Integration

Menschliche Metropole ­ Gerechtes Hamburg: Mit modernem Strafvollzug heute Kriminalität morgen verhindern

1. Strafvollzug als Opferschutz von morgen ­ Umsetzung der Gesetzeskompetenz

Im Zuge der Föderalismusreform haben die Bundesländer nun die Zuständigkeit für die gesetzliche Regelung des Strafvollzuges erhalten. Die SPD-Bürgerschaftsfraktion hatte sich stets gegen diese Verlagerung der Zuständigkeit ausgesprochen ­ zum einen wegen der Befürchtung, dass einzelne Länder durch eigene Strafvollzugsgesetze eine Abkehr vom Vollzugsziel der sozialen Integration, der Resozialisierung, vollziehen könnten, zum anderen, da hierdurch eine Zersplitterung des deutschen Strafvollzugsrechts drohte. Nun aber gut es, sich mit der neuen Situation auseinanderzusetzen.

Derzeit gilt das Strafvollzugsgesetz von 1976 gemäß Art. 125 a Grundgesetz weiter.

Die darin formulierten Grundsätze und Ziele eines modernen und humanen Strafvollzuges, an denen Expertinnen und Experten aller beteiligten Bereiche ­ Strafrechtlern, Verfassungsrechtlern und Praktikern aus dem Vollzug ­ festhalten wollen, sollen auch in einem Hamburgischen Vollzugsgesetz umgesetzt werden. Darüber hinaus soll die Gelegenheit genutzt werden, der Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts zu folgen und ein eigenes Vollzugsgesetz für die Jugendstrafe vorzulegen sowie eigene Regelungen über die Untersuchungshaft zu schaffen.

Einer Kleinstaaterei im Bereich des Strafvollzuges ist entgegenzutreten, denn diese hätte unabsehbare Folgen für die Praxis des Vollzugs. Es ist daher notwendig, dass Hamburg sich der sogenannten 10er-lnitiative, einem Zusammenschluss von zehn Bundesländern, die bereits einen gemeinsamen Entwurf für ein neues Strafvollzugsgesetz mit übergreifenden Standards erarbeitet, anschließt. Ein Alleingang beim Erlass eines Strafvollzugsgesetzes muss unterbleiben.

Die Bürgerschaft möge beschließen:

Die folgenden Ziele und Grundsätze sind für einen modernen, humanen und sicheren Strafvollzug unverzichtbar:

a) Die Resozialisierung ist das zentrale Ziel des Strafvollzugs, ihm kommt Verfassungsrang zu. Die Gefangenen sollen im Vollzug auf das Leben in Freiheit ohne neue Straftaten vorbereitet werden. Die Resozialisierung dient und nutzt dem Schutz und der Sicherheit der Allgemeinheit, beides bedingt sich wechselseitig.

b) Durch gesetzeskonforme Haftplätze, ausreichend vorhandenes und gut ausgebildetes Vollzugspersonal und geeignete Sicherungssysteme ist auch innerhalb der Justizvollzugsanstalten die innere und äußere Sicherheit der Anstalt zu gewährleisten. Gefangene sind im offenen Vollzug unterzubringen, wenn sie den besonderen Anforderungen hierfür genügen und nicht zu befürchten ist, dass sie sich dem Vollzug entziehen oder Straftaten begehen werden.

c) Gefangene regelhaft im geschlossenen Vollzug unterzubringen, widerspricht allen Erkenntnissen der modernen Forschung und stellt überdies eine erhebliche Mehrbelastung des Haushalts dar.

d) Vollzugslockerungen dienen dem Vollzugsziel und damit der Sicherheit der Allgemeinheit. Sie sind Teil des gesamten Vollzuges und nicht nur der letzten Phase vor einer Entlassung. Gefährdungen der Allgemeinheit sind auf ein Minimum zu reduzieren, daher ist umfassend zu prüfen, ob die gefangenen ihrem Verhalten und ihrer Sozialprognose nach, für Lockerungen geeignet sind.

e) Den Gefangenen ist die Möglichkeit zur Arbeit zu gewähren. Es ist zu gewährleisten, dass ausreichend Arbeitsmöglichkeiten angeboten werden.

f) Das durch zahlreiche Urteile bestätigte Recht der Gefangenen auf Einzelunterbringung ist strikt einzuhalten. Die in Hamburg und anderen Bundesländern vorhandenen Überkapazitäten an Haftplätzen müssen hierfür genutzt werden.

