Hamburgs Badegewässer ­ riskanter Badespaß?

Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Verena Lappe (GAL) vom 24.07. und Antwort des Senats

Betreff: Hamburgs Badegewässer ­ riskanter Badespaß?

Ein tragischer Todesfall trübte am 16.07.2006 die Badefreuden der Hamburgerinnen und Hamburger. In diesem Zusammenhang taucht wieder die Frage auf, wie Badeunfälle in den Badegewässern besser vermieden werden können. Die Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt wirbt intensiv für Hamburgs Badeseen und deren Qualität (Pressemitteilung 05.07.2006): „Die Wassertemperaturen von Hamburgs Badeseen sind ideal. Alle sind in Topform: keine Algen, Sichttiefe in Ordnung, keine Belastung mit Bakterien." Die Broschüre „Rund um Hamburgs Badegewässer" suggeriert „ungetrübten Badespaß". Das mag für die Wasserqualität gelten, dies jedoch auch nur eingeschränkt, wie sich am vergangenen Wochenende am Eichbaumsee zeigte, doch wie ist es um die Qualität des Unfallschutzes bestellt?

Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat:

1. Wie viele Menschen verunglückten tödlich in den vergangenen 15 Jahren an den 17 Hamburger Badestellen? (Bitte pro Jahr und nach Alter und Geschlecht differenzieren.)

Die erfragten Daten werden von der Polizei statistisch nicht erfasst und können in der für die Beantwortung einer Schriftlichen Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit mit vertretbarem Verwaltungsaufwand nicht ermittelt werden.

2. Wie viele Menschen nutzen die Badegewässer jährlich?

Den Bezirksämtern liegen Informationen im Sinne der Fragestellung nicht vor. Sie können in der für die Beantwortung einer Schriftlichen Kleine Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit mit vertretbarem Verwaltungsaufwand auch nicht nachträglich erhoben werden.

3. Wie viele der 17 Badestellen werden derzeit von Rettungskräften überwacht?

Sieben.

a) Wie viele Personen sind jeweils vor Ort?

In der Regel sind zwei Rettungskräfte anwesend.

b) Ab (Monat) und von (tägliche Uhrzeit) wann bis wann erfolgt die Überwachung?

Die Überwachung erfolgt von Mai bis September während der Öffnungszeiten der jeweiligen Badestellen (in der Regel zwischen 9:00 und 11:00 Uhr bis 18:00 oder 19:00 Uhr, im Sommer zum Teil bis 21:00 Uhr).

4. Wie viele Badestellen waren es vor 15, zehn und fünf Jahren?

Anzahl der Badestellen

Vor 15 Jahren 20

Vor 10 Jahren 17

Vor 5 Jahren 18

5. Wie viele dieser Badestellen waren damals jeweils überwacht?

In der Kürze der für die Beantwortung einer Schriftlichen Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit war es den Bezirksämtern mit vertretbarem Verwaltungsaufwand nicht möglich, die Anzahl überwachter Badestellen vor 15 und zehn Jahren zu ermitteln.

Anzahl überwachter Badestellen vor 5 Jahren: 15.

6. Geschieht die Überwachung ausschließlich durch die DLRG? Wenn nein, wer übernimmt alternativ die Überwachung?

Nein. Die Überwachung erfolgt durch angestellte Rettungsschwimmer der Pächter bzw. Betreiber der Badestellen.

7. Wie viele Einsätze mussten die Rettungskräfte jeweils pro Jahr in den vergangenen 15 Jahren leisten?

Die erfragten Daten liegen den zuständigen Bezirksämtern nicht vor. Eine Erhebung ist in der für die Beantwortung einer Schriftlichen Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit mit vertretbarem Verwaltungsaufwand nicht leistbar.

8. Kosten in welcher Höhe entstanden der Stadt jährlich durch die Überwachung? (Bitte für 2005, 2000, 1995 und 1990 angeben.)

Die DLRG hat die Überwachung ehrenamtlich wahrgenommen, die Kosten für die angestellten Rettungsschwimmer werden jeweils von den Pächtern bzw. Betreibern der Badestellen in Eigenverantwortung übernommen.

9. Wie hoch wären die jährlichen Kosten, wenn Hamburg alle Badestellen überwachen lassen würde?

Aufgrund der im Einzelfall festzustellenden bzw. zu verhandelnden Konditionen können Angaben dazu nicht gemacht werden. Im Übrigen hat sich der Senat hiermit nicht befasst.

10. Die Antwort des Senats in Drs. 17/1170 zeigt auf, welche hygienischen Einrichtungen und Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz der Badenden an Flussbadestellen notwendig sind. Duschen, Toiletten, kontinuierliche Abfallbeseitigung, Trennung der Badenden vom Schifffahrtsbetrieb und übrigen Wassersport sind erforderlich. Außerdem müssen während des Badebetriebs Rettungseinrichtungen bereitstehen.

a) Treffen diese Informationen nach wie vor zu oder hat es ggf. seit 2002 Veränderungen gegeben?

b) Gelten sie auch für Badestellen an Seen?

c) Sind alle 17 Badestellen i. d. S. ausgestattet? Wenn nein, warum nicht?

