HmbDolmG hinsichtlich persönlicher Eignung und fachlicher Qualifikation nicht gerecht werden? Wenn nein, bitte detailliert begründen.

21. Wie bewertet der Senat Aktivitäten des Präsidenten des Amtsgerichts bzw. des in dessen Geschäftsbereich tätigen Segmentgeschäftsleiters im Segment Strafverfahren, die in seinem Geschäftsbereich betriebene Verwaltungspraxis („neues Beauftragungssystem mit Rahmenvereinbarung und entsprechende interne Listen bevorzugt zu beauftragender Dolmetscher/-innen und Übersetzer/-innen") auch den Präsidien anderer Hamburgischer Gerichte zur Umsetzung zu empfehlen?

22. Wie bewertet es der Senat, wenn durch die beschriebene Verwaltungspraxis der Justizbehörde am HambDolmG und der zuständigen Behörde für Inneres vorbei im Zuständigkeitsbereich des Präsidenten des Amtsgerichts ein „Beauftragungssystem" für Dolmetscher/-innen und Übersetzer/-innen eingeführt wird, welches den landesgesetzlichen Vorgaben des HmbDolmG zuwiderläuft?

23. Hält der Senat die beschriebene Verwaltungspraxis der Justizbehörde bzw. des Präsidenten des Amtsgerichts im Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich für bedenklich? Die Beantwortung dieser Frage soll erfolgen insbesondere im Hinblick auf die seit dem 1. Januar 2006 nicht mehr oder nur noch vereinzelt herangezogenen Dolmetscher/-innen und Übersetzer/-innen, die öffentlich bestellt und allgemein vereidigt sind und die Rahmenvereinbarung aufgrund landesrechtlicher Vorgaben (§ 5 Abs. 1 Nr. 1, 9 HmbDolmG) nicht abgeschlossen haben.

Falls nein, warum nicht?

24. Hält der Senat die beschriebene Verwaltungspraxis kartellrechtlich für bedenklich, da durch diese Verwaltungspraxis eine vertikale Diskriminierungswirkung zu Lasten der öffentlich bestellten und allgemein vereidigten Dolmetscher/-innen und Übersetzer/-innen erzeugt wird, soweit diese die Rahmenvereinbarung aufgrund landesrechtlicher Vorgaben (§ 5 I Nr. 1, 9 HmbDolmG) nicht unterzeichnet haben? Wenn nein, bitte detailliert begründen.

25. Geht der Senat davon aus, dass er auch gegenüber den nach dem HmbDolmG in Verbindung mit der HmbDolmVO öffentlich bestellten und allgemein vereidigten Dolmetscher/-innen und Übersetzer/-innen eine öffentlich-rechtliche Fürsorgepflicht hat, die sich aus Art. 33 Abs. 5 GG ableiten lässt?

Wenn nein, aus welchem Grunde?

Wenn ja, wie verträgt sich dies aus Sicht des Senats mit der durch die Rahmenvereinbarung eingeführten Reduzierung der Vergütungssätze und Abbedingung von Ersatz-, Entschädigungs- und Kostenregelungen des JVEG?

Ist der Senat der Auffassung, dass die beschriebene Verwaltungspraxis im Geschäftsbereich der Justizbehörde den Vorgaben des „Grünbuches der EU-Kommission ­ Verfahrensgarantien im Strafverfahren innerhalb der Europäischen Union" gerecht wird? Wie begründet der Senat dies?

27. Erkennt der Senat die Gefahr, die einer verfassungskonformen Strafrechtspflege durch die beschriebene Verwaltungspraxis der Justizbehörde bzw. des Präsidenten des Amtsgerichts droht? Die Beantwortung dieser Frage soll erfolgen insbesondere im Hinblick auf die Gefahr einer Verelendung der Strafrechtspflege, soweit fremdsprachige, der deutschen Sprache nicht mächtige Beteiligte betroffen sind. Wenn nein, bitte detailliert begründen.

Der Senat hat sich hiermit nicht befasst.