Handelsrecht

1758 fahrens betraute Stellen und der Wechsel der Organisationseinheiten den vor allem zu Beginn der Arbeit notwendigen gebündelten und kanalisierten Informationsfluss.

· Ein Leitfaden oder Handbuch zur Zuwendungsvergabe sowie Checklisten und Bearbeitungsformulare lagen zumindest für den Bereich der staatlichen Beschäftigungsgesellschaften nicht vor. Mit diesen Hilfsmitteln hätten die Mitarbeiter in der BAGS, die neu in diesem Bereich begannen, wenigstens eine Arbeitsgrundlage gehabt, um sich zielgerichtet einzuarbeiten und die Anträge kontinuierlich zu bearbeiten.

· Erschwert wurde die Zuwendungssachbearbeitung zusätzlich dadurch, dass die Aktenführung in diesem Bereich erhebliche Mängel aufwies. Akten wurden teils gar nicht, teils unvollständig geführt. Sie wiesen zumeist keine oder zumindest keine sinnfällige Systematik auf. So ist häufig nicht ersichtlich, wann welcher Bescheid an die Zuwendungsempfänger gesandt wurde und ob es sich nur um den Entwurf oder die Endfassung handelt. Zu den Vorgängen fehlen oft Aktenvermerke, die den Kontext, den Verlauf und die Ergebnisse aus der Akte nachvollziehbar werden lassen, ohne bei anderen Mitarbeitern nachfragen zu müssen. Die geordnete Aktenführung hätte gerade den neuen Sachbearbeitern die Einarbeitung erleichtert, was angesichts des häufigen Wechsels von besonderer Bedeutung ist. Sie hätten sich leichter einen Überblick verschaffen können, welche Entscheidungen in der Vergangenheit getroffen wurden und wie der Verfahrensstand bei noch nicht abgeschlossenen Vorgängen war.

· Ein weiteres Handicap für eine zügige Entscheidungsfindung und zeitnahe Erteilung von Zuwendungsbescheiden war die über Jahre bestehende starke Splittung der Zuständigkeiten für einzelne die Zuwendungsvergabe betreffende oder berührende Aspekte, die mangelnde zielführende Kommunikation der in diesem Bereich tätigen Stellen in der BAGS sowie die unzureichende Konzentration der Entscheidungskompetenz und Verantwortlichkeit.

Fehlende Verwendungsnachweisprüfung Ebenso wie bei der Zuwendungsvergabe hat der Untersuchungsausschuss auch für den Bereich der Prüfung der Verwendungsnachweise für den untersuchten Zeitraum 1990 bis 1996 massive Mängel festgestellt.

Die Prüfung der Mittelverwendung als ein Kernstück des Zuwendungsrechts dient vor allem dazu, die ordnungsgemäße, zweckentsprechende und wirtschaftliche Verwendung der Mittel sowie die Einhaltung des Wirtschaftsplanes zu kontrollieren (vgl. Nr. 7.5

ZuwendungsDV). Der Bericht über diese Prüfung bildet die Grundlage für weitere grundlegende Entscheidungen, wie etwa über die Rückforderung überzahlter oder zweckwidrig eingesetzter Mittel oder aber auch über Konsequenzen für die zukünftige Förderung (Nr. 7.7 ZuwendungsDV). Wichtige Erkenntnisse liefert der Bericht darüber hinaus für die Schwerpunkte der begleitenden Überwachung der Mittelverwendung während des laufenden Wirtschaftsjahres.

Obwohl die Unentbehrlichkeit der Verwendungsnachweisprüfung auf der Hand liegt, weil sonst keine Klarheit darüber gewonnen werden kann, wie der Zuwendungsempfänger im Einzelnen mit den zugewendeten Mitteln umgegangen ist, hat die BAGS diese Überwachung bei der HAB und HWB in unvertretbarer Weise vernachlässigt. Zwar fand eine Kontrolle der Wirtschaftsführung auch parallel durch den Aufsichtsrat sowie den Finanz- und Organisationsausschuss statt, der von Behördenbediensteten mehrheitlich besetzt war. Eine Verwendungsnachweisprüfung entsprechend der behördlichen Zuwendungsvorschriften kann diese aber nicht ersetzen.

