Hilfen zur Erziehung ­ Verwirrung um Strategiepapier der Sozialbehörde

Im Familien-, Kinder- und Jugendausschuss am 12. August 2011 gab es Verwirrung um ein Papier der SPD-regierten Länder, das offenbar von der Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration (BASFI) erstellt wurde und Pläne für einen radikalen Umbau der individuellen Familienhilfen zum Inhalt hat. Unter anderen wird über eine de facto Abschaffung des individuellen Rechtsanspruchs auf Hilfen zur Erziehung nachgedacht. Verbunden wird die Idee mit einer Umsteuerung von Einzelfallhilfen hin zu gruppenbezogenen Angeboten in Kitas oder Schulen. Auf Nachfrage zur Herkunft des Papiers sorgte Senator Scheele für Verwirrung. Zum einen äußerte er, dass die Behördenleitung nicht über das Papier entschieden habe, zum anderen aber wurde mitgeteilt, dass das Papier in der Sozialbehörde entworfen wurde und als Diskussionsgrundlage für die weitere Behandlung des Themas der SPDgeführten Länder dienen solle. Die Sprecherin der Sozialbehörde hatte zuvor bereits bestätigt, dass Hamburg bei einem Treffen der SPD-Sozialstaatsräte das Papier vorgelegt hatte. Zum Ursprung des Papiers und zur zeitlichen Abfolge ergeben sich daher Nachfragen ­ zumal das Papier inzwischen im Internet veröffentlicht ist (http://sozialearbeit.einmischen.info/__oneclick uploads/2011/06/a-lander-wollen-kjhg-aushohlen.pdf).

Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat:

1. Ist dem Senat das Papier, das das Institut für Jugendrecht, Organisationsentwicklung und Sozialmanagement (IJOS) am 18. Juli 2011 als Blog ins Netz gestellt hat, bekannt?

2. Ist das Papier, das die Überschrift „Wiedergewinnung kommunalpolitischer Handlungsfähigkeit zur Ausgestaltung von Jugendhilfeleistungen" sowie „Koordinierungssitzung der A-Staatssekretäre am 13.05.2011 in Berlin" trägt, dem Senat beziehungsweise dem Senator der Sozialbehörde bekannt?

3. Ist dieses unter 2. bezeichnete Papier in der Sozialbehörde als Diskussionsgrundlage verfasst worden?

Wenn ja, von wem und wann?

Wer hat den Auftrag dazu erteilt?

Ist es als Input für die Koordinierungssitzung der A-Staatssekretäre am 13.5.2011 in Berlin von der Sozialbehörde verfasst worden?

Wenn nein, für welche Sitzung ist es dann verfasst worden?

4. Wer hat die Entscheidung getroffen, das unter 2. genannte Papier in die Runde der A-Staatssekretäre beziehungsweise in andere Arbeitsgruppen der A-Länder einzubringen? War der Senator an dieser Entscheidung beteiligt? Kennt der Senat das Papier?

Wenn nein, warum nicht?

5. Ist es richtig, dass Hamburg am 13. Mai 2011 an der Koordinierungssitzung der A-Staatssekretäre teilgenommen hat? Wer hat Hamburg dort vertreten?

6. Ist es richtig, dass es am 1. Juli 2011 eine Folgesitzung gab? Wer war aus Hamburg an dieser Sitzung vertreten?

7. Wann und wo wurde über das unter 2. genannte Papier mit anderen Vertretern/-innen aus den A-Ländern diskutiert? Bitte alle bisherigen Sitzungen aufführen.

8. In dem Papier wird davon gesprochen, dass Hamburg, Bremen und Berlin die Thematik bereits in mehreren gemeinsamen Workshops erörtert haben und eine gemeinsame Handlungsstrategie festgelegt haben:

Wann und wie oft fanden bereits gemeinsame Workshops statt und wer hat aus Hamburg daran teilgenommen? Wie sieht die gemeinsame Handlungsstrategie der Länder aus?

9. Unterstützt der Senat die Linie und die Auffassungen des in dem unter 2. genannten Papiers?

Wenn nein, welche abweichenden Meinungen hat der Senat und wird er diese auch in der Arbeitsgruppe der A-Länder vertreten?

