Mit Asylbewerbern belegten Plätzen in Hotels und Pensionen

Mit Datum vom 26. August 1993 fertigte Herr Schumann (WF 42) einen Entwurf für die Durchführung des Hotel-Räumprogramms. Danach war geplant, von den 3.800 mit Asylbewerbern belegten Plätzen in Hotels und Pensionen insgesamt 3.000 bis 1994 abzubauen. Im Folgenden wird erläutert, dass nach Mitteilung des Hotelsachgebiets im Bezirk Hamburg-Mitte alle Hotels und Pensionen mit mehr als nur einem Personenkreis, der staatlich unterzubringen ist, belegt sei (neben Asylbewerbern z. B. Asylberechtigte, sonstige Bleibeberechtigte, Folgeantragsteller, Bosnier und deutsche Obdachlose inkl. der Personenkreise von RE). Da der Platzbedarf für diese Personenkreise weiterhin erheblich sei und zum Teil sogar noch regelmäßig zunehme (z.B. Bosnier) würden von Asylbewerbern freigemachte Plätze laufend durch diese Personenkreise nachbelegt. Die Nachbelegung erfolge aber auch mit Bleibeberechtigten etc., die durch Überbelegung anderer Unterkünfte sowie Auflösung anderer Unterkünfte frei würden und darum neu untergebracht werden müssten. Es müsse daher die Anweisung ergehen, ab sofort keinerlei Hotelgutscheine mehr auszugeben und den laufenden Zugang sofort in (andere) freie Plätze unterzubringen.

Im Einzelnen bedeutete dies:

· Bosnier seien auf der „Bibby Endeavour" unterzubringen, bzw. auf der „Bibby Challenge".

· Asylbewerber würden auf die bisherige Weise von „pflegen & wohnen" untergebracht.

· Sonstige neu zugehende Bleibeberechtigte seien von der Bezirksverwaltung in freie Plätze in den Unterkünften der Bezirksverwaltung unterzubringen.

· Für minderjährige unbegleitete Flüchtlinge unter 16 Jahren seien sofort Notunterbringungskapazitäten durch die BSJB ­ ggf. unter Zuhilfenahme von SR-P ­ zur Verfügung zu stellen. Im Übrigen gelte für sie das gleiche wie für Bosnier (Unterbringung auf der „Bibby").

· Deutsche Obdachlose seien in Unterkünfte von „pflegen & wohnen" und SH 2 unterzubringen. Für sie gelte im Übrigen die Ausnahme, dass sie auch in Fluktuationsplätze der eigenen Kategorie in Hotels und Pensionen eingewiesen werden könnten.

An erster Stelle stehe die Verminderung der Hotelplätze für Asylbewerber. Alle Personen der übrigen Personenkreise in den Hotels, die geräumt werden sollten, könnten auch auf Fluktuationsplätze der gleichen Kategorie in anderen Hotels und Pensionen verteilt bzw. untergebracht werden.

Die Reihenfolge der Auflösungen in Mitte sollte der Leiter des Sozialamtes Mitte alleine festlegen. Die übrigen Sozialamtsleiter sollten binnen eines Monats eine Prioritätenliste für die Auflösung der in ihren Bereichen befindlichen Hotels und Pensionen mit Angabe des Hauptgrundes für die Auflösung liefern. Der Leiter des Sozialamtes Mitte betreibe dann die Auflösung in Übereinstimmung mit den beteiligten Sozialamtsleitern.

Die teureren und besseren Hotels außerhalb des Bezirksamtes Mitte könnten für Bosnier und die Personenkreise von RE bis zum Schluss erhalten bleiben. Der Höchstpreis sollte jedoch auch in diesen Fällen 35,00 DM nicht übersteigen.

Der Vermerk ist nicht unterzeichnet. Wer ihn zur Kenntnis genommen hat, ist aus der Akte nicht ersichtlich.

Herr Kremson, SH 2 fertigte am 6. September 1993 einen Vermerk162 über ein Gespräch über das Hotel-Räumungsprogramm, an dem Frau Haller, „pflegen & wohnen", Herr Dr. Hartmann (SH), Herr Frank (SR/P), Herr Coym, „pflegen & wohnen", Herr Bobke (M/SO-L) und er selbst teilnahmen. In seiner Beschreibung der Ausgangslage legte Herr Kremson dar, dass ein Auftrag der Behördenleitung vorliege, das HotelRäumungsprogramm durch entsprechende Maßnahmen effektiv und kooperativ mit den beteiligten Dienststellen zu gestalten.

Zu den Unterbringungsvolumina im Bezirksamtsbereich Hamburg-Mitte wurde festgehalten, dass in etwa 7.800 Personen in Hotels und Pensionen lebten, nämlich ca.:

· 3.300 Asylbewerber

· 2.000 bosnische Flüchtlinge

· 300 De-facto-Flüchtlinge

· 2.200 sonstige Obdachlose und

· 300 minderjährige unbegleitete Flüchtlinge.

Einverständnis wurde in dem Gespräch darüber erzielt, dass die Gruppe der Asylbewerber und die Gruppe der bosnischen Flüchtlinge von dem geplanten HotelRäumungsprogramm erfasst werden sollten. Nach Möglichkeit sollten ganze Hotelobjekte geräumt werden. Wo dieses nicht möglich sei, sollte versucht werden, durch interne Umschichtungen größere Platzkontingente freizuräumen. Grundsätzlich dürften die durch das Räumungsprogramm freigewordenen Plätze nicht wieder belegt werden.

Das Belegungsverbot gelte für alle Dienststellen und für alle sonstigen unterzubringenden Personengruppen.

