Die für die Aufgaben bei Strafverfolgung und Opferschutz dem IfR bislang zur Verfügung stehenden Mittel sind nicht kostendeckend

Aufgaben und Leistungen des Instituts für Rechtsmedizin am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf im Rahmen von Strafverfolgung und Opferschutz

III. Ein weiterer wesentlicher Teil der Arbeit des IfR besteht in der Mithilfe bei der Aufklärung von Straftaten gegen Leib und Leben sowie in der Betreuung und Beweissicherung bei Opfern von Gewalttaten.

Das IfR spielt damit eine essentielle Rolle für die Strafverfolgung und den Opferschutz in Hamburg.

Die für die Aufgaben bei Strafverfolgung und Opferschutz dem IfR bislang zur Verfügung stehenden Mittel sind nicht kostendeckend. Um die von allen Beteiligten geschätzte und für unverzichtbar gehaltene Arbeit des IfR auf eine nachhaltig gesicherte Basis zu stellen, soll mit dieser Drucksache eine Neuregelung der Finanzierung erfolgen. Aufgaben und Leistungen des Instituts für Rechtsmedizin am UKE im Rahmen von Strafverfolgung und Opferschutz

Das IfR ist Teil des UKE, Körperschaft des öffentlichen Rechts, und in das Zentrum für klinisch-theoretische Medizin II integriert. Die Arbeit am IfR wird auf 16,25 wissenschaftlichen und 28,75 nichtwissenschaftlichen Vollzeitstellen einschließlich Drittmittelstellen wahrgenommen.

Neben dem Anteil des IfR an Forschung, Lehre und Krankenversorgung im UKE erbringt das Institut in erheblichem Umfang Leistungen für die für Strafverfolgung und Opferschutz zuständigen Stellen bei der Polizei, der Justiz und im Bereich Soziales. Zu diesen Beiträgen zählen u. a. Routinetätigkeiten wie der Nachweis von Alkohol, Drogen und Arzneimitteln ebenso wie etwa äußere Leichenschauen bei unklaren und nicht natürlichen Todesfällen, rechtsmedizinische Tatortarbeit und Sektionen im hoheitlichen Auftrag.

Ein weiteres wichtiges Tätigkeitsfeld ist auch die vom IfR betriebene Rechtsmedizinische Untersuchungsstelle für Gewaltopfer, bei der es um die Sicherung von Beweisen für eine mögliche Rechtsverfolgung bei den Opfern körperlicher Gewalt geht. Die Leistungen der Rechtsmedizinischen Untersuchungsstelle stehen wie viele andere Dienstleistungen des IfR rund um die Uhr zur Verfügung.

Eine Übersicht des Leistungsspektrums dieser Dienstleistungen findet sich in der folgenden Darstellung. Hinter den einzelnen Leistungen sind jeweils die vom IfR ermittelten Durchschnittsfallzahlen 2003­2005 angegeben.

Hinzu kommen umfangreiche Laboruntersuchungen in den Bereichen Serologie/DNA, Toxikologie und Alkohol.

Nicht Gegenstand der Betrachtung im Rahmen dieser

Drucksache sind die Aufgaben, die sich bisher aus der Verabreichung von Vomitivmitteln an des Drogenhandels Verdächtige ergeben haben. Die Aufgaben des IfR in diesem Bereich müssen nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes inhaltlich neu bestimmt werden, bevor neue Vereinbarungen über Dienstleistungen und deren Finanzierung getroffen werden können.

III. Kosten und Finanzierung des IfR sowie Unterdeckung im Bereich Strafverfolgung und Opferschutz

Die Gesamtaufwendungen des IfR einschließlich anteiliger Umlagen für zentrale Dienstleistungen des UKE betrugen im Jahre 2005 rund 4.111.000 Euro. Diesen Kosten standen Einnahmen in einer Höhe von insgesamt rund 2.970.000 Euro gegenüber.

Während die Kosten in den Bereichen Forschung und Lehre, Krankenversorgung sowie bei den Dienstleistungsbereichen „Serologie/DNA", „Alkohol" und „Toxikologie" durch entsprechende Einnahmen bzw. staatliche Zuweisungen gedeckt werden, besteht im Bereich des Forensisch-Medizinischen Dienstes einschließlich der Rechtsmedizinischen Untersuchungsstelle derzeit ein erhebliches Defizit.

395.000 Euro, der bei der Übernahme des Gerichtsärztlichen Dienstes im Jahre 1997 ­ Drucksache 15/6979 ­ fixiert worden war, sowie ein Teilbetrag für Geschädigtenuntersuchungen in der Rechtsmedizinischen Untersuchungsstelle aus dem Einzelplan 4 in Höhe von 60.000 Euro gegenüber.

