Anerkennung von ausländischen Abschlüssen

Für Deutsche und Migrant/innen soll es in Hamburg immer wieder Schwierigkeiten bei der Anerkennung von Abschlüssen von Bildungsgängen geben, die im Ausland erworben wurden.

Ich frage daher den Senat:

1. Wie viele Verfahren zur Anerkennung ausländischer Abschlüsse hat es in den vergangenen fünf Jahren jährlich gegeben und wie vielen Anträgen auf Anerkennung wurde jeweils stattgegeben bei

a) Verfahren zur Anerkennung von Schulabschlüssen?

In den letzten fünf Jahren wurden bei der Sachbearbeitung „Bewertung ausländischer Bildungsnachweise" insgesamt 6717 Fälle erfasst. Diese Zahl enthält nicht nur Bewertungsanträge, sondern auch Auskunftsersuchen, die ohne Bewertungsentscheidung beantwortet wurden. Die Zahl der reinen Bewertungsanträge lässt sich genauso wenig ermitteln wie die der positiven Bewertungsentscheidungen.

Nach Schätzung der zuständigen Behörde ist davon auszugehen, dass ca. 80 Prozent der registrierten Fälle Bewertungsanträge waren, denen überwiegend stattgegeben wurde.

1. b) Verfahren zur Anerkennung von Hochschulabschlüssen?

Der Senat beantwortet die Frage unter dem Aspekt „Erteilung der Genehmigung zur Führung ausländischer akademischer/staatlicher Grade" für Gradinhaber, die ihren Hauptwohnsitz in Hamburg haben.

Ein im Ausland erworbener Hochschulgrad darf gemäß § 62b Hamburgisches Hochschulgesetz (HmbHG) nur nach Erteilung der entsprechenden Genehmigung geführt werden.

Für die Länder der Europäischen Union, zuzüglich Island, Norwegen, Schweiz und Ungarn, gibt es eine Allgemeingenehmigung (Amtlicher Anzeiger 1996 Seite 617).Den Inhaberinnen und Inhabern der darin erfassten ausländischen Hochschulgrade der bezeichneten Hochschulen, die auf einem mindestens dreijährigen Hochschulstudium beruhen, wird allgemein genehmigt, diese Hochschulgrade in der jeweils genannten Originalform, zum Teil mit Angabe der gradverleihenden Institution, zu führen.

Darüber hinaus besteht eine Allgemeingenehmigung zur Führung von Ingenieurgraden von Hochschulen in Polen, Rumänien, der Sowjetunion und der Tschechoslowakei für Berechtigte nach dem Gesetz über die Angelegenheiten derVertriebenen und Flüchtlinge (Amtlicher Anzeiger 1992 Seite 325, 1995 Seite 2681). Diese Grade dürfen in der deutschen (umgewandelten) Form, ohne Herkunftszusatz, geführt werden.

Die von den Allgemeingenehmigungen nicht erfassten Hochschulgrade und Hochschulgrade aus anderen als den aufgeführten Ländern unterliegen einer antragsgebundenen und gebührenpflichtigen Einzelfallgenehmigung.Dabei werden Hochschulgrade, die von einer anerkannten Hochschule nach einem mindestens dreijährigen Studium verliehen wurden, grundsätzlich in der Originalform mit Herkunftshinweis zur Führung genehmigt. Umwandlungen in einen deutschen Hochschulgrad ­ mit Herkunftszusatz ­ sind nur dann möglich, wenn der ausländische Hochschulabschluss dem entsprechenden deutschen materiell gleichwertig ist und es einen entsprechenden deutschen Grad gibt.

Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg ­ 16. c) Verfahren zur Anerkennung von Ausbildungsabschlüssen?

Konkrete Angaben über die Anzahl der in den vergangenen fünf Jahren anhängigen Anerkennungsverfahren im Bereich der akademischen Heilberufe stehen nicht zurVerfügung. Die für die Anerkennung von Ausbildungen aller anderen Berufe zuständigen Stellen (Kammern) führen keine Statistiken über Anerkennungsverfahren, so dass keine Angaben gemacht werden können.

1. d) Verfahren zur Anerkennung von Weiterbildungsabschlüssen?

Die für die Anerkennung von Weiterbildungsabschlüssen zuständigen Stellen (Kammern) führen keine Statistiken über die Anerkennungsverfahren, so dass keine Angaben gemacht werden können.

2. Aus welchen Ländern kamen die jeweiligen Antragsteller/innen?

Die Zeugnisanerkennungsstelle bewertet Vorbildungsnachweise aus allen Ländern der Erde. Angaben zu den Ländern, zu denen bisher kein Bewertungsantrag eingereicht wurde, sind nicht möglich. Der Schwerpunkt der Anträge bezog sich auf die Nachfolgestaaten der Sowjetunion, Polen, Iran, Türkei und China.

