Seit einiger Zeit existiert an der Polizeirevierwache 16 eine Gruppe zur Präsenzverstärkung GzPV häufig vereinfacht PSchicht

Die P-Schicht der Polizeirevierwache 16

Seit einiger Zeit existiert an der Polizeirevierwache 16 eine „Gruppe zur Präsenzverstärkung" (GzPV), häufig vereinfacht „P-Schicht" genannt.

Zum Hintergrund und zu den Aufgaben dieser Gruppe frage ich den Senat.

Der Präses der Behörde für Inneres hat am 27. März 1995 mit dem Erlaß einer Rahmenkonzeption die Einrichtung von Präsenzdiensten an den Polizeirevieren (PR) 15, 16 und 21 angeordnet.

Durch die Einrichtung dieser Präsenzdienste wird die polizeiliche Präsenz an diesen Polizeirevieren mit ihren besonderen Ausgangs- und Problemlagen gestärkt. Diese Reviere werden somit weitgehend in die Lage versetzt, ihren Besonderheiten entsprechende Maßnahmen mit eigenem Personal zu treffen.

Damit wird auch der von der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder (IMK) in der Fortschreibung des Programms Innere Sicherheit betonten Notwendigkeit Rechnung getragen, daß eine wirksame Prävention einer starken, sichtbaren Präsenz der Polizei auf Straßen und Plätzen bedarf.

Die Präsenzdienste, die als Wachdienstgruppen geführt werden, ermöglichen es den Polizeirevieren, ihre Aufgaben durch besondere Orts-, Milieu- und Personenkenntnis zu erfüllen und dadurch möglichen Eskalationen vorzubeugen bzw. entgegenzuwirken. Der Präsenzdienst erfüllt seine Aufgaben in enger Abstimmung mit der jeweils diensthabenden Wachdienstgruppe.

Der Rahmenkonzeption entsprechend orientiert sich die Maßnahmenplanung dieser Polizeireviere insbesondere an den strategischen Zielvorgaben: Aufbau eines dauerhaften Vertrauensverhältnisses zwischen Bürgern und Polizei, Stärkung des Sicherheitsempfindens der Bürger, frühzeitiges Erkennen und Reduzierung von Konflikten und Eindämmung stadtteilspezifischer Kriminalitätsformen.

Innerhalb dieser Rahmenkonzeption ist der Präsenzdienst des PR 16 (in der Folge als Wachdienstgruppe ­P­ bezeichnet) insbesondere in folgenden Arbeitsfeldern tätig: Präsenz und Dialogführung im Revierbereich, Durchführung anlaßbezogener Maßnahmen im Rahmen des Handlungskonzeptes zur Verhinderung derVerfestigung der offenen Drogenszene, Aufklärung im Rotlicht-Milieu in enger Zusammenarbeit mit zuständigen Kriminalpolizeidienststellen, Aufklärung bei Fußballspielen des FC St.Pauli und Einsatz von szenekundigen Beamten, Aufklärung bei Lagen aus besonderem Anlaß, Kriminalitätsbekämpfung in Prioritätsbereichen (einschließlich Zivilfahndung).

Alle Angehörigen des Reviervollzugsdienstes der Polizei haben darüber hinaus den ständigen Auftrag, polizeilich relevante Umstände undTatsachen in ihrem Reviergebiet festzustellen und ggf., z.B.für aktuelle Lagebeurteilungen, zu dokumentieren. Im Reviergebiet des PR 16 umfaßt dies auch die Feststellung von Umständen und Tatsachen im Zusammenhang mit der Alten Flora.

Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt.

1. a) Seit wann existiert die GzPV an der Revierwache 16?

Die Wachdienstgruppe ­P­ des PR 16 wurde am 1. Juni 1995 eingerichtet.

1. b) Wie ist die GzPV im Vergleich zu ständigen Wachdienstgruppen A­D personell ausgestattet?

c) Wie viele Personen umfaßt die GzPV zur Zeit?

Am PR 16 ist die Wachdienstgruppe ­A­ aktuell mit 14, die Wachdienstgruppen ­B­, ­C­ und ­D­ sind mit jeweils 16 und die Wachdienstgruppe ­P­ ist mit 18 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ausgestattet.

2. a) Wie lautet der dienstliche Auftrag dieser Gruppe?

b) Bezieht sich der dienstliche Auftrag auch auf Personen und Strukturen, die die Polizei dem Umfeld der Roten Flora zuordnet? Wenn ja, mit welcher Begründung?

Siehe Vorbemerkung.

2. c) Werden aufgrund des dienstlichen Auftrags personenbezogene Daten gesammelt und/oder gespeichert, die sich auf das personelle und organisatorische Umfeld der Roten Flora beziehen?

Zum dienstlichen Auftrag siehe Vorbemerkung. Im Rahmen dieses Auftrages werden personenbezogene Daten erhoben und gespeichert, soweit die gesetzlichen Voraussetzungen dafür vorliegen.