Mit einem Schreiben vom 20. September 1993 des Bezirksamtes Hamburg-Mitte wurde eine Übersicht der nicht mehr zu belegenden Hotels der BAGS und allen Sozialdienststellen der Bezirke übermittelt. Aus diesem Schreiben geht nicht hervor, nach welchen Kriterien diese Hotels ausgewählt wurden.

Am 9. Juni 1994 fand eine gemeinsame Besprechung mit der Arbeitsgemeinschaft Flüchtlingshilfe statt. In ihrem Ergebnisprotokoll mit dem Leitzeichen WF/U hielt Frau Schmidt-Joho, WF, fest, dass die Zahl der benötigten Hotelplätze seit Februar 1994 kontinuierlich reduziert werden konnte und sich bereits auf 1.767 Plätze verringert hätte. Weiter wurde davon ausgegangen, dass Ende August 1994 nur noch 1.300 - 1.

Hotelplätze für diesen Personenkreis genutzt werden müssten. Die Abstimmung des Belegungsverfahrens im Einzelnen erfolge zwischen der Arbeitsgemeinschaft Flüchtlingshilfe, dem Sozialamt Hamburg-Mitte und dem Landesbetrieb „pflegen & wohnen", die diesbezüglich auch bereits auf eine gute Zusammenarbeit zurückblicken könnten.

Die beim Landesbetrieb „pflegen & wohnen" für die reibungslose Durchführung des Hotelräumungsprogramms zur Verfügung gestellten Notaufnahmeplätze dürften voraussichtlich vor September 1994 nicht in nennenswertem Umfang benötigt werden. Oktober 1994166 teilte Herr Zander, Sozialamt Mitte, Herrn Schumann, WF/U 1 mit, dass insgesamt 36 Hotels im Bezirksamtsbereich Hamburg-Mitte mit insgesamt 1.185 Plätzen geräumt worden seien. Der durchschnittliche Bettenpreis dieser Hotels betrage 37,00 DM. Durch den Abbau dieser Hotelplätze würden monatlich 1.315.350,00 DM eingespart. Das Schreiben trägt den handschriftlichen Vermerk „auch billigere als 35,00 DM, die aber beibehalten wurden?" Es ist nicht erkennbar, wer dies geschrieben hat. Ohne dass Weiteres vermerkt wurde, wurde das Schreiben zur Akte verfügt.

Am 15. Februar 1995 fand ein „Hotel-Räumungsgespräch" mit Vertretern der Abteilungen SH, WF, V 4, V 15, SR, „pflegen & wohnen" und der Staatsrätin Frau Dr. Simon, (SV-A), statt. Zielsetzung dieses Gespräches war die verstärkte Durchsetzung der Hotelräumung für Obdachlose. Ausgegangen wurde davon, dass 2.304 Obdachlose im Dezember 1994 in Hotels untergebracht waren. Es wurde beschlossen, eine TaskForce-Gruppe „Hotelräumung" einzurichten. Sie sollte unter der Federführung von SH mit zwei bis drei Personen aus dem personellen Bestand eingerichtet werden, „pflegen & wohnen" sollte vertreten sein. Wenn möglich, sei eine Abordnung aus dem Bezirk Mitte anzustreben. Hauptzielsetzung sei die Kostensenkung. Beginnend mit dem Bezirk Mitte sollten insbesondere nach Kostengesichtspunkten konkrete Hotels ausgewählt werden und für die dort lebenden Obdachlosen durch entsprechende Steuerungs- und Vermittlungsaktivitäten in enger Zusammenarbeit mit den beteiligten Dienststellen alternative Wohnformen durchgesetzt werden. Die Umverteilung sollte hauptsächlich in Richtung „pflegen & wohnen" gehen. Die geräumten Hotels sollten für weitere Belegungen gesperrt werden. Unterzeichnet ist das Ergebnisprotokoll von Frau Gravenhorst, V 15.

Mit Schreiben vom 13. Juni 1995 teilte das Sozialamt des Bezirksamtes Mitte, Herr Zander, Herrn König, WF, auf eine entsprechende Anfrage der Fachbehörde mit, dass das Sozialamt keine Möglichkeit habe, konkrete und verlässliche Zahlen über die Hotelbelegung in St. Georg zu erfassen und zu erstellen. Im Raum St. Georg seien z.Zt. 36 Hotels/Pensionen mit Obdachlosen belegt. Eine Unterscheidung der einzelnen Statusgruppen sei durch das Sozialamt Hamburg-Mitte nicht möglich. Lediglich für die bosnischen Kriegsflüchtlinge könne aufgrund der Belegungsliste Caritas - AG Flüchtlingshilfe eine Aussage getroffen werden (Stand 2. Juni 1995). Die zur Verfügung stehende Bettenzahl sei - wie im „PROSA"-Verfahren hinterlegt - mit insgesamt 1. Plätzen ausgewiesen. Man könne jedoch davon ausgehen, dass von diesen Plätzen nur ca. 900 mit Obdachlosen aller Gruppen belegt seien. Von den 1.177 Plätzen seien laut Caritas-Liste 163 mit bosnischen Kriegsflüchtlingen belegt. Herr Zander wies abschließend darauf hin, dass für diesen Fragenkomplex ausschließlich „PROSA" verlässliches Zahlenmaterial liefern können müsste.

Wie aus einem Vermerk von Herrn Beyer (WF/U 11) an die Haushaltsabteilung (V 4) vom 20. September 1995 hervorgeht, wurde das Ziel der Hotelräumung von Frau Senatorin Fischer-Menzel in einem „Unterbringungsgespräch" am 10. Mai 1995 nochmals angesprochen. Es sei von SR der Auftrag erteilt worden, Hotelplätze in Gemeinschaftsunterkünfte mit der Maßgabe umzuwandeln, dass der bisherige Tagespreis von durchschnittlich 35 DM auf rund 20 DM gesenkt werden müsse.