Die Anträge auf Erteilung der Genehmigung zur Führung ausländischer akademischer/staatlicher Grade bezogen sich auf alle Länder der Welt.

Im Bereich der akademischen Heilberufe wurden Berufserlaubnisse bzw. Approbationen von Antragstellerinnen und Antragstellern aus 82 verschiedenen Herkunftsländern beantragt. Schwerpunktländer waren dabei die Nachfolgestaaten der Sowjetunion, der Iran und Afghanistan.

Die Antragstellerinnen und Antragsteller im Bereich der Gesundheitsfachberufe kamen aus insgesamt 67 Ländern, schwerpunktmäßig aus ost- und südosteuropäischen Ländern wie Russland, Kasachstan, Polen und Bosnien-Herzegowina.

3. a) Bei welchen Schul-, Hochschul-, Ausbildungs- oder Weiterbildungsabschlüssen aus welchen Ländern wurde am häufigsten die Anerkennung verweigert?

Probleme mit der Anerkennung von Abschlüssen aus anderen Ländern treten am häufigsten auf, wenn sich die Bildungs- bzw. Berufsbildungssysteme in diesen Ländern strukturell von dem in der Bundesrepublik Deutschland unterscheiden. Entsprechend wird die Anerkennung von Haupt- und Realschulabschlüssen aus allen Ländern mit weniger als neunjähriger Schulbesuchsdauer am häufigsten verweigert. Daneben kommt es zur Verweigerung der Anerkennung von Abschlüssen am häufigsten im Zusammenhang mit Hochschulberechtigungen, die in derTürkei, Kamerun und derVolksrepublik China erworben wurden, sowie im Zusammenhang mit beruflichen Ausbildungsabschlüssen aus den Nachfolgestaaten der Sowjetunion und der Türkei.

3. b) Welches waren die häufigsten Gründe für die Ablehnungen und nach welchen rechtlichen Grundlagen wurde verfahren?

Grundlage für die Bewertung ausländischer Bildungsnachweise sind die Bewertungsvorschläge der Kultusministerkonferenz. Deren Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen hat Empfehlungen zur Bewertung der Zeugnisse erarbeitet und erteilt in Einzelfällen einen konkreten Bewertungsvorschlag, der Grundlage für die Entscheidung ist, und holt auf Wunsch über die entsprechenden Institutionen Auskünfte ein.

Im Bereich der anerkannten Ausbildungsberufe nach dem Berufsbildungsgesetz (BBiG)/der Handwerksordnung (HwO) ist eine formelle staatliche Anerkennung von im Ausland erworbenen Berufsqualifikationen nicht möglich.Lediglich nach § 43 Absatz 2 BBiG (bzw.§ 40 Absatz 2 HwO) können durch Rechtsverordnung Prüfungszeugnisse, die im Ausland erworben worden sind, mit inländischen Prüfungszeugnissen gleichgestellt werden, wenn die jeweiligen Prüfungsanforderungen gleichwertig sind.

Wegen der aufwendigen Äquivalenzfeststellungen sind bisher lediglich einige französische und österreichische Prüfungszeugnisse durch Rechtsverordnung als gleichwertig anerkannt worden. Das BBiG bzw. die HwO enthalten keine Befugnis für staatliche Behörden, unabhängig von dieser Verordnungsermächtigung eine Gleichstellung im Einzelfall durch Verwaltungsakt vorzunehmen. Eine solche Befug2 nis ist nur im Bundesvertriebenengesetz für (deutschstämmige) Aussiedlerinnen und Aussiedler geregelt.

Im Bereich der Gesundheitsberufe richtet sich die Anerkennung von ausländischen beruflichen Abschlüssen als gleichwertig mit inländischen Abschlüssen nach den geltenden gesetzlichen Grundlagen.

Die wesentlichen Ablehnungsgründe bei beruflichen Abschlüssen liegen in der zu kurz bemessenen Ausbildungszeit und vor allem in der materiellen und funktionalen Nichtvergleichbarkeit der Ausbildungsinhalte.

Die häufigsten Ablehnungsgründe in Bezug auf die Erteilung der Führungsgenehmigung ausländischer Hochschulgrade waren Mindeststudienzeit unter drei Jahren und im Herkunftsland nicht anerkannte Hochschule.

4. a) Welche Senatsressorts sind für die Anerkennung der unterschiedlichen Abschlüsse jeweils zuständig?

b) Welche Rolle spielen die Kammern und die Hochschulen und welche Kenntnisse gibt es darüber?