3. Hat die GzPV rechtliche Befugnisse, die über Strafverfolgungsmaßnahmen oder präventive Maßnahmen zur Gefahrenabwehr hinausgehen? Wenn ja:Welcher Art sind diese Aufgaben?

Nein.

4. a) Beamte der GzPV haben ­ etwa am 27. Februar 1999 ­ Transparente mit den Aufschriften „Staatsangehörigkeit, Papiere und Bleiberecht für alle" sowie „Gegen Ausgrenzung und Vertreibung und rassistische Dealerhetze" an Privatwohnungen beobachtet, dokumentiert und darüber mit Aktenzeichen versehene Berichte angefertigt.Wie beurteilt der Senat diese polizeilichen Aktivitäten?

Die Polizei erhebt im Rahmen der gesetzlichen Grundlagen Informationen und Daten über bedeutsame Umstände und Tatsachen, deren Kenntnis zur Durchführung präventiver oder repressiver polizeilicher Maßnahmen erforderlich ist.

Der Inhalt derTransparente wurde in einem mit Aktenzeichen versehenen Bericht dokumentiert und dieser dem Landeskriminalamt (LKA) 8 übersandt. Der Bericht wurde zur Darstellung der Gesamtsituation im Schanzenviertel in die Ermittlungsakte eines Strafverfahrens in anderer Sache aufgenommen. Die Vergabe eines Aktenzeichens ist Voraussetzung für die ordnungsgemäße Verwaltung eines Vorganges.

4. b) Durch welche Befugnisse, Weisungen und Aufträge sind derartige Maßnahmen gegen öffentliche Meinungsäußerungen dieser Art und dieses Inhalts gedeckt?

Die beschriebene Tätigkeit richtet sich nicht gegen die öffentliche Meinungsäußerung. Die Rechtsgrundlage für die Datenerhebung ergibt sich aus §6 Ziffer 2 PolDVG.

4. c) Warum sind zu diesen Berichten Aktenzeichen angelegt worden?

Siehe Antwort zu 4. a).

5. a) Die genannten Berichte sind unter anderem der Staatsschutzabteilung des Landeskriminalamtes (LKA 8) zugeleitet worden. Aus welchen Gründen ist dies geschehen?

Zum Aufgabenbereich des LKA 8 gehört es, aufgrund vorhandener Lageinformationen Prognosen über die Auswirkungen bevorstehender oder spontaner Veranstaltungen bzw. Aktionen auf die öffentliche Sicherheit zu erstellen.

5. b) Nimmt die GzPV generell auch Staatsschutzaufgaben wahr?

Soweit im Rahmen der allgemeinen Aufgabenwahrnehmung Gefahren oder Straftatbestände festgestellt werden, die in der weiteren Bearbeitung in die Zuständigkeit des LKA 8 (Polizeilicher Staatsschutz) fallen, werden durch alle Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamten die erforderlichen ersten Maßnahmen getroffen.

5. c) Nimmt die GzPV fallweise Staatsschutzaufgaben wahr, und/oder delegiert das LKA 8

Aufgaben an die GzPV? Nein.

5. d) Wenn ja, in wie vielen Fällen und zu welchen Anlässen ist das bisher geschehen? Mit welcher Begründung?

Entfällt.

6. a) Wer ist federführend bei der Einsatzplanung der GzPV?

Die Aufgabenwahrnehmung der Wachdienstgruppe ­P­ erfolgt nach Maßgabe der Revierführung des PR 16.

6. b) Wer entscheidet über konkrete Maßnahmen, etwa darüber, ob Personen bis vor die Haustür verfolgt werden oder ob der Inhalt von Transparenten dokumentiert wird?

Polizeiliches Handeln richtet sich nach den gesetzlichen Aufträgen und den daraus folgenden Vorgaben der Revierführung. Im Einzelfall werden konkrete polizeiliche Maßnahmen entsprechend den gesetzlichen Ermächtigungsgrundlagen von jedem einzelnen Polizeibeamten oder der jeweiligen Einsatzleitung veranlaßt.

6. c) Handelt die GzPV auftragsgebunden nach Maßgaben der Reviereinsatzführung? Wenn nein, warum nicht?

Siehe Antwort zu 6. a).

6. d) Wie ist die GzPV in die Organisationsstruktur der Polizeirevierwache 16 integriert (bitte im Sinne eines Organigramms)?

Die Wachdienstgruppe ­P­ ist wie die Wachdienstgruppen ­A­ bis ­D­ direkt bei der Revierführung angebunden.

6. e) Sind die unter den Fragen 4a) bis c) erwähnten Berichte a) mit Wissen der Revierleitung und/oder b) auf Weisung der Revierleitung angefertigt worden?

Die Maßnahmen erfolgten im Rahmen des generellen Auftrages.

Im übrigen siehe Antwort zu 6.b).

6. f) Besitzt die GzPV Sondereinheitskompetenzen im Sinne einer eigenständigen Aufgabenwahrnehmung in der strategischen und taktischen Einsatzplanung?

Nein.