Der fachliche Austausch über die Steuerung von Sozialleistungen ist seit Längerem Gegenstand der Beratungen sowohl in den Gremien des Deutschen Städtetages als auch im Rahmen der Stadtstaatenkooperation. So haben am 29. April, 25. August und 12. November 2010 drei Workshops von Vertretern der Finanz- und Sozialressorts der drei Stadtstaaten Hamburg, Berlin und Bremen stattgefunden, bei denen unter anderem die Themen Hilfen zur Erziehung, Hilfen zur Pflege und Eingliederungshilfe diskutiert wurden. Ferner wurde in einer gemeinsamen Sitzung von Vertretern der Stadtstaaten mit Vertretern des Finanz- und des Sozialausschusses des Deutschen Städtetages am 23./24. Februar 2011 der Entwurf eines Thesenpapiers erstellt, das den beiden Ausschüssen zur Beratung übersandt wurde.

Auf Initiative Hamburgs wurde die Frage „Wiedergewinnung kommunalpolitischer Handlungsfähigkeit in der Jugendhilfe" in der Koordinierungssitzung der A-Staatssekretärinnen und -sekretäre am 13. Mai 2011, an der der Staatsrat der Behörde für Arbeit, Soziales und Integration (BASFI) teilgenommen hat, beraten und die Einrichtung einer Arbeitsgruppe angekündigt. Im Nachgang zu dieser Sitzung wurde das in der Schriftlichen Kleinen Anfrage erwähnte und dem Protokoll als Anlage beigefügte Papier, das in der zuständigen Fachabteilung als Diskussionsgrundlage erstellt worden war, versandt. In dem Diskussionspapier wird auf die aktuellen Steuerungsbemühungen der Kommunen im Bereich Hilfen zur Erziehung Bezug genommen. Im Zentrum steht die Auseinandersetzung um die Realisierung des Rechtsanspruches auf Hilfen zur Erziehung als Verbindung von Einzelhilfen mit Leistungen der Regelsysteme.

Eine Abschaffung oder Minderung des Rechtsanspruchs ist nicht Gegenstand des Diskussionspapiers und auch nicht Absicht.

Die entsprechende Arbeitsgruppe hat im Anschluss an die Sitzung der A-Staatssekretäre am 1. Juli 2011 getagt. Dabei wurde das Papier als eine von mehreren Gesprächsgrundlagen genutzt, ebenso wurde Bezug genommen auf den Diskussionsstand in den Gremien des Deutschen Städtetages und auf die Fachveranstaltungen des Deutschen Jugendhilfetages in Stuttgart zur gleichen Thematik sowie auf die Erfahrungen aus dem IKO-Netz-Vergleich im Bereich Hilfen zur Erziehung der 13 größten deutschen Städte.

In der Sitzung am 1. Juli 2011 wurde verabredet, dass Hamburg federführend das Thema Steuerung der Hilfen zur Erziehung in die Sitzung der Arbeitsgemeinschaft der Obersten Landesjugend- und Familienbehörden am 29. und 30. September 2011 in Mainz einbringen wird, um in einer länderoffenen Arbeitsgruppe gemeinsam mit den Kommunalen Spitzenverbänden eine Vorlage für die Jugend- und Familienministerkonferenz 2012 vorzubereiten. Darüber hinaus wurde in Abstimmung mit den Gremien des Deutschen Städtetages eine Arbeitsgruppe „Steuerung der Sozialleistungen" eingerichtet, die noch nicht getagt hat. Den Vorsitz dieser Arbeitsgruppe wird der Staatsrat der Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration übernehmen. In diesem Zusammenhang soll auch ein Workshop gemeinsam mit dem Deutschen Städtetag im Spätherbst in der hamburgischen Landesvertretung stattfinden, bei dem die Steuerungskonzepte verschiedener deutscher Kommunen Gegenstand des Fachaustausches sein sollen. Der Termin steht noch nicht fest.

Im Übrigen sind die Überlegungen der zuständigen Behörde noch nicht abgeschlossen, der Senat hat sich damit noch nicht befasst.