Gleichzeitig sollen Wohngruppen von maximal 15 Gefangenen gebildet werden.

g) Vor bzw. nach der Entlassung sind Überleitungsmaßnahmen und Nachbetreuung von wesentlicher Bedeutung für die soziale Integration der Gefangenen; der Bedeutung dieser Maßnahmen ist in gesetzlichen Regelungen Rechnung zu tragen.

h) Fördermaßnahmen sind allen Gefangenen anzubieten, unbequeme und schwierige Gefangene dürfen nicht allein schon deswegen von solchen Maßnahmen ausgeschlossen werden.

i) Eine über das heutige Maß hinausgehende weitere Beteiligung der Gefangenen an Kosten (etwa für die medizinische Versorgung) ist abzulehnen.

Der Jugendstrafvollzug erhält eine eigene gesetzliche Regelung. Der vom Bundesjustizministerium vorgelegte Referentenentwurf vom 7. Juni 2006 entspricht in vollem Umfang den Anforderungen, die unter anderem das Bundesverfassungsgericht aufgestellt hat, und ist daher geeignet, in Hamburg als gesetzliche Regelung eingeführt zu werden.

Die gesetzliche Grundlage für die Untersuchungshaft ist in einem eigenen Gesetz zu regeln, welches den besonderen Anforderungen und Bedingungen dieser Haftform gerecht wird.

Zur Umsetzung der vorgenannten Punkte ist es notwendig, sich mit den anderen Bundesländern in einer gemeinsamen Initiative zusammenzuschließen, um so weiterhin ein einheitliches deutsches Vollzugsrecht zu erhalten.

2. Arbeitsmöglichkeiten für Gefangene

Die Resozialisierung Strafgefangener ist einer der wirksamsten Wege, um die Bevölkerung vor zukünftigen Straftaten zu schützen. Eines der wesentlichen Instrumente hierfür sind die Arbeitsmöglichkeiten, welche Gefangenen im Strafvollzug eingeräumt werden. Im Haushaltsplan 2007/2008 soll die Zahl dieser Arbeitsstellen von 1800 auf 1500 reduziert werden. Ein solcher Schritt wäre kontraproduktiv für einen Strafvollzug, der auf die erfolgreiche Wiedereingliederung der Straftäter in die Gesellschaft und damit auf den Schutz der Bevölkerung ausgerichtet ist.

Die Bürgerschaft möge beschließen:

Der Senat wird aufgefordert, ausreichend Arbeitsmöglichkeiten für die Insassen der Hamburgischen Justizvollzugsanstalten bereitzustellen, jedenfalls aber die Zahl dieser Arbeitsstellen nicht abzusenken.

3. Ersatzfreiheitsstrafen

Die Zahl der Ersatzfreiheitsstrafen hat in Hamburg zugenommen. Ersatzfreiheitsstrafen sind solche Haftstrafen, die von Verurteilten verbüßt werden, weil sie insbesondere Geldstrafen nicht bezahlt haben. Die Ersatzfreiheitsstrafen sind nicht nur in der Strafrechtswissenschaft umstritten, sondern auch haushaltspolitisch unsinnig, denn durch sie entstehen dem Staat regelmäßig höhere Kosten durch die Unterbringung und Verpflegung der Gefangenen, als die eigentlich verwirkte Geldstrafe ihrem Werte nach betragen hat.

Die Bürgerschaft möge beschließen:

Der Senat wird aufgefordert, im Rahmen seiner Zuständigkeiten und rechtlichen Möglichkeiten darauf hinzuwirken, dass bei Anordnung und Vollstreckung einer Ersatzfreiheitsstrafe stets geprüft wird, ob und inwieweit sie im Sinne einer geeigneten Einwirkung auf den Täter und einer Durchsetzung der gerichtlich verhängten Strafe im Einzelfall geboten ist.