7. a) Obwohl der Polizeirevierwache 16 zugeordnet, ist die GzPV auch außerhalb des Schanzenviertels tätig gewesen.Wie oft und zu welchen Anlässen sind Beamt/innen der GzPV in Hamburg außerhalb des Schanzenviertels im Einsatz gewesen?

b) Auf wessen Weisung/Befehl und mit welcher Aufgabenstellung ist das jeweils der Fall gewesen?

Die Wachdienstgruppe ­P­ wird grundsätzlich im gesamten Reviergebiet des PR 16 und anlaßbezogen auch zur Unterstützung anderer Reviere tätig.

Darüber hinaus werden bei der Zusammenziehung von Kräften des Einzeldienstes zur Bewältigung von Großlagen auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Wachdienstgruppe ­P­ hamburgweit eingesetzt.

Statistiken darüber werden nicht geführt, die Erhebung wäre mit vertretbarem Aufwand in der für die Beantwortung der Schriftlichen Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht zu leisten, da dies die Durchsicht sämtlicher Einsatzakten erfordert.

7. c) Auf wessen Weisung/Befehl waren Beamt/innen der GzPV insbesondere im Frühjahr 1999 im Monsun-Theater in Ottensen im Einsatz?

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Wachdienstgruppe ­P­ des PR 16 sind im Frühjahr 1999 im Monsun-Theater nicht eingesetzt worden, dort waren Kräfte der Landesbereitschaftspolizei und der Polizeidirektion West tätig.

8. a) Im Zusammenhang mit der Mißhandlung von Alimang S. sind im November 1997 von fünf angeklagten Beamt/innen der GzPV mindestens drei früher in der sogenannten ESchicht der Polizeirevierwache 16 tätig gewesen. Hat die erstinstanzliche Verurteilung von Beamt/innen der GzPV durch das Amtsgericht Hamburg zur irgendwelchen personellen und/oder strukturellen Konsequenzen geführt? Wenn ja, welche? Wenn nein, warum nicht?

Bereits vor erstinstanzlicher Verurteilung, unmittelbar nach Bekanntwerden der Vorwürfe gegen Polizeibeamte der Wachdienstgruppe ­P­ des PR 16 wurden fünf Beamte umgesetzt.

Im übrigen siehe auch Drucksache 16/391.

Weitere disziplinarrechtliche Maßnahmen sind nach rechtskräftigem Abschluß des Strafverfahrens zu prüfen. Für weitergehende Konsequenzen liegen derzeit keine Anhaltspunkte vor.

8. b) Wie viele der zur Zeit in der GzPV tätigen Beamt/innen waren früher auch in der im Zuge des sogenannten Polizei-Skandals aufgelösten E-Schicht?

Ein Beamter der früheren Wachdienstgruppe ­E­ ist in der Wachdienstgruppe ­P­ tätig.

8. c) Sind Maßnahmen ergriffen worden, um mit der Auflösung der E-Schicht eine personelle und strukturelle Kontinuität zu verhindern? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, welche?

Im Handlungsrahmen für die Dienstgruppen-Präsenz vom 25. August 1998 werden detaillierte Vorgaben zur Wahrnehmung von Führungsaufgaben im engeren Sinne, zur Personalauswahl von Führungskräften und Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie zu deren Verwendungsdauer gemacht.

9. a) Nach uns vorliegenden Informationen sprechen Beamt/innen der GzPV immer wieder Personen, die sie dem Umfeld der Roten Flora zuordnen, ohne polizeirechtlich gegebenen Anlaß mit Namen an und/oder grüßen sie demonstrativ. Inwieweit trägt ein solches Verhalten nach Ansicht des Senats zu einer beruhigenden und deeskalierenden Situation im Schanzenviertel bei?

Das Grüßen persönlich bekannter Personen ist ein grundsätzlicher Aspekt der Bürgernähe und dient generell dem Aufbau eines Vertrauensverhältnisses und der Dialogführung zwischen Bürger und Polizei.

Eine Begrenzung auf bestimmte Örtlichkeiten oder Personengruppen findet nicht statt.

9. b) In welcher Weise und mit welchen konkreten Maßnahmen ist in den letzten zwei Jahren in der Polizeirevierwache 16 und der GzPV deeskalierendes Verhalten eingeübt und geschult worden?

Mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Wachdienstgruppe ­P­ werden besondere Weiterbildungsmaßnahmen durchgeführt. Dazu gehören insbesondere von der Landespolizeischule durchgeführte Seminare, die sich schwerpunktmäßig mit der Situation der Ausländer/Ausländerinnen in Hamburg, mit multiethnischen Konflikten und der besonderen Rolle der Polizei, mit dem Distanzabbau zwischen Polizei und bestimmten Bevölkerungsgruppen („Bürgernahe Kompetenz" bzw. „Erhöhung der sozialen Kompetenz") sowie mit der Thematik der „Konfliktbewältigung" befassen. Daneben nehmen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Wachdienstgruppe ­P­ an der begleitenden Supervision teil.