Für die Anerkennung der unterschiedlichen Abschlüsse sind folgende Behörden zuständig:

­ die Behörde für Schule, Jugend und Berufsbildung für Haupt- und Realschulabschlüsse, Hochschulzugangsberechtigungen und Lehramtsprüfungen,

­ die Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales für die Berufe im Gesundheitswesen (medizinische, zahnmedizinische, pharmazeutische und krankenpflegerische Abschlüsse und sonstige Gesundheitsfachberufe).

Darüber hinaus sind für die Bewertung von Handwerksberufen die Handwerkskammer Hamburg und für die Bewertung von Handels- und Industrieberufen nach Bundesvertriebenengesetz und Einigungsvertrag die Handelskammer Hamburg zuständig.

Die Behörde für Wissenschaft und Forschung ist zuständig für die Genehmigung zur Führung ausländischer Hochschulgrade.In Bezug auf die Erteilung der Genehmigung spielen die Kammern keine Rolle, die Hochschulen in Ausnahmefällen, wenn es um die Prüfung von Studieninhalten zur Feststellung materieller Gleichwertigkeit geht.

5. a) Mussten die Betroffenen in allen Fällen die komplette Ausbildung nachholen oder wurden ihnen zielgerichtete Angebote gemacht, mit der Nachholung von (im Ausland nicht unterrichteten) Teilaspekten der Ausbildung oder reinen Prüfungsleistungen die Anerkennung zu erreichen?

b) In welchen Bereichen und Arbeitsfeldern war das möglich?

Kann bei den Antragstellerinnen bzw. Antragstellern, die ihre Schulpflicht noch nicht erfüllt haben, kein Abschluss bescheinigt werden, wird die Empfehlung ausgesprochen, im Schulinformationszentrum (SIZ) der Behörde für Schule, Jugend und Berufsbildung ein entsprechendes Beratungsgespräch zu führen mit dem Ziel, den weiteren aufbauenden Bildungsweg zu klären.

Studienbewerberinnen und -bewerber, die keine direkte Hochschulzugangsberechtigung erhalten, können durch den erfolgreichen Besuch des Studienkollegs die Zugangsberechtigung erwerben. Je nach Voraussetzung wird entweder die Feststellungsprüfung extern abgelegt oder es erfolgt ein einjähriger Besuch des Studienkollegs mit anschließender Feststellungsprüfung. Mit Bestehen dieser Feststellungsprüfung wird die Hochschulzugangsberechtigung erlangt.

Im beruflichen Bereich kann das Arbeitsamt auf den Einzelfall bezogen wegen einer Weiterbildungsmaßnahme eingeschaltet werden.

Im Bereich der Gesundheitsfachberufe waren in keinem Fall komplette Ausbildungen nachzuholen, sondern es wurden ­ einzelfallorientiert ­ nachqualifizierende Maßnahmen auferlegt, um die Gleichwertigkeit des Ausbildungsstandes herzustellen. Diese Möglichkeit ist auf Grund der mittlerweile gängigen Rechtsprechung unter anderem des Bundesverwaltungsgerichts nicht mehr gegeben.Es ist nicht mehr der individuelle (subjektive) Ausbildungsstand Maßstab der Bewertung, sondern es ist allein ein objektiver Maßstab anzulegen. Dies bedeutet, dass die ausländische Ausbildung anhand der ausländischen Ausbildungsgesetze, der Nachweise über Mindestdauer und Inhalte der Ausbildung sowie der Art der Leistungskontrolle mit der deutschen Ausbildung vergleichbar sein muss. Die Ableistung von Anpassungspraktika ist danach als Beurteilungskriterium nicht mehr rechtmäßig. Antragstellerinnen und Antragsteller, deren Ausbildung nicht anerkannt wird, können im Einzelfall eine erneut abzuleistende Ausbildung verkürzen, indem die im Ausland erworbenen theoretischen und praktischen Kenntnisse auf entsprechende Ausbildungsgänge bzw. Studiengänge angerechnet werden können.

5. c) Inwieweit kann im Verfahren der Anerkennung eine mögliche berufliche Praxis als Äquivalent in Betracht gezogen werden?

Grundsätzlich sind berufliche Praxiszeiten nur von Bedeutung im Rahmen von Zulassungsverfahren für berufliche Abschlussprüfungen (vgl. § 40 Absatz 2 Berufsbildungsgesetz; vgl. jedoch Antwort zu 8. a).

In Bezug auf die Erteilung der Führungsgenehmigung eines im Ausland erworbenen Hochschulgrades stellen sich die Fragen 5 a) bis 5 c) nicht.

5. d) An welche Institutionen können sich die Antragsteller/innen wenden, wenn sie eine Beratung benötigen?

Auskünfte und Beratungen gewähren das SIZ, soweit schulische Abschlüsse betroffen sind, das Akademische Auslandsamt der Universität Hamburg sowie die zuständigen Stellen im Sinne des Berufsbildungsgesetzes (Handwerkskammer, Handelskammer).