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Auf eine laufende Verwendungsnachweisprüfung jahrelang völlig zu verzichten ­ wie im Falle der HAB ­ oder teilweise für mehrere Jahre ­ wie im Falle der HWB ­ ist vor diesem Hintergrund ein schwerwiegender Mangel des Zuwendungsverfahrens, der vom Untersuchungsausschuss entschieden gerügt wird.

Zuwendungsrecht / Handelsrecht

Eine zentrale klärungsbedürftige Frage bei der Zuwendungsvergabe an die HAB und die HWB bestand darin, die sich aus den Unterschiedlichkeiten der Prinzipien der Kameralistik einerseits und dem Handelsrecht andererseits ergebenden Probleme zu entscheiden.

Während das Haushalts- und Zuwendungsrecht grundsätzlich auf den Prinzipien der Kameralistik fußt, gibt das Handelsrecht die doppelte kaufmännische Buchführung als Prinzip der Rechnungslegung für bestimmte Unternehmensarten vor. Der zentrale Unterschied dieser beiden Prinzipien liegt darin, dass bei der Kameralistik die Einnahmen und Ausgaben in einer bestimmten Periode in den Blick genommen werden und bei der Buchführung nach Handelsrecht der Aufwand und der Ertrag. Aufwand und Ertrag unterscheiden sich von Ausgaben und Einnahmen dadurch, dass ihnen nicht in einem Haushaltsjahr geleistete und erhaltene Zahlungen zugrunde liegen, sondern sie beinhalten den Wert aller in einer Periode (Wirtschaftsjahr) verbrauchten und erzeugten Güter oder erbrachten Dienstleistungen, die den Periodenerfolg (Gewinn/Verlust) beeinflussen, also erfolgswirksam sind. Zu diesen nicht zahlungswirksamen Geschäftsvorfällen gehören beispielsweise die Abschreibungen, als rechnerischer Werteverzehr von Vermögenspositionen sowie die Bildung und Auflösung von Rücklagen und Rückstellungen. Die HAB hatte ­ beginnend mit dem Jahresabschluss für das Wirtschaftsjahr 1990 ­ eine „Rücklage für Ersatzbeschaffung" gebildet, obwohl dies nach den, auch den vorläufigen Bescheiden beigefügten, ANBest-I (Nr. 1.7) untersagt und eine Zustimmung der BAGS als Zuwendungsgeberin bis zum 16. Dezember 1996 nicht erteilt worden war.

Nach den behördeninternen Vorschriften können Zuwendungen im Grundsatz nur auf der Basis von Einnahmen und Ausgaben der Zuwendungsempfänger gewährt werden.

Bei der Fehlbedarfsfinanzierung bedeutet dies, dass in der Regel nur der Saldo aus zahlungswirksamen Aufwendungen und Erträgen als Ansatz für die Bemessung der Zuwendung in Betracht kommt. Die Zuwendungsvorschriften eröffneten aber auch schon damals Möglichkeiten, durch Ausnahmen auf die Besonderheiten der Zuwendungsempfänger zu reagieren, die nach handelsrechtlichen Grundsätzen buchen und bilanzieren. Sowohl die Bemessung der Haushaltsansätze als auch die Bewilligung im Zuwendungsbescheid kann auf dem Kontenplan der Unternehmen basieren. Damit kann die Bemessung der Zuwendungen in dem Bescheid den Besonderheiten der dortigen Buchführung angepasst werden, so dass Friktionen durch die Unterschiede der Kameralistik und der doppelten kaufmännischen Buchführung vermieden werden.

Im Ergebnis hat der Ausschuss festgestellt, dass die grundlegenden Entscheidungen für die rechtlich mögliche Harmonisierung des Zuwendungsrechts mit den sich aus dem Handelsrecht ergebenden Besonderheiten im Einzelfall in dem hier in den Blick genommenen Zeitraum bis zum Zuständigkeitswechsel zum Amt AO auf der Ebene der Zuwendungsbewilligung nicht konsequent herbeigeführt bzw. schlüssig in Bescheide umgesetzt wurden, obwohl alle zuständigen Ämter/Abteilungen beteiligt waren. Die erforderlichen Entscheidungen für das Zuwendungsverfahren bezogen auf die HAB und HWB, die sich aus den Besonderheiten der Buchführung und Bilanzierung nach 1760 dem Handelsrecht ergaben, sind im Amt SR nicht getroffen worden, sondern im Stadium von Erörterungen und konträren Stellungnahmen stecken geblieben.

