Finanzamt

Für eine funktionierende Stiftungsaufsicht ist die Kenntnis über die Gewährung von Zuwendungen oder Investitionsmittel eine Grundvoraussetzung zur Prüfung einer ordnungsgemäßen Rechnungslegung. Die Stiftungsaufsicht wäre in die Lage versetzt worden, die ohnehin von ihr häufiger beanstandete Rechnungslegung der Stiftung nachhaltig zu kritisieren und auf einer fachkundigen Ausführung zu bestehen. Ob dieser Vorgang auf die Entscheidung der BAGS, der Stiftung weitere Investitionsmittel zu gewähren, Einfluss gehabt hätte, kann durch den Ausschuss nicht beurteilt werden.

Für die Stiftungsaufsicht ist - wie dieser Fall zeigt - die Kenntnis über die Gewährung von Zuwendungen oder Investitionsmitteln jedoch relevant.

Die Dr. Hallier Stiftung

(Kategorie C 3)

Die Dr. Hallier Stiftung wurde am 21. Dezember 1993 errichtet. Ausschließlicher und unmittelbarer Zweck der Stiftung ist nach der Satzung „...die Unterstützung von ohne Verschulden in Not geratenen Menschen deutscher Nationalität in Fällen, in denen das soziale Netz nicht ausreicht.... Insbesondere sollen unmittelbare Opfer von Gewalttaten ebenso wie mittelbare Opfer (Kinder, die ein oder beide Elternteile verloren haben), unter schweren noch nicht heilbaren Krankheiten leidende Menschen und geistig oder körperlich behinderte Kinder Unterstützung erfahren. Die Unterstützungsempfänger müssen nachweislich die Voraussetzungen gem. § 53 Nr. 1 der Abgabenordnung erfüllen."

Die Stiftung soll nicht Vereine etc. unterstützen; diese können aber unterstützungswürdige Personen benennen. Das handschriftlich verfasste Testament430 nennt als Klammerzusatz bei geistig oder körperlich behinderten Kindern „ev. diesbezügliche Pflegeheime". Dieser Zusatz erscheint in der Satzung nicht.

Der Stiftungsgründer hatte weiter in seinem Testament verfügt: „Verwaltung soll von Hamburg aus erfolgen durch meinen Testamentsvollstrekker RA. Hans H. E. Schmidt...der sich einen 2. Verwalter (möglichst eine Frau) dazu wählen kann."

Nach dem Wortlaut der Satzung soll der Stiftungsvorstand aus einer, höchstens drei Personen (darunter dann einer weiblichen Person) bestehen.

Nach § 6 Nr. 2 der Satzung kann der Vorstand eine geeignete dem Vorstand auch nicht angehörende Person mit der Geschäftsführung der Stiftung beauftragen und für diese Tätigkeit ein angemessenes Entgelt zahlen. Die Anstellung von Hilfskräften ist zulässig.

Nach den Feststellungen des Untersuchungsausschusses ist alleiniges Vorstandsmitglied seit der Genehmigung der Stiftung der Testamentsvollstrecker und Rechtsanwalt, Herr Hans H. E. Schmidt, der die Stiftung errichtet und sich ­ mit Hinweis auf die testamentarische Verfügung - selbst zum ersten Stiftungsvorstand bestellt hatte. Eine geschäftsführende Person wurde nach Aktenlage nicht eingesetzt. Herr Schmidt ist damit alleiniger Ansprechpartner für alle Belange der Stiftung. Dezember 19934. Die BAGS, Frau Krämer (V 72), bestätigte die Übernahme mit Schreiben vom 28. Januar 19944.

Mit einem standardisierten Schreiben nahm Frau Krämer (V 7) am 1. Februar 1994435 mit dem Vorstand Kontakt auf, informierte ihn über die Aufgaben der Stiftungsaufsicht und die Pflichten der Stiftungsorgane sowie über steuerrechtliche Voraussetzungen (Bedürftigkeitsgrenzen), die bei der Unterstützung von Personen zu beachten sind.

Eine Verfügung über eine interne Überwachungsfrist gibt es in der Akte nicht.

Vom 2. Februar 1994 bis zum Mai 1997 gab es nach Aktenlage weder Kontakt zwischen der Stiftungsaufsicht und der Stiftung, noch Vermerke o.ä. von Mitarbeitern der Stiftungsaufsicht.

Die Stiftung hätte erstmalig im Frühjahr 1995 eine Jahresabrechnung ­ nämlich für das Jahr 1994 ­ vorlegen müssen. Sie kam dieser Pflicht nicht nach.

