Ist das Mittagessen in der Werkstatt für behinderte Menschen in Hamburg nun genauso wie bei Hartz IV anrechnungsfrei oder nicht?

Das Bundessozialgericht hat in seinem Urteil vom 23.03.2010 (Az.: B 8 SO 17/09 R) festgestellt, dass für das Mittagessen in der Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) kein Abzug vom Regelsatz mehr stattfinden darf. Die Empfänger von Leistungen nach dem SGB XII (Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch) müssten denen von SGB-II-Leistungen, also Hartz IV, gleichgestellt werden, da die Rechtslage vergleichbar sei. Im SGB II (Sozialgesetzbuch Zweites Buch) fehle es aber an einer Rechtsgrundlage für den Abzug des Wertes des Lebensmittelanteils der in einem Krankenhaus kostenlos gewährten Mahlzeiten von der Regelleistung zum Lebensunterhalt, wie der für das SGB II zuständige 14. Senat des Bundessozialgerichts mit Urteil vom 18.06.2008 entschieden hatte (Az.: B 14 AS 22/07 R).

Die aktuell noch gültige Arbeitshilfe der Behörde für Soziales, Familie, Gesundheit und Verbraucherschutz zu § 92 SGB XII ­ Anrechnung des Einkommens bei behinderten Menschen (Gz.: SI 2331/112.81-1-8) regelt aber nach wie vor unter Punkt 2.3.2. „Kostenbeitrag bei Leistungen in teilstationären Einrichtungen nach § 92 Abs. 2 Satz 1 Nr.7 und 8 SGB XII" Folgendes: „Wird für die Verpflegung ein Kostenbeitrag gar nicht erst erhoben ­ wenn z. B. die Mahlzeit als Teil der Eingliederungsmaßnahme gilt ­, und erhält der Betroffene Hilfen zum Lebensunterhalt nach Kap. 3 oder 4 SGB XII, sind diese Verpflegungskosten, soweit sie im Regelsatz enthalten sind, bedarfsmindernd bei der Bemessung des Regelsatzes zu berücksichtigen."

Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat:

1. Wann und in welcher Art und Weise wird die Arbeitshilfe zu § 92 SGB XII an die Rechtsprechung des 8. Senats des BSG zum anrechnungsfreien Mittagessen in der WfbM angepasst?

2. In welcher Art und Weise wird bis zum Zeitpunkt einer Änderung der Arbeitshilfe zu § 92 SGB XII sichergestellt, dass im Einzelfall von den zuständigen Leistungssachbearbeitern im Falle von in der WfbM eingenommenen Mittagessen kein Abzug vom Regelsatz erfolgt?

3. In welcher Art und Weise wird sichergestellt, dass in den Fällen, in denen bislang zu Unrecht ein Regelsatzabzug erfolgt ist, eine entsprechende Nachzahlung an die Betroffenen erfolgt?

Die zuständige Behörde prüft derzeit die Auswirkungen auf die Verwaltungspraxis und die fachliche Steuerung der Durchführungseinheiten, die sich aus dem Urteil des Bundessozialgerichts ergeben. Diese Prüfung ist noch nicht abgeschlossen.

4. In welcher Art und Weise wird generell bei der Behörde für Soziales, Familie, Gesundheit und Verbraucherschutz sichergestellt, dass im Verwaltungshandeln eine Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung des BSG zugunsten von Leistungsempfängern auch tatsächlich zeitnah berücksichtigt wird?

Die zuständige Behörde prüft nach der Veröffentlichung höchstrichterlicher Entscheidungen die Auswirkungen auf die Verwaltungspraxis und die fachliche Steuerung der Durchführungseinheiten. Sofern erforderlich, werden Anpassungen vorgenommen und mit allen betroffenen Behörden und den Bezirksämtern abgestimmt.

5. In wie vielen Fällen ist in Hamburg seit dem 23.03.2010 bislang ein Abzug vom Regelsatz bei in der WfbM eingenommenem Mittagessen tatsächlich noch erfolgt?

6. Mit welchem Wert wurde das in der WfbM eingenommene Mittagessen dabei jeweils berücksichtigt? Welcher Betrag als monatlicher Regelsatzabzug hat sich dabei jeweils im Einzelfall ergeben? Welche Gesamtsumme der Regelsatzabzugsbeträge hat sich dabei insgesamt bislang seit dem 23.03.2010 in Hamburg ergeben?

Nach Auskunft der Bezirksämter wird grundsätzlich ein Betrag in Höhe von 2,67 Euro je Mittagessen berücksichtigt.

Darüber hinausgehende Angaben können nicht gemacht werden, da die zur Beantwortung benötigten Daten nicht gesondert statistisch erfasst werden. Eine Einzelfallauswertung ist in der für die Beantwortung einer Schriftlichen Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit mit vertretbarem Verwaltungsaufwand nicht möglich.