Das zuständige Amt SR hat für die Zuwendungsvergabe an die Beschäftigungsträger diese Grundsatzentscheidungen nicht getroffen und war deshalb auch nicht in der Lage, entsprechende Grundsatzpositionen gegenüber der HAB und HWB konsequent durchzusetzen. Beispielsweise wurde das Verbot einer Rücklagenbildung mit den vorläufigen Zuwendungsbescheiden regelmäßig ausgesprochen. In den von der HAB vorgelegten Jahresabschlüssen hingegen war regelmäßig eine Rücklagenbildung dokumentiert, was die BAGS aber nicht veranlasste, die Einhaltung des Verbots der Rücklagenbildung bei der Gesellschaft einzufordern.

Parallele Steuerung durch Behördenbedienstete im Aufsichtsrat

Die ganz entscheidende Ursache dafür, dass es zur Vernachlässigung und in der Folge zu Mängeln bis hin zur partiellen Funktionslosigkeit des Zuwendungsverfahrens im Amt SR gekommen ist, liegt in der strukturell angelegten Zweigleisigkeit der Steuerung der Wirtschaftsführung der HAB und der HWB. Einerseits war der BAGS die Möglichkeit eröffnet, mittels Zuwendungsbescheiden zu steuern, und andererseits durch Behördenvertreter im Aufsichtsrat und durch Behördenvertreter in der Position der Gesellschafterin. Die Steuerung der Zuwendungsempfänger HAB und HWB hat nach dem Zuwendungsrecht im öffentlichen Recht stattzufinden, das von der Behörde umgesetzt wird. Nach dem Modell der Verwaltung von Beteiligungen der FHH an privatrechtlichen Gesellschaften hat eine angemessene Einflussnahme aber auch im Rahmen des Privatrechts ­ genauer: des Gesellschaftsrechts ­ stattzufinden. Diese von den rechtlichen Rahmenbedingungen her auf zwei Ebenen mögliche Einflussnahme der FHH auf das Wirtschaftsverhalten der staatlichen Beschäftigungsgesellschaften hat sich dahin entwickelt, dass der Schwerpunkt in die Gremien der Gesellschaft gelegt wurde und hauptsächlich dort die Steuerung stattfand. Die öffentlich-rechtlichen Zuwendungsbescheide wurden weitgehend zu einem bloßen formellen Akt ohne vorausgehende Steuerungswirkung gegenüber der Wirtschaftsführung der Gesellschaften. Es bestand kaum Durchsetzungskraft und Autorität des Zuwendungsreferats mehr gegenüber der Geschäftsführung der HAB und HWB. Dies führte dazu, dass im Amt SR weder laufenden Verstößen gegen die behördeninternen Zuwendungsvorschriften noch einer zunehmenden Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit dieses Bereichs konsequent entgegengewirkt wurde. Das Resultat war eine desolate Bescheidlage und zahlreiche nicht konzeptionell gelöste Problempunkte.

Das Handeln einzelner Personen

Ein weiteres strukturelles Defizit bei der Zuwendungsvergabe in der Zuständigkeit des Amtes SR resultiert aus dem Umstand, dass entgegen § 20 Abs. 1 Nr. 5 HmbVwVfG vom Zuwendungsverfahren für die Beschäftigungsträger HAB und HWB ausgeschlossene Personen ­ nämlich die Leiterin des Amtes für Sozialordnung Frau Lingner und der Leiter des Landessozialamtes Herr Dr. Hartmann ­ gleichwohl in vielfältiger Weise tätig geworden sind. Beide Personen waren entsprechend § 7 des Gesellschaftsvertrages der HAB und HWB Mitglieder des Aufsichtsrates bzw. Frau Lingner ab dem 1. April 1994 die alleinige Vertreterin der Gesellschafterin bei der Gesellschaft.

Zwar hat die Freie und Hansestadt Hamburg gemäß § 65 LHO sicherzustellen, dass ihr ein angemessener Einfluss auf die privatrechtlichen Gesellschaften, an denen sie maßgeblich beteiligt ist, eingeräumt wird.