Personalausstattung an den Gerichten

Wir fragen den Senat:

I. Zahl der Strafkammern beim Landgericht

1. Wie viele kleine und wie viele große Strafkammern bestanden beim Landgericht am 1. Januar 2000, wie viele am 1. Januar 2001?

Ohne Berücksichtigung von Hilfsstrafkammern gab es folgende Große und Kleine Strafkammern:

1. Januar 2000 27 Große Strafkammern 33 Kleine Strafkammern

1. Januar 2001 27 Große Strafkammern 32 Kleine Strafkammern.

2. Wie viele dieser Kammern waren jeweils Hilfsstrafkammern?

Es existierten folgende Hilfsstrafkammern:

1. Januar 2000 8 Große Hilfsstrafkammern 9 Kleine Hilfsstrafkammern

1. Januar 2001 3 Große Hilfsstrafkammern 1 Kleine Hilfsstrafkammer.

3. Wie viele große und wie viele kleine Hilfsstrafkammern sind während des Jahres 2000 eingerichtet worden?

Es wurden zehn Große und eine Kleine Hilfsstrafkammer eingerichtet.

4. Wie viele sind weggefallen?

15 Große und neun Kleine Hilfsstrafkammern wurden aufgelöst.

II. Besetzung der Strafkammern

1. Wie viele Richterstellen entfielen am 1. Januar 2000 auf die großen und kleinen Strafkammern, wie viele am 1. Januar 2001?

Vor dem Hintergrund der begrenzten Aussagefähigkeit der Stellenausstattung werden die vorhandenen Richterpensen gemäß Personalverwendungsstatistik herangezogen:

1. Januar 2000 (31. Dezember 1999) 74,59 Richterpensen für Große Strafkammern 15,41 Richterpensen für Kleine Strafkammern

1. Januar 2001 (31. Dezember 2000) 71,78 Richterpensen für Große Strafkammern 15,36 Richterpensen für Kleine Strafkammern.

II. 2. Sind alle großen Strafkammern am 1. Januar 2001 mit drei vollen Richterstellen besetzt gewesen? Wenn nein, wie viele Kammern sind anders besetzt gewesen und wie?

Nein. Berufsrichtern besetzt sein.

Durch das Gesetz zur Entlastung der Rechtspflege vom 11. Januar 1993 hat der Gesetzgeber zeitlich befristet die Möglichkeit geschaffen, Verhandlungen vor den Großen Strafkammern des Landgerichts in einer reduzierten Besetzung mit nur zwei Berufsrichtern und zwei Schöffen durchzuführen, sofern die Kammer nicht als Schwurgericht zu entscheiden hat und auch aus anderen Gründen ­ wegen des Umfangs und Schwierigkeit der Sache ­ die Mitwirkung eines dritten Berufsrichters nicht notwendig erscheint (§76 Absatz 2 Gerichtsverfassungsgesetz <GVG>). Diese Entlastungsmaßnahmen galten gemäß Artikel 15 des Rechtspflegeentlastungsgesetzes zunächst befristet bis zum 28. Februar 1998. Durch Artikel 3 des 3. Verjährungsgesetzes vom 22. Dezember 1997 wurde die Fortgeltung der Regelungen bis zum 31. Dezember 2000 und durch Artikel 1 des Gesetzes zur Verlängerung der Besetzungsreduktion bei Strafkammern vom 19. Dezember 2000 wurde die Fortgeltung bis zum 31. Dezember 2002 beschlossen.

Zum überwiegenden Teil handelt es sich um Vakanzen aufgrund (eher zufällig) momentan nicht besetzter Stellen bzw. Stellenanteile. Außerdem werden Bruchteile eines vollen Richterpensums für andere Aufgaben (wie z. B. für Richterratstätigkeit, Ausbildung) verwendet.

4. Ist der Senat der Auffassung, dass die Besetzung von großen Strafkammern mit weniger als drei vollen Richterstellen ein Anzeichen für eine unzureichende Personalausstattung des Landgerichtes ist?

Nein. Durch die dem Landgericht obliegende Personaldisposition und die Leitentscheidungen des landgerichtlichen Präsidiums wird die Handlungsfähigkeit einer jeden Strafkammer gewährleistet.

5. In wie vielen großen und in wie vielen kleinen Hilfsstrafkammern hat im Jahre 2000 ein Vorsitzender Richter am Landgericht (Besoldungsstufe R2), in wie vielen ein Richter am Landgericht oder ein abgeordneter Richter am Amtsgericht (Besoldungsstufe R1) den Vorsitz geführt?

In zwölf der 18 Großen Hilfsstrafkammern haben Richterinnen bzw. Richter der Besoldungsstufe R2 und in sechs der Besoldungsstufe R1 den Vorsitz geführt. In den insgesamt zehn Kleinen Hilfsstrafkammern wurde in neun der Vorsitz durch eine Richterin bzw. einen Richter der Besoldungsstufe R1 geführt.

