Mehrwertsteuer

Finkbeiner am 26. Dezember 1994 und dem Vertragsschluss mit Frau Bexfield am 9. März 1995 immerhin ein Zeitraum von zweieinhalb Monaten lag. In dieser Zeit hätte ohne weiteres eine öffentliche Aufforderung vorgenommen werden können, ohne dass eine erhebliche zeitliche Verzögerung hätte eintreten müssen. Dies ist insbesondere deshalb anzunehmen, weil die übliche Frist zur Abgabe eines Angebots nur vier Wochen beträgt, so dass eine ordnungsgemässe Ausschreibung ohne weiteres noch im Februar 1995 hätte abgeschlossen werden können.

In dem vorliegenden Vergabeverfahren kann auch nicht nachvollzogen werden, wer die Entscheidung zugunsten der Frau Bexfield getroffen hat.

Schließlich konnte der Ausschuss weder aus der Akte der BAGS noch aus der Antwort des Senats erkennen, ob Frau Bexfield zur Zeit der Auftragsvergabe noch Mitarbeiterin der BAGS war. Sollte dies der Fall gewesen sein, so durfte der Auftrag nach § 57 LHO nur dann an sie vergeben werden, wenn dies vom Behördenleiter oder einem von diesem Bevollmächtigten genehmigt worden ist. Die Akte der BAGS enthält keine Informationen darüber, ob in diesem Fall eine solche Genehmigung erteilt worden ist.

Im Ergebnis ist das Verfahren, das mit eine Entscheidung zugunsten einer Behördenmitarbeiterin endete, nicht transparent und weist Mängel auf.

Gesundheitszentrum 2000

Ablauf des Vergabeverfahrens

Für diese Gutachtenvergabe hatte der Ausschuss ­ wie für einige andere auch ­ vom Senat (nur) die Akten erbeten, die in Zusammenhang mit der Vorbereitung und Entscheidung für die Vergabe stehen. Mit der Aktenlieferung am 18. April 2000 wurde dem Ausschuss dazu ein Hefter „Angebotsunterlagen/Auftrag/Rechnungen" übergeben.

Der Vorgang beginnt mit einem Schreiben von Herrn Dr. Ollmann, Fa. McKinsey & Company, Inc. an Herrn Dr. Wolfgang Kalkhof, Kaufmännischer Leiter des AK St. Georg vom 22. September 19943. Das Schreiben lautet: „Lieber Wolfgang, ich hoffe, Du hattest einen tollen Urlaub auf Ibiza und es ist Euch auch gelungen, mit der herrlichen Sonne den Sommer etwas zu verlängern.

Du hattest gebeten, nach Deinen

Urlaub „sozusagen informell" eine ausführliche Erläuterung unseres Projektvorschlages zu erhalten. Wir hatten vereinbart, daß wir erst eine aufgrund Deiner Vorschläge überarbeitete Fassung dann gegebenenfalls offiziell einreichen. In der offiziellen Fassung würden wir auch gerne noch mehr Fakten über das St. Georg Krankenhaus aufnehmen, die wir nicht zur Verfügung hatten und jetzt auch nicht durch direkten Kontakt zu Deinen Mitarbeitern ausfindig machen wollten. (...) Herzliche Grüße"

Auf dem Schreiben ist handschriftlich ohne Leitzeichen und Abzeichnung notiert „Karin Bitte tel. Dr. Ollmann" und daneben in einem Kästchen:

Akte des LBK ohne Az., AK St. Georg Angebotsunterlagen/Auftrag/Rechnungen, S. 25/25.

Schreibfehler im Original. „pro Monat: 360 TDM + MWSt."

Am 21. Oktober 1994 schrieb Herr Dr. Ollmann (Principal, McKinsey & Co) erneut an Herrn Dr. Kalkhof, diesmal mit der Anrede „Sehr geehrter Herr Dr. Kalkhof". Er übersandte mit dem Schreiben ein Memorandum „Ausrichtung des Krankenhauses St. Georg auf die zukünftigen Anforderungen des Gesundheitswesens", in dem Ausführungen zur Ausgangssituation, Zielsetzung des Projektes, Hauptfragestellungen, ein Vorschlag zum Vorgehen sowie zur Projektorganisation gemacht wurden. Er teilte mit, das für die beschriebene Aufgabenstellung notwendige Team solle aus einem Projektleiter und zwei Beratern sowie aus zwei Partnern (teilzeitig): Herrn Dr. Jürgen Wettke und Herrn Dr. Michael Ollmann bestehen. Als Kosten für das Team wurden 360.000 DM pro Monat zuzüglich 20% für Nebenkosten genannt.

Zur Ausgangssituation wurde in dem Memorandum festgestellt, das Gesundheitsstrukturgesetz fordere mehr Kostentransparenz. Der durch Änderung des Finanzierungssystems steigende Kostendruck müsse aufgefangen werden, ohne die Qualität der Versorgung zu verringern. Wegen des Wettbewerbsdrucks im Hamburger Raum müsse die Auslastung langfristig gesichert werden. Ablaufbedingte Änderungen und bauliche Veränderungen seien wegen steigender Qualitätsansprüche von Patienten und einweisenden Ärzten zu erarbeiten. Die Beteiligung und Motivation des Krankenhauspersonals sei bei den Veränderungen einzuplanen. Dazu sollten die strategischen Ziele der Klinik definiert, das Leistungsangebot, der Service und die Qualität verbessert werden. Es solle ein organisatorisches Strukturkonzept für Schwerpunktzentren erarbeitet werden. Schwerpunktbereiche der Klinik seien Traumatologie, Onkologie, Kardiologie, innere Medizin und Gynäkologie.