Erst am 14. Mai 1997 wies Frau Hüllen (V 73) den Stiftungsvorstand mit einem standardisierten Schreiben darauf hin, dass die Stiftungsorgane verpflichtet seien, der Aufsichtbehörde innerhalb von drei Monaten nach Schluss des Geschäftsjahres eine Jahresabrechnung mit einer Vermögensübersicht und einem Bericht über die Erfüllung des Stiftungszweckes einzureichen und fügte die Kopiervorlage „Bericht über die Erfüllung des Stiftungszweckes" bei. Die Stiftung reagierte nicht.

Mit Schreiben vom 30. September 1997437 wurde sie von Frau Klauss (V 73) im Auftrag von Frau Hüllen aufgefordert, die Unterlagen für die Jahre 1994 bis 1996 einzureichen.

Frau Klauss rief am 12. November 1997 auf Anweisung von Frau Hüllen die Stiftung wegen der fehlenden Unterlagen an und vermerkte, Herr Schmidt habe erklärt, er habe viel zu tun und käme deshalb nicht dazu, die Unterlagen einzureichen, habe dies jedoch „für die nächste Zeit" zugesagt. Herr Schmidt habe außerdem erklärt, dass er das Schreiben der BAGS vom 14. Mai 1997 nicht erhalten habe.

Mit Schreiben vom 27. November 1997438 wurde die Stiftung erneut von Frau Klauss (V 73) im Auftrag von Frau Hüllen zur Abgabe der Unterlagen aufgefordert. Gleichzeitig wurde eine Frist bis zum 30. Dezember 1997 gesetzt.

Mit Datum vom 28. Januar 1998 verfügte Herr Wagner (V 73), der Stiftung das Schreiben vom 14. Februar 1998 schickte Frau Fischer (V 73), die Mahnung ab, wies auf die Möglichkeit aufsichtsrechtlicher Schritte hin und setzte als Termin den 20. Februar 19984.

Am 9. März 1998 muss es ein Telefonat mit dem Stiftungsvorstand gegeben haben, dessen Auslöser und Inhalt sich jedoch nicht aus der Akte ergibt.

Am 11. Mai 1998 übersandte der Stiftungsvorstand, Herr Schmidt, der Stiftungsaufsicht die Berichte für die Jahre 1994 bis 1996 und kündigte schriftlich an, den Bericht für das Jahr 1997 zwei Wochen später zu übersenden. Als Grund für die Verzögerung nannte er seine berufliche Belastung sowie seine zeitaufwändige Suche nach unterstützungsbedürftigen Menschen, die bis dahin allerdings keine auch nur annähernd ausreichende Anzahl erbracht habe.

In der Akte befindet sich zuletzt ein weder abgezeichnetes noch unterzeichnetes, zur Unterschrift für Herrn Wagner vorbereitetes Schreiben mit dem Leitzeichen V 73 vom 20. Mai 1998 an die Stiftung, das außerdem keinen Abgangsvermerk trägt. Darin wurde festgestellt, dass sich zu den Jahresabrechnungen noch Fragen hinsichtlich des Gebots der gemeinnützigen Mittelverwendung ergeben hätten und darauf hingewiesen, dass die Gemeinnützigkeit der Stiftung gefährdet sei, weil „der Stiftungszweck bezogen auf die Höhe der Erträge und ihre Nichtverwendung, zum größten Teil, nicht verwirklicht ist."

Weiter wurde ausgeführt, dass eine projektbezogene Rücklage, die der Ausnahmeregelung in § 58 Nr. 6 Abgabenordnung entsprechen würde, bei der Dr. Hallier Stiftung nicht bestehe und gebeten, bis zum 19. Juni 1998 mitzuteilen, wie die Rücklagen verwendet werden sollten, um der steuerlichen Veranschlagung durch das Finanzamt zuvorzukommen.

Der Ausschuss stellte fest, dass die Dr. Hallier Stiftung nach dem Prüfungskonzept der BAGS zur Kategorie C 3 (Vermögensstiftungen) gehört, bei denen lt. Prüfungskonzept „eher Fragen zur bilanziellen Darstellung, der Erfüllung des Stiftungszweckes und zur Besicherung des Stiftungsvermögens" auftreten. Dem Prüfungskonzept ist weiter zu entnehmen, das Besondere bei der Aufsicht über die Stiftungen sei, „daß jede Stiftung individuell zu betrachten und zu behandeln ist. Bei der hohen Anzahl an Einzelfällen und der zunehmenden Häufung von Problemen (...) ist verstärkter Beratungs- und Diskussionsbedarf mit den Stiftungsvorständen notwendig." Weshalb die BAGS - gerade angesichts dieser Erkenntnisse - einer neuen Stiftung in den ersten Jahren nicht mehr Beachtung geschenkt und sie nicht eher nachhaltig zur Abgabe der Jahresberichte und der Erklärung über die Erfüllung des Stiftungszweckes aufgefordert hat, kann nicht nachvollzogen werden.