6. Nach welchen Kriterien wurden die Richter ausgewählt, mit denen Hilfsstrafkammern besetzt wurden?

Die Entscheidung über die Besetzung der Hilfsstrafkammern trifft das Präsidium in eigener ausschließlicher Zuständigkeit. Es analysiert dafür die Vertretungsmöglichkeiten sowie die Belastungssituation im Bereich der regulären Strafkammern.

7. Wie viele der kleinen Strafkammern sind mit Vorsitzenden Richtern besetzt, die sich nur dem Vorsitz dieser einen Kammer widmen, wieviel mit Vorsitzenden Richtern, die noch andere Aufgaben wahrnehmen? Welche Aufgaben sind dies?

Vor den beim Landgericht am 1. Januar 2000 vorhandenen 33 Kleinen Strafkammern waren 13 mit Vorsitzenden Richterinnen bzw. Richtern besetzt, die sich jeweils nur dem Vorsitz ihrer Kammer widmeten, während die restlichen 20 Vorsitzenden Richterinnen bzw. Richter gleichzeitig Vorsitzende einer Großen Strafkammer waren.

8. Warum sind nicht alle kleinen Strafkammern mit Vorsitzenden Richtern besetzt, die sich allein dem Vorsitz dieser einen Kammer widmen?

Die Möglichkeit und Entscheidung, den Vorsitz in Kleinen Strafkammern solchen Richterinnen und Richtern zu übertragen, die gleichzeitig Vorsitzende einer Großen Strafkammer sind, beruht auf dem Rechtspflegeentlastungsgesetz vom 1. März 1993. Durch dieses Gesetz wurden die Berufungen gegen Urteile des Schöffengerichts, die zuvor durch die Große Strafkammer in voller Besetzung verhandelt werden mußten, in die Zuständigkeit der Kleinen Strafkammern verwiesen. Die hierdurch eintretende Entlastung im Bereich der Großen Strafkammern wird durch diese Maßnahme zur Ressourcenoptimierung genutzt.

III. Rotationssystem

1. Seit wann erfolgt die Verteilung der Strafsachen in erster Instanz auf die großen Strafkammern nach dem Rotationssystem?

Siehe Antwort des Senats auf die Schriftliche Kleine Anfrage Drucksache 16/4613.

2. Wie viele große Strafkammern nehmen seitdem vollständig an den jeweiligen Rotationssystemen teil?

3. Wie viele haben nur eine verminderte oder gar keine Zuteilung aus dem Rotationssystem erhalten?

Die Beantwortung dieser Fragen würde eine umfassende Analyse aller bisherigen Verfahrenseingänge erfordern. Dies ist selbst innerhalb der für die Beantwortung einer Großen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit mit vertretbarem Verwaltungsaufwand nicht möglich.

4. Aus welchen Gründen erfolgte eine verminderte oder gar keine Zuteilung?

Soweit Veränderungen im Rotationssystem erfolgen, dienen sie dazu, Überlastungen einzelner Kammern zu begegnen (auch um Haftentlassungen wegen Überschreitens der Sechsmonatsfrist des §121 zu vermeiden) sowie urlaubs- und krankheitsbedingten Personalausfällen Rechnung zu tragen.

5. Wie sind die entsprechenden Angaben zu III.1. bis III.3. für den 1. Januar 2001?

Die Rotation wird auch im Jahr 2001 fortgeführt. Im übrigen siehe Antwort zu III.2. und III.3.

IV. Zuweisung von Strafsachen an die Hilfsstrafkammern

1. Welche Sachen sind den kleinen und großen Hilfsstrafkammern im Jahre 2000 jeweils zugewiesen worden?

Im Grundsatz gilt, dass die Hilfsstrafkammern zum überwiegenden Teil Haftsachen bearbeiten und verhandeln, nicht zuletzt um vorzeitige Haftentlassungen zu vermeiden. Weitergehende Aussagen bedürften einer eingehenden Analyse aller entsprechenden Verfahren. Dies ist selbst innerhalb der für die Beantwortung einer Großen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit mit vertretbarem Verwaltungsaufwand nicht möglich.

2. Waren darunter schon bei regulären Strafkammern anhängige Sachen, oder sind Hilfsstrafkammern für eingehende Sachen neu errichtet worden?

Der überwiegenden Anzahl der Hilfsstrafkammern wurden solche Strafverfahren übertragen, die bereits bei regulären Strafkammern eingegangen waren. Im übrigen siehe Antwort zu IV.1.

3. Sollten schon anhängige Sachen den Hilfsstrafkammern zugewiesen worden sein: Waren dies die neuesten eingegangenen Sachen oder schon länger unerledigte?

Ganz überwiegend werden die zuletzt eingehenden Haftsachen, die zu der Überlastung der regulären Strafkammer geführt haben, auf Hilfsstrafkammern übertragen.

4. Ist dem Senat bekannt, dass das Hanseatische Oberlandesgericht mit Beschluß vom 22. Dezember 2000 das Urteil einer kleinen Hilfsstrafkammer mit der Begründung aufgehoben hat, den Beschwerdeführern sei durch die in jenem Fall erfolgte Einzelableitung auf eine eigens eingerichtete Hilfsstrafkammer der gesetzliche Richter entzogen worden? Welche Konsequenzen wird die Behörde aus diesem Urteil ziehen?