Mit Schreiben vom 1. Dezember 1994314 übermittelte Herr Dr. Ollmann (Mc Kinsey) in einem weiteren Schreiben an Herrn Dr. Kalkhof (Kaufmännischer Leiter, AK St. Georg) unter Bezugnahme auf ein Telefonat zwischen Herrn Dr. Wettke (McKinsey) und Herrn Dr. Kalkhof weitere Erläuterungen zu den Leistungen und Kosten des Angebots vom 21. Oktober 1995; das Angebot ergebe insgesamt Honorarkosten in Höhe von 1.620.000 DM sowie Nebenkosten in Höhe von 324.000 DM plus Mehrwertsteuer.

Herr Dr. Kalkhoff notierte am 6. Dezember 1994315 handschriftlich Ergebnisse einer Besprechung mit Herrn Wettke (McKinsey) und Herrn Dutsch (Direktorium AK St. Georg). Zu „Vorstellung St. Georg:" notierte er: Umsetzung 3. Cluster: Herzzentrum, Chirurgisches Zentrum/Traumatologie, Onkologisches Zentrum. Sollbruchstelle nach Interviewphase. Kosten: 2,2 Mio DM. Umsetzungsbeginn bei Zusage bis zum 9. Dezember 1994: Februar 1995.

Mit Schreiben vom 9. Dezember 1994316 erteilte Herr Dr. Kalkhoff der Firma McKinsey den Auftrag, das mit Schreiben vom 21. Oktober 1994 und vom 1. Dezember angebotene Konzept im AK. St. Georg umzusetzen.

Akte des LBK ohne Az., AK St. Georg Angebotsunterlagen/Auftrag/Rechnungen, S. 7/25.

Im Gegensatz zur Beschriftung des Vorgangs und zum begleitenden Schreiben des LBK zur Aktenübergabe317 enthält der Vorgang keine Rechnungen.

Die BAGS übersandte dem Ausschuss auf seine Nachfrage hin die diesbezügliche Antwort des LBK318 sowie zwei Ordner mit Unterlagen zu dem vierteiligen Gutachten und Kopien von Abrechnungsvorgängen. Die Seiten der Ordner sind nicht paginiert.

Auf die Frage des Ausschusses, wer die Verantwortung für die Gutachtenerteilung trage und ob die BAGS mit der Angelegenheit befasst gewesen sei, wurde mitgeteilt, der Auftrag sei aus Budgetmitteln des AK St. Georg bezahlt worden; es handele sich um eine interne Angelegenheit des LBK und dort - nach der damaligen Aufgabenverteilung

- speziell des AK St. Georg. Außenbeteiligungen aus der Zeit der Auftragsvergabe seien nicht bekannt. Ein schriftlicher Vertrag habe sich auch in weiteren eingesehenen Unterlagen über die Gutachtenvergabe nicht befunden. Die Firma McKinsey sei vielmehr mit Billigung des Direktoriums von Herrn Dr. Kalkhoff am 9. Dezember 1994 mit der Durchführung der Arbeit beauftragt worden.

Die erwartete Leistung sei voll erbracht, die Leistungen der Firma seien in Rechnung gestellt und in fünf vereinbarten Tranchen zu je 496.000 DM (Gesamt: 2.484.000 DM) bezahlt worden. Die letzte Zahlung sei am 20. September 1995 erfolgt. Die vier Bestandteile des projektbegleitenden Gutachtens seien durch Mitarbeiter von McKinsey dem Direktorium des AK St. Georg und den Mitgliedern der Projektgruppen zeitnah zu den auf den Berichten dokumentierten Terminen persönlich überreicht worden.

Darüber hinaus wurde mitgeteilt, dass die Firma McKinsey - nach dem vom LBK Hamburg „inzwischen" erhobenen Sachverhalt - eines von vier Angeboten abgegeben habe. Bei den anderen Firmen habe es sich um Boston Consulting, Innovateam und WMD gehandelt. Die Antwort der BAGS vom 13. September 2000 gibt keine Auskünfte darüber, wann und in welcher Form die Firmen zur Angebotsabgabe aufgefordert wurden; sie erklärt auch nicht, wie und mit welcher Begründung die Auswahl der Firmen erfolgte.

Die BAGS erklärte weiter, den damaligen Direktoriumsprotokollen sei zu entnehmen, dass Bedarf an externer Hilfe festgestellt worden sei und die Angebotspräsentation durch die Firma Innovateam am 20 Juli 1994 stattgefunden habe. Die McKinseyPräsentation sei für den 2. August 1994 vorgesehen gewesen. Nach damaliger Einschätzung sei die Firma McKinsey das einzige Beratungsunternehmen in Deutschland gewesen, welches mit modernen Ansätzen einer Zentrumsbildung Erfahrungen vorweisen konnte. Ob diese Einschätzung verschriftlicht wurde, wurde dem Ausschuss nicht mitgeteilt.

In den beiden, dem Ausschuss nachträglich übersandten Ordnern findet sich kein Hinweis auf Kontakte zu anderen Firmen; auch die angesprochenen Direktoriumsprotokolle wurden nicht übersandt. Die Ordner enthalten lediglich Gutachtenmaterial und Abrechnungsvorgänge nach der Zeit der Auftragsvergabe an die Firma McKinsey.

Akte des PUA, Az.: 1-703-2, Schreiben des LBK vom 18. April 2000.

Akte des PUA, Az.: 1-703-2; Schreiben des PUA vom 7. September 2000, Antwort der BAGS vom 13. September 2000.