Verbesserung der Resozialisierungsmaßnahmen im Hamburger Strafvollzug

Laut Presseberichten plant der Hamburger Senat eine Verbesserung der Resozialisierung im Strafvollzug. So teilte Senator Till Steffen in weltonline am 24.5.08 mit, dass die Wiedereingliederung von Straftätern besser gelingen müsse. „Viele Strafgefangene sitzen in ihrer Zelle und machen nichts.

Sie müssen stärker gefordert werden. Darauf möchte ich die Vollzugsplanung stärker ausrichten (...) Ich bin überzeugt, dass mit der Wiedereingliederung in dem Moment begonnen werden muss, in dem die Gefängnistür hinter dem Gefangenen ins Schloss fällt. Deshalb wird es noch nicht gleich generell mehr offenen Vollzug geben. Im Mittelpunkt steht die Wiedereingliederung, das ist unser Leitsatz. Wenn es dazu notwendig ist, mit Maßnahmen wie Lockerungen oder offenem Vollzug zu arbeiten, wird es sie geben."

Wir fragen den Hamburger Senat:

1. Welche konkreten Schritte zur Verbesserung von Resozialisierungsmaßnahmen im Strafvollzug plant der Hamburger Senat und ab wann werden diese umgesetzt?

2. Welche Maßnahmen für Häftlinge sind für welche Haftanstalten vorgesehen?

Die Planungen sind noch nicht abgeschlossen.

3. Welche sozialarbeiterischen, psychologischen und therapeutischen Hilfen zur persönlichen und sozialen Stabilisierung von Häftlingen werden derzeit in welcher Haftanstalt angeboten?

4. Welcher Betreuungsschlüssel pro Kopf liegt dem derzeit in welcher Haftanstalt zugrunde und welchen Betreuungsschlüssel strebt der Senat an?

Die Justizvollzugsanstalten (JVA) bieten ein vielschichtiges Angebot an Maßnahmen persönlich und sozial stabilisierender, die Resozialisierung der Gefangenen unterstützender Maßnahmen:

- In allen Anstalten sind Fachkräfte für Hilfsangebote in persönlichen Krisensituationen und bei speziellem Hilfebedarf, zum Beispiel bei der Aufarbeitung der Straffälligkeit, bei psychischen Auffälligkeiten oder bei der Überwindung zwischenmenschlicher Probleme, eingesetzt.

- Für suchtgefährdete Gefangene werden Beratungsgespräche und die Vorbereitung suchttherapeutischer Maßnahmen angeboten. Die JVA Billwerder, VA Fuhlsbüttel und JVA Hahnöfersand bieten strukturierte Maßnahmen zur Therapievorbereitung in Gruppenarbeit an, um die Motivation der beteiligten Gefangenen zu stärken und sie mit den Anforderungen, die eine Therapie stellt, vertraut zu machen.

- Die JVA Billwerder hat besondere Stationen für Gefangene in der Entlassungsphase, für Jungtäter und für Strafgefangene mit Ersatzfreiheitsstrafen eingerichtet, in denen gezielte Maßnahmen zur Verbesserung der Entlassungssituation angeboten werden.

- Die JVA Fuhlsbüttel hat Stationen für besonders behandlungsbedürftige Gefangene eingerichtet und bietet Soziales Training für Gruppen an.

- In der Sozialtherapeutischen Abteilung der JVA Fuhlsbüttel werden zertifizierte therapeutische Maßnahmen für Sexual- und Gewaltdelinquenten durchgeführt.

Für die Therapieteilnehmer ist ein fachlich begleiteter Überleitungsvollzug in der Außenstelle Bergedorf vorgesehen.

- Die JVA Hahnöfersand bietet soziale Trainingsprogramme an und arbeitet mit freien Einrichtungen der Straffälligenhilfe zusammen, die während der Haftzeit Beratungs- und Betreuungskontakte zu Gefangenen mit dem Ziel aufnehmen, sie nach der Entlassung fortzuführen.

- Die Sozialtherapeutische Abteilung im Jugendstrafvollzug vermittelt ein Therapieangebot für junge Sexual- und Gewaltdelinquenten, verbunden mit einem jugendspezifischen sozialen Training.

- Die JVA Glasmoor bietet einen Überleitungsvollzug und im offenen Frauenstrafvollzug darüber hinaus sozialtherapeutisch orientierte Gruppenarbeit an.

- Die in den Anstalten tätigen sozialarbeiterischen und psychologischen Fachdienste sind im Rahmen ihrer Tätigkeit auch mit Aufgaben befasst, die nicht zu den beschriebenen Maßnahmen zählen. Es ist deshalb nicht möglich, einen auf diese Maßnahmen konzentrierten Betreuungsschlüssel darzustellen.

5. Welche Maßnahmen werden in diesem Zusammenhang derzeit von externen Trägern angeboten und über zusätzlich eingeworbene Mittel finanziert und welche Maßnahmen sind Bestandteil der Regelversorgung?

Geeignete externe Träger nehmen im Auftrag der Vollzugsbehörden und gegen entsprechende Vergütung, die aus den im Haushalt bereitgestellten Zuwendungsmitteln finanziert wird, seit Jahren Behandlungsmaßnahmen wahr, deren Umsetzung eine besondere fachliche Qualifikation erfordert. Dies gilt insbesondere für Maßnahmen der Suchtberatung, für die soziale Gruppenarbeit, die psychotherapeutische Betreuung und für Maßnahmen der Entlassungsvorbereitung, verbunden mit einer Nachbetreuung. Die externen Träger nehmen damit Maßnahmen der Regelversorgung wahr, die in das Behandlungs- und Betreuungsprogramm der Anstalten integriert sind und für die keine zusätzlichen Mittel eingeworben werden.

6. Welche schulischen und beruflichen Qualifizierungsmaßnahmen zur Verbesserung der Reintegrationschancen werden derzeit in welcher Haftanstalt durchgeführt und welche dieser Maßnahmen sind Bestandteil der Regelversorgung und welche werden über externe Zusatzmittel finanziert?

7. Wie viele Plätze in welchen Maßnahmen stehen derzeit in welcher Haftanstalt zur Verfügung und welche konkrete Ausweitung des Qualifizierungsangebots ist geplant?

Siehe Drs. 19/612.

Folgende Maßnahmen werden ­ zum Teil anteilig ­ über externe Zusatzmittel finanziert:

- schulische Qualifizierungsmaßnahmen: Eine Ausweitung des Angebots ist gegenwärtig nicht geplant.

8. Welche Unterstützungsangebote zur gesellschaftlichen Reintegration (Beruf, Wohnen, finanzielle Grundversorgung, Aufenthalt, et cetera) werden vor der Freilassung in welcher Haftanstalt angeboten?

Beratungen zur Vorbereitung der Entlassung aus der Haft werden in allen Anstalten in Gruppenveranstaltungen und in Einzelberatungen angeboten. Die Beratungen umfassen Hilfsangebote zur Vermittlung von Wohnraum, Fragen der Schuldnerberatung und der Schuldenregulierung, Informationen über die Möglichkeiten der materiellen Versorgung nach der Entlassung sowie Beratung und Unterstützung bei der Berufsfindung und bei der Arbeitsplatzsuche. Betreuungsangebote werden zum Teil auch nach der Entlassung fortgeführt.

9. Welches Personal wird dafür konkret mit wie vielen Stunden eingesetzt und welcher Beratungsschlüssel pro Haftanstalt ergibt sich daraus?

10. Wie viel eigens für dieses Übergangsmanagement qualifiziertes Fachpersonal wird in welcher Haftanstalt speziell für diesen Zweck eingesetzt und welche Anteile dieses Fachpersonals werden über die Regelversorgung finanziert?

Die Maßnahmen der Entlassungsvorbereitung werden in der Regel von den Vollzugsabteilungsleitungen im Rahmen ihrer Zuständigkeit koordiniert beziehungsweise gemeinsam mit sozialpädagogischen Fachkräften aus den Arbeits- und Qualifizierungsbereichen umgesetzt. Die Tätigkeit dieser Bediensteten wird vollständig über die Regelversorgung finanziert. Eigens hierfür qualifiziertes Personal, das aus Zusatzmitteln finanziert wird, ist in den Anstalten nicht tätig. In welchem konkreten Verhältnis die Angelegenheiten der Entlassungsvorbereitung zu den im Übrigen zu bearbeitenden Aufgaben stehen, ist wegen der in jedem Einzelfall unterschiedlichen Anteile nicht darstellbar. Die Berechnung eines auf diesen Aufgabenbereich begrenzten Beratungsschlüssels ist deshalb nicht möglich.

11. Sieht der Senat es als sinnvoll an, die gesellschaftliche Reintegration von Häftlingen bereits während der Haftzeit gezielt vorzubereiten und daher über Hilfsmaßnahmen zur Reintegration zu erleichtern, unter anderem um Rückfallquoten zu minimieren und wenn ja, plant der Senat den strukturellen Aufbau eines Fachdienstes für das Übergangsmanagement?

Ja. Im Übrigen siehe Antwort zu 1., 2. und 12.

12. Welche konkreten Pläne zur Einführung eines qualifizierten Übergangsmanagement liegen dem Senat für welche Haftanstalt vor und welche Vorhaben sollen Bestandteil der Regelversorgung werden und welche über externe Zusatzmittel finanziert werden?

Die Planungen sind noch nicht abgeschlossen.

13. Sieht der Senat es als sinnvoll an, Unterstützungsangebote für Ex-Häftlinge als begleitende Nachsorge und Stabilisierungshilfen zu schaffen, die konzeptionell und strukturell mit einem Übergangsmanagement verknüpft sind, und wenn ja, welche konkreten Pläne dazu liegen vor?

Im Institut für Sexualforschung und Forensische Psychiatrie des Universitätsklinikums Eppendorf und in der Asklepios Klinik Nord, Psychiatrie, Fachabteilung für Forensik, sind im Rahmen gezielter Nachsorge Beratungs- und Betreuungseinrichtungen für Haftentlassene eingerichtet worden, die wegen Sexual- oder Gewaltstraftaten verurteilt waren. Im Übrigen hat sich der Senat hiermit nicht befasst.