Stockangelschein

Meine Befürchtung ist, wenn ich mir - jetzt kommen wir zur Klassenfrage! - den Armutsbericht in Bremen ansehe, dass Angeln für viele Menschen nicht nur noch ein Sport ist, sondern ich glaube, dass Angeln vielen Menschen mittlerweile zum Teil dazu dient, den Lebensunterhalt zu decken.

Ich befürchte, das sind vor allen Dingen die Menschen, die in keinem Verein sind, sondern mit einem Stockangelschein angeln. Ich denke, das ist Grund genug, dass man sich dieser Problematik widmet, Grund genug auch, wenn sich dann möglicherweise Konflikte zwischen Interessengruppen - den Vereinen auf der einen Seite und den Stockanglern auf der anderen Seite - entwickeln. Wenn man diese sieht, haben wir als Bürgerschaft ein paar Aufgaben, wo wir möglicherweise helfen können, die Situation der Leute, die angeln wollen, zu verbessern. Ich bin völlig überzeugt davon, dass man trotz Hochwasser- und Naturschutz und Ähnlichem vielleicht mit vergleichsweise wenig Aufwand Angelstandorte besser ausweisen kann, möglicherweise auch dort, wo es jetzt Wohnen und Arbeiten am Fluss gibt.

Ich bin relativ sicher, dass wir schauen sollten, ob wir zwischen den Vereinen und den Stockanglern die Kommunikation fördern, weil ich meine, dass die beste Möglichkeit, damit die Konflikte zwischen den Interessengruppen nicht zunehmen, ist, dass sie miteinander reden. Wenn dahinter steht - und das ist die spannende Frage bei dieser Anfrage -, welche politische Konsequenz die CDU und andere Parteien daraus ziehen und welche politischen Handlungen folgen, sollte man darüber nachdenken, diesen Stockangelschein abzuschaffen, dann wäre ich dagegen. Von relativ vielen Menschen, mit denen ich gesprochen habe, ist als Problem erkannt worden, dass es mittlerweile mit sehr hohen Hürden verbunden ist, einen Fischereischein zu machen. Wenn Menschen auf der einen Seite Spaß an einem solchen Hobby haben und möglicherweise völlig berechtigterweise auch einen Teil ihres Lebensunterhalts damit decken das schließt sich ja nicht aus -, dann kann man einmal schauen, ob nicht möglicherweise die Hürden für eine Vereinsmitgliedschaft, für einen normalen Fischereischein zu hoch sind.

Eine letzte Anregung habe ich von den Betroffenen aufgenommen: Es wäre möglicherweise hilfreich zu schauen, ob die entsprechenden Zonen vernünftig gekennzeichnet sind. Oftmals ist es so, dass es scheinbar freie Angelflächen gibt, wo man sich hinstellen und angeln kann, und 100 Meter weiter ist das Gebiet Vereinsgebiet. Das ist oftmals nicht gekennzeichnet und führt zu Konflikten.

Es gibt meines Erachtens schon ein paar einfache Maßnahmen, mit denen man auf die Problematik, auf die durch diese Anfrage hingewiesen wurde, antworten kann, und vielleicht sollten wir es irgendwann tun. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der LINKEN) Vizepräsident Ravens: Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Busch.

Abg. Frau Busch (SPD): Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben heute ein Thema, das vielleicht nicht jeden berührt, aber ich finde, die Debatte, wie sie bisher geführt wurde, hat schon zu einigem Erfolg geführt. Viele, die Angler sind und das vielleicht hören, fühlen sich jetzt angesprochen und wissen, welche Probleme wir mit dem Angeln in Bremen eigentlich haben. Wir haben auch Gelegenheit, mit falschen Dingen, die hier heute auch schon aufgetaucht sind, aufzuräumen.

Ich möchte da gern als Erste Frau Schaefer ansprechen, die gesagt hat, es gebe kein Grundrecht, überall zu angeln. Machen wir einmal einen kleinen Blick in die Geschichte! Das Grundrecht des Angelns in der Weser gibt es seit 1250, und das gibt es bis heute. Es ist zwar verändert worden und aufgeteilt worden in die Bereiche der Berufsangelei und der Hobbyangelei, aber dieses Recht besteht. Die Auswirkung davon ist das heutige Recht der Stockangelei, das gibt es auch nicht überall, das gibt es nur in Bremen. Ich finde, das ist schon ein ganz tolles Recht, und das sollten wir auch beibehalten.

