Verkäufe Grundstück Georg-Heyken-Straße 1

Die Freie und Hansestadt Hamburg verkaufte für einen symbolischen Betrag ein Grundstück in der Georg-Heyken-Straße 1 in Hausbruch an die Firma Philips. Damit wurde das damalige Landschaftsschutzgebiet der Errichtung eines Gewerbegebietes geopfert. Der Verkauf war mit der Vereinbarung verknüpft, am neuen Standort eine gewisse Zahl Arbeitsplätze zu schaffen.

Doch der Standort von „NXP Philips Semiconductors" wurde Ende 2010 geschlossen; inzwischen ist dort mit Abbrucharbeiten begonnen worden. Hier errichtet nun der US-amerikanische Immobilieninvestor AMB Property Germany eine 25.000 m2 große Logistikhalle. Das heißt, dass ein privates Unternehmen das Grundstück zu einem Spottpreis bekommen hat, sich aber um die Vereinbarung bezüglich neuer Arbeitsplätze offenbar nicht schert und das Grundstück vermutlich deutlich gewinnbringend weiterverkaufte.

Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat:

Die Freie und Hansestadt Hamburg hat mit Kaufvertrag vom 10. Juni 1986 an die Firma Philips GmbH ein etwa 30 ha großes Industriegrundstück in Hamburg-Hausbruch für die Errichtung einer Produktionsstätte veräußert. Der Senat hat in seiner Sitzung am 3. Juni 1986 den erzielten Verhandlungsergebnissen zugestimmt und zugleich die Ermächtigung erteilt, einen Ansiedlungsvertrag abzuschließen.

Gemäß Ansiedlungsvertrag wurde das Investitionsvorhaben der Philips GmbH aus öffentlichen Mitteln bezuschusst. Ferner wurde eine Bauverpflichtung zur Errichtung einer Fabrik für elektronische Bauelemente bis zum 31. Dezember 1992 festgeschrieben, deren Herstellungskosten auf seinerzeit etwa 500 Millionen D-Mark beziffert wurden. Für den Fall, dass die Philips GmbH zehn Jahre nach Vertragsabschluss wesentliche Grundstücksflächen nicht nutzt, war darüber hinaus eine Rückgabemöglichkeit nicht benötigter Teilflächen vorgesehen. Entsprechend der üblichen Regelung in Wirtschaftsförderungsfällen hatte sich die Philips GmbH verpflichtet, das Grundstück nicht ohne vorherige Zustimmung der Stadt weiterzuveräußern oder zur Nutzung an Dritte zu überlassen. Die Zustimmung zum Weiterverkauf wurde bei Erfüllung der Bauverpflichtung und Sicherstellung einer zukünftigen industriellen Nutzung des Grundstücks in Aussicht gestellt. Spekulative Gewinne sind bei Weiterverkäufen städtischer Wirtschaftsförderungsgrundstücke aufgrund entsprechender vertraglicher Bestimmungen generell ausgeschlossen.

Als erste Stufe der geplanten Werkserrichtung hatte die Philips GmbH auf dem Grundstück in Hausbruch im Jahr 1989 ein Entwicklungsgebäude (Investitionskosten seinerzeit rund 30 Millionen D-Mark) errichtet. Als zweite Stufe ist ein Test- und Entwicklungszentrum im Rohbau fertiggestellt worden. Mit dem Bau von Fabrikationsanlagen wurde nicht begonnen. Bereits 1989 hatte die Philips GmbH ihre Investitionsplanungen aus Marktgründen verschoben. Infolgedessen wurde die ursprünglich vorgesehene Frist für die Fertigstellung und Inbetriebnahme der Fabrikationsanlagen mit Zustimmung der Kommission für Bodenordnung bis zum 31. Dezember 1995 verlängert. Vorausgegangen war eine entsprechende Anpassung des mit der Philips GmbH geschlossenen Ansiedlungsvertrages. Hierin wurde unter anderem geregelt, dass die Philips GmbH bei Ausübung des Wiederkaufsrechtes durch die Stadt ­ im Falle einer Nichterrichtung der Fabrikationsanlagen ­ die bereits bebauten Grundstücksteile behält, dafür aber den Investitionszuschuss in Höhe des Kaufpreises zurückzahlt.

Bei einer Überprüfung des Flächenbedarfs im Jahr 1992 ist die Philips GmbH zu dem Ergebnis gelangt, dass eine rund 10,6 ha große Fläche nicht benötigt werde. Bei einer erneuten Überprüfung des Flächenbedarfes wurde die Rückgabe einer weiteren rund 12,7 ha großen unbebauten Restfläche ersichtlich. Die genannten Flächenanteile sind nach Beschlüssen der Kommission für Bodenordnung zurückerworben worden. Der Kaufpreis wurde mit dem von der Philips GmbH an die Stadt zurückzuzahlenden gleich hohen Teilbetrag des Investitionszuschusses verrechnet.

Der Grundstückskauf wurde so bis auf eine Restfläche von rund 4,8 ha rückabgewickelt.

Die bebaute Restfläche blieb gemäß Nachtrag zum Ansiedlungsvertrag im Eigentum von Philips. Für diesen Grundstücksteil hat die Philips GmbH den von der Kommission für Bodenordnung in 1998 für dieses Erschließungsgebiet beschlossen Kaufpreis für voll erschlossene Grundstücke in Höhe von seinerzeit 175 D-Mark/m gezahlt. Eine im Rahmen der Rückabwicklung vereinbarte zehnjährige weitere Nutzungsbindung lief 2008 aus.