Das sich hieraus ergebende Defizit ist in dem nachfolgenden Schaubild dargestellt:

Seit der Verselbständigung im Jahre 2001 ist das Klinikum verpflichtet, in eigener Verantwortung und als von der Freien und Hansestadt Hamburg abgegrenzte Einheit wirtschaftlich und kostendeckend zu arbeiten. Die Erbringung von Leistungen im gesamtstädtischen Interesse außerhalb von Forschung, Lehre und Krankenversorgung ohne eine adäquate Finanzierung ist damit nicht vereinbar.

IV. Lösung: Erhalt des Leistungsspektrums und Beseitigung der Unterdeckung

Ein Abbau des Defizits durch Einschränkung der Leistungen kommt nach intensiver Prüfung und Erörterung mit den Beteiligten nicht in Betracht. Das gegenwärtige Leistungsspektrum des Instituts entspricht dem Bedarf und den Anforderungen der jeweils fachlich zuständigen Behörden. Es sind keine Leistungsbereiche identifiziert worden, in denen ein Abbau von Leistungsmengen oder Qualitätsstandards möglich wäre, ohne dass Beeinträchtigungen wesentlicher Anforderungen zu befürchten wären. Durch das Institut wurden und werden in beeindruckender Weise entscheidende Beiträge dafür geleistet, dass Straftaten in Hamburg auch unter schwierigsten Rahmenbedingungen aufgeklärt werden können. Das IfR bietet ein Leistungs- und Qualitätsniveau, das auch überregional anerkannt ist. Es ist seit 2004 als zweites Rechtsmedizinisches Institut in Deutschland für seine gesamten Dienstleistungen nach DIN ISO EN 17 025 akkreditiert.

Potentiale zur Kostensenkung wurden und werden ausgeschöpft. Das IfR hat sich im Rahmen der hier vorgesehenen Neuregelung der Finanzierung zusätzlich dazu verpflichtet, ohne Beeinträchtigung der Leistungen eine Kostenreduktion in Höhe von rund 150.000 Euro jährlich vorzunehmen.

Bei der Neuordnung der finanziellen Grundlagen soll im Interesse von Transparenz und budgetärer Steuerung soweit als möglich ein direkter Zusammenhang zwischen Leistung und Vergütung hergestellt werden. Gleichzeitig soll das künftige Finanzierungsmodell in der Anwendung möglichst wenig Aufwand verursachen. Dabei geht es primär um eine einzelfallgerechte Abrechnung der klar zurechenbaren Leistungen. Ein durch die Einzelabrechnung nicht abgedeckter Sockelbetrag wird zusätzlich finanziert.

1. Abrechnung der klar zurechenbaren Leistungen

Die klar zurechenbaren Leistungen des IfR im Rahmen der Strafverfolgung werden nach den Bestimmungen und Sätzen des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) beglichen.

Eine fiktive Abrechnung der vom IfR erbrachten Leistungen nach den Sätzen des JVEG würde zu folgender Einnahmesituation des IfR führen:

Wie aus der Darstellung ersichtlich, verbleibt auch nach einer verursachergerechten Kostenerstattung eine Deckungslücke in Höhe von 956.000 Euro. Die Ursache hierfür ist in Folgendem begründet:

Die Vergütung je Leistungseinheit nach dem JVEG ist ­ da an privater Sachverständigentätigkeit orientiert ­ für die universitäre Rechtsmedizin am IfR nicht kostendeckend.

Das UKE hat diese strukturelle Unterdeckung bei den Vergütungssätzen nach JVEG exemplarisch festgestellt, weil es als eines der ersten Universitätsklinika in Deutschland für seine Leistungen im Bereich von Strafverfolgung und Opferschutz eine Vollkostenrechnung vorlegen kann. Die Ursache für die Kostendifferenz ist insbesondere in dem Umstand zu suchen, dass ein privater Gutachter seine Aufträge nach Zeit, Thematik und Ausführung so gestalten kann, wie es für ihn am wirtschaftlichsten ist. Dagegen wird vom IfR erwartet, dass es praktisch zeitlich unbeschränkt jede Art von Auftrag zu übernehmen in der Lage ist. Ein Teil der Kosten, wie etwa die nicht in Anspruch genommenen Rufbereitschaften, lässt sich dabei nur schwer einem bestimmten Verursacher zurechnen.