(Beifall bei der SPD und bei der FDP)

Nun komme ich zu den Problemen, die diese Angelei hervorbringt! Ich bin Herrn Imhoff sehr dankbar, dass er diese Anfrage gestellt hat, denn in den Gesprächen, die ich geführt habe, habe ich gemerkt, welche Probleme es gibt, und ich finde auch, wir können handeln. Ich glaube, wir müssen hier nicht nur darüber reden, sondern wir können am Ende gemeinsam etwas entwickeln und erarbeiten, wie ich es bisher gehört habe, um für die Angler etwas zu tun. Das Stockangeln will ich jetzt einmal ein bisschen zurückstellen, darauf bin ich schon eingegangen. Es gibt aber die Probleme zwischen freien Flächen, wie sie hier genannt worden sind - die 75 Kilometer, die es eigentlich wirklich nicht sind, weil sie durch viele Baugebiete und durch Sicherheitsaspekte begrenzt worden sind -, und es gibt die vielen Flächen, die gepachtet worden sind. Einerseits gibt es die Fläche der Weser, die durch das Fischeramt gepachtet worden ist, andererseits gibt es die vielen Gewässer, die von Fischereivereinen gepachtet worden sind.

Da gebe ich Ihnen einmal mit, wir haben 18 Fischereivereine in Bremen mit über 4 100 1288 31. Sitzung/27.10. dern, das ist keine kleine Zahl. Ich finde, für die können wir auch etwas tun.

(Beifall bei der SPD)

Darüber hinaus muss man auch wissen, dass allein im letzten Jahr über 1 000 Gäste, die hier nach Bremen zum Angeln kommen, einen Gastangelschein beantragt haben. Ich könnte glatt sagen, Herr Wirtschaftssenator, da hätten wir die Angelei fast in das Tourismusprogramm mit aufnehmen können, es hätte sicherlich einen Platz dort gefunden, das ist also kein kleines Thema.

Darüber hinaus werden auch noch im Stadtamt Angelscheine beantragt. Daran sieht man schon, wie viel Bürokratie wir eigentlich mit dieser kleinen Angelei hervorbringen. Wir haben ein Wirtschaftsressort, eine Oberste Fischereibehörde, wir haben das Stadtamt, wir haben das Fischeramt, und alle beschäftigen sich mit dem Thema Angelei. Vielleicht sollten wir das einmal anpacken, ob man da etwas verbessern kann!

Nun möchte ich auf die Probleme am Wasser selbst eingehen! Wir haben etwas lesen können, wir haben mitbekommen, dass es vielleicht Streitereien gibt, und wir haben ein ganz großes Problem, das ich jetzt gern unserer Staatsrätin Frau Buse mit auf den Weg geben möchte. Wir haben nämlich durch die Vereine in Bremen Fischereiaufseher gestellt. Fischereiaufseher sorgen dafür, dass am Wasser alles ordentlich läuft.

Das ist ein finanzielles Problem, aber vielleicht ist es gar nicht das größte, es ist auch ein sprachliches Problem. Es ist ja nicht ganz so einfach. Da gibt es, vorgeschlagen vom Landesfischereiverband, natürlich auch die Möglichkeit, so etwas wie eine Sportfischerprüfung light zu machen, nämlich einen kleinen Schein zu machen, damit zumindest die Grundkenntnisse vermittelt werden und diejenigen, die zum Angeln ans Wasser gehen, sich dort auch entsprechend verhalten.

Dann möchte ich auch noch eine Aussage in der Antwort des Senats korrigieren, die sich auf die Grundaussage dieser Anfrage bezieht, nämlich auf die Angelstandorte selbst. Darin steht ja, dass Fischereivereine bezüglich der vielen Gewässer, die durch Baumaßnahmen entstanden sind, keine weiteren Anträge gestellt haben, Gewässer zu pachten. Dem möchte ich entgegenhalten, da ich jetzt zum Beispiel vom Sportanglerverein Hemelingen genau die Aussage habe, dass in den Gewässerbereichen zwischen den Flusskilometern 356 und 358 Gewässer entstanden sind, für die eine Pacht beantragt worden ist, die aber abgelehnt worden ist. Insofern stimmt die Aussage nicht, da müsste vielleicht noch nachgearbeitet und korrigiert werden.

Insgesamt glaube ich, dass wir es vielleicht fraktionsübergreifend hinbekommen können, mehr für die Angler, für die Angelvereine und insgesamt für die Fischerei zu tun. - Schönen Dank!

(Beifall bei der SPD) Vizepräsident Ravens: Als Nächster erhält das Wort der Abgeordnete Woltemath.

Abg. Woltemath (FDP): Herr Präsident, meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich muss zugeben, ich war bislang kein ausgewiesener Angler und besitze auch keinen Angelschein, aber ich finde die Große Anfrage der CDU sehr dankenswert, weil wir noch einmal ins Bewusstsein gerückt bekommen haben, wie wichtig Angeln für Bremen eigentlich ist und was wir hier für ein wunderbares Bürgerrecht haben, dass wir nämlich auch an vielen Stellen mit der Stockangel angeln dürfen.