Ja.

d) Was bedeutet „Badebetrieb" konkret?

Der Badebetrieb ist dem Sinne nach in der EG-Badegewässerrichtlinie 76/160/EWG vom 8. Dezember 1975 definiert. Nach der Hamburger Verordnung über Badegewässer vom 15. Mai 1990 macht die zuständige Behörde jährlich im Amtlichen Anzeiger bekannt, an welchen Stellen sich Badegewässer befinden.

e) Was ist mit Rettungseinrichtungen im Detail gemeint?

Im Regelfall: Rettungsring und Rettungsstange.

f) Sind an jeder Badestelle Rettungsringe und Notrufsäulen verpflichtend?

Nein, nach EG-Badegewässerrichtlinie ­ umgesetzt mit der Hamburger Badegewässerverordnung ­ ist dies nicht verpflichtend vorgegeben.

g) Was ist notwendig, um der Verkehrssicherungspflicht angemessen nachzukommen?

Das Vorhalten übersichtlicher, einsehbarer Badebuchten mit flach auslaufenden Sandstränden.

h) Wie wird auf diese Rettungseinrichtungen hingewiesen?

Die Rettungseinrichtungen sind deutlich sichtbar aufgestellt.

i) Wie und durch wen werden die Badestellen auf Einhaltung dieser Maßgaben kontrolliert?

Von den Bezirksämtern einmal jährlich vor Beginn der Badesaison und in Eigenüberwachung durch die Pächter bzw. Betreiber.

11. In welcher Weise wird an den Badestellen auf die Unfallgefahren hingewiesen?

Durch Schilder und Hinweistafeln mit Piktogrammen.

12. Welche Informationsmöglichkeiten zu den Gefahren beim Baden in Flüssen und Seen seitens des Senats gibt es darüber hinaus (Internet, Broschüren)?

Es gibt allgemein zugängliche Informationen über die Gefahren beim Baden, z. B. im Internet unter www.dlrg.de, www.wasserwacht-online.de und www.kindersicherheit.de.

13. In welcher Weise werden Kinder und Jugendliche im Schwimmunterricht an den Schulen und in den Kitas auf die Gefahren der Badegewässer hingewiesen?

Für den Schwimmunterricht an den Schulen ist im Rahmenplan Sport der Grundschule für das Bewegungsfeld „Wasser" der Themenbereich Baderegeln verankert. In den Baderegeln werden Verhaltensnormen aufgestellt, wie Badeunfälle vermieden werden können. Auch in den Rahmenplänen der Sekundarstufe I sind Kenntnisse der Baderegeln und das eigen- und mitverantwortliche Verhalten im Wasser explizit als Unterrichtsinhalt ausgewiesen.

Nach den „Grundsätzen zur Sicherheit im Schulsport" sind die Lehrkräfte verpflichtet, die Schülerinnen und Schüler auf Gefahrenquellen hinzuweisen.

In den Schwimmrichtlinien der Vereinigung Hamburger Kindertagesstätten ist geregelt, dass grundsätzlich nur in beaufsichtigten Gewässern mit Kindern gebadet werden darf (Bademeister oder Mitarbeiter der DLRG).

14. Die Ertrinkungsstatistik der DLRG von 2005 zeigt deutlich: Flüsse und Seen sind wegen der zumeist unzureichenden Überwachung im Vergleich zu Nord- und Ostsee riskante Badestellen. 73 % der Todesfälle ereignen sich dort.

a) Wie will der Senat dem in Hamburg Rechnung tragen?

Für die 17 in Hamburg nach EG-Richtlinie ausgewiesenen Badestellen wurde 2005 kein Todesfall bekannt. Generell können Todesfälle an Gewässern nie ausgeschlossen werden, da hier vielfältige Faktoren, wie z. B. Leichtsinn und krankheitsbedingte Vorbelastungen eine Rolle spielen.

b) Welche Maßnahmen ergreifen andere Bundesländer?

Hierzu liegen der zuständigen Behörde keine Detailerkenntnisse vor.

15. Zur Unfallprävention beim Baden in Flüssen und Seen ist eine möglichst flächendeckende Schwimmfähigkeit eine wichtige Voraussetzung.

a) Wie viel Prozent aller Hamburgerinnen und Hamburger können aktuell schwimmen?

b) Wie viel Prozent waren es 2000, 1990, 1980, 1970?

Hierzu liegen der zuständigen Behörde keine statistischen Erkenntnisse vor.

c) Mit welchen Maßnahmen will der Senat die Erhöhung der aktuellen Prozentzahl erreichen?

16. Führt der Senat bereits oder beabsichtigt er in naher Zukunft Gespräche mit der DLRG zur Ausweitung der Überwachung der Hamburger Badestellen zu führen?

a) Wenn ja, wann wird dies geschehen?

b) Welches Ziel wird der Senat dabei verfolgen?

c) Wenn nein, warum nicht?

Die Überwachung von Badegewässern wird nicht nur von der DLRG geleistet (siehe Antwort zu 6.). Im Übrigen hat sich der Senat hiermit nicht befasst.