Ein weiterer Faktor sind in diesem Zusammenhang die Geschädigtenuntersuchungen. Die Untersuchung von Gewaltopfern macht mit über 1.000 Fällen pro Jahr einen erheblichen Teil der Arbeit des IfR aus. Diese Untersuchungen erfolgen nach internen Statistiken des IfR in etwa der Hälfte der Fälle unmittelbar im Rahmen der strafrechtlichen Ermittlungsverfahren. In etwa einem weiteren Viertel der Fälle wenden sich die Geschädigten zur Untersuchung an das IfR, ohne dass parallel ein formaler Auftrag im Rahmen des Ermittlungsverfahrens an das IfR ergeht. Bei dem letzten Viertel der Untersuchungen nehmen die Opfer Leistungen des IfR ohne ein Anliegen der Strafverfolgungsbehörden in Anspruch. Um die kriminalpolitisch gewünschte niedrige Hemmschwelle für eine Geschädigtenuntersuchung zu gewährleisten, hat das IfR bislang auch jene Geschädigten untersucht, die ohne einen ausdrücklichen Untersuchungsauftrag im Rahmen der Strafverfolgung ins IfR gekommen sind.

Die fallweise Vergütung nach den Sätzen des JVEG gilt grundsätzlich auch für die Geschädigtenuntersuchungen am IfR. Für die durchschnittlich 1.040 Untersuchungen p. a. entstehen dem IfR jährliche Kosten von rund 409. Euro. Nach JVEG wäre hierfür aber lediglich ein Betrag von rund 152.000 Euro erstattungsfähig, sofern alle Geschädigtenuntersuchungen im Rahmen der strafrechtlichen Ermittlungsverfahren erfolgen würden.

Angesichts der Schwierigkeit einer verursachergerechten und kostendeckenden Zurechnung der Aufwendungen für die Geschädigtenuntersuchungen und der gleichzeitig erwünschten uneingeschränkten und für die Opfer kostenfreien Inanspruchnahme unterbleibt eine Einzelfallabrechnung in diesem Bereich.

2. Festlegung eines Sockelbetrags

Die nach der Abrechnung gem. JVEG im Sinne von Ziffer 1. verbleibende Deckungslücke von 956.000 Euro soll durch die genannten Einsparungen des IfR von 150.000 Euro sowie durch eine Sockelfinanzierung geschlossen werden, die die höheren Grundkosten des IfR berücksichtigt und eine stabile Grundlage für die von ihm erwarteten Leistungszahlen und -qualitäten bietet. Hierbei soll auch die Unterdeckung im Bereich Geschädigtenuntersuchung behoben werden.

Zum Teil wird diese Sockelfinanzierung durch einen Beitrag aus dem Einzelplan 2 in Höhe von 100.000 Euro sowie aus dem Einzelplan 4 in Höhe von 80.000 Euro erbracht.

In Höhe von 226.000 Euro erfolgt eine Deckung durch Inanspruchnahme der Zuweisung an das UKE im Rahmen des Einzelplanes 3.2. Die nach Einsparungen und Deckungsbeiträgen verbleibende Lücke in Höhe von 400.000 Euro wird durch zusätzliche finanzielle Mittel aus dem Gesamthaushalt geschlossen.

Die Sockelfinanzierung soll eine dauerhafte Basis dafür bieten, dass das IfR seine Vorhaltekosten bzw. die über die Leistungsvergütung nicht vollständig erfassten Aufgaben finanziert erhält. Eine Fortschreibung ist nur im Rahmen allgemeiner Tarif- und Preisanpassung vorgesehen. Grundlegende Veränderungen der Sockelfinanzierung würden gravierende strukturelle Veränderungen im Aufgabenbestand bzw. im Leistungsportfolio des IfR voraussetzen.

Mit dieser Konstruktion ist eine optimale Verknüpfung von Leistungskomponenten ­ primäre Finanzierung über die Sätze nach JVEG ­ und stabiler Absicherung der Vorhalteund Qualitätskosten ­ über die Sockelfinanzierung ­ erreicht.

V. Konsequenzen für den Haushalt

Die Zahlungen an das IfR für die den Strafverfolgungsbehörden zuzurechnenden Leistungen werden ­ wie bisher auch ­ aus dem Titel 2110.526.01 „Auslagen in Rechtssachen (einschl. Reisekosten)" im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel geleistet. Die Erstattung des Sockelbetrags erfolgt durch einen im Einzelplan 3.2 einzurichtenden Zuschusstitel in Höhe von 746.000 Euro für 2007 und 806.000 Euro für 2008.

Der niedrigere Betrag für 2007 ist darauf zurückzuführen, dass bereits ein Zuwendungsbescheid in Höhe von 60.000 Euro zur Finanzierung der Rechtsmedizinischen Untersuchungsstelle in 2007 erteilt wurde. Die Deckung wird durch Absenkung der im Petitum genannten Titel erbracht.