Dass wir über 75 Kilometer Uferlänge haben, das ist eine ganz schöne Menge. Das Angeln ist zwar nicht mehr überall möglich, aber jetzt kann ich mein Wissen als häufiger Fahrradfahrer an der Weser zum Einsatz bringen und ganz einfach sagen, es gibt auch viele Flächen, die nicht genutzt werden. Ich glaube nicht, dass man sich da Stadtbürgerschaft 1289 31. Sitzung/27.10. unbedingt überall gegenseitig auf die Füße treten muss, es gibt auch viele Stellen, die man erreichen kann, und mitunter ist es beim Angelsport durchaus notwendig, dass man vielleicht ein wenig klettern muss, aber das gehört ja zu einer sportlichen Betätigung mitunter auch dazu. Ich glaube auch, und da kann ich mich meiner Vorrednerin ausdrücklich anschließen, dass wir fraktionsübergreifend sicherlich das Gesamtproblem in den Blick nehmen und zu praktischen Lösungen kommen sollten.

Den Vorschlag mit dem sogenannten kleinen Angelschein finde ich beispielsweise sehr gut. Das ermöglicht mehr Flexibilität, und die Vereine werden dazu animiert, mehr Flexibilität zu zeigen und nicht so stur auf bestimmten Vorschriften zu beharren.

(Abg. Frau Busch [SPD]: Das sind ja nicht die Vereine! Das ist den Vereinen vorgegeben!) Ja, das ist den Vereinen vorgegeben, das ist da sicherlich eine Wechselbeziehung! Da müssen wir eingreifen!

Auf der anderen Seite finde ich, und da gebe ich dem Kollegen Rupp recht, das Thema Angeln ist genau ein Thema, das hier in die Stadtbürgerschaft gehört, weil es viele Leute interessiert. Es ist ein Naturerlebnis, dass man direkt am Wasser ist, und das wollen wir auch fördern. Deshalb ist der Angelsport sehr gut und sehr wichtig.

Worauf wir unser Augenmerk legen sollten, sind die Konfliktstellen, ich kenne sie! Am Teerhof gibt es eine Konfliktstelle, wo Leute Angelplätze sozusagen direkt besetzen und diese auch mit einer gewissen Hemdsärmeligkeit, um es vorsichtig zu umschreiben, gegen andere verteidigen. Da muss man sehr deutlich hinschauen, weil das weder integrationsfördernd noch bürgerrechtsfördernd ist, sondern da muss man ganz einfach sagen, die Aufsicht muss eingreifen. Wenn es die Ehrenamtlichen nicht können, weil sie damit dann letztendlich auch überfordert sind, dann muss da auch ganz einfach einmal die Polizei hingehen und für Ordnung sorgen. Dort gibt es nämlich die Freiheit der Fließgewässer nicht so, wie es in Bremen und in Bremerhaven der Fall ist.

Es ist auch angesprochen worden, dass bei baulichen Veränderungen, die häufig zwingend notwendig sind, sehr wohl die Belange der Anglerinnen und Angler mit berücksichtigt werden. Hamburg hat ein ähnliches Regime wie wir, und, wie ich seit Kurzem weiß, auch Stockholm.

(Abg. Dr. Buhlert [FDP]: Kommt daher das Wort Stockangeln?)

Ich bin gern bereit, die Anregungen, die gekommen sind, aufzugreifen. Ich will aber schon darauf hinweisen, dass mich in den zwei Jahren, die ich nun in diesem Amt bin, noch keine einzige Beschwerde und noch kein einziger Brief erreicht hat. Mag sein, dass er in meiner Verwaltung vorlag, deshalb vielen Dank für die Anfrage, dann können wir uns gemeinsam um dieses Thema kümmern und die Sorgen aufgreifen und, wo immer möglich, auch gern lösen.

Ich bin selbst auch kein Angler, ich bekenne das, aber ich hatte schon das Vergnügen, mit kundigen Anglern zusammen gewesen zu sein. Man hat da auch viel Zeit, über bestimmte Dinge nachzudenken.

Dieses angesprochene Sicherheitsproblem nehme ich sehr ernst. Ich kann es selbst nicht lösen, aber ich bin mir sicher, im Zusammenwirken mit dem Innenressort werden wir auch da Wege finden, um die Sorgen und Ängste aufzugreifen. In dem Sinne sollten wir an dem Thema weiterarbeiten. - Danke schön!

(Beifall bei der SPD)