Der Beschluß stellt eine Einzelfallentscheidung dar, die keine generellen Probleme aufwirft, so daß keine Veranlassung für ein Tätigwerden gesehen wird.

V. Hilfszivilkammern

1. Wie viele Hilfszivilkammern bestanden beim Landgericht im Jahre 2000?

2. Warum sind sie errichtet worden?

Beim Landgericht bestanden im Jahre 2000 drei Hilfszivilkammern zur Entlastung einer Zivilkammer.

3. Sollten Hilfszivilkammern zur Entlastung von nicht mehr zu bewältigendem Geschäftsanfall in regulären Zivilkammern eingerichtet worden sein: Warum konnte die Entlastung nicht durch Mehr- oder Minderzuteilung in den Rotationssystemen erreicht werden?

Die Entlastung der regulären Zivilkammern konnte durch entsprechende Maßnahmen im Rotationssystem deshalb nicht erreicht werden, weil es sich bei der zu entlastenden Kammer um eine solche mit spezieller Verfahrenszuständigkeit handelte.

4. Sieht der Senat darin ein Anzeichen für die mangelnde Personalausstattung der Zivilkammern?

Nein. Siehe auch Antwort zu II.4. VI. Richterliche Zuständigkeit in Betäubungsmittelstrafsachen

1. Trifft es zu, dass das Amtsgericht Hamburg sein Dezernat für Wirtschafts- und Drogenstrafsachen aufgelöst hat?

Das Präsidium des Amtsgerichts hat das Dezernat IIId, in dem zuvor die Wirtschaftsstraf- und Betäubungsmittelsachen konzentriert waren, aufgelöst und die dortigen Verfahren anderen Dezernaten zugeordnet.

2. Trifft es zu, dass Betäubungsmittelstrafsachen nunmehr in den Dezernaten für allgemeine Strafsachen behandelt werden sollten? Wenn ja, mit welcher Begründung?

Das Präsidium des Amtsgerichts hat die Betäubungsmittelstrafsachen den Abteilungen des Dezernats IIIa/b (Allgemeine Strafsachen) des Amtsgerichts Hamburg zugeordnet. Das Präsidium als Organ der gerichtlichen Selbstverwaltung entscheidet in eigener Verantwortung über die Verteilung der Geschäfte des Amtsgerichts Hamburg (§21e Absatz 1 Satz 1 GVG). Bei der Tätigkeit des Präsidiums handelt es sich um Ausübung der rechtsprechenden Gewalt, die der in Artikel 97 Grundgesetz verbürgten richterlichen Unabhängigkeit unterliegt; für sie gilt das Beratungsgeheimnis. Der Senat kann daher über die Motive von Präsidiumsbeschlüssen keine Auskunft erteilen.

3. Hat sich durch diesen Vorgang die Zahl der tatsächlich tätigen Strafrichterstellen verändert?

Durch die zuvor in der Antwort zu VI.2. ausgeführte Entscheidung des Präsidiums des Amtsgerichts Hamburg sind keine Richterstellen entfallen.

4. Widerspricht der Senat der Auffassung, dass für die Bearbeitung von Drogenstrafsachen besondere Erfahrung und Kenntnisse der Drogenszene erforderlich sind?

5. Wie ist nach Auffassung des Senats sicherzustellen, dass nach der Umstrukturierung die Rechtsprechung in Betäubungsmittelstrafsachen in gleicher Qualität gewährleistet ist?

Es gehört zu den an jede Richterin und jeden Richter zu stellenden Anforderungen, sich die für seine rechtsprechende Tätigkeit in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht erforderlichen Kenntnisse anzueignen. Dies gilt selbstverständlich auch für den Fall einer Veränderung des Aufgabenbereichs. Im übrigen weist der Senat darauf hin, dass weder die Stadtteilgerichte (Altona, Bergedorf, Blankenese, Harburg und Wandsbek) noch die Berufungskammern des Landgerichts Hamburg Spezialzuständigkeiten für Betäubungsmittelstrafsachen kennen und dennoch bisher kein Zweifel an der Qualität der Rechtsprechung bei diesen Strafverfahren in diesen Gerichten erkennbar geworden ist. Im übrigen liegt es ausschließlich in der Verantwortung des Präsidiums des Amtsgerichts Hamburg, die von ihm beschlossenen Veränderungen in der Verteilung der richterlichen Geschäfte zu vertreten.

6. Wäre zur Vermeidung der sich aus der räumlichen Lage des Betäubungsmitteldezernats im DAG-Haus ergebenden Zuführungsproblematik nicht auch eine ausschließlich räumliche Umgruppierung unter Beibehaltung der richterlichen Zuständigkeiten möglich gewesen?

7. Sind für die Zukunft weitere Umstrukturierungen dieser Art geplant? Wenn ja, welche?

Da der Senat über die Motive der Präsidiumsentscheidung (siehe Antwort zu VI.2.) keine Kenntnis hat, kann er zu dieser Frage ebensowenig wie zu künftigen Strukturierungsplänen Stellung nehmen.