Was sind die wesentlichen Grundlagen für die Besteuerung

Steuererhebung bei Personen mit einem Bruttojahreseinkommen von mehr als 500.000 Euro

Nach allgemeiner fachlicher Einschätzung ist das deutsche Steuerrecht weltweit eines der kompliziertesten und komplexesten Rechtsgebiete. Seine Durchführung erfordert einen hohen Aufwand; einer seiner wichtigsten Grundsätze ist neben der Besteuerung nach Leistungsfähigkeit die Steuergerechtigkeit. Hiervon leitet sich die Forderung nach einer höheren Prüfungsquote bei sogenannten Einkunftsmillionären ab.

Ich frage den Senat:

1. Was sind die wesentlichen Grundlagen für die Besteuerung sogenannter Einkunftsmillionäre?

Als „Einkommensmillionäre" werden natürliche Personen bezeichnet, deren positive Summe der Einkünfte 500.000 Euro (circa 1 Millionen DM) übersteigt.

Besondere Vorschriften zur Überprüfung speziell dieses Personenkreises gibt es nicht, es gelten daher ­ wie für jeden Steuerbürger ­ die allgemeinen Bestimmungen der Abgabenordnung (AO), hier § 193 Absatz 2 Nummer 2 AO. Der Gesetzgeber geht in § 193 Absatz 2 Nummer 2 der Abgabenordnung davon aus, dass eine Betriebsprüfung regelmäßig nur bei Vorhandensein eines Betriebes (gewerbliches Unternehmen) oder einer betriebsähnlichen Struktur (land- und forstwirtschaftliches Unternehmen; freiberufliche Tätigkeit) erforderlich ist und eine solche Prüfung deshalb auch nur von diesen Personen geduldet werden muss. Zwar ist nach Absatz 2 Nummer 2 der genannten Vorschrift grundsätzlich auch bei anderen Steuerpflichtigen eine Außenprüfung rechtlich möglich. Das Finanzamt muss aber ­ im Unterschied zur Überprüfung von betrieblichen oder betriebsähnlichen Einkünften im Rahmen einer Betriebsprüfung ­ nach der Rechtsprechung in diesen Fällen die Anordnung einer solchen Prüfung stichhaltig begründen. Die Stichhaltigkeit der Begründung kann der Steuerpflichtige finanzgerichtlich überprüfen lassen. Allein die Tatsache, dass es sich um einen „Einkommensmillionär" handelt, reicht für die Begründung einer Prüfungsanordnung nicht aus.

2. Worin bestehen steuerrechtliche und praktische Unterschiede zwischen einer Überprüfung der Besteuerungsgrundlagen sogenannter Einkunftsmillionäre mittels der Überprüfung durch den Veranlagungsinnendienst und mittels Betriebsprüfungen?

Hohes Einkommen von Steuerpflichtigen führt nicht per se zu deren Prüfungswürdigkeit durch die steuerliche Betriebsprüfung. Stammt das Einkommen zum Beispiel aus nichtselbständiger Tätigkeit, wird die korrekte Ermittlung der steuerpflichtigen Bezüge und deren zutreffende Besteuerung mittels Lohnsteuerabzug nicht beim Steuerpflichtigen selbst, sondern bei dessen Arbeitgeber im Rahmen einer LohnsteueraußenprüDrucksache 19/650 fung überprüft mit der Folge, dass beim Arbeitnehmer selbst grundsätzlich kein Bedarf für eine Außenprüfung besteht.

Stammt das hohe Einkommen hingegen aus der Beteiligung an einer Personengesellschaft, muss das Finanzamt der Frage, ob der Gewinnanteil des Gesellschafters aus dieser Beteiligung zutreffend ermittelt wurde, durch eine bei der Personengesellschaft erfolgende Betriebsprüfung nachgehen. Das Ergebnis wird dem Finanzamt, das für die Besteuerung des Gesellschafters/„Einkommensmillionärs" zuständig ist, durch einen sogenannten Grundlagenbescheid mitgeteilt. Dessen Inhalt ist sowohl für den Gesellschafter als auch für das Wohnsitzfinanzamt bindend. Auch in diesen Fällen besteht deshalb bei dem „Einkommensmillionär" selbst kein zusätzlicher Außenprüfungsbedarf.

In wieder anderen Fällen wird hohes Einkommen aus der Anlage von vorhandenem Vermögen erzielt. In diesen Fällen wird grundsätzlich die Richtigkeit der Angaben in der Steuererklärung durch Vorlage von Erträgnisaufstellungen der Anlageinstitute, Bescheinigungen über einbehaltene Kapitalertragsteuer und/oder andere Unterlagen, die von Dritten erstellt wurden, vom Veranlagungsinnendienst überprüft, so dass es auch in diesen Fällen der Einschaltung der Betriebsprüfung nicht bedarf.

3. Bei wie vielen der in Drs. 19/281 genannten 880 Einkunftsmillionären wurde eine Betriebsprüfung durchgeführt und wie ist die Effektivität dieser Prüfung zu bewerten?

Die Anzahl der durchgeführten Prüfungen ergibt sich aus der nachstehenden Tabelle:

Prüfungen bei Einkunftsmillionären 16 22 12

Alle anderen Fälle werden grundsätzlich durch die Veranlagung überprüft. Die Außenprüfung wird nur in den Fällen befasst, in denen bei fehlender Plausibilität oder fehlenden Unterlagen eine Überprüfung im Innendienst nicht möglich ist.

4. In welchem Umfang verbleiben die durch die Außenprüfung in Hamburg erzielten Mehrsteuern im Haushalt der Freien und Hansestadt?

Bei einem Mehraufkommen von zum Beispiel 1 Million Euro Einkommensteuer würde nach Länderfinanzausgleich für die Jahre 2006/2007 zwischen 200.000 und 250.000 Euro (20-25 v.H.) des Bruttoaufkommens in Hamburg haushaltswirksam verbleiben. Es handelt sich nicht um einen festen Wert, sondern dieser schwankt je nach Finanzkraft Hamburgs im Länderfinanzausgleich. Bezogen auf die aktuellen Länderfinanzausgleich-Abrechnungen beträgt dieser Wert in 2007 = rund 21 v.H., in 2006 = rund 23 v.H.

5. In welchem Umfang tragen die einkommensstärksten Einkommensteuerzahler zum Einkommensteueraufkommen in Hamburg bei? (Bitte prozentual und absolut für die Jahre 2006 und 2007 darstellen.)

In 2006 trugen 1 Prozent der Einkommensteuerpflichtigen (circa 4.500 von 450.

Einzelpersonen und Zusammenveranlagten) mit circa 29 Prozent zum Einkommensteueraufkommen bei (circa 1.180 von 4.040 Millionen Euro); 20 Prozent der Steuerpflichtigen (circa 89.000) zahlten circa 72 Prozent (= circa 2.900 Millionen Euro) der in Hamburg eingenommenen Einkommensteuer.

Unberücksichtigt blieben circa 150.000 Steuerpflichtige, bei denen keine Steuer angefallen ist.

Für das Jahr 2007 ist die Veranlagung noch nicht abgeschlossen und eine sinnvolle Aussage daher nicht möglich.