Mit Rückerwerb der zweiten Teilfläche ist die Philips GmbH von allen Verpflichtungen gegenüber der Stadt aus dem Grundstückskaufvertrag frei geworden.

Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt:

1. Wie groß ist das Grundstück in der Georg-Heyken-Straße 1 und was sieht der Bebauungsplan für dieses Areal vor?

Die Gesamtgröße des Grundstücks in der Georg-Heyken-Straße 1 beläuft sich auf rund 4,8 ha. Das Grundstück ist gemäß den Bebauungsplänen Hausbruch 31 vom 19. Mai 1982 und Hausbruch 32/Heimfeld 39/Moorburg 5 vom 11. Juni 1986 als Industriegebiet ausgewiesen.

2. Wann, von wem genau, an welchen Vertragspartner und zu welchem Betrag und gegebenenfalls weiteren Konditionen wurde das Grundstück von der Stadt verkauft?

Siehe Vorbemerkung.

3. Wie lautet der vertragliche Inhalt, insbesondere hinsichtlich der Arbeitsplätze (Anzahl, Zeitraum et cetera), an den der Verkauf geknüpft war?

Der Grundstückskaufvertrag enthält die in Wirtschaftsförderungsfällen üblichen Verpflichtungen des Käufers. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. Eine Regelung zur Schaffung von Arbeitsplätzen ist nicht enthalten.

4. War zum Zeitpunkt des Grundstücksverkaufs der Stadt bekannt, dass dort ein Standort von „NXP Philips Semiconductors", eines weltweit tätigen privaten Konsortiums, errichtet werden soll?

Wenn ja, wie schlug sich das im Kaufvertrag nieder?

Hierzu liegen dem Senat keine Informationen vor.

5. Gab beziehungsweise gibt es Vereinbarungen hinsichtlich einer Veränderung der Vertragsgrundlagen und wenn ja, welche?

Siehe Vorbemerkung.

6. Gab es Maßnahmen oder Mechanismen, die Vertragserfüllung zu überprüfen?

Wenn nein, warum nicht?

Wenn ja, wie viele Arbeitsplätze wurden auf dem betreffenden Areal für welchen Zeitraum geschaffen?

Ja. Im Jahr 1998 wurden 250 Arbeitskräfte beschäftigt, im Jahr 2008 waren es 400

Arbeitskräfte.

7. Wie viele Arbeitsplätze sind der Stadt mit der Schließung des Standortes letztlich verloren gegangen?

Im Rahmen eines weltweiten Restrukturierungsprogramms des Konzerns Next eXPerience Semiconductors (2006 ausgegliederte Halbleiterbereich der Philips GmbH) ist es auch in Hamburg zu einem deutlichen Arbeitsplatzabbau gekommen, der insbesondere die Aktivitäten am Standort Lokstedt betraf. Die Arbeitsplätze vom Standort Hausbruch wurden in das Werk Lokstedt verlagert. Im Übrigen liegen dem Senat keine verlässlichen Zahlen bezüglich der Anzahl der abgebauten Arbeitsplätze vor.

8. Hat die Stadt Kenntnis über die jetzige Situation?

Wenn ja, was sind die Rahmenbedingungen für die Handhabung des Grundstücks?

Wenn nein, warum nicht und wie ließe sich dieser betrübliche Umstand verbessern?

9. Wurde das Grundstück von „Philips" weiterverkauft?

Wenn ja, an wen und zu welchem Preis?

Die Stadt hat im Rahmen der Prüfung des gesetzlichen Vorkaufsrechtes Kenntnis über den Verkauf erlangt. Eine Vorkaufsrechtsverzichtserklärung wurde am 23. November 2010 ausgestellt, da die Voraussetzungen für eine Vorkaufsrechtsausübung nicht vorlagen.

Privatrechtliche Pflichten von Philips gegenüber der Stadt und Rechte der Stadt gegenüber Philips aus dem Kaufvertrag von 1986 bestehen nicht mehr (siehe auch Vorbemerkung).

Im Übrigen äußert sich der Senat nicht zu tatsächlichen oder möglichen Grundstücksgeschäften Dritter.

10. Wurde die Stadt an den Neuverhandlungen oder den Verkaufserträgen in irgendeiner Form beteiligt und wenn ja ­ welche?

11. Gibt es weitere städtische Grundstücke in Hamburg, insbesondere Schutzgebiete, die in einem ähnlichen Verfahren verkauft wurden? Zutreffendenfalls bitte betroffene Grundstücke, Zeitpunkt des Verkaufes, Verkaufspreise und Firmen, an welche die Grundstücke verkauft wurden, auflisten.

Nein.

12. Welche der zuletzt unter Punkt 11. erfragten beziehungsweise genannten Grundstücke haben in der Zwischenzeit den Besitzer gewechselt und zu welchem Preis? Bitte einzeln auflisten.

Entfällt.

13. Gibt es aktuell Verhandlungen oder Prozesse, bei denen die Vergabe eines städtischen Grundstücks nach ähnlichen Bedingungen vorgenommen werden soll beziehungsweise ansteht?

Wenn ja, um welche Grundstücke handelt es sich, mit wem werden Verhandlungen geführt und zu welchen Bedingungen?

Nein.