Asbest ­ eine unterschätzte Gefahr

· Asbest-Zement („Eternit"): Dach-Eindeckungen und Außenwandverkleidungen

· Asbest-Platten, zum Beispiel Zwischenlagen unter Elektro-Abzweigdosen und Vorschaltgeräten, hinter Öfen in älteren Holzgebäuden, oft als Asbestpappe, also schwach gebunden

· Asbest in älteren Elektrogeräten (Bügeleisen, Toaster, Elektrogrill, Fön, Kohlebogenlampen, Thermoelemente, Temperaturmesswiderstände, Hochlastwiderstände, Heizwiderstände, HH-Sicherungselemente und so weiter)

· Asbest als Bestandteil von sehr alten Bremsbelägen und Dichtungen

· Asbest als Bestandteil von alten Fußbodenbelägen aus Kunststoff

· Asbest als Bestandteil von Fliesenkleber.

Seit 1970 ist Asbest als karzinogen bekannt. Einmal eingeatmet können sich die Fasern für immer in der Lunge festsetzen und Rippenfellkrebs verursachen. Dieser Tumor entsteht fast ausschließlich durch Asbest und führt in nahezu 100 Prozent aller Fälle in relativ kurzer Zeit zum Tod. Das Gefährdungspotenzial von Asbest wird auch heute noch unterschätzt.

Seit 1993 ist die Herstellung und die Verwendung von Asbest in Deutschland verboten (GefStoffV). Die Menschen wiegen sich in Sicherheit. Zu Unrecht:

Die Asbestfaser ist allgegenwärtig ­ insbesondere auf Baustellen führt sie zu einer Gefährdung. Unsachgemäße Sanierungen führen zur Freisetzung der Faser.

Baustellen mit Asbest haben die höchste Sicherheitsstufe. Diese Sanierungsbaustellen müssen staubdicht abgeschlossen werden, damit es zu keiner Kontaminierung der Umgebung kommt. Nach dem Europäischen Abfallkatalog sind asbesthaltige Abfallstoffe als gefährlicher Abfall eingestuft. Nichtsdestotrotz ergaben Untersuchungen von „Panorama ­ Die Reporter", dass ein Griff in den Bauschutt am Straßenrand schnell fündig werden lässt. Ein Ort, an dem Gefahrenstoffe nicht frei zugänglich herumstehen sollten. Verdächtiges Material kann durch Laboruntersuchungen einfach identifiziert werden.

Es gibt auf Baustellen immer weniger Kontrollen. Verdachtsanzeigen wird nachgegangen, flächendeckende Untersuchungen finden nicht statt.

Nun stellt sich die Frage: Wenn viele Sanierungsfirmen die Gefahr von Asbestfasern unterschätzen, wie groß wird wohl die Quote der Unwissenden unter den privaten Sanierern sein?

Ich frage den Senat:

1. Welche Maßnahmen finden zur Aufklärung der Allgemeinheit über die fortwährende Gefährdung durch Asbestfasern statt?

Für die Allgemeinheit stehen sowohl über das Internet als auch über die Verbraucherzentrale, die Umweltberatungen der Bezirksämter und das Beratungstelefon Umweltbezogener Gesundheitsschutz der Behörde für Soziales, Familie, Gesundheit und Verbraucherschutz Informationsmöglichkeiten zur Verfügung.

2. Welche Maßnahmen finden zur Aufklärung über die Art der heutigen Vorkommnisse von Asbest statt und welche Untersuchungsmöglichkeiten werden den Bürgern und Firmen bei Verdacht zur Seite gestellt?

Auf der Internetseite des Amtes für Arbeitsschutz der zuständigen Behörde werden Informationen und Handlungshilfen zum Umgang mit Asbest angeboten. Das Merkblatt des Amtes für Arbeitsschutz „Umgang mit Asbest bei ASI-Arbeiten" (M07) erläutert detailliert die Schutzvorschriften der TRGS 519 (Technische Regel für Gefahrstoffe 519) „Asbest: Abbruch-, Sanierungs- oder Instandhaltungsarbeiten". Fachbetriebe, die ASI-Arbeiten durchführen dürfen, müssen ihre Sachkunde durch die Teilnahme an Kursen nachweisen. An diesen Kursen sind Behördenvertreter als Referenten beteiligt und klären über Rechte, Pflichten, Maßnahmen und Untersuchungsmöglichkeiten auf.

Für Untersuchungen und Messungen in Bezug auf Asbest gibt es in Hamburg geeignete private Messinstitute.

3. Gibt es besondere Auflagen für die Vorbereitung von Sanierungsarbeiten?

Wenn ja, welche?

Wenn nein, warum nicht?

4. Wie und wer ist zu informieren bei einem Verdacht auf Asbest?

Abbruch- und Sanierungsarbeiten an schwach gebundenen Asbestprodukten ­ mit Ausnahme von Tätigkeiten mit geringer Exposition ­ dürfen nur von Fachbetrieben durchgeführt werden, die von der zuständigen Behörde zur Durchführung dieser Arbeiten zugelassen worden sind. Im Rahmen des Zulassungsverfahrens ist der Nachweis der ausreichenden personellen und sicherheitstechnischen Ausstattung zu erbringen.

Tätigkeiten, bei denen die Beschäftigten Asbeststaub oder Staub von asbesthaltigen Materialien ausgesetzt sind oder ausgesetzt sein können, müssen dem Amt für Arbeitsschutz spätestens sieben Tage vor Beginn der Tätigkeiten durch den Arbeitgeber mitgeteilt werden. Aufgrund der Anzeige werden Einzelmaßnahmen festgelegt und Baustellenbesichtigungen durchgeführt. Die TRGS 519 „Asbest: Abbruch-, Sanierungs- oder Instandhaltungsarbeiten" und die Asbest-Richtlinie (Technische Baubestimmung der Freien und Hansestadt Hamburg) legen im Detail fest, was bei ASIArbeiten beachtet werden muss.

Darüber hinaus gibt es bei Verdacht auf Asbest keine Informationsverpflichtungen gegenüber den Behörden.

5. Warum führt das Amt für Arbeitsschutz keine verdachtsunabhängigen Kontrollen auf Baustellen durch?

Das Amt für Arbeitsschutz führt sowohl verdachtsunabhängig als auch aufgrund eingegangener Anzeigen über Asbestarbeiten Kontrollen auf Baustellen durch.

6. Wie viele Fälle von Rippenfellkrebs sind in Hamburg in den vergangenen zehn Jahren bekannt geworden?

Im Zeitraum vom 1. Januar 1999 bis 31. Dezember 2008 sind im Hamburgischen Krebsregister folgende Neuerkrankungen von Hamburger Einwohnern dokumentiert worden: 715 Mesotheliome (C45 ICD-10 GM), darunter solche der Pleura (Rippenfell), des Peritoneums (Bauchfell), des Perikards (Herzbeutel), sonstige und nicht näher bezeichnete. 565 Fälle entfallen explizit auf das „Mesotheliom der Pleura" (C45.0 ICD10 GM).

Nach der Statistik der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) wurden vom 1.1.1999 bis zum 31.12.2008 in Hamburg 925 Verdachtsfälle der Berufskrankheit BK 4105 „Durch Asbest verursachtes Mesotheliom des Rippenfells, des Bauchfells oder des Perikards" angezeigt. Davon wurden 666 Fälle als Berufskrankheit BK 4105 anerkannt. Die örtliche Zuordnung der DGUV erfolgt anhand des letzten Beschäftigungsortes.

7. Wie will der Senat die Bürger zukünftig vor einer Gefährdung durch Asbestfasern besser schützen?

Voraussetzung für den Schutz der Bürger vor einer Gefährdung durch Asbestfasern ist die Einhaltung der bestehenden gesetzlichen Vorgaben beim Umgang mit asbesthaltigen Materialien. Die zuständigen Behörden werden ihre hierauf gerichtete Aufsichtstätigkeit fortführen.

8. Welche Mengen von Asbest und asbesthaltigen Materialien wurden zwischen 2005 und 2010 in Hamburg entsorgt? (Bitte für die Jahre getrennt aufführen.)

Im Zeitraum 2005 bis 2010 sind entsprechend den vorliegenden Begleitscheinen über Entsorgungsvorgänge folgende Mengen an asbesthaltigen Abfällen in Hamburg angefallen:

9. Wie und wo werden asbesthaltige Materialien in Hamburg entsorgt?

Asbesthaltige Abfälle, die in Hamburg anfallen, werden in Deponien der Nachbarländer abgelagert, teilweise werden sie vor der Deponierung in zugelassenen Anlagen in Hamburg zwischengelagert.

10. Wie häufig wurden im vergangenen Jahr Bußgelder für Umweltstraftaten verhängt?

11. Wie häufig wurden im vergangenen Jahr Bußgelder für Umweltstraftaten im Zusammenhang mit Asbest verhängt?

Bei Straftaten werden keine Bußgelder verhängt.

1 Im medizinischen Sprachgebrauch übliche Bezeichnung